Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 65 - Buchstabe T 606 bis T 611



 

  1. THOMAS GOTTSCHALK & DIE BESORGTEN VÄTER – "What Happened To Rock'n'Roll?" (2001)

Wenn gestandene Showmaster zu singen anfangen, muss das nicht unbedingt saupeinlich werden! Nein, manchmal ist es auch zum Verkriechen ins kleinste Mauseloch der Welt! Fremdschäm-Verdachtsmomente kamen schon vielfach in der deutschen Showgeschichte auf. Zwar gibt es erfrischende Ausnahmen wie HEINZ ERHARDT oder RUDI CARELL, die in ihren Shows stets ausgezeichnet sangen. Über T. GOTTSCHALKs gesangliche Qualitäten kann man sich streiten. Eine Multioktaven-Stimme nennt der alternde Star, dessen WETTEN-DASS?!...-Tage längst hinter ihm liegen und dessen Legendenstatus mehr und mehr verblasst, während er Werbung für Hörgeräte (!) macht, wohl kaum sein Eigen. CELINE DION ist er nicht gerade…Doch das gilt für die meisten Rocker nicht. Rockmusik muss rau und hart sein, mitunter – als ob CANNIBAL-CORPSE-Sänger GEORGE FISHER eine betörende Engelsstimme hätte! Ob GOTTSCHALK schon zu Zeiten seiner Unterhaltungs-Musikshow-Reihe unter Hörproblemen litt oder gar "taub" war, darüber lässt sich streiten. Soo übel ist das Lied, das im Zusammenhang mit dieser Show (2004) gespielt wurde, nicht, das 2001 bereits eingespielt wurde. In ihm macht sich der Liedprotagonist (möglicherweise GOTTSCHALK himself, also autobiografisch, potenziell) Sorgen ("die besorgten Väter" eben) um seine Kinder und Kindeskinder, aus deren Kinderzimmern er die Musik der späten 90er und frühen bis mittleren 2000er schallt. Er versteht diese Musik nicht mehr. Sie sagt ihm nichts, er verbindet nichts mit ihr – und ihr künstlerischer (Mehr-)Wert erschließt sich ihm nicht. Womöglich geht das sämtlichen Generationen so. Meine Wenigkeit beispielsweise kann die überwiegend schräge Scheißmucke der 2010er und 2020er Jahre auch nicht mehr nachvollziehen: Was ist das für ein Mist (größtenteils)? Nun, hier gibt’s den englischsprachigen Titel, dafür aber einen fast deutsch gesungenen Refrain: "What happened to Rock'n'Roll – ich hab die Schnauze voll – bring back the Rock'n'Roll!" heißt es stil- und pointensicher. Ein nicht gänzlich unpeinlicher aber kaum prätentiöser Titel, zu dem man mitgrölen oder mitträllern kann. Historisch einmalig: THOMAS GOTTSCHALK singt gescheit – und stößt den "Vernichtern" des Rock'n'Roll dabei Bescheid! Gebt dem Showmaster, was des Showmasters ist! Tribut gezollt.

 

  1. TIC TAC TOE – "Ich find dich scheiße" (1995)

Im von der Stadtbücherei kurze Zeit entliehenen Buch "Mein Song – Texte zum Soundtrack des Lebens", herausgegeben von STEFAN RADLMAIER, berichten bekannte Autoren, Entertainer, Sänger und andere Promi-Idioten aus der gehobenen linken Besserwichser-Schicht der staatstragend tuenden Personen von dem, was sie mit diversen Songs verbinden. Wie viele Bücher dieser Art kotzte mich auch dieses partiell echt an, denn zum einen waren für meinen Geschmack (bin kein Fan) etwas zu viele BOB-DYLAN-Songs dabei, die von verschiedenen Künstlern besprochen wurden, zum anderen der Löwenanteil aus den 60er- und 70er-Jahren, sehr wenig 80er – und nur an einer Hand abzählbar 90er-Jahre. Nichts gegen die 60er, doch ich hätte gern mehr aus meiner Zeit gesehen. Nun ja. Dafür gibt es andere Bücher… Neben "Wonderwall" von OASIS (das auf Englisch ist und daher hier nicht in der Liste sein kann) und noch einem anderen Lied wurde kurioserweise "Ich find dich scheiße" von TIC TAC TOE erwähnt. ISA VON RATH, Satire- und Songtexterin sowie Kinderbuchautorin, äußerte sich unter der Überschrift "Heile-Welt-Untergang" ätzend negativ über das Lied. Von der 1964 geborenen Dame, die also zum Zeitpunkt des Lied-Erscheinens bereits über 30 und kindergesegnet war (insofern: entschuldigt?) kam nicht viel Erbauliches über das doch klarste Lied in punkto Ansage. Sie schreibt, wie geil ihre Kinder dieses Lied fanden und welch "Schock" es für sie gewesen sei (ich bezweifle irgendwie, dass das alles so ernstgemeint ist, so viel Leid ist durch dieses Lied nicht erzeugbar), als es rauf und runter gehört wurde im Kinderzimmer.

 

Ich erinnere mich noch ganz genau an mein erstes Mal, meine erste Berührung mit diesem Lied, und es war eine audiovisuelle Offenbarung, etwas, das ich, angesichts der zugegebenermaßen überwiegend sehr braven, weichen deutschsprachigen (selbst LUCILECTRICs "Mädchen" war nicht ganz so frech), vor allem aber den harmlosen englischen Lieder, so noch nicht erlebt und erfahren hatte an Augen und Ohren. Es war ein Samstagabend, ich war bei OMA zu Besuch, mit meinen Eltern, die mit mir und ihr zur Abendandacht gehen wollten. Nun, es war nicht mehr viel Zeit übrig, ich schaute derweil noch (wie praktisch immer, wenn ich etwas bei OMA schaute) VIVA, da kam es: "Ich find dich scheiße". Drei rotzfreche "Gören", die sich nach einem alten Kinderspiel benannten, die im Video als sexy Automechanikerinnen als Höhepunkt der Absage an einen prahlerischen Neureichen und seine aufgetakelte Zimtzicke von Göttergattin unter "Ich find dich scheiße"-Gesang den teuren BMW mit Vorschlaghämmern in einen etwas lädierten Zustand versetzen. Wow, ich war angefixt!

Dass die "Heile Welt" meiner Eltern ihr Armageddon respektive ihren "Untergang" erlebte (obwohl meine Ma zu dieser Zeit bereits ihr 41. Lebensjahr genoss), ist nicht überliefert. Diese These ließe sich nicht mit Beweisen stützen. Im Gegenteil: Anfänglich fanden meine Eltern dieses Lied sogar auf gewisse bizarre Weise gut, soweit man das eben von der älteren, erwachsenen Generation erwarten könnte.

 

Zugegeben: Mittlerweile höre ich es nicht mehr eben sehr oft, es ist zwar auf meinem Handy (wenn das Abspielprogramm das Lied zufällig anwählt, höre ich es gerne) vorhanden, die CD, das erste Album von TIC TAC TOE (nach dem Bandnamen benannt) habe ich seit etlichen Monaten (sicher schon über ein Jahr) nicht mehr aufgelegt, was höchstens daran liegen kann, dass meine Musiksammlung sich über die zwei dazwischenliegenden Jahrzehnte extrem erweitert hat, sodass ich praktisch jeden Tag etwas anderes hören kann und will. Dennoch bleibt dieses poppige, stark-beatige Hip-Hop-Rockstück rotzfrechster, dreister Pejorativ-Vulgär-Dynamik ein Klassiker für mich, eigentlich auch einer der deutschen Teenie-Kultur der 90er. TIC TAC TOE avancierte zur erfolgreichsten deutschen Damenband, doch nach zwei Alben war vorerst Schluss; auf einer Pressekonferenz zerstritten sich die drei Damen. Mit der Sängerin SARA BRAHMS (die zuvor einen kleinen eigenen Hit hatte) wagte man 1999 zunächst unter dem Bandnamen SARA @ TIC TAC TWO einen Neuanfang, "Nie wieder" (siehe weiter unten) wurde ein Hit, dann mit besagter SARA als neuer Dritten im Bunde, wieder TIC TAC TOE, Hit und Hit-Album "Ist der Ruf erst ruiniert…". 2005 dann ein Comeback ("Comeback" auch der Albumname), das leider floppte… Alles hat eben seine Zeit. Mit dem eher belanglosen "Spiegel" konnten die Damen 2005 nicht mehr an ihre alten Erfolge anknüpfen, den alten Zauber, der doch dem Anfang innewohnt.

 

  1. TIC TAC TOE – "Mr. Wichtig" (1997)

Entspannter Sommergroove zum Mitschwofen, Mitwippen und Mittanzen, auf bestem REGGAE-RAGGAMUFFIN'-Beat mit allem drum und dran – und ran geht’s an die Art von Mann, der sich als großer "Chicken-Checker" oder altmodischer "Bagger" betätigt – und zwar nicht als das Baustellengerät gleichen Namens, sondern als jemand, der als für "zu" leicht befundene Frauen "anbaggert", also mit Anmachsprüchen bedenkt, um die fix in die Kiste zu kriegen und ordentlich durchzuknattern. Für solche Kerle sind Frauen halt nur Fickobjekte – wobei es durchaus auch Frauen gibt, die bereit sind, sich als würdelose und skrupellose Schlampen zu betätigen und solche Kerle und andere über sich drüberhüpfen zu lassen…Egal! Solche Menschen gibt es bei beiden Geschlechtern, die ich anerkenne, also dem männlichen und weiblichen.

TIC TAC TOE war eine freche Mädchen-Musikgruppe, also nehmen sie sich diese Art von Typen vor – knallhart und rotzfrech, wie man es von diesen hardcore emanzipierten, selbstbewussten Gören gewohnt ist, auf die Kimme – und schleudern diesem "Mr. Wichtig" entgegen, wie uncool und unoriginell er doch mit seiner abgelutschten Masche ist! Aufgehübscht mit englischen Satzfetzen, wie es in den 90ern schon Usus war, kann dieses Lied als perfekt für die ganze Palette an Sommerlichkeit angesehen werden: Zu ihm passen alle Arten alkoholischer und antialkoholischer Cocktails und manch mildes Milch- oder kühles Wassereis und man freut sich beim Hören über die Abrechnung mit dieser Art Männer.

Hoffentlich bleibt das Musikvideo von CANCEL-CULTURE verschont: Es zeigt nämlich, in einem geschmackvollen, modern eingerichteten Loft, Glastische, die von kräftigen Männern getragen werden, unter ihnen auch relativ braungebrannte, wenn nich gar schwarze. Ich glaube kaum, dass das eine Herabwürdigung schwarzer Herren war, sondern einfach ein kleiner Gag über Männer im Allgemeinen, jedenfalls die im Video Mitwirkenden. Nun, die Damen tanzen sich ja in geschmackvoll-extravaganter Kleidung durchs Musikvideo des Songs, schäkern mit den Männern rum und inszenieren sich, auch teilweise im akustischen Part zu hören, verfremdet durch Megaphone singend, schreiend und säuselnd, als hippe, sexy BAYWATCH-Küken-Lookalikes, als die coolen Tussen. Die sie damals auch waren. Hab mir damals die Maxi-CD geholt, auf der mindestens sechs Versionen des Songs drauf waren. Hab sie alle drauflos gehört. Ist ja auch 'n hammergeiler Sommersong, Mann, ey!

 

  1. TIC TAC TOE – "Spiegel" (2005)

Puh, ein extrem kontroverses Lied, ein bizarres, zahnschmerzenerzeugendes Thema! Ihren Mitte der 2000er gestarteten zweiten Comeback-Versuch, 10 Jahre nach Beginn ihrer kometenhaften Karriere, die innerhalb kürzester Zeit (1997 ging alles den Bach runter, da sich die drei jungen Damen zerstritten hatten, beim Zickenkrieg während einer Pressekonferenz) wieder verpuffte, begannen sie mit dieser ersten Auskopplung aus dem simpel "Comeback" genannten Album. Dieser zweite Versuch scheiterte leider (auch) kläglich, obwohl dem Album einige sowohl inhaltlich als auch musikalisch recht ordentliche Musikstücke zu Eigen waren.

Der erste Comeback-Versuch (1999, mit einer gewissen SARA als drittem Bandmitglied, siehe auch "SARA @ TIC TAC TWO") war relativ früh vergangen, der große Riesenerfolg blieb aus. Auch hier blieben sowohl Single als auch Album weit hinter den Erwartungen zurück. Der Beweis war wohl ein weiteres Mal erbracht, dass alles seine Zeit hat – und der coole Girlgroup-Pop-Hip-Hop mit taffen, starken Frauen(themen) in seiner alten 90er-Form nicht mehr angesagt…

Im Lied treffen sich mindestens drei Personen in einer Selbsthilfegruppe, die von einem Herrn mit vfertrauenerweckender Stimme geleitet wird. Hier wurde Synchronsprecher CHARLES RETTINGHAUS engagiert, der nicht nur GEORDI LA FORGE (LE VAR BURTON) bei STAR TREK seine Stimme lieh, sondern mittlerweile unzählbar vielen amerikanischen Schauspielern.

In den drei Strophen beschreiben dann die zwei jungen Damen und ein Business-Man mit instabilem Selbstbewusstsein (Letzterer wird von der mit dunkler Stimme gesegneten Sängerin LEE, einer der drei TIC TAC TOEs, vorgetragen) – und die Situation eskaliert! Der Business-Typ steigert sich so sehr in seine Verliererrolle hinein, dass er unversehens eine Waffe zieht und sich selbst im Beisein und vor den Augen der anderen Teilnehmer erschießt. Der entsetzte Aufschrei des Therapeuten/Therapieleiters ist eine der wohl routiniertesten aber besten Leistungen von CHARLES RETTINGHAUS. Als weitere Stimme ist die eines Radiomoderators zu hören, der von einem entsetzlichen Fall berichtet, wo sich ein Mann in einer Gruppensitzung selbst tötete. "Mein Spiegel – zeigt mir nicht, was ich sehen will", ist der Refrain und die erschreckende Pointe, die die Unzufriedenheit der meisten Personen mit ihrem Spiegelbild und weit darüber hinausreichende psychische Probleme (in diesem Beispiel) aufs Tableau bringt. Ein erschütternder Text, ein erschütterndes Lied, dem es nicht an Potenzial mangelt. Dass es trotzdem nicht gereicht hat, mag an mangelndem Management liegen – oder, wie angedeutet, dem Zeitgeist. Es ändern sich die Moden, sie wechseln in sich stetig steigernder Geschwindigkeit. Lebt wohl, TIC TAC TOE! Ihr gabt uns Frechheiten aber auch Nachdenklichkeiten.

 

  1. TIC TAC TOE – "Verpiss dich" (1995)

Dass TIC TAC TOE mit ihrer Vulgär- und Injurien-Sprachwahl sicherlich damals bereits sprachliche Puristen und puritanische Sittenwächter des geschliffenen Wortes feinster Akzentuierung auf den Plan und zur Entrüstung trieben, dürfte auf der Hand liegen. Dass sie heutige Sprachwächter, nicht unbedingt von konservativer Seite, herausfordern würden, wäre auch gebongt. Es ist ja auch ein heftiges Lied: Die jugendliche Hasssprache und deftige Ausdrucksweise des "gemeinen Volkes" zu verwenden, hatte noch keine Band, gleich welchen Genres, in dieser Deutlichkeit gewagt wie diese drei frechen Frauen (eine von ihnen, RICKY, ist die Nichte des erfolgreichsten Schweden im Bereich EURODANCE, DR. ALBAN), damals eher noch junge Mädchen. Schon "Ich find' dich scheiße" machte überdeutlich, dass hier kein Blatt vor den Mund genommen wurde und auf subtile Verzierungen und nette Umschreibungen verzichtet wurde. Das – und die Tatsache, dass es sich um ein perfekt komponiertes Pop-Lied mit einer prägnanten, markanten Melodie handelt und der Text zwar ein klassischer Liebeskummer-Rap ist aber eben granatenhagelhart die volle Breitseite gegen einen untreuen, sich eine neue Flamme suchenden Mann mit einem fetten, langen Mittelfinger selbstbewusster Frauen. So kommt zwar die Stimme der Hauptsängerin (JAZZI) melancholisch rüber, doch korrespondiert perfekt mit dem starken, catchy Beat, die Hook ist brillant und schön heftig. Am Anfang und Ende hört man Donner- und Regengeräusche, ein Gewitter ist es, das hier stattfindet, in Liedform gepresst, es ist die tiefe Enttäuschung, die echt wirkt, selbst wenn das Lied letztlich von einem cleveren Produzenten auf die drei Sängerinnen zugeschnitten geschrieben wurde. Anerkennung muss man sogar dem Instrumentensolo zollen, da es zwar in einem Popsong stattfindet, aber eigentlich eher dem Rockgenre zuzuordnen wäre: Eine E-Gitarre, von wem auch immer sie gespielt wird, eindringlich und hart wie der Beat. Im Musikvideo, im tristen Schwarz-Weiß im strömenden Dauerregen gedreht, ist es ein cooler Schwarzer, der voll in die Saiten haut, ob er es auch in Audio gespielt hat, ist den Infos im CD-Booklet nicht zu entnehmen. Sei's drum: Eines der besten E-Gitarrensolos aller Zeiten, also außerhalb des klaren Rock. Und trotz des Titels – oder gerade deswegen – ein geiles Lied! Auf der einsamen Insel gelegentlich, wenn man sich mal voneinander absentiert, dann jedoch wieder zusammenfindet. 

 

  1. TIC TAC TOE – "Warum" (1997)

Die dreiköpfige Girlie-Band, die erfolgreichste im deutschsprachigen Raum, nicht wegzudenken aus den deutschen 1990ern, konnte derbe, deftige und vulgäre Schroff-Texte singen, rappen und schreien, das ist klar. Ihr authentischstes und merklich ehrlich gemeintes Lied ist besagtes "Warum?", das mir in zwei Versionen vorliegt. Die Version auf der BRAVO-HITS 16 damals ist kacke, das "Out Of Space Mix" weiß wenig zu rocken, geht fast ins Technoeske und flacht ab. Doch die originale, sehr originelle Version ist das wohl memorabelste Lied der drei Damen, wiederum hängt dies auch mit dem Musikvideo zusammen, in welchem man zum Ende hin echte Tränen bei JAZZI sieht. Sie hat den Liedinhalt quasi am eigenen Leib bzw. aus nächster Nähe miterlebt. Es geht um Drogen und um eine beste Freundin der JAZZI, die durch Drogen total abgedriftet ist, sich für Drogengeld prostituierte und immer tiefer in den Sumpf geriet, "aber nicht für dich, sondern nur für deinen Dealer – mit dem Lächeln im Gesicht". Eiskalt die unterkühlte Atmosphäre des zwar gewohnt starken Hip-Hop-Beats, der diesmal aber mit einer Piano-Melodie aus einem Keyboard (möglicherweise aus einer solchen Maschine) korrespondiert, auf überzeugende Weise. Viele Anti-Drogen-Songs können mit einem moralischen Zeigefinger und der typischen Du-darfst-nicht-Haltung um die Ecke kommen, was uncool ist und schon zu meiner Zeit nicht gut bei den Kids ankam. Bei mir vielleicht, doch ich, aufgewachsen in einer Kleinstadt, hatte von vornherein kein allzu starkes Interesse an Drogen, sodass ich nie in der Gefahr stand, welche zu konsumieren. Meine Schulkameraden ebenso wenig. Die Herangehensweise dieses Liedes ist besser: Es wird aus der Perspektive der Sängerin in der Ich-Form gesungen, die Person im Lied, die beste Freundin, wird direkt mit Du angesprochen und bleibt dabei nahbar, mit der guten alten Du-Botschaft. Der langsame Verfall mit der nur angedeuteten Prostitution ("dafür gingst du auf den Strich") wird chronologisch nicht allzu ausladend erzählt und endet mit einem nochmals weinend geschluchzten "Und warum?".

Ein gutes Beispiel dafür, dass die Band auch seriös sein konnte, ernste Themen so ansprechen, dass Jugendliche die Ansprache nicht als moralisierend oder belehrend empfinden.

Kleines Manko am Song: Die ebenfalls nicht zu unterschätzende Droge Gras und das Kiffen werden leicht verharmlost, wenn es heißt: "Ab und zu mal einen rauchen – mal in andere Welten tauchen – war ja noch okay…" Zwar werde ich mich auf der einsamen Insel nie mehr fragen, wie es soweit kommen konnte, dass mir völlig unbekannte Personen den Drogentod oder langsamen Verfall starben, aber immerhin: Ich bin immer dankbar, dass es dieses Lied gibt.

 

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