Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 71 - Buchstabe T 643 bis T 646



 

  1. TONY MARSHALL – "Schöne Maid" (1971)

Der letzte große Stimmungshit… - Nee, Jokus beiseite! Prototyp, Urform eines Karnevalsschlagers? Aber hallihallo, mein lieber Herr Gesangsverein! Hier steppt der Bär, hier rockt der Kasper, wenn der Herr MARSHALL (ein hoher Titel, finde ich), eigentlich Herr HERMANN ANTON BOETH, ein wahrer "Songpoet", zwar nicht OMDs "Maid Of Orleans" (das war erst inne 80jer…), also JEANNE D'ARC anbetet, sondern einen Nicht-Promi der deutschen Geschichte, die namenlose "Maid", die jedoch nicht minder hold zu sein scheint.

Basierend auf der Melodie einer alten MAORI-Volksweise namens "Nau haka tanga" ("Nun hack mir keinen Tanga!", meine freie, wohl nicht korrekte Übersetzung), bastelte Schlagertexter-Legende JACK WHITE über die gemeinfreie Melodie diesen unglaublich geilen Stimmungsschlager, zu dem ich gleich mein Tanzbein schwingend mich im Kreis drehen möchte bis zum Drehwurm! Und ich kenne niemanden, bei dem das Lied nicht gern gehört wäre, auf Hochzeitsfeiern, Faschingsfesten, zu Einweihungen, auf Straßen- und Volksfesten habe ich es bereits gehört. Also in der Version des Herrn FELDMARS…äh MARSHALL, nicht dem möglicherweise auch nicht zu verschmähenden MAORI-Traditional. Eins steht fest: JACK WHITE hat eine besondere Fähigkeit für solche Gute-Laune-Songs, die MAORI hingegen für stilsichere Melodien, die ewig im Gedächtnis bleiben – und dort zur wahren Ohrwurmplage werden können, der selbst ein "Ohrwurmkiller" (also schnell ins Feld geführte Gegen-Ohrwurm) nichts anhaben kann. Wer einmal vom fatalen Fieber ergriffen ist, für den gibt es ein Leben lang kein Zurück: Seitdem ich das Lied als kleiner Lausbub hörte, blieb es mir im Gedächtnis und fällt mir immer als eines der ersten ein, wenn ich mit oder ohne vorgehaltene Waffe gezwungen werde, ein paar Schlager anzusingen. Bleibende Schäden also, doch wenn man einmal infiziert bzw. getriggert ist, läuft es ganz von selbst. Warum auch nicht? Ich steh dazu, dass das Lied mein Herz allürt. "Ho-ja-ho-ja-ho", Freunde! Schließlich gilt auch hier der beliebte Spruch: "So jung kommen wir nicht mehr zusammen vielleicht"…

 

  1. TORFROCK – "Beinhart" (1990)

Ach, och, uch, uff! Wie soll man das nennen, was man im Suff besser verarbeiten kann oder verträgt? "Bölkstoff" wird hier das Bier genannt, im hohen Norden Deutschlands, wo Comic-Autor und –Zeichner BRÖSEL (RÖDGER FELDMANN) herkommt. Also ist dieses Lied der DEUTSCHROCK-Band um Sänger KLAUS BÜCHNER (mit KLAUS BAUMGART bildet er auch das Schunkel-Schlager-Duo KLAUS & KLAUS) vielleicht einfach "Prollrock"? Wenn dem so wäre, ist dieses einmalige Genre nicht nur typisch deutsch und nirgendwo anders authentisch, identisch zu haben, historisch! Punktum! Mein Herz hat es immer erreicht, dieses "Dingel-dingel-dingel-Ding!" Im Lied erschallt es des Öfteren, während der Refrain in diesem norddeutschen Plattdialekt daherkommt, auch das Wort "Restaurants", das man normalerweise ja seiner französischen Herkunft gemäß französisch ausspricht, wird hier sehr deutsch gesprochen, wie es geschrieben steht. Damit reimt es sich auf "Hummerschwanz". Upps, welch Wort! Mit "Schwanz" drin!

Viele deutsche Filme, leider seitdem das Zeitalter des Tonfilms anlief, die gesamtgesehen Mehrzahl, lassen es inhaltlich und qualitativ echt mangeln. Es gibt mehrere Händevoll geiler deutscher Filme, die einem richtig patriotischen Gefühl verschaffen – und was wir immer gut können, ist die eigene Vergangenheit, insbesondere Drittes Reich und DDR. "Der Untergang" (2004) und "Das Leben der Anderen" (2006) sahnten jeweils den OSCAR für "Besten nichtenglischsprachigen Film" ab. 

Der erste Film zu den beliebten WERNER-Comics des oben genannten Zeichners und Autoren BRÖSEL, der 1990 in die Kinos kam, "Werner – beinhart!", eine imposante, amüsante Mischung aus Realfilm und Zeichentrick, war noch ziemlich in Ordnung. Für einen deutschen Comicfilm. Die weiteren Fortsetzungen, reine Zeichentrickfilme, büßten zunehmend an echter Qualität ein.

Dabei ist die schillernde Figur WERNER, im Grunde ein Jedermann, äußerst liebenswert: Der Klempner-Azubi, der beim bodenständigen Handwerkskleinbetrieb RÖHRICH seinem ehrenwerten Handwerk nachgeht und als begeisterter Auto-Tüftler in seiner Freizeit spannende Abenteuer erlebt, findet den Platz in die Herzen Humorbegabter aller Altersklassen.

Dazu gibt es eben dieses Lied, das das Lebensgefühl dieses jungen Typen und seiner Freunde einfängt und wiedergibt: Sie riechen "nicht nach Eau de Toilette", bei ihnen gibt’s "gutes Kettenfett". Sie sind nicht "vornehm" genug für die Restaurants und "knabbern dort am Hummerschwanz" auch nicht. Im Gegenteil: Im Rausch der Geschwindigkeit der coolen, aufgemotzten, frisierten motorisierten Zweiräder, gern mit der Bockwurst im Lenker, "ridern" sie "easy über Berg und Tal", womit eine schöne kleine Anspielung auf "Easy Rider" und den dazugehörigen STEPPENWOLF-Song "Born To Be Wild" aus den 60s unter Dach und Fach wäre! Ebenso trifft es eine schöne Doppeldeutigkeit mit "Bullen" als Verballhornung und "Polizei": "An die (sic!) Kuh und an den Bullen vorbei – überholen wir auch die Polizei". Sehr, sehr clever, Freunde!

Der erste WERNER-Film war, nach "OTTO – Der Film" (1985), die bis dato erfolgreichste einheimische deutsche Filmproduktion, was die Zuschauerzahlen betrifft, seitdem diese erfasst werden. Im November 1990 in die gesamtdeutschen Kinos des frisch wiedervereinigten Landes gekommen, avancierte der Film zum immerhin erfolgreichsten nach den US-amerikanischen Produktionen des Jahres, also zum einen hinter "Pretty Woman" und zum anderen hinter "Kuck (sic!) mal, wer da spricht!"

Das Lied leistet auch seinen Beitrag zum Erfolg, allerdings kommt es ein wenig prollig und sehr simpel gestrickt daher. Aber macht nicht das gerade den Reiz aus?

Ich setz mich jetzt auf mein Mofa – und knattere lässig mit Affenkaracho über Berg und Tal – stoppen kann mich noch nicht mal ein Begrenzungspfahl! Dingel-Dengel-Dongel-Dung!

 

  1. TRIO – "Anna" (1983)

Der Stil der Neue-Deutsche-Welle-Musikgruppe TRIO ist schnell erklärt: Man nehme eine banale, fast beiläufige, fahrstuhlmusiktaugliche Melodie, nichts Aufregendes, dazu einen einfach gestrickten Text, der rhythmisch jedoch perfekt in den Beat passt. Keine Angst, außer der titelgebenden "Anna" (oh nein, nein, sie wird musikhistorisch nicht die letzte Besungene dieses Namens sein, siehe weiter oben: "A-N-N-A" von FREUNDESKREIS) kommt auch noch eine gewisse "Berta" vor, auch ein Herr namens "Peter". Wow, sitz, Wuff! Besonders vertrackt ist dann nur das E-Gitarrensolo. Alles (bis auf das Gitarrensolo, logisch) begleitet von einem stumpfen "Lass mich rein, lass mich raus". Mh, sehr tiefsinnig, geistreich gleichermaßen! Was wollte uns STEPHAN REMMLER wohl damit sagen? Minimalistisch ist das Ganze auf jeden Fall. Für mich dennoch ein skurriles, unverzichtbares Lied. Die Einsame Insel wird rocken.

 

  1. TRIO – "Da da da (Ich lieb' dich nicht, du liebst mich nicht)" (1981)

Kann man hier deutsche Hinterwäldler-Kaff-Kneipenromantik parodistisch auf die Spitze persifliert vermuten? Nun, nur wenn man das Musikvideo sieht, in dem eine andere NDW-Ikone, nämlich ANNETTE HUMPE (heutzutage mit ADEL TAWIL das deutsche Popmusik-Duo ICH + ICH bildend), auf einem TV-Bildschirm, der an der oberen Wand der Kneipe hängt, Gaststar ist. Damals dürfte viel Korn und anderer Schnaps durch trockene Herrenkehlen geflossen sein. Nun: Weder musikalisch noch textkomplex (eher unterkomplex) sind sie, die liedgewordenen Werke des einförmigen, monotonen Stumpfsinns, die die Mannen von TRIO unter Sänger und Texter STEPHAN REMMLER, einem mittlerweile entsetzlich in die Jahre gekommenen Typ mit mittelmäßiger Sangeskraft. Ihr bekanntestes Lied. Das 1982, also meinem Geburtsjahr, erschienene, typische NDW-Lied ist aus der deutschsprachigen Musik der 80er-Jahre nicht mehr wegzudenken, auch wenn es eines der dümmlichsten und peinlichsten Liedchen ist, die beinharte NDW-Fans, erst recht NDW-Künstler gern vergessen würden. Wie es aber nun mal so ist: Gerade auch das Mülligste, Blödeste und Hirnverbrannteste bleibt gern tief in den Gehirnwindungen hängen, denn wir Menschen sind eben Meister des Belanglosen. So muss auch ich, allein schon aus Gründen des Erscheinungsjahres, Tribut zollen an ein plattes und doch herrlich unkonventionelles Lied – in mehrfacher Hinsicht. Der laut "60x Deutschland" (2008), vorgetragen von TILL HAGEN, "monotone Sound der Arbeitsroboter", verglichen mit den weitestgehend automatisierten Produktionsanlagen moderner Industriebetriebe.

 

Das dadaistische Da-da-da, belangloser noch als bla-bla-bla oder la-la-la, durchzieht den Song ebenso wie das monotone Klöppeln, Klicken und Stampfen, begleitet von einem Schlagzeugtakt, der wohl der ersten Übung in der ersten Lektion Schlagzeuglernen entspricht. Die Gegenüberstellung von "Ich lieb' dich nicht, du liebst mich nicht" und das stupide "Aha" dahinter, wurde später ähnlich wieder aufgegriffen, in MATTHIAS REIMs "Verdammt, ich lieb' dich", doch das ist alles bereits Geschichte. Am bittersüßen Strand der Einsamen Insel Heldenland tanz ich dazu entlang, entlang, entlang. Ganz doof.

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