Karl-Konrad Knooshood

Deutschsprachige Musikwunder 80 - Buchstabe W 716 bis W 719




 

  1. WOLF BIERMANN – "Ermutigung" (1973)

"Lass dich nicht verhärten – in dieser harten Zeit"…Wie recht er damit hatte, der schärfste DDR-Kritiker und Dissident, der zumindest, im Gegensatz zu vielen anderen Regimegegnern und DDR-SED-Kritikern, das Glück hatte, einer Haft im berüchtigten Stasi-Hosi-Knast HOHENSCHÖNHAUSEN zu entgehen, indem er ausgebürgert wurde! Wie aktuell dieses sein Lied, wie die meisten musikalisch eher spartanisch aufgestellt, mit der Gitarre verhandelt, aber voll ins Schwarze trifft und die Zeiten überdauerte, seitdem es 1973 das Licht der deutsch-deutschen Musikwelt erblickte. Ja, irre und harte Zeiten dürfen einen nicht verbittern oder hartmachen, jedenfalls nicht im Sinne von: Herzverhärtung. Man sollte sich seine Menschlichkeit bewahren, darum geht es hier, dazu rebellieren und niemals zurückstecken und nicht zurückschrecken vor der Staatsmacht, nicht zurückweichen, wenn es darauf ankommt, das Maul aufzumachen und Gesicht zu zeigen. Man sollte nicht einknicken, wie es die Schauspieler-Aktivisten jüngst (Stand: 23. April 2021) taten, nachdem sie am 21. und 22. eine Videoaktion u.a. auf YOUTUBE gestartet hatten, in der sie die längst totgeglaubte deutsche Satire wiederentdeckten (die sich seit einigen Jahren nur noch aus dem Herumhacken und dem in Flachwitze und Unlustiges verpackten Hass auf die Opposition im weitesten Sinne und alle nichtlinken Abweichler, Andersdenkenden und Konservativen besteht). Sie kritisierten die Regierung durch beißenden Spott und ausgeklügelte Ironie, doch siehe da: Einige ruderten längst zurück und "distanzierten" sich mal wieder von den "üblichen Verdächtigen", also allen Nichtregierungskonformen, die pauschal seit Jahren "Verschwörungstheoretiker", "Schwurbler", "Demagogen", "(Rechts-)Populisten" und "Nazis"/"Rechte" heißen. Diese Feigheit beim geringsten Widerspruch, dem geringsten Gegenwind aus dem medialen und feuilletonistischen sowie politischen Mainstream, ist genau das, wovor Herr BIERMANN warnte. Der alte Klampfer und Hobbyrevoluzzer, im Grunde nur ein musikalischer Zaungast bei Revolutionen, behielt recht. Man soll sich gegen jedes Regime stellen, egal, ob links und damit verklärungsbedürftig (wie's scheint, weshalb es der Mainstream tut) oder rechts und damit erklärungsbedürftig (mindestens – und dann ganz abzulehnen)!

Seien wir doch so mutig, wenn wir können! Das gilt für die DDR, das aufkommende Corona-Regime und die Regierung, die offenbar vergessen hat, unsre Grundrechte als unverhandelbar und bedingungslos zu betrachten! Sich nicht ins Bockshorn jagen lassen, sich auflehnen gegen das empfundene und tatsächliche Unrecht, sollte oberste Pflicht eines jeden demokratisch gesinnten Bürgers sein! Immer! Überall!

 

  1. WOLF BIERMANN – "Stasi-Ballade" (1973)

Vor wenigen Jahren noch, als es noch nicht "in" war, mit der Ex-SED, zurzeit DIE LINKE, zu kuscheln und ihre erweiterten Arme (die Antifa, Interventionalistische Linke und die Jugendorganisation LINKSJUGEND SOLID) zu verehren, indem man sich ihre Buttons sogar im Bundestag ansteckt und offen Werbefahnen für sie schwingt, bezeichnete WOLF BIERMANN in einer scharfzüngigen Schmährede vorm versammelten Bundestag DIE LINKE als "Drachenbrut" (aus der SED). Damit kam er der Wahrheit über dieses üble Natterngezücht schon recht nahe, denn dass DIE LINKE, sobald sie kann, wieder nach Sozialismus strebt und es ihr eben nicht nach Demokratie gelüstet, dürfte nur absoluten Hornochsen nicht klar sein. Im Gegensatz zur AfD, die erst 2013, zunächst als hauptsächlich eurokritische Partei gegründet wurde, ist DIE LINKE nämlich wirklich die direkte Nachfolgepartei der PDS, die wiederum nach der Wende aus der SED hervorgegangen ist. Vor einigen Jahren höchstens noch angereichert durch einige frustrierte SPD-Aussteiger, vorwiegend aus dem Westen, von denen einige (siehe OSCAR LAFONTAINE) wegen eines nicht mehr allzu linksextremen Politkurses in Ungnade gefallen sind innerhalb der Partei. Im Gegensatz zur zu Unrecht als "Nazi-Partei" abgestempelten Konservativen namens AfD, haben wir es hier mit den Nachfolgern und teilweise alten Stasi- und Mauerschützenparteibonzen zu tun, die etwa im Gegensatz zur tatsächlichen NSDAP-Spätnachfolge-Partei NPD (die wahren Nazis) leider über politische Macht in mehreren Bundesländern verfügen.

 

In seiner "Stasi-Ballade" nimmt WOLF BIERMANN genau diesen Menschenschlag auf die Schippe, die Deunzianten, Spitzel und Spione der Stasi (DDR-Staatssicherheit), jener aus der SED rekrutierten und von ihr gegründeten Geheimdienstbehörde, die zur Hauptaufgabe hatte, die eigenen Staatsbürger auszuspionieren und ggf. unter weißer Folter (Folter ohne sichtbare körperliche Spuren) und drakonischen Gefängnisstrafen in Hochsicherheitsknästen wie HOHENSCHÖNHAUSEN aus dem Verkehr zu ziehen. SED und Stasi, das ist derselbe Haufen Scheiße, über den sich der liedermacherische WOLF hier lustigmacht, da sie doch ein solch "schweres Leben" dabei hätten, ihn auszuspionieren.

Klar könnte man kritisch anmerken, dass er leicht Reden hatte und von ihnen "nur" ausspioniert, abgehört wurde, während andere Menschen derartig psychisch gefoltert wurden und eingesperrt, dass die dadurch entstandenen Traumata sie bis heute verfolgen. Diese Leute, die wissen, dass der "Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch", wie BRECHT im Hinblick auf den Faschismus, eigentlich auch den braunen Sozialismus nationalistischer Art sagte, riechen am ehesten den Braten, der heute wieder so übel gen Himmel stinkt und aus dem genau die alten Maden kriechen! BIERMANN tut dies auch, wiedermal typisch er: Mit der Akustikgitarre, spöttelndem Frevelgesang, ein wenig süffisant und anprangernd stark! Muss man gehört haben! Auch wenn er sich eine Zeitlang ängstlich wähnte, ob sie, die Stasi, quasi bei ihm daheim erscheinen könnte, hatte er zwar Glück, doch dies ist und bleibt: Eine Warnung aus dem Bereich deutschsprachige Musikgeschichte an den Sektor Allgemeine deutsche Geschichte – ganz ohne Revisionismus.

 

  1. WOLFGANG FIEREK – "Resi, i hol di mit meim Traktor ab" (1986)

Den Schlagersänger WOLFGANG FIEREK kennt man noch aus der doofen ZDF-Serie "Ein Bayer auf Rügen", doch in diesem im Stile eines ländlichen Schlagers mit Akkordeon begleiteten Lied, das von einem Stadtburschen handelt, der seine Herzensdame, jedenfalls eine junge Frau vom Lande, in die er sich verknallt hat, mit dem bekanntesten landwirtschaftlichen Gerät, dem Fahrzeug der Agrartätigen, dem Traktor/Trecker abholen will (ein ihm ja wohl in der Handhabung zunächst eher fremdes Fahrzeug), Mundharmonika spielend. Dabei bleibt FIEREK stets in einem typisch bayrisch-ländlichen Slang, der unwiderstehlich und auch witzig ist. Der Stadtjunge will das eher ländliche (patente) (Bauern-)Mädel also von sich überzeugen, "denn romantisch bin i ja ah!" Der Kontrast zwischen ländlichem und städtischem Leben, diese Liebesanbetung (man fragt sich die ganze Zeit: wird sie sich erweichen lassen, ihn erhören? Schließlich heißt es gleich zu Beginn: "Und weil i in da Stadt drin wohn, fins mich von Hausaus doof!". Na dann: toi, toi, toi, Stadtkerl, dann schnapp die die Perl' vom Lande und mache mit ihr "Landliebe". 

Geilomat.

 

  1. WOLFGANG LIPPERT – "Erna kommt" (1985)

Der Moderator aus der ehemaligen DDR, der immer etwas zu schleimig rüberkam aber irgendwie doch einen unwiderstehlichen Schwiegermuttersliebling-Charme zu eigen hatte, trat erst in meinen Fokus der mir bekannten weltlichen Persönlichkeiten, als er in den frühen 1990ern kurzzeitig das ZDF-Show-Flaggschiff der deutschen Fernsehunterhaltung Nummer 1 übernahm. Nein, nicht das "Traumschiff", diese Billig-Raubkopie des "LOVE BOAT", mitnichten, sondern die Show, die der genialen Idee einer schlaflosen Nacht des Power-Showmasters FRANK ELSNER entsprungen war, der sie auch zunächst moderiert hatte. In den mittleren 80ern dann hatte ein noch junger blonder Gott und Strahlemann, THOMAS GOTTSCHALK, die Show übernommen und in die moderne Zeit, die 90er, geführt. Doch dieser Herr hatte eine Zeitlang keinen Bock mehr auf die Show. LIPPERT wurde aus dem frisch wiedervereinigten Osten importiert und moderierte eine gewisse Phase. Da er beim Publikum allenfalls mittelprächtig ankam, musste das ZDF sich wieder bei Herrn GOTTSCHALK einschleimen, der bald darauf wieder zusagte, die in den Keller gerauschten Quoten durch seine Rückkehr zu kurieren. Nun, was das Schicksal der Sendung, die sich WETTEN, DASS…?! nannte, anbelangt, könnte es trauriger nicht sein: Auf LANZ war mal wieder Verlass, als er die Show übernahm. Kritische oder realistische Zeitgenossen dürften an dieser Stelle allerdings anmerken, dass der Anfang vom Ende bereits eingeläutet wurde, als die enervierende Ex-FLAVIO-BRIATORE-Anhängselmaus MICHELLE HUNZIKER als Co-Moderatorin dem dann doch alternden GOTTSCHALK zur Seite gestellt wurde. LANZ versetzte nur den letzten Todesstoß – mit einer Lanze? Doch genug von der "Lanzer Romantik"…

WOLLE LIPPERT, der heutzutage erstaunlich seriös und viril als Balladensänger "ABBELIN" bei den STÖRTEBEKER-Festspielen auftritt, trat gegen Mitte der 80er allerdings noch unter eher peinlichen Vorzeichen auf: Als einer dieser Nonsens-Sänger, die irgendeinen Blödian-Kram im Schlagerformat trällern, bei dem man sich heute facepalmend in eine Schäm-Ecke abwendet. Ohne angeben zu wollen: Ich bin für viel Bullshit zu haben – also auch für diesen Trash, von dem die 80er auch nicht gerade leer waren: "Erna kommt" heißt das Lied, das auf LIPPERTs alte Tante anspielt, eines dieser alten Lieder, für das einen heutige Generationen entgeistert anstarren mit dem ihnen eigenen Zombieblick. Doch es hat was. Irgendwas. Musikalisch kaum mehr als ein faschingstauglicher Schunkelschlager, kann der Text mit einigen Gags zündend aufwarten, wenngleich diese heute antiquiert erscheinen. "Oh mein Gott, ich schämt mich". Noch nicht genug…

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