In Zeiten, in denen Menschen gegen Laternenpfähle laufen und der
Ladezustand ihrer Handys höhere Priorität hat als der eigene,
würde ich am liebsten fragen: wie laden Sie Ihr Akku auf? Es wird
gehetzt, gedrängelt, gehupt, geflucht. Und wehe das Handy funktioniert
nicht mehr. Dann kann es schon mal sein, daß man in der U-Bahn als
Schwarzfahrer enttarnt wird, weil man doch die Fahrkarte im Internet
heruntergeladen hat. Oder man bemerkt auf dem Weg in den Urlaub, daß man
sein Ladekabel vergessen hat. Dann kehrt man schon mal um und fährt 150
km zurück, sonst kann man ja nicht entspannen. Und man will ja schnell
entspannen!
Laden die Leute im Urlaub ihre Akkus auf? Oder walkt
und radelt und klettert man von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten?
Schließlich will man ja was erleben und das muß man dann
später posten und unbedingt mit den 645 Freunden teilen.
Vielleicht wohnt man auch in einem Wellnesshotel und läßt sich
pudern, peelen, cremen. „Oh, sorry, ich muß zur Aromatherapie und
danach zur Hot Stone Massage. Morgen früh geht es weiter mit der Early-
bird Gymnastik und nachmittags habe ich einen Termin zum Power Yoga und wenn
ich dann noch Lust habe, gönne ich mir einen Saunabesuch mit
Zitrusaufguss. Die Termine habe ich natürlich alle in meinem Handy
gespeichert.“
Wer will wissen, mit wem Verena Schluss
gemacht hat oder an welcher Bushaltestelle Klaus gerade vorbeigefahren ist? Es
wird gechattet, geliked und geappt was das Zeug hält und man nimmt in
Kauf, daß man gegen einen Baum rennt, den man dann gleich googelt.
Warum haben es die Leute verlernt, nichts zu tun? Warum glaubt
jeder, etwas zu verpassen, wenn er nicht 24 Stunden online ist? Und warum wird
sofort jede ankommende Nachricht beantwortet, nicht aber die Frage der alten
Dame, ob man ihr beim Einsteigen in den Bus behilflich ist?
Ich
setze mich im Park auf eine Bank und blicke auf den See. Dort drüben
schwimmt ein Entenpärchen mit 5 Küken. Real nicht virtuell. Dann
gehe ich nach Hause. Vielleicht kann ich ja heute noch einen Menschen davor
bewahren, gegen ein Verkehrsschild zu laufen. Die Bedeutung des Schildes kann
ich ihm ja auch noch erklären. Vielleicht schickt er mir dann später
eine Freundschaftsanfrage.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.07.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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Wolken klingen rosa
von Katrin Meyer
Alex lebt nach dem Motto „all you can feel”. Nach einem Zusammenbruch erholt sie sich in den Berchtesgadener Alpen und erfährt in einem Workshop zum Thema Hochsensibilität, dass es noch andere Menschen gibt, die nach dieser Devise leben. Erleichtert über diese Erkenntnis beginnt sie, ihre Vergangenheit völlig neu zu bewerten und beabsichtigt, in Zukunft ihre eigenen Regeln aufzustellen. Aber Veränderungen sind für Hochsensible gar nicht so leicht umzusetzen. Erst recht nicht, wenn wenigstens die Beziehung ein sicherer Hafen zu sein scheint. Doch dann begegnet Alex dem Fotografen Quirin und plötzlich ist gar nichts mehr sicher.
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