Werner Kistler

Reich ist auch arm

Sie hatten ihn einfach gefeuert. Dabei hatter er nichts ungerechtes getan. Bis zum Morgen war er als
Fahrer für eine kleine Bäckereikette tätig gewesen. Er musste die einzelnen Filialen mit frischen Brötchen, Brot und Kuchen beliefern.Gleichzeitig räumte er die nicht verkaufte Ware aus den Regalen aus und nahm die Teile zur Vernichtung wieder mit. An der einen Filiale standen immer diese drei Kinder in ihren derben Anziehsachen herum. Sie taten ihm leid und er gab den Jugendlichen immer von den nicht verkauften Teilchen ab. Deshalb hatten sie ihn entlassen. Die Worte schwebten noch in seinen Gedanken herum. "Die Ware ist immer noch unser Eigentum - laut Bestimmungen darf solche Ware nicht in den Konsum mehr gelangen." Er hätte es wissen müssen. Zeitungsberichte fielen ihm ein: Da gab es die Frau, die sich Fischköpfe für ihre Katzen eingesteckt hatte. Oder die Frau aus der Blumenversteigerung. Sie hatte sich von den nicht verkauften und bereits entsorgenten Blumen nur ein kleines Sträußchen gemacht. Alle diese Menschen waren entlassen worden. Das Arbeitsgericht hatte die Kündigungen auch noch bestätigt. Einen Prozess konnte er sich aus fianziellen Gründen nicht leisten. Eine Rechtsschutzversicherung hatte er nicht abgeschlossen. Die Kinder taten ihm leid. Deshalb kaufte er in einer anderen Bäckerei eine ganze Tüte Teilchen und stellte sich wie gewohnt an den Treffpunkt. Und sie kamen. Wortlos gab er die Tüte an die Kinder weiter, die sich wie immer freuten. Heute hatte er Zeit und daher beschloss er, den Kindern einmal zu folgen. Kurze Zeit später nahm er die Verfolgung auf. Wie wunderte er sich, als die kleine Gruppe eine bestimmte Richtung einschlug. Der Weg war nicht wie vermutet, die Armensiedlung, sondern man näherte sich jetzt der feudalen Hanglage mit den protzigen Villen. Plötzlich blieben die Kinder vor einem großen Haus stehen, öffneten das Gartentörchen und klingelten an der Haustür. Es wurde schnell geöffnet. Wortfetzen drangen an sein Ohr."Ihr seit schon da?" Dann eine keifende Stimme."Was habt ihr denn da? Werft die Sachen sofort weg! Davon bekommt man nur schlechte Zähne." Er war verblüfft. Das wollte er genauer wissen. Am nächsten Tag stand er wieder am Treffpunkt. Diesmal fragte er die Kinder aus und erfuhr, dass die Mutter ihnen süße Sachen sperrte."Und du bist jetzt arbeitslos",fragte der Kleinere der Geschwister? "Unser Vater hat eine große Fabrik mit vielen Autos - der sucht immer Fahrer. Ich kann ihn ja mal für dich fragen."

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