Lena Kelm

Die Heimfahrt

„Jens, schau bitte nach, ob wir etwas vergessen haben!“ ruft Lisa. Sie erledigt das Einpacken. Jens frühstückt, er lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Dann duscht er noch schnell. Lisa treibt ihn an, die Zeit bis zur Abfahrt des Busses drängt. „Alles paletti, wir hinterlassen den Nachkommenden nichts!“ Mit diesen Worten zieht Jens die Tür des Hotelzimmers zu. Sie verbrachten fünf schöne, erholsame Tage an der Ostsee, radelten, wanderten, atmeten frische Seeluft, kühler Wind wehte, das Wetter blieb trocken.

Der Bus wartet schon. Jens verstaut die Tasche, hängt ihre Jacken an die Fensterhaken. Lisa schaut vom Fensterplatz auf die vorbeiziehende Landschaft und döst. Sie soll Jens wecken, wenn er schnarcht wie eine Motorsäge, um die anderen Passagiere nicht zu stören. Ein leichter Stoß in die Rippengegend, darin ist sie geübt. Zuhause, vor dem Fernseher ist das kein Problem, in dieser Situation könnte es unangenehm werden, denn auch Lisa fallen bald die Augen zu.

Plötzlich stört sie etwas. Lisa stößt Jens leicht an: „Riechst du das? Es stinkt.“ – „Ich rieche nichts.“ – „Also, ich halte es kaum aus“, sagt Lisa. Jens richtet sich auf. „Du hast aber auch eine Nase, mein Schatz. Wonach riecht es denn?“ – „Es riecht nicht, es stinkt nach Schweiß, Mief, was weiß ich, jeder Mensch mit einer normalen Nase bekommt das mit.“ – „Willst du sagen, mit meinem Riecher ist etwas nicht in Ordnung? Ich unterscheide noch immer eine Biersorte von der anderen und meine Frau rieche ich von weitem.“ – „Typisch, du mit deinen Späßchen! Aber im Ernst, merkst du wirklich nicht, wie es hier stinkt?“ Jens schließt die Augen. „Sag mal, hast du gestern deine Socken nach der Wanderung gewechselt?“ – „Na, sicher doch!“ sagt überzeugend ihr Mann. Lügen wird er nicht, denkt Lisa und konzentriert sich wieder auf die Landschaft hinter dem Fenster.

Der Bus nähert sich ihrem Ort. Lisa reicht Jens seine Jacke, er hilft ihr in ihre, holt die Tasche herunter, sie bewegen sich den schmalen Gang entlang zum Ausgang, Beim Aussteigen schlägt ihnen frostige Luft entgegen. Schnellen Schrittes erreichen sie ihr Haus. Lisa friert. Sie greift in seine Jackentasche und zieht mit dem Schlüsselbund einen weichen Stoff heraus. „Das kann ja wohl nicht wahr sein, deine Socke!“ ruft sie verärgert. „Wie kommen die Socken in die Jackentaschen?“ – „Ach, jetzt fällt es mir ein, nach dem Duschen zog ich mich wieder an, ich wechselte nur die Socken. Und als ich die Socken daliegen sah, steckte ich sie schnell in die Jackentaschen, damit du keinen Ärger machst. Die Reisetasche war schon gepackt. Ich wollte sie sofort beim Ankommen in den Wäschekorb stecken. Tut mir leid!“ – „Wie konntest du daran nicht denken, als ich mich über den Gestank beschwerte?“ – „Ehrlich, ich ahnte nicht, dass meine Socken stinken.“ – „Das glaube ich dir sogar, du riechst nicht an deinen Socken, ich schon. Ein Glück, dass der Platz hinter uns nicht besetzt war.“

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.06.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Aus dem Wald in die Pfanne ... Tief unterm Büschel Gras versteckt, mit einem Blatt noch abgedeckt, beobachtet ein Pilz im Wald so manch befremdliche Gestalt. Sie schlurfen, ein paar trampeln auch, in Stiefeln und 'nem Korb vorm Bauch, das scharfe Messer in der Hand, den Blick zum Boden stets gewandt. Ein Freudenschrei, ein scharfer Schnitt, so nehmen sie Verwandte mit; und der versteckte Pilz, der weiß, im Tiegel ist es höllisch heiß. So brutzeln aber will er nicht! Da bläst ein Sturm ihm ins Gesicht, es rauscht und wirbelt ringsherum, schon bebt der Wald - ein Baum fiel um. Genau auf seinen Nachbarn drauf. Das ändert seinen Denkverlauf: "Welch übles Ende: Einfach platt! Da mach' ich lieber Menschen satt." Drum reckt er sich aus dem Versteck, er will jetzt plötzlich dringend weg: "Vergesst mich nicht! Ich bin gleich hier und sehr bekömmlich, glaubt es mir."

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