Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 15 - Buchstabe D 153 bis D 162

 


 

 

  1. DIE FIRMA – "Die Eine 2005" (2005)

Rapper haben doch auch nur ein Herz! Wenn sie es jemandem ausschütten und ihm eine kleine Freude damit machen, ihn zu loben, sollte sich dieser Jemand glücklich schätzen! 

"Für keine andere Frau ging' ich lieber in den Bau" hypothetisiert der Sänger zu ein paar Harmonien, die man bei den VIER JAHRESZEITEN des italienischen Klassik-Komponisten ANTONIO VIVALDI stibitzt hat. Wie es im Rap/Hip-Hop sowieso hüben wie drüben des Atlantik üblich ist. Ja, hier preist Sänger ALEXANDER TERBOVEN, der trotz seines Aliasnamens "TATWAFFE" das Herz eines Schmusebären oder Schmunzelhasen (von MILKA, zu Ostern!) haben könnte, seine geliebte Herzensdame so sehr, dass sie sich das Resultat durchaus ausdrucken und eingerahmt an die Wand pinnen könnte. Diese Version ist eine in die Charts hoch eingestiegene Fortsetzung von "Die Eine", bereits 1999 veröffentlicht, jedoch weit unter dem allgemeinen Chart-Radar durchgeflogen, ein Lied, das, ähnlich wie CAPPUCCINOs "Eisbär" (siehe etwas weiter oben), nur knapp die Top-100-Charts gestreift haben dürfte (bei CAPPUCCINO war's immerhin Platz 86 für vier Wochen) – oder sogar unter den Top-200 versauerte. Manchmal gibt es jenseits der Charts viel zu entdecken…Dieser Song hier schaffte es allerdings mit lockerer Bravour recht weit nach oben – und erhielt die Goldene Schallplatte 2005. Wer Liebeserklärungen von Hip-Hop-Künstlern mag, ist hier goldrichtig gelagert!

 

  1. DIE GALAKTISCHEN 2 – "Der da! (Die Antwort)" (1992)

Liedparodien und (meist nicht ernstgemeinte) Antwortlieder gab es häufig in der deutschen Geschichte. Nicht nur die wenig schmeichelhaften Veralberungen von "Schnappi – das kleine Krokodil" oder DE RANDFICHTENs (siehe weiter oben) "Lebt denn dr alte Holzmichl noch?" waren nicht vor knallharten Verballhornungen sicher, sondern auch die gestandenen, seriösen Lieder nicht, waren sie naiv oder noch in den Anfangsjahren. Nachdem ein erfolgloser DJ, der sich mal flugs DR. DROSTE nannte, ohne mit über 90% Wahrscheinlichkeit der echte zu sein, MARK OHs "DROSTE, hörst du mich?" (siehe weiter unten, Buchstabe M) zu "MARK OH, hörst du mich?" verwurstete, steht eines fest: Antworten gefallen nicht immer! Immer öfter jedoch kann es auch mal erfreuliche geben, wie etwa diese hier. Inhaltlich geht sie nicht auf den Inhalt der Vorlage ein. Hier sind nur statt zwei der vier FANTASTISCHEN VIER zwei taffe Mädels am Start, die irgendwie "galaktisch" sind, im Sinne des damals Jugendsprachlichen "intergalaktisch gut". Diese zwei rotzfrechen Gören oder Jungdamen rappen nun auf einem ähnlichen Beat den umgekehrten Fall: Sie treffen sich, reden über Mädchensachen und legen das typisch frauliche Verhalten an den Tag, während sie sich von ihren neugewonnenen Liebschaften zu jeweils einem knackigen, heißen und schnuckeligen Typen erzählen, natürlich auch, wie sie als Frauen sich gegenüber den Kerlen durchsetzen, wie üblich in den 90ern: Selbstbewusste Frauen, die wissen, was sie wollen und durchaus promiskuitiv unterwegs sind, flexibel in ihrer Herrenwahl. Sie werfen sich, ähnlich wie im Original die beiden Jungs, dabei die sprachlichen Bälle zu – und es ergeben sich ähnlich witzige Konstellationen. Einige eingefügte Audioschnipsel inklusive (wie beim Original, nur andere), am Ende wartet die gleiche Pointe auf: Der Kerl, der bei der Einen so heißt, heißt bei der Anderen so – und beide erhalten den großen Schock. Beim Manne ist vielfaches Fremdficken nach wie vor böse, bei Frauen ein Zeichen von Selbstbewusstsein. Insofern nicht immer eine perfekte Welt…

 

  1. DIE GERDSHOW – "Der Steuersong" (2002)

Das wohl bekannteste Lied der GERDSHOW, hinter der sich unter anderen der Stimmenimitator ELMAR BRANDT befand, ist der großartige Steuersong, eine Art "Neuversion/Neufassung/Neuinterpretation" des 2002, im selben Jahr, herausgekommenen "Ketchup Song (Asejere)", ein One-Hit-Wonder, Sommerhit 2002, der spanischen Girlgroup LAS KETCHUP. Neben vielen anderen Parodien bekannter Lieder oder deren Melodien, allesamt damals (2002) auf dem Album "Der Kanzler singkt" versammelt, ist dieses einer der witzigsten und zugleich trefflichsten Songs über gebrochene Wahlversprechen des damals frisch wiedergewählten Kanzlers GERHARD SCHRÖDER. Zu der Zeit, als man noch nicht ahnen konnte, dass der auf den historisch wichtigen Kanzler HELMUT KOHL folgende SPD-Mann noch lang nicht das Schlimmste war, das die deutsche Parteienlandschaft bereithalten konnte, war man über die Steuererhöhungen nach der Wahl empört. "Gewählt ist gewählt – ihr könnt mich jetzt nicht mehr feuern – das ist ja das Geile an der Demokratie!" tönt höhnisch BRANDT in seiner Rolle als GERHARD S. Tatsächlich hat er damit völlig Recht. Es war de facto ein Ärgernis zu der Zeit, ein ziemlicher Affront. Niemand hatte schließlich wissen können, dass die größe Drecksau der deutschen Politikgeschichte, eine in der DDR sozialistisch sozialisierte Ex-Landpomeranze, eine machtbesessene und volksvergessene Politikerin namens ANGELA DOROTHEA M. (IM "Erika") sich anschickte, 2005 den nicht mehr ganz sauberen SCHRÖDER amtlich zu beerben! Nun, es handelt sich um eine flotte, stark an den Originalsound, also leichten Latin-Pop, angelehnte Musiksause, der Text, das Lachen des falschen "Schröders", der treffsichere Text: Das alles sitzt – und führt galant in eine Zeit zurück, die charmant war, in der die Probleme noch übersichtlich waren und wir Deutschen uns selbst noch nicht ganz so gehasst haben, Flachwitze allerdings inklusive ("da kann ich mir das Steuern sparen"). 2002, damals m Finale gegen Brasilien gescheitert bei der WM – aber immerhin ins Finale geschafft. 2002, als noch vieles an der deutschen Wirklichkeit nicht so trist war. Was MERKEL und Corona aus diesem Land gemacht haben, ist einfach nur unfassbar. Erinnert sich noch jemand an die Zeiten, als wir noch nicht überall nutzlose Masken ohne wirkliche Schutzwirkung tragen mussten?

Zum Lied gab es noch eine "Mehrgerdsteuer-Version" (sic!), die jedoch einige der guten Gags bis zum Exzess weiterführt, sodass nicht mehr viel "Fleisch" an ihnen bleibt. Zu gewollt, das Ganze! Bleibt nur noch zu sagen: "Bald ist große Krötenwanderung! – Die Kröten wandern von eurer in meine Tasche!" Und was war "er" visionär! "Atemaufschlag, Luft wird teuer!" nimmt die Pläne der GRÜNEN wohl vorweg, eine C02-Steuer zu erheben, außerdem: "Luft = teuer" – wenn man ohne Maske normal Luft holen und ATMEN will, wird man mitunter hart mit Geldstrafe belegt. Auch "Ökosteuer aufs Verdauen" – eine Idee, die glatt dem Enddarm HABECKs entsprungen sein könnte (das ist der Körperbereich, der seitens HABECK zum Denken benutzt wird)! Und was für eine Pointe, das mit den Arbeitslosen! Wow! Danke, GERHARD!

Hier ist das definitive Vermächtnis des Ex-Kanzlers!

 

  1. DIE GERDSHOW – "FKK (Everybody's Free To Wear gar nix)" (1999)

Lassen Sie uns, hochgeschätzte Leser, einen Ausflug ins Transzendente, ins Überirdische machen. Auf die nächsthöhere spirituelle Ebene. Immerhin drei Jahre vor dem größten und erfolgreichsten Hit der GERDSHOW, als GERHARD SCHRÖDER erst seit ca. einem halben Jahr im Amt war, fing die große Lustigmachung schon an: Auf RTL wurde damals eine mäßig spaßige Comedyserie lanciert, die Herrn SCHRÖDER so sauer machte, dass er RTL versprach, ihnen jahrelang kein Interview mehr zu gewähren. Die große Veräppelungs- und Blödeleimaschinerie, für die Deutschland durchaus berüchtigt ist, lief an, das Gehässige aber auch Liebevolle, das unterm Strich liebenswerte Politiker aufs Korn nahm.  (Warum wohl gibt es so wenige gelungene Witze über MERKEL? Eben, weil sie weder ein interessanter noch schillernder Menschentypus ist, weil sie einfach nur mächtig ist und übermenschlich statt normal!).  Zumindest ging es jedoch um aufschlussreiche Persönlichkeiten.  GERHARD SCHRÖDER war so einer. Bei weitem kein perfekter Mann, mehrfach geschieden, mehrfach wiederverheiratet, Opportunist und "Genosse der Bosse", wie sich herausstellte. Später zu GAZPROM… Das alles wusste man gegen Ende der 90er nicht, als 1999 dieses Lied als eines der ersten Ausrufezeichen von der Comedytruppe DIE GERDSHOW, mit dem Stimmennachahmer ELMAR BRANDT als "GERHARD SCHRÖDER, auf der Bildfläche erschien. Nach der eher kaum bekannten Radioversion eines Liedes, das sich die Melodie von "Nie wieder" (siehe sehr viel weiter unten: SARA@TIC TAC TWO, 1999) ausborgte und einen neuen Text über die unliebsame, aus Enttäuschung geborene Trennung des politischen Powerduos GERHARD SCHRÖDER und OSCAR LAFONTAINE behandelte. In besagtem, unbekanntem Lied (das der westdeutsche ÖR-Radiosender WDR 1 LIVE, den ich damals regelmäßig junkiehaft konsumierte, mithilfe ELMAR BRANDTs erstellte) disst "GERHARD SCHRÖDER" seinen Ex-Weggefährten, der "verschissen" habe und sich "verpissen" solle. Enttäuscht trat LAFONTAINE damals, mit einigen enttäuschten Getreuen, aus der desolaten SPD aus, mit ihrem Kurs nicht mehr einverstanden. Unseligerweise entstand daraus zunächst im Westen die WASG (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit), im Osten DIE LINKE, die sich dann schließlich zu DIE LINKE zusammenschlossen - selbstverständlich unter tatkräftiger personeller und mannschaftsstärkehafter Mitwirkung der Ex-SED-Mitglieder aus der PDS. Die Mauerschützenpartei fand also, angereichert durch ein paar enttäuschte Ex-SPDler, zur neuen Blüte! Trauerspiel überhaupt!

 

Wenden wir uns diesem Song zu: Musikalisch etwas Ausgefallenes, das sich, hätte es nicht auf der Stimmimitation eines prominenten Politikers beruht, durchaus auch für den Grand Prix geeignet hätte.

Es klingt nach einer mit einem kontemplativen Grundbeat unterfütterten, opulenten Nummer mit allem Zip&Zap: Atmosphärische Klänge wie aus einem Yoga-Studio, dazu Choräle, wie sie selbst der Elektronikmusikkünstler MICHAEL KRETU mit seinem Slow-Dancemusic-Projekt ENIGMA (lat. "Rätsel") nicht besser hätte ausdenken können (für "Sadeness, Part 1" etwa). Im Vordergrund stellt sich der falsche GERHARD SCHRÖDER hin und erteilt seinen Hörern "wertvolle Tipps". Dabei handelt es sich um durchweg eigenartige Ratschläge, die natürlich nicht ernstgemeint sein können, die aber zum Schmunzeln und regelrecht zum Lachen bringen (können). Ich für meinen Teil raste etwa aus vor Lachen, wenn es heißt: "Sei weltoffen: Wenn's dir beim Chinesen geschmeckt hat, lass einen fahren, dass die Kimme fönt!" oder "Der Doppelkorn zieht dir die Falten aus dem Sack!". Das Liedchen steigert sich dann über etwa vier Minuten Dauer zum Höhepunkt und der lapidaren Feststellung zum Schluss, die beruhigt: "Das Leben ist schön!" Wir sollten aus voller Überzeugung zustimmen! Ein Bonmot der Vergangenheit, das immer wieder Beachtung finden sollte. In den Krisenzeiten des Covidismus besonders relevant!

 

  1. DIE KASSIERER – "Du willst mich küssen" (1997)

DIE KASSIERER sind eine der beklopptesten Bands Deutschlands, die echt einen an der Klatsche und nicht mehr alle Fledermäuse im Glockenturm haben! Das lässt sich mit Fug und Recht behaupten. Der Sänger, ein ziemlich korpulenter Typ namens WOLFGANG WENDLAND (klingt wie ein typischer Hinterwäldlername), der auf der Bühne gern mal die Hüllen fallen lässt, um mit Mut zur Hässlichkeit seinen ausladenden Prachtkörper und das Glockenwerk und dritte Bein, das zwischen den beiden anderen baumelt, freimütig vorzeigt. Wenn er nicht nackt darf, trägt er zumindest komplett bauchfrei, was ungerechterweise bei Männern nicht so verpönt ist wie bei BH-losen Frauen. Vielleicht ein letzter Angriffspunkt für die Dritte- und Vierte-Welle-Feministsterncheninnenaußenobenunten… Die Band des genannten Sängers, der häufig mit seiner durchaus mit Wiedererkennungswert gesegneten Stimme eher grölt oder schreit statt zu singen, ist übrigens Mitglied in einer linksextremen Kleinstpartei (oder einer anarchistischen, der APPD, der "Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands"), gelegentlich auch als Schauspieler und Satiriker und natürlich Politiker (in seiner APPD-Funktion) unterwegs. Dass der Mann durchaus was auf dem Kasten haben kann, dürfte damit begründbar sein, dass er sowohl Philosophie als auch Politik und sogar Sozialpädagogik studierte.

Gut, 2018 soll er in die SPD eingetreten sein. In diese Partei zu gehen, mag als nicht so clever gelten. Seine Musikgruppe jedenfalls befasst sich mit grenzwertigen Themen, zielt oftmals thematisch unter jegliche Gürtellinien und gibt zudem als "sexistisch" interpretierbare Satire-Texte zum Besten. Ich besitze nur ein Album dieser illustren Gestalten, die sich 2015 sogar für die Teilnahme am ESC mit "Wer merkt das schon?" bewarben. Sie hätten den ESC gewiss mit ihrem Lied eher aufgewertet als umgekehrt.

Auf dem Album "Der heilige Geist greift an" (1993) gibt es nur wenig Seriöses. Eine sexuelle Geschmacklosigkeit reiht sich dort an die nächste. "Die Scheide von KRISTIANE BACKER" etwa ist ein kurzes Stück Sexismussatire oder Satiresexismus über die ehemalige MTV-Moderatorin, die später (ähnlich wie "Nothing Compares 2 U"-SINÉAD O CONNOR) den Weg zum Islam ging, konvertierte und – wie die Ex-Musikerin – zu einer Hardcore-Islamapologetin und Mitläuferin wurde. Dass sich Frauen selbst so erniedrigen, in eine Religion einzutreten, in der sie Menschen zweiter Klasse und nicht gleichberechtigt sind, ist mir ein ewiges Rätsel.

 

Dieser Song hier ist nicht auf dem einzigen Album, das es mir wert war, von den KASSIERERn zu kaufen. Er befindet sich stattdessen auf einer Tribut-Sammlung, bestehend aus zwei CDs, die zu Ehren der Band DIE ÄRZTE (siehe weiter oben) angefertigt wurde, auf der viele namhafte deutsche Musiker und Musikgruppen ihre Interpretationen von ÄRZTE-Songs zum besten gaben (dazu später, unter der Band WIZO, mehr). Diese Songversion ist eine satirische Überspitzung, sprich: pure Parodie. Wie für DIE KASSIERER üblich, wurde hier kräftig auf die Provokations- und Geschmacklosigkeitsdüse gedrückt – und ab geht die Post!

Das bekannte Frühwerk der ÄRZTE, "Du willst mich küssen", ist ein rock'n'rolliges Stück Pop, das, ähnlich wie ihr späterer Bandklassiker "Mach die Augen zu" (siehe weiter oben) die Aufrichtigkeit einer Liebe im Gegensatz zu einer platonischen Küsserei in Frage stellte. "Du willst mich küssen – mitten ins Gesicht – doch ob du mich lieb hast – das weiß ich nicht!" heißt es entsprechend. Was diese Herrenband draus macht, kann als umstritten gelten, denn sie verändern den Text nur ein wenig, etwa im Refrain, doch dafür umso heftiger. "Du willst mich fisten – mitten ins Gedärm!" heißt es knallhart im punkigen Refrain, der voll in die Schnauze geht. "Fisten", von englisch für "Faust" ("fist") ist eine Sexualpraktik, bei der man jemandem (unter Verwendung von Gleitgel o.ä. am besten) seine zur Faust geballte Hand in den Anus einführt und ihm dort (beim Manne zum Beispiel an der Prostata) angenehme Gefühle verschafft. Es ist eine etwas erniedrigende Technik, aus der aber wohl viele Menschen Lust beziehen. Mich interessiert es nicht weiter, denn ich praktiziere solcherlei Techniken nicht. Wir haben es mit einem fast reinen Schweinerock-Punkrock-Stück zu tun, das schrammelig flott abgeht. Sonst macht man alles wie DIE ÄRZTE. Ein dennoch gerade wegen der Geschmacksverirrungen grandioser Song.

Und hier ist er!

 

  1. DIE KASSIERER – "USA 1996: EMERSON BRADY, der erste Mensch auf der Sonne" (1993)

Dieses eigene Lied von DIE KASSIERER ist gewöhnungsbedürftig – wie alle ihre Lieder. Aber man gewöhnt sich bekanntlich an alles. Absurdes Zeug: Der erste Mensch, der die Sonne betritt, also den heißesten Planeten unseres Sonnensystems, der Stern, der unsere Planeten mit Sonnenlicht und Strahlung versorgt. Allerdings nur, solang man nicht zu nahe ranfliegt. Ein Typ namens "EMERSON BRADY", ein US-Amerikaner, wird auf die erste Mission Richtung Sonne geschickt. Lassen wir das Offensichtliche, die Physik und all den Sermon außer Acht und stellen uns einfach vor, die Sonnenmission gelingt – und Herr BRADY landet auf der Sonne und "trifft den Sonnenpräsident' – den auf der Erde keiner kennt". Ja, ein wahres Abenteuer. Die Außerirdischen, die Sol-Bewohner kriechen gleich aus dem Sonnenkranz, der Corona: "Und aus der Corona – kriechen die Bewohner". Wunderlich wie WOLFGANG WENDLAND, Sänger der Band, wunderlich wie die Band, kurios und skurril das Lied, welches weniger punkig ist als das obendrüber genannte. Immerhin: Sonnenmission – darauf ist gewiss noch kaum jemand gekommen.

 

  1. DIE KLEINE CORNELIA (CONNIE FROEBOESS) – "Pack die Badehose ein" (1951)

Wir schreiben: Die 1950er Jahre, die Mitte des 20. Jahrhunderts. Des verheerenden 20. Jahrhunderts, um genau zu sein. Die Welt hatte soeben ihren zweiten weltweiten Krieg (den Zweiten Weltkrieg) hinter sich, Deutschland war zerstört und unter den Siegermächten in insgesamt vier Besatzungszonen eingeteilt worden, der Ostteil (die sowjetische Zone) wurde abgetrennt und war, genau wie der Westen unter amerikanischer, englischer und französischer Herrschaft, wurde 1949 ein Staat daraus. Im Westen die Bundesrepublik (West-)Deutschland, im Osten die Deutsche Demokratische Republik, wobei das "Demokratisch" ein sehr dehnbarer Begriff war, der mit Demokratie ungefähr so viel zu tun hatte wie indische Wochen bei MC DONALD'S mit indischem Essen – praktisch gar nichts.

Im Westen begann, nach der furchtbaren Zeit der Zerstörung, Verheerung, Versehrung, nach dem mühsamen Wiederaufbau der Trümmerfrauen und der Bevölkerung selbst (und durchaus nicht von den erst in den 60ern eintrudelnden Gastarbeitern, wie manche historisch unbewanderte GRÜNEN- und SED-Politiker gern mal behaupten) – entstand: das Wirtschaftswunder. Ja, in den goldenen 50ern nahm es Fahrt auf, es ging großen Teilen der Bevölkerung wieder besser, man hatte wieder genug zu essen, nahm zu (Wohlstandsbäuche waren etwas häufiger Werdendes zu der Zeit), man konnte in den Urlaub fahren. Gern über den Brennerpass nach Italien, gern an den Nordseestrand – und gern an den Berliner Wannsee (siehe auch "Wannsee" von DIE TOTEN HOSEN, 2017, weiter unten). Das in West- und Ostsektor geteilte Berlin, dessen Westteil zu Westdeutschland gehörte oder zumindest zu den Westmächten, hatte im Südwesten den "Großen Wannsee", diesen schönen See, auf dem man Bootfahren und in dem man paddeln, planschen, schwimmen konnte. Sprichwörtlich: Die deutsche Gemütlichkeit, die in diesem alten Schlagerklassiker zum Tragen kommt: Man soll doch glatt seine Badehose einpacken, sein kleines Schwesterlein beherzt bei der Hand nehmen und dann gemeinsam dorthin, um im See zu baden und das schöne Sommersonnenwetter und die Stimmung zu genießen. "Wenn man in der Schule sitzt – über seinen Büchern schwitzt" heißt es gewitzt zu Beginn, die Sehnsucht steigert sich noch, als der Sonnenschein erwähnt wird. Man kommt in tierisch gute Laune hinein – und gerät in eine unwiderstehliche Badestimmung, sodass man wenigstens zum nächsten örtlichen Schwimmbad fahren möchte und direkt ins erquickend kühle Nass beherzt springen! Ob sie wohl je wieder öffnen?

Das soll die Stimmung nicht verderben: In einem Land, dessen Wunden langsam heilen mussten, dessen Schuld und Sühne noch durch Verarbeitung statt Verdrängung stattfinden musste, musste zuerst einmal ein wenig neu gelebt werden. Der sonnige Sommer bot sich stets an – und es hatte genug Entbehrungen und Horror gegeben. Packen wir also auch unsere Badeklamotten ein, gehen, fahren, radeln wir an den nächsten schönen See (gut, der völlig überlaufene Aasee in meiner Heimatstadt, ist kaum zu empfehlen) in ruhiger Lage – oder in die nächste Bedürfnisanst…äh Badeanstalt – und ab dafür! Schwimmen ist gesund und hält die Figur fit. Fürs Baden lässt man doch sogar den schnöden Kinobesuch bleiben!

 

  1. DIE KREUZRITTER – "Der Komtur" (1999)

Auf der vielseitigen, vielgestaltigen Musiksammlung auf zwei 2-CD-Samplern namens "Neuer Deutscher Techno (NDT)", die beide 1999 herauskamen und eine neue Musikströmung der zweiten 90er-Hälfte aufgriff (deutschsprachige TECHNO-Musik aus sämtlichen Subgenres dieser vollelektronischen Musik) sind einige Stücke, die herausragen. Wie dieses: Es wird die Geschichte eines alten, knallharten Zwingherrn und Ritters erzählt, ein barscher, unbarmherziger Tyrann, der seine Untergebenen und Arbeiter, die seine Burgen zu bauen hatten, schlecht behandelte. Die barsche Stimme des keinen Widerspruch Duldenden schallt hier gruselig gänsehauterzeugend durch das Lied, das aus harten TECHNO-, genauer TRANCE- und ACID-HOUSE-Rhythmen besteht, sodass es einem kalt den Rücken runterrieselt, als sei man selbst einer der Betroffenen, die die Peitsche fast schon "schmecken" können. Ein Stück, das sich mit historischen Hintergründen beschäftigt, zumindest in einem historischen Setting eingebaut ist (man vergleiche das Genre MITTELALTERROCK bzw. MITTELALTER-METAL und die Bands SCHANDMAUL, SUBWAY TO SALLY oder auch IN EXTREMO) – und ordentlich auf die volle Kanne geht. Hier kann man ein wenig nachfühlen, wie es vielleicht den einfachen Leutchen im Mittelalter ging, als es noch keine sozialen Auffangnetze, keine Schonung irgendeiner Art gab und kein Platz war für aus der Reihe scherende Geister. Was schade ist. Da lebte man 1999 in einer ungemein freien Welt, ungleich unvorstellbar viel freier und moderner! Zum Glück sind die Zeiten des Mittelalters, diese teils grausigen, teils aber auch immerhin auf die gesamte Menschheitsgeschichte durchaus fortschrittlichen, in denen Grundsteine für das spätere moderne Weltwesen gelegt wurden, vorüber.

 

  1. DIE LASSIE SINGERS – "Falsche Gedanken" (1991)

Die Stimme der Hauptsängerinnen CHRISTIANE RÖSINGER und ALMUT KLOTZ (Letztere verstarb 2013 tragischerweise an Krebs) klangen immer ein wenig skurril, schrullig und nicht von dieser Welt, ein wenig leidend, ein wenig nach Nicht-Singstimmen – ich weiß wahrlich nicht, wie das zu beschreiben wäre.

Die Band bewegte sich in ihrer 10-jährigen Bestehenszeit (1988 bis 1998) musikalisch auf einem Alternative-Softrock-Pop-Mischverhältnis mit Anleihen der NDW und Hamburger Schule, brachten jedoch im Gegensatz zu TOCOTRONIC und anderen Hamburger-Schule-Bands leichter verständliche Texte. Erfreulich in musikalischer wie lyrischer Hinsicht ist "Falsche Gedanken", ein Song, in dem es im Wesentlichen heißt: "Falsche Gedanken – bringen dich um dein Glück – falsche Gedanken – machen dich verrückt – falsche Gedanken müssen doch nicht sein! – Falsche Gedanken, nein, nein, nein!" – In dieser Einfachheit liegt die Kraft: Es geht darum, Beziehungen zu genießen und nicht (immer) nur mit schwermütigen Gedankengängen zu hinterfragen und sich damit selbst den Weg zum Liebesglück zu verbauen. Denn "Die Liebe ist wie Geld – da zum Ausgeben", also soll man sich quasi "hineinstürzen" ins Vergnügen. Wenn dann der Morgen kommt, kann man es immer noch genießen…Wenn man nur will, ansonsten: Trage man mit Fassung, was passiert, wenn man sich selbst durch negative Gedanken blockiert. Der Songtitel ist nicht perfekt gewählt, finde ich übrigens. "Falsch" ist ein ziemlich wertender Begriff hier, der heutzutage allzu häufig im Sinne einer "Haltung" und ihrem Gegenteil (ebenjenem "Falschen") verstanden wird. Sängerin RÖSINGER betätigt sich heutzutage als Autorin, die beispielsweise Bücher mit Titeln wie "Zukunft machen wir später. Meine Deutschstunden mit Geflüchteten", FISCHER, 2017, schreibt. Ähem…ja…Mach du mal schön dein Ding…

 

  1. DIE LASSIE SINGERS – "Ich" (1992)

Eine Parodie auf PETER-MAFFAY-Musik? Nein, nicht auf TABALUGA! Als der alte Rocker noch nicht so alt, sondern ein Jungspund von zarten 21 Jahren war, sang er dieses ihm von seinen Produzenten PETER ORLOFF, WOLFGANG RÖDELBERGER und CHRISTIAN BRUHN maßgerecht aufs damalige Schmunzel-Schnulzen-Schlager-Image geschneiderte Lied: "Du" – hieß es schlicht. Es handelt sich um eine der rührendsten doch kitschigsten Schmalz-Schlagerballaden zum Gehörgangverkleben überhaupt, einzigartig in der deutschen Geschichte: "Du – bist alles, was ich habe auf der Welt!" verkündet MAFFAY feierlich – mit seinem damals noch leichten rumänischen Akzent. Und diese Ballade ist wirklich ein Schlagerhit voller Unvergesslichkeit, denn er setzt sich im Gedächtnis hartnäckiger fest als jede Zecke sich ins Bein eines wanderlustigen Menschen, der durch die hohen Gräser streift, es könnte. Rund 22 Jahre später hielten DIE LASSIE SINGERS die Zeit für eine würdige Coverversion, Hommage und Persiflage in einem. Die Karikatur gelingt, obwohl im Prinzip nur folgende Elemente ausgetauscht wurden: Statt des Solisten PETER MAFFAY singen zwei Damen im Duo, nämlich Hauptsängerin CHRISTIANE RÖSINGER und ALMUT KLOTZ, den Text. Der Titel wird in "Ich" umgewandelt – und ist eines dieser Ich-bezogenen, exzentrisch egozentrischen Lieder, die in einer langen Tradition stehen, nicht nur im Gangsta-Rap heutiger Tage (siehe BUSHIDO), sondern auch Rock und Pop (siehe BASIS "Ich liebe mich", weiter oben – und FALCO "Egoist", weiter unten). Der restliche Text orientiert sich geradezu sklavisch an den Lyriken der drei Schlagerkomponisten. Bis auf das Outro gleich. Aber es hat was. Diese Coverversion ist würdig! Mann, heute ist das Lied fällig! Immerhin haben sie's gefälliger gemacht!

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