Erwin Zimmermann

Franz Liechtis Todesurteil und letztes Gericht

Franz Liechti ist seit einer Woche im Spital. Todesurteil: vorgeschrittener Nierenkrebs, keine Therapie und keine Aussicht auf Heilung! Streng Katholisch erzogen, war Franz Liechti als Kind religiös, sah sich im Dienste Gottes und als Jugendlicher wollte er sogar mit seinem innigen Beten die Welt retten. Dann kam der Bruch und Umbruch wohl als Folge einer gründlichen Auseinandersetzung mit der Philosophie im ehrlichsten Bestreben nach der absoluten Wahrheit. Nach Lesen der Existenzialphilosophen Ladislaus Boris, Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre, Hanna Arendt und vielen andern, musste er sich eingestehen, dass der Glaube an Gott eine Selbsttäuschung war und mit der menschlichen Ehrlichkeit und Würde unvereinbar. Franz Liechti hätte gerne an einen allmächtigen liebenden Gott geglaubt, wäre ebenso gerne seinen Geboten gefolgt und hätte sich dann auch tapfer dem „letzten Gericht“ gestellt. Aber dafür war es leider zu spät, der Vorhang war schon gehoben und die Szene enthüllt.

Als Frühgeburt stand Franz schon einmal an der Schwelle des Todes und hatte es irgendwie geschafft weiter zu leben. Heute ist diese Erfahrung jedoch irrelevant, seine Schritte führen nun unausweichlich über die Schwelle ins Nichts. Schrecklich ist der Tod nur als Lebender, als Toter wird Franz nichts sehen, nichts fühlen und keinen Schmerz empfinden. Aber Franz lebt ja noch und fürchtet sich vor dem „letzten Gericht“. Seine langen schmerzvollen Nächte sind von Alpträumen und quälenden Gedanken zu seinem vergangenen Leben geprägt. Er sucht vergebens die Gestalt des strengen Richters, vor dem er sich für seine Unzulänglichkeit und Feigheit reumütig hätte anklagen können. Lebenslänglich suchte er nach dem Sinn seines Lebens. Nun öffnet sich vor seinem geistigen Auge das Bild eines riesigen Labyrinths ohne Eingang und Ausgang. Die Wege führen nirgendwo hin und Schritt und Tritt sind nur dem Zufall überlassen. Franz erwacht schweissgebadet und in tiefem Schrecken erstarrt.

Mit jedem weiteren Alptraum nähert sich Franz dem letzten Urteil ohne Richter und Anwälte: seinem letzten Urteil über sich selbst. Im Scheinwerferlicht erkennt Franz, was er in seinem Leben hätte werden und sein können, und was er aus sich gemacht hat. Immer klarer werden für ihn die Wege und Abwege seines Lebenslaufs, die Kluft zwischen den Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und dem tatsächlich Erreichten. Zu spät, nichts kann nachgeholt, nachträglich ausgebessert werden. - Im großen Schmerz bittet Franz Liechti sich vergeblich um Verzeihung und schließt dann für immer seine Augen!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.10.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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