Alfred Hermanni

Die Macht der Worte

 

von Alfred Hermanni                    Alle Rechte vorbehalten                                27.06.2021

 

Für meinen Bruder Peter

* 22.12.1946 21.04.2021

 

Nach einer wahren Begebenheit

 

Hallo Peter, komm rein“, begrüßte mich mein alter Kumpel Frank und öffnete die Tür, um mich hineinzulassen.

Scheiß Wetter, ich bin total nass geworden, Mist!“, machte ich meinem Ärger Luft und zog meine durchnässte Jacke aus. Auch meine Hose war nass geworden, aber die wollte ich nun wirklich nicht ausziehen.

Ich hängte meine Jacke an die Garderobe und betrat unseren Clubraum.

Wir, die jungen Männer und Frauen vom King Tiger Club, trafen uns einmal die Woche am Samstag Abend im kleinen Saal des Gemeindehauses in einem Dortmunder Vorort.

So auch an diesem Samstag im Spätsommer des Jahres 1968.

Musik hören, tanzen und Spaß haben war unser gemeinsames Bestreben.

Diskussionen über Gott und die Welt durften auch nicht fehlen und schon bald hatten wir den Ruf die örtliche Avantgarde zu sein.

Der Vikar der St. Bartholomäus Gemeinde war ein sehr modern eingestellter junger Mann von etwa 30 Jahren, der sogar manchmal an unseren Diskussionen teilnahm und uns unterstütze, indem er die Räumlichkeiten stellte und uns sogar mit alkoholfreien Getränken versorgte. Ihm gefiel unser Engagement und er gab uns den Rat einen Club zu gründen, damit es eine rechtliche Absicherung für den Gebrauch der Räumlichkeiten der Gemeinde gab. Daraufhin gründeten wir den King Tiger Club. Der junge Pfarrer war es auch, der mir vor ein paar Jahren den Rat gab meine Ausbildung zum Schmied abzubrechen und mit der Abendschule meinen Schulabschluss zu machen. Ich beherzigte diesen Rat und absolvierte nun mein zweites Semester als Student der Sozialarbeit.

Im Clubraum wurde ich von meinen Freunden und Freundinnen begrüßt, ging zum Tresen und ließ mir von Monika eine Cola geben. Monika war wie ich fast 22, blond und sehr hübsch, aber auch irgendwie unnahbar. Ich hatte schon versucht sie zu einem Drink einzuladen, war aber wie viele andere auch kläglich gescheitert.

Ich setzte mich zu Frank an den Tisch und trank einen Schluck.

Was machen deine Pläne?“, fragte ich meinen Freund.

Wachsen und gedeihen. Mein Boss hat Verbindungen und will mir helfen einen guten Job Down Under zu bekommen.“

Frank wollte auswandern, nach Australien. Seine Chancen waren nicht schlecht. Er sprach passabel Englisch und war als Elektriker mittlerweile Meister. Frank war fünf Jahre älter als ich und hatte mich vor ein paar Jahren vor den Schlägern der in unserem Vorort berüchtigten James Dean Gang gerettet. Zimperlich war er nicht, das mussten die Klopper schmerzhaft feststellen. Seitdem waren wir Freunde.

Ich beneide dich schon ein wenig“, gab ich zu.

Ja, ein Traum könnte wahr werden. Aber glaub mir, Peter, es macht mir

schon ein mulmiges Gefühl, nicht dass ich Angst habe...aber Australien ist ja

auch ganz schön weit weg. Und so ein Entschluss hat ja auch etwas endgültiges.“

In der Tat wurde es endgültig, denn Frank wanderte ein paar Jahre später tatsächlich nach Australien aus und kam nie mehr zurück.

Ich trank meine Cola aus, während Frank sich eine Zigarette drehte.

Im Club herrschte Rauchverbot, also ging er hinaus. Ich begleitete ihn nach draußen, um mich weiter mit ihm zu unterhalten.

Der Regen hatte nachgelassen. Wir standen unter dem Vordach aber sowieso im Trockenen.

Was macht dein Moped?“, fragte Frank.

Mein Moped, eine klapprige Zündapp mit 50ccm und 6 PS, stand zur Zeit zuhause im Keller. Das Vorderrad fehlte. Ich hatte es abmontiert und mit dem Moped im Keller gelagert. Mein kleiner Bruder, noch keine 8 Jahre jung, hat es aus Dummheit dann einem vorbeifahrenden Schrotthändler für 1 DM verkauft.

Brauch 'n neues Vorderrad, gebraucht geht auch.“

Frag mal Atta, der war wieder auf Tour.“

Atta war ein rothaariger, bärtiger Typ, der seinem unaussprechlichen Nachnamen diesen Spitznamen verdankte.

Wenn Atta auf Tour war, hieß das, dass irgendwelche Leute im Umkreis plötzlich ihr Eigentum vermissten.

Nee, ich mach keine krummen Geschäfte. Schon gar nicht mit dem.“

Soll ich für dich fragen?“, schlug Frank vor.

Lass gut sein. Ich krieg schon irgendwoher ein Vorderrad.“

Frank hatte aufgeraucht und wollte gerade hinein, als Mopedlärm die ruhige Atmosphäre unterbrach. Das Geknatter und Gequietsche war laut und nervig, weil es gut ein Dutzend Mopeds samt Fahrer und Beifahrerin waren, die hier ihre Show ablieferten.

Das Gemeindehaus lag direkt am Marktplatz, auf dem die Mopedgang nun ihre Fahrkünste unter Beweis stellte.

Möglicherweise hatte ich ein Mädchen der Gang falsch angeguckt oder überhaupt geguckt oder sogar nicht geguckt, jedenfalls musste ich wohl irgendwie das Interesse des Häuptlings erregt haben. Der preschte mit seinem Moped auf mich zu, bremste hart mit dem Hinterrad und kam mit der rechten Seite des Moped auf mich zu geschlittert. Lässig klappte er mit seinen Westernstiefeln den Seitenständer aus. Cool stieg er von seinem Bock und kam nun obercool auf mich zu.

Was glotzt du so meine Perle an?“

Daher wehte also der Wind. Ich hatte seine Freundin angeschaut, verbotenerweise, war ja auch landesweit bekannt seine Perle nicht anzuschauen. Er hatte also seinen Grund.

Ich hab sie nicht angeschaut.“

Nicht angeschaut! Ist dir wohl nicht hübsch genug!“

Doch, doch. Sie ist hübsch.“

Hast sie also doch angeschaut, du Arsch!“, keifte er mich an.

Normalerweise hätte ich jetzt den Rückzug angetreten, doch Frank's Nähe ließ mich ein wenig mutiger werden.

Ja, habe ich und mich tatsächlich gefragt, was sie an so einem Intelligenzallergiker wie dir findet?“

Ein Fragezeichen erschien über seinem Kopf. Mit dem Fremdwort konnte er offensichtlich nichts anfangen.

Jetzt gibt’s auf's Maul, du Sack!“, brüllte der Häuptling und holte aus.

Ich duckte mich und sein Schwinger verfehlte mich.

Dann gab ich dem Kerl eine schallende Ohrfeige.

Nie hätte ich gedacht, dass er davon zurücktaumeln würde und sich dann auf den Arsch setzte. Das Gelächter seiner Kumpels muss im ganzen Ort zu hören gewesen sein.

Die Ohrfeige hatte wohl mehr Wirkung gezeigt, als ich selbst glaubte. Sein Wange war knallrot und Tränen liefen aus seinen Augen.

Ich war zwar nicht der Sportlichste, aber durch die Arbeit in der Schmiede war ich doch recht kräftig. Eine zweite Ohrfeige wollte er sich lieber nicht mehr einfangen. Er trat den Rückzug an, allerdings nicht ohne mich auf weitere Folgen meiner Respektlosigkeit hinzuweisen. Ich sollte noch Besuch bekommen, wir sähen uns wieder und Brüder und Cousins würden sich liebevoll meiner annehmen.

Frank und ich gingen zurück in den Clubraum und hatten den Vorfall schon bald vergessen.

 

Eine Woche später begann die Pflaumenkirmes. Der Dortmunder Westen und der Bochumer Osten trafen sich hier jedes Jahr. Pflaumenkirmes hieß sie, weil sie immer am letzten Wochenende im August, also wenn die Pflaumen reif sind, hier auf dem Marktplatz und den Straßen stattfand.

So auch dieses Jahr wieder.

Mitten auf dem Marktplatz stand der Autoscooter, immer ein beliebter Treffpunkt der Jugendlichen. Es war Samstag, der Club war zwar geöffnet, aber der Treffpunkt Autoscooter war verlockender, so dass fast alle Clubmitglieder hier waren. Dann sah ich sie.

Eine junge Frau, die mir sofort gefiel.

Sie stand mit ihren kichernden Freundinnen am Stand mit der Zuckerwatte und kostete ihr zuckersüßes weißes Gespinst.

Ein Gefühl, tief in meinem Herzen, erkannte, dass sie es ist. Meine andere Hälfte. Die, welche zu meinem Leben gehört. Wie eine Vorahnung, die mir bedeutet, dass nun ein Schlüsselereignis vor mir liegt. Jetzt und hier war entscheidend für mein ganzes Leben, sagte mir eine innere Stimme. Ich war verwirrt, solch ein Gefühl kannte ich nicht, hatte ich noch nie erlebt. Und nun stand ich hier und wusste, dass ich sie unbedingt kennenlernen wollte. Kennenlernen musste.

Sie schaute mich an, nur kurz und blickte wieder weg.

Nur um kurz danach mir einen weiteren Blick zu schenken. Sie lächelte kurz und schaute wieder weg.

Dann ging sie mit ihren Freundinnen los und verschwand im... King Tiger Club.

Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen und betrat den Club, wo ich sie am Tisch sitzen sah. Ich ging zum Tresen und bestellte mir ein kleines Bier. Sollte mir Mut machen, oder so.

Ich nahm auch all meinen Mut zusammen und lud sie zum Tanzen ein. Und bekam eine Absage, einen Korb. Das tat weh.

Doch aufgeben würde ich nicht. Kein Rückzug. Auf die nächste Chance warten.

Doch dann ging die Tür auf und fünf junge Männer traten ein. Definitiv keine Clubmitglieder. In Begleitung des Schnösels, dem ich die Ohrfeige verpasst hatte.

Sie bauten sich vor mir auf. Ihr Anführer war einen Kopf größer als ich und schaute sehr kräftig aus. Der Schnösel zeigte mit dem Finger auf mich und rotzte gleich los.

Jetzt kriegst du richtig Probleme, du mieser Schwanz!“

Der Anführer blickte mich an, nickte dem Schnösel zu und meinte: „Der ist nur Training, den schluck' ich runter.“

Dann widmete er sich wieder meiner.

Du hast meinen Cousin verprügelt, dafür musst du jetzt blechen, Arschloch!“

Der Cousin also, schon mal gut zu wissen.

Ich hab ihm nur 'ne Ohrfeige verpasst, nicht verprügelt.“

Er blickte den Schnösel an, der zuckte nur mit den Schultern.

Ist auch egal, kriegst trotzdem was auf's Maul“, kündigte der Typ an.

Ich sah wie die jungen Frauen sich die Szenerie anschauten und ich fragte mich, welche Optionen ich nun hatte.

Kämpfen und gewinnen? Mich quasi als Schläger outen.

Kämpfen und verlieren? Also ein Verlierer.

So oder so, keine der Optionen würde einen guten Eindruck von mir erzeugen. Ich wusste schließlich, es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.

Ich hoffe du weißt, dass deine Handlungen von nun an nicht ohne Konsequenzen bleiben, die sich negativ auf dein weiteres Leben auswirken“, erklärte ich dem tumben Plasmahaufen.

Auch bei ihm bildete sich ein Fragezeichen über seinem Kopf.

Häh?“, war seine Antwort.

Zum besseren Verständnis“, führte ich weiter aus, „gebe ich zu bedenken, dass nun der Notwehrparagraf auf meiner Seite ist, der mir das Recht gibt, mich zu verteidigen, solange keine exzessive Gewalt angewendet wird.“

Wovon spricht der?“, fragte einer der Begleiter leise seinen Schlägerkumpel, der neben ihm stand.

Ich weiß nicht, irgend so ein Rechtsanwaltgelaber“, war die leise Antwort.

Mir hat keiner gesagt, dass der Rechtsanwalt ist.“

Ist er auch nicht.“

Aber er spricht wie ein Rechtsanwalt.“

Als der liebe Gott Gehirn regnen ließ, muss der wohl den Regenschirm aufgespannt haben, dachte ich. Laut sagen wollte ich das lieber nicht. Aber, wer weiß? Ich traute ihm durchaus zu, das nicht verstanden zu haben.

Keine Ahnung, was du da redest, aber es gibt jetzt trotzdem auf's Maul“, protzte der Anführer dieser Intelligenzallergiker.

Wenn du jetzt zuschlägst, könnte folgendes passieren“, redete ich weiter,

Es ist nämlich ganz einfach, du haust mich um, ich falle zu Boden. Dann kommt der Notarzt und die Polizei. Daraufhin Anzeige, Amtsgericht und ab in den Knast.“

Na und, da war ich schon. Bist ja nicht der Erste, den ich umhaue“, meinte dieser Angeber.

Ja, das weiß ich“, antwortete ich.

Woher willst du das wissen? Du kennst mich doch gar nicht.“

Stimmt, ich kenne dich nicht. Aber ich erkenne Knastpunkte.“

Er blickte auf seine linke Hand, auf der zwischen Daumen und Zeigefinger drei blaue Punkte tätowiert waren. Knastpunkte.

Ich hau dich aber trotzdem um und meine Kumpel hier“, er blickte seine Freunde an, „werden alle bezeugen, dass du angefangen hast.“

Sie werden vor ihrer Aussage vor Gericht aber vereidigt. Vereidigte

Falschaussage kann mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren geahndet werden.“

Stimmt das, Hartmut?“, fragte einer der Schläger. Jetzt wusste ich wie der Anführer heißt.

Super Jungs, weiter so, dachte ich mir.

Weiß nicht, keine Ahnung, Friedhelm“, antwortete Hartmut.

Aha, ein Friedhelm ist auch dabei.

Also, Hartmut“, führte ich weiter aus, „es gibt hier auch andere Zeugen, von daher steht deine Verteidigung auf wackeligen Beinen.“

Meine Beine wackeln nicht und verteidigen kann ich mich selber!“ Hartmut war wirklich sehr intelligent.

Du brauchst dich nicht verteidigen, ich greife ja nicht an“, erklärte ich ihm.

Jetzt mach schon, hau ihn um!“, rief einer der Dumpfbacken. Doch Hartmut zögerte noch.

Denke daran, dass du einschlägig vorbestraft bist und deine Glaubwürdigkeit von der Strafkammer erheblich in Zweifel gezogen wird.“

Wovon spricht der Penner, los jetzt, klopp ihn endlich um!“, forderte einer der nicht Begreifenden.

Aber Hartmut begann wohl nachzudenken.

Deine Kumpel werden selbstverständlich der Mittäterschaft bezichtigt und müssen dann mit einem Verfahren vor dem Landgericht rechnen, wenn die

Höhe des Strafmaßes mehr als vier Jahre beträgt“, referierte ich weiter.

Über all den Köpfen bildeten sich Fragezeichen.

Ob sie wirklich verstanden, was ich da ausführte, bezweifelte ich aber.

Meine Zweifel waren berechtigt.

Los jetzt, wir hauen ihn um!“, brüllte jemand aus der Clique.

Ich hob beschwichtigend meine Hände.

Leute, gemeinschaftliche und vorsätzliche schwere Körperverletzung sind erhebliche Straftaten. Das sind keine Kavaliersdelikte mehr, sondern führen in jedem Fall zu einer Anklage.“

Hör endlich auf zu labern und komm mit raus, dann gibt's auf die Fresse.“

Ich gebe weiter zu bedenken, dass ihr alle über 21 Jahre alt seid und sukzessive...“, ich sah verständnislose Gesichter.

Ihr demzufolge nicht mehr nach Jugendstrafrecht angeklagt werdet, sondern

als Erwachsene angesehen und verurteilt werdet.“

Willst uns wohl totlabern mit deinem Gewäsch“, sagte der Schnösel.

Das mit dem totlabern hat tatsächlich was, kam mir in den Sinn.

Bei dir wird es sogar noch heftiger“, antwortete ich, „hier steht Anstiftung zu einer Straftat zu Buche, die ebenfalls, je nach Vergehen oder nach Verbrechen, mit Haftstrafe belegt ist.“

Verständnislos schaute er mich an.

Das kann auch zu einer Verfahrensabtrennung führen, was bedeutet, dass du du dich allein vor einer Strafkammer rechtfertigen muss, in einem gesonderten Verfahren“, behauptete ich. So sicher war ich mir bei meinen Ausführungen gar nicht. Dieser verbale Ausflug in die Juristerei war mehr oder weniger improvisiert.

Aber ich dachte mir, dass auch ein Bluff zur gewünschten Wirkung beitragen könnte. Verunsichert hatte ich sie schon, das stand fest.

Einer der Gangmitglieder, der Kleinste unter ihnen zog plötzlich ein Messer und fuchtelte damit herum.

Wenn eine tödliche Waffe im Spiel ist, dürft ihr in jedem Fall mit einer Verurteilung ohne Bewährung rechnen“, erklärte ich.

Steck das Messer weg, Siggi!“, befahl Hartmut.

Soso, und Siggi ist auch noch dabei. Das waren drei Namen, von insgesamt sechs Leuten.

Mal schauen wo das noch hinführt.

Siggi steckt das Messer tatsächlich weg und blickt verständnislos den Schnösel an.

Du hast gesagt, der Typ wäre kein Problem, Manfred. Was jetzt?“

Schnöselchen heißt also Manfred. Das wären dann vier Namen.

Jetzt lass mich mal, ich mach den Arsch fertig!“, knurrte Manfred.

Jetzt handelst du mit Vorsatz, nicht mehr im Affekt. Auch das wird sich auf das Strafmaß auswirken“, entgegnete ich.

Manfred zögerte. So langsam schien den Jungs klar zu werden, worauf sie sich einlassen sollten. Ihr Denkapparat begann zu arbeiten.

Los, komm jetzt raus, wir regeln das ohne Zeugen, unter Männern. Oder

willst du Feigling kneifen?“

Ich gehe auf keinen Fall raus.“

Dann tragen wir dich raus, du blödes Arsch“, keifte der Messerheld.

Das wäre dann Freiheitsberaubung und Entführung. Ihr bewegt euch auf dünnem Eis, Leute“, gab ich ihnen zu bedenken. Aber Denken war nicht ihre Stärke. Schon gar nicht Manfreds.

Pass auf was du sagst, du blödes Arschloch. Dich Wichser machen wir fertig. Du Drecksack glaubst wohl, du wärst was Besseres. Gleich gibt’s richtig Senge“, drohte er mir an.

Allein in deinem letzten Satz waren drei Beleidigungen. Das kann durchaus bis zu 80 DM pro Beleidigung kosten. Hast du 240 DM übrig?“, fragte ich ihn.

Anscheinend rechnete er noch, denn ich bekam keine Antwort.

Hartmut mischte sich wieder ein.

Du kommst jetzt mit raus und zwar sofort. Sonst...“

Ich ließ ihn nicht ausreden.

Das wäre dann Nötigung, hohe Geldstrafen wären da mindestens drin“, erwiderte ich.

Ich sag dir, der ist Anwalt“, ließ sich der kleine Messerheld dazu aus.

Bist du Rechtsanwalt?“, fragte mich der Boss.

Nein, ich bin kein Rechtsanwalt, aber eines weiß ich.“

Was weißt du?“

Mein Rechtsanwalt ist besser als deiner.“

Du hast einen Rechtsanwalt?“

Du nicht?“, fragte ich zurück.

Er schien darüber nachzudenken.

Nee, hab ich nicht. Wie kriegt man denn so einen?“

Wo sollte das nur hinführen? Wie soll ich das dem erklären?

Solange du nichts machst, brauchst du keinen“, half ich ihm auf die Sprünge.

Falls du keinen hast, wird das Gericht dir einen stellen. Allerdings wärst du für den nur eine Belastung, weil er an solchen Fällen wenig verdient, aber viel tun muss. Das ist genau so gut, als hättest du keinen.“

Wie kommst du darauf, dass das überhaupt vor Gericht kommt? Wir haben ja noch gar nichts gemacht.“

Noch nichts gemacht, sagst du? Du und deine Bande seid in unseren Club eingedrungen. In Räumlichkeiten, die der Kirche gehören, habt mit Gewalt gedroht, ein Messer wurde sogar gezogen. Das ist nicht nur Hausfriedensbruch, sondern Landfriedensbruch. Das bedeutet, dass die Kirche mir ihren besten Anwalt stellt und dir und deinen Kumpels eine Lampe bauen wird.“

Lampe bauen?“

Das heißt, ihr fahrt ein, Hartmut, Siggi, Manfred und Friedhelm. Ihr geht sitzen. Die schicken euch in den Knast. Denk daran, dass du und deine Kumpane wahrscheinlich auch, einschlägig vorbelastet seid. Der Anwalt der Kirche wird euch in der Luft zerreißen. Also, überlegt euch gut, was ihr jetzt

zu tun gedenkt.“

Das hatte wohl gewirkt. Die Jungs wurden sichtlich nervös und traten von einem Bein aufs andere.

Der kleine Messerheld war der Erste, der zum strategischen Rückzug ansetzte. Hartmut der Vorletzte.

Nur Manfred blieb übrig, der Schnösel.

Ich bin nicht so blöd wie ich, äh, du aussiehst...aussehe“, plapperte er herum.

Nee, du bist sogar noch blöder“, sagte ich ihm ins Gesicht.

Wir sehen uns wieder“, prophezeite er mir.

Wenn wir blind werden...nicht“, konterte ich.

Über seinem Kopf bildete sich schon wieder ein Fragezeichen.

Endlich verließ der Blödmann unseren Club und ich atmete erst einmal tief ein und aus.

Das war ziemlich knapp an einer Prügelei vorbei geschrammt.

Und dann passierte etwas mit dem ich nicht gerechnet hatte. Mein Schwarm kam zu mir und sprach mich an.

Das war wirklich beeindruckend. Wir haben alle gedacht, dass die über dich herfallen und übel zurichten. Aber du hast sie ja geradezu in Grund und Boden geredet.“

Ja, die Macht der Worte. Wie heißt es doch: Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Diesmal war das Wort mächtiger als die Faust“, philosophierte ich.

Möchtest du mit mir tanzen?“, fragte sie mich.

Gerne. Ich heiße Peter.“

Ich bin Ursula aus Sprockhövel. Aber nenn mich einfach Uschi.“

 

 

Ende

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es war Mitte der 1960ger Jahre, als mein Bruder Peter in diese Situation geriet und sich
durch geschicktes Reden auch aus dieser befreite.
Alfred Hermanni, Anmerkung zur Geschichte

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