Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 64 - Buchstabe T 601 bis T 605




 

  1. THOMAS D – "Frisör" (1998)

Wohl sehr selten bis nie wurde dem ehrenwerten Handwerk des Friseurs/Frisörs (beide Schreibweisen sind seit 1996 bereits richtig, das Lied ist von 1998) ein solcher Tribut gezollt. Ein Loblied, eine Liebeserklärung an den Beruf des Haareschneidens: In einer Art Salonjazz mit edlem Klang und einer wunderschönen, memorablen Melodie huldigt hier THOMAS DÜRR, 25% der FANTASTISCHEN VIER, eines der drei Masterminds unter ihnen (ANDY Y. macht den DJ und MC, schafft den Sound, die Effekte), seines Zeichens Veganer und Ex-Friseur, nun Rapper und Sänger, auch solo ab der zweiten 90er-Hälfte sehr erfolgreich, vielfach mit mehr meditativer Musik. Das ist bei "Liebesbrief" der Fall, siehe hier drunter. Dieses Lied jedoch ist auch kaum noch Rap, sondern eher Rap im Pop-Gewand, künstlerisch besonders wertvoll. Wie gesagt: Der Frisörberuf ist das Sujet, wo man mit "Haare, Haare, den ganzen Tag Haare" zu tun hat.

Gerade in Zeiten der Corona-Krise und des kompletten Shut- und Lockdowns sämtlicher Einzelhandels- und Handwerksgeschäfte, gerieten die Friseure in Bedrängnis. Die lange Haarpracht bei Unsereinem wurde zum wuscheligen Normalfall, nach langem Hickhack wurde während des dritten Lockdowns der Zügel wieder etwas gelockert, Friseure durften öffnen. Allerdings muss man seitdem Termine machen, Begrenzung der Kundenzahl auf ein Minimum, es wird einfach nicht wieder wie früher. Meine Liebste zeigte mir indes mehrere Videos von Verzweifelten, unter anderem einer Friseurmeisterin, die fast weinte und wütend schrie, außer sich, da sie den langzeitigen Verdienstausfall nicht mehr länger ertragen konnte, weder psychisch noch physisch – und ihren Laden nicht mehr länger würde halten können, wenn der Lockdown noch unbegrenzt so weiterginge. Die Hölle brach über solche Personen herein. Und sie hat sich bis heute kaum wieder erholt.

Nun, wohl kaum einem anderen Beruf ist derartig ein Denkmal gesetzt worden. Das Lied ist immer wieder hörenswert. Auf der einsamen Insel wird es indes schwierig werden mit den Haaren, wenn sie lang wachsen. Man fragt sich natürlich, bei dieser intensiven Sehnsucht nach seinem alten Beruf: Wieso macht Herr DÜRR ihn nicht wieder, falls die Krise jemals endet? Er kann doch nebenbei weiterhin rappen bei seiner Stammband DIE FANTASTISCHEN VIER!

 

  1. THOMAS D – "Liebesbrief" (2000)

Ein Hymnus an alle Liebenden, Liebespaare, unglücklich Verliebten und alle Menschen, die fast buddhistisch anmutende Andachtsmusik bzw. ruhige Entspannungsmusik für die beste Kontemplation mögen und gern ein wenig ruhen, beinah einschlafen möchten. Der sehr reichhalte und doch auch intellektuell substanzielle Text, in steter Wiederholung als Mantra, ist ein Liebesbrief an die Menschheit, eine Verehrung der Liebe, ein Hohelied an das Edle im Menschen, eine hoffnungsfrohe Botschaft. Anhand eines Einzelbeispiels, aus Sicht des lyrischen Ichs, das nicht unbedingt Herrn DÜRRs eigener Erfahrungs- und Vorstellungswelt entstammen muss, aber kann. Es geht um Rettung durch die Liebe, die ultimative Wunderwaffe gegen alles Schlechte und jegliche Entbehrungen. Vom gleichnamigen Album 2000 ausgekoppelt, schmeichelt sich der Song ins Ohr, ohne wehzutun und bleibt Balsam für die geschundene Alltagsseele, die kurzzeitig nach Haus finden möchte. Gerade auf einsamen Inseln muss Kontemplation erfolgen und man braucht auch die ruhigen Momente.

 

  1. THOMAS D – "Rückenwind" (1997)

Wow, was war mir flau – ich fuhr ins Blau. Als ich wieder da war, gab's für mich damals kein Halten mehr: Als stolzer Musikvideo-Junkie, der ich damals war, musste ich schnell wieder VIVA einschalten, ab und zu auch MTV. Der Sommer 1997 brach gerade an – und ich verbrachte den Urlaub lieber bei meiner lieben Oma im Nachbarort, als mit meinen Eltern in den Urlaub zu fahren. Warum in die Ferne schweifen, wenn die gütige Großmutter wohnt so nah und ist so nett, lieb und sympathisch, wenn sie Musikfernsehen hat, das man daheim nicht empfangen kann (damals ging es eine Zeitlang nicht über Satellit) – und die einem nebenbei noch ausgezeichnetes Essen kocht, wenn man mittags von der "anstrengenden" Fahrradtour durch die Ortschaft zurückkehrt – Ferien waren immer was Feines. THOMAS D, der, wie ich damals noch nicht wusste, da mir noch nicht alle Namen der Stars geläufig waren, einer der FANTASTISCHEN VIER ist, fing damals gerade mit seinem ersten Soloprojekt an. "Solo" hieß das Album knapp und simpel-programmatisch. Beim Titelsong erhielt THOMAS DÜRR, wie der Mann vollständig heißt, Schützenhilfe von Rockröhre NINA HAGEN (siehe hier drunter), bei diesem hier rappt er souverän-relaxed ganz allein. Ein funky treibender Musiktrack ist das, ein Rap-Lied der coolen, hektischen und doch entspannten Weise. Ein wenig wie später PETER FOX, nur um mehrere Hausnummern lässiger. Die Lässigkeit der 1990er ist und bleibt übrigens unübertroffen. "Also hau ich ab mit Sack und Pack…" geht er gleich medias in res, der schlaue Rapper, ohne langes Vorgeplänkel (gut, in der Albumversion gibt es ein kurzes gesprochenes Intro vorneweg), wie er sich's im eigenen Auto gemütlich macht: "Ist die Anlage an, dann geht der Sound ab", dazu gibt’s feinstes Gras: "Und ich rauch die Zigarette, die ich dafür gebaut hab" – und nichts kann ihn fortan ärgern: "Und schaut ab und zu mal einer dumm, dann nehm ich's ihm nicht krumm, denn THOMAS D haut ab – und ich weiß, ich komm rum". Dann macht er sich auf eine lange Reise durch die coole Welt, begibt sich auf "neue Wege, die wir noch nicht hatten – ich nehm euch mit 'n Stück in meinem Windschatten". Man möchte bei dieser warmherzigen Einladung, die ein wenig an das STAR-TREK-Credo "wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist"/"where no man has gone before" erinnert: "Wir betreten neue Wege, die wir noch nicht hatten…" Schön, schön. Man möchte dabei sein, auf diesem speziellen Trip. Wer THOMAS-D- und FANTA-VIER-Fan ist, wird hier natürlich auch etliche textliche Referenzen an ältere Lieder der Band entdecken. Viel Spaß beim Entdecken!

 

  1. THOMAS D – "Uns trennt das Leben" (2001)

AMBIENT-Sound ist der entspannte Sound der Zukunft – war wohl vor 20 Jahren so. Dröhnend und sehr bedrohlich tief kommt dieser gleichmäßige, ein wenig monotone Grundbeat daher, dominiert mit seiner schwarzgalligen Schwere schwärend den Song. Auf seinem Album "Lektionen in Demut" (2001) verabschiedet sich der Einviertel von DIE FANTASTISCHEN VIER, THOMAS DÜRR (D.) vom klassischen Hip-Hop seiner Stammband und referiert reflektiert vor sich hin, was mitunter etwas einschläfernd wirken kann: Seine Stimme passt sich dem getragen-langsamen Sound an, wirkt gebrochen, müde, melancholisch, als plane der verkopfte Hip-Hopper und überzeugte Veganer eine Karriere als Meditations-Sprecher für New-Age-Yoga-Fans. Oder als habe er sich mächtig schön veganes Gras reingezogen, und zwar eine riesige Wasserpfeife voll – was sich nicht zwangsläufig widersprechen muss. Herausgekommen ist dabei ein in sich ruhender, meisterhafter Song, der sich um Beziehungen, Zwischenmenschliches und körperliche bis tiefe metaphysische Liebe, Schmerz, Co-Abhängigkeit und Trennung dreht. Es geht um Leute, die der Liedprotagonist (möglicherweise THOMAS Ds Alter Ego, aber nicht zwangsläufig) enttäuscht, verletzt oder sonstwas hat, oder die an ihm zerbrochen sind – oder er an ihnen. Zum weiteren Verlauf ist das Lied eine Danksagung an all die Menschen, eine Entschuldigung zugleich – eine sehr schöne, euphonische. Das Musikstück hinterlässt einen in einem Zustand beruhigter, seliger Entspannung. Man dreht sich mit in diesem Kosmos der Kontemplation. Zu diesem Song, der gleichzeitig wie einer des Abschieds klingt – von irgendwas. Irgendjemand sucht die Entfremdung und das Einsiedlerdasein als neue Form, um zu sich selbst zu finden. Ein als gelungen zu bezeichnender Versuch.

 

  1. THOMAS D MIT NINA HAGEN – "Solo" (1998)

Ein Lied, dessen Intensität und schöne Melodiehaftigkeit sich mir erst später erschloss. Das Musikvideo lief auf VIVA damals rauf und runter – und wenn ich bei meiner geliebten Großmutter mütterlicherseits zu Besuch war, schaute ich diesen Musiksender (den wir daheim damals aus technischen Gründen zunächst nicht empfangen konnten), auf welchem viele Lieder in Heavy Rotation liefen. 1998 war dies u.a. dieses, das dann später auf "BRAVO-HITS 21" meine zu der Zeit noch leicht überschaubare Musiksammlung bereicherte. THOMAS D (einer der FANTASTISCHEN 4) engagierte für den Titelsong seines ersten Soloalbums Pop- und Punkikone NINA HAGEN, die sich bescheiden zurücknimmt und mit ihrer frechen Rotzgören-Schnauze, einer unter gewissen Umständen durchaus schön modulierbaren Stimme, die dann nah an ZARAH LEANDERs Tonlage herankommt (nebenbei: eines der skurrilen Lieder aus Frau HAGENs 80er-Vergangenheit ist eine New-Wave-aufgepeppte Coverversion von LEANDERs bekanntestem Song "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen" (siehe ebenfalls in dieser Liste)) klagend singt: "Du hast mein Herz geklaut!", wozu Thomas D in wie per Valium herbeisedierter Melancholie in den Strophen rappt, in einem sehr nachdenklichen Sprechgesang. Eine getragene Pop-Ballade mehr als Hip-Hop, bedächtig, kein kräftiger Beat, eher ein sehr epischer, ausladender, der sich dennoch genügend zurücknimmt. Bei Liebeskummer auf meiner einsamen Insel wird mir dieses Lied auf ewig ein treuer Begleiter sein, ein hilfreiches Kunstwerk. Sicher werde ich beim Hören auch an andere Dinge denken, die dem gesamten deutschen Volk infolge der katastrophalen Politik des MERKEL-Regimes und der schleichenden Islamisierung "geklaut" wurden, die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Freiheit, nicht zuletzt die gesamte Kultur mit ihren vielen Facetten. Das Herz gebrochen – und eben "geklaut".

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.07.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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