Ramon Kania

Stadtleben

Wir gehen durch die Dunkelheit einer allzu bedrückenden Nacht. Schon lange haben uns die Lichter der Stadt verlassen, so dass wir nun unter dem Schatten ihrer gewaltigen Türme wandeln müssen.
Es ist zu still, so dass man seinen eigenen Atem hört. Es ist zu laut, so dass man die eigenen Gedanken nicht mehr versteht. Ein Ort, der Niemanden zum Stillstand kommen lässt und doch jeden Zug eines Verlangens in seinen dunklen Gassen erstickt. Marionetten an Schnüren ohne Führung, Puppen in einer grotesken Aufführung ohne Sinn; wir sind die Bewohner einer herzlosen Stadt, im Mühlwerk eines kalten Ungeheuers, mit Kiefern aus schwarzem Stein.
Und doch leben und laufen wir, rennen durch die Straßen unterm Blick der liedlosen Fensterläden. Wozu? Kein Ort, zu dem wir gelangen wollen, liegt vor uns und kein Leid bleibt hinter uns zurück. Wozu rennen wir, wenn es keinen Grund gibt fortzugehen?
Weil wir fortmüssen, auch wenn es keinen Weg des Entkommens gibt. Keinen Ausweg aus den immergleichen Straßen und den immergleichen Abläufen. Aber es ist die einzige Hoffnung, die wir noch haben; niemals stehenzubleiben. Die Hoffnung auf Veränderung, sie ist es, die das Blut durch unsere Herzen und den Verstand in unsere Schläfen pumpt. Nicht siegen ist unser Ziel, sondern nur nicht zu scheitern. Nicht entkommen, sondern nur nicht zu versinken. Bis auch der Letzte von uns im Asphalt verschmilzt und Teil des großen Ganzen wird, Teil einer Stadt, die uns mit Haut und Haar verzehrt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.05.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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