Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 66 - Buchstabe T 612 bis T 615



 

  1. TILL & OBEL – "Danke" (1995)

Die beiden rotzfrechen Gaukler und Spaßvögel der fetenfähigen Musik, die beide von der "blöden Seite der Macht" und nicht aus taubenfinsterer Nacht kommen, richten hier ein Duett der besonderen Sorte an sich selbst, in Form eines Tribut-Liedes. Da sie exzellente Stimmimitatoren sind, versetzen sie sich in die Lage der "Opfer" ihrer Schmähungen: Die Schickeria, die Promis Deutschlands zu der Zeit, von der Mitte der 1980er bis der Mitte der 1990er, wird gnadenlos durch den Kakao gezogen, von JULIO INGLESIAS, berühmter Sänger und Vater des Latino-Musikstars ENRIQUE INGLESIAS, bis über GRÖNEMEYER, KONSTANTIN WECKER bis hin zu der damals noch quicklebendigen INGEL MEYSEL sind sie alle dabei – und bringen "sich selbst" ein Ständchen, wobei sich in Wirklichkeit ja Till & Obel ein Ständchen an sich selbst singen. Es muss ein tolles Gefühl sein. Man mag sagen: "Eigenlob stinkt", doch noch nie hat es so olfaktorisch ansprechend und positiv gestunken wie hier.

 

  1. TILL & OBEL – "Pippi lebt" (1995)

Die beiden Blödelbarden oder Blödel-Schlagermacher brachten manchen kleineren Kracher, der leider längst in Vergessenheit geraten ist. Völlig zu Unrecht, wie man konstatieren muss. Mir geht es jedenfalls so: In "Pippi lebt" wird PIPPI LANGSTRUMPF aufs Korn genommen – und HERBERT GRÖNEMEYER auf den Arm: Wohl nie wurde sowohl der Gesangsstil als auch die knödelnde Stimme GRÖNEMEYERs nachgeahmt, inklusive sämtlicher Manierismen und Atemtechnik, samt aller Seufzer und dem vollständigen Duktus eines typischen GRÖNEMEYER-Liedes seit jeher: Deutschrock, ja, aber tändelnd, pendelnd, hin und her, mit sich gern überschlagender Stimmlage. Nachgestellt wird das eingedeutschte Titellied zur schwedischen Kinderserien-Verfilmung der PIPPI-LANGSTRUMPF-Bücher der bekanntesten Kinderbuchautorin der Welt, ASTRID LINDGREN, die ja bereits einen Mädchentypus schuf, über den sich die krassesten Feministinnen kaum beschweren können dürften. Außer vielleicht, dass PIPPI nicht automatisch männerhassend ist wie zumindest moderne Dritte-Welle-Feministen*innen (hoffentlich korrekt gegendert). Wie hätte also HERBERT GRÖNEMEYER ein solches Scherzlied unbekümmerten Kindseins in seinen seriösen, verkopften Lyrik-Kontext übersetzt? TILL  & OBEL machen's perfekt vor. Auf dem 1995 erschienen Album "Auf der blöden Seite der Macht" (auch noch eine STAR-WARS-Anspielung, herrje!), das ungerechterweise weit weniger erfolgreich wurde als das im selben Jahr erschienene Album eines anderen Blödelbarden-Duos, nämlich "Lieder, die die Welt nicht braucht" von DIE DOOFEN. Tja, das Leben ist ein ungerechter Scheißhaufen, der Scheißhausfliegen anlockt! Dieser Song ist jedoch fürs schöne Haus, nicht fürs Scheißhaus.

 

  1. TILL & OBEL – "Scheißegal" (1995)

"Nananananananana!" wird zunächst gesummt und genäselt, dann beginnt ein Lied über Geht-mir-am-Arsch-vorbei-Attitüde und LMAA-Stimmung. Ein interessanter Text eines kleinen, vergnüglichen Schlagers schließt sich an. Sehr komisch, sehr kurzweilig, keineswegs politisch korrekt, mit den passenden Geräuschen ("packt MICHAEL JACKSON sich an 'n Sack", woraufhin ein "uuuuh!" erschallt) an den passenden Stellen. Auf dem Album "Willkommen auf der blöden Seite der Macht" (1995) prominent vertreten, ist es eingebettet in eine Reihe urkomischer, kauziger Musiktitel, unter anderem "Pippi lebt" (siehe oben), dann gibt es noch "Ballade pour Else" (eine Mini-Parodie auf "Ballade pour Adeline" von RICHARD CLAYDERMAN) und auch "Danke". Hier kriegt jeder Star sein Fett weg, jedenfalls in einem deutschen Kontext, mitunter auch etwas über den Teich hinaus. Richtig schön.

 

  1. TILL & OBEL – "Weil ich der Kanzler bin" (1995)

Das Album "Willkommen auf der blöden Seite der Macht" dieses Blödel-Dödel-Duos aus zwei Komikern, ist äußerst vielseitig, was das Humoristische anbelangt. Sämtliche Register werden gezogen, die meisten Pointen sitzen sicherer als bei der "Konkurrenz" DIE DOOFEN (siehe sehr viel weiter oben), die im selben Jahr ihr berühmtes Blödel-Nonsens-Album "Lieder, die die Welt nicht braucht" herausbrachten. Ob kurz-knackige Liedparodien mit wenig Textveränderungen wie "Ballade pour Else", Stimmimitationen und Stilparodien (HERBERT GRÖNEMEYER, wie er die Erkennungsmelodie von PIPI LANGSTRUMPF interpretieren und stark verändern würde, in "Pippi lebt" (siehe ein Stück weiter oben). Dazu natürlich "Neuversionen" und klare Liedparodien auf damals bekannte Lieder. Nicht erst seit Zeiten von "Lebt denn dr alte Holzmichl noch" und "Schnappi, das kleine Krokodil" (2004 und 2005), zu denen im Mitte der 2000er immer relevanter werdenden Internet bereits mehr oder minder geschmackvolle Parodien in reicher Zahl kursierten (2005 wurde übrigens auch YOUTUBE eingeführt), gibt es exzellente Veralberungen. Damals war LUCILECTRIC das große One-Hit-Wonder, mit "Mädchen", einem Hit über eine selbstbewusste Göre, die die Männer in ihrem Sinne für sich "dressiert" und sich durchsetzt. Auf dieser Melodie basierend gibt es hier eine der ungezählten Parodien auf den damaligen Bundeskanzler HELMUT KOHL, auch "Birne" genannt. Nicht sehr respektvoll! Im Gegensatz zu DIE PRINZEN mit "Du spinnst doch!" (siehe sehr viel weiter oben), handelt es sich hier zwar auch um ein veralberndes und auf die Schippe nehmendes Lied über den Kanzler, der wie kein anderer vor ihm den Spott und auch Hohn bis Hass auf sich zog. Vieles davon war ungerecht. Dieses Lied, aus "seiner" Sicht von einem der beiden Jungs gesungen, während der andere kommentierend in der "Er"-Form einspringt, ist eine der positiveren Albernheiten und Till & Obel zeigen hier ihr ganzes Können. Für jede ordentliche Nostalgie-Party und erst recht bezogen auf 90er-Revivals ein Muss.

 

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