Ich liebe Frühstückseier. Innen weich und außen hart. Dazu
ein heißer, aromatischer, mit einem Stück Zucker gesüßter
Kaffee und knackig duftende Brötchen und Croissants. So fängt
normalerweise ein guter Tag bei mir an. Ich freue mich über mein
Rentnerdasein, die Ruhe und dem Gedanken, dass ich nichts machen muss, wozu ich
keine Lust habe.
Zu einem guten Frühstück gehört
aber auch immer eine Tageszeitung oder auch mehrere. Meine Frau sagt immer, ohne
Zeitung schmeckt mir mein Frühstück nicht. Ehrlich gesagt, geht es mir
genauso und seit Freitag, dem 1. Oktober 2021 weiß ich auch genau, warum
eine Zeitung so wichtig ist und ich mir den Tagesbeginn ohne zumindest eine
Zeitung zu lesen am Morgen nicht vorstellen kann.
Am Freitag, den
1. Okt. 2021 hatte eine wichtige Nachricht dort ihren Platz gefunden und prangte
in fetten schwarzen Lettern auf der Titelseite. Ich konnte, ja ich musste lesen:
Ganz Deutschland freut sich
Okay, die
Aprikosen-Marmelade auf den Brötchenhälften hatte wie immer gut
geschmeckt. Am Drei-Minutenfrühstücksei gab es auch nichts zu
bemängeln. Es war genauso, wie es sein sollte. Grundsätzlich konnte
man sich wirklich über den Beginn des Tages freuen, aber es war doch
diesmal etwas anders als sonst, denn Ganz Deutschland freute sich. Was war
passiert? Was hatte ich nicht mitbekommen? Welcher Umstand, welches Ereignis,
welche technische Errungenschaft, welches wirksame Medikament war entdeckt,
erfunden, zugelassen worden, sodass alle Deutschen in einen kollektiven
Freudentummel verfallen waren und sich endlich einmal alle einig zeigten, alle
zusammen freuten? Es musste etwas Weltbewegendes, zumindest Deutschland
Bewegendes passiert sein. Ich merkte, wie die Vorfreude, gepaart mit einer kaum
zu bändigenden Neugier mich ergriff, denn wenn sich ganz Deutschland freut,
wollte ich mich auch freuen und evtl. konnte sich meine Frau auch freuen, denn
sie lebt ja auch in Deutschland. Also gespannt, neugierig und erwartungsvoll las
ich weiter.
Es war tatsächlich etwas passiert, dass alle
Deutschen sich freuen mussten. Eine wunderbare Nachricht und dies in den doch
noch manchmal etwas traurigen Zeiten. Nicht dass Sie glauben, es wäre
über das Ende der Corona-Pandemie berichtet worden, über das positive
Forschungsergebnis über ein neues, wirksames Allheilmittel für
Krebspatienten oder HIV-positive Menschen und jetzt endlich, nach einer Zeit
quälenden Wartens von dem Robert Koch Institut und der Europäischen
Arzneimittel-Agentur endlich freigegeben wurde und Hoffnung für
viele, viele kranke Menschen bedeuten würde. Oder: Olaf Scholz, Annalena
Baerbock, Robert Habeck und Christian Lindner haben sich geeinigt. Sie gehen mit
gutem Beispiel voran und verzichten demnächst als Minister auf die ihnen
zustehenden Dienstkarossen und präferieren demnächst
Lastenfahrräder im politischen Berlin. Nein! Eher war es etwas Banales, ja
man kann sogar sagen, etwas Alltägliches. Etwas, was jeden Tag ganz vielen
Menschen passiert und was auch in unserem sozialen Umfeld, der Nachbarschaft,
bei Verwandten und Bekannten schon vorgekommen ist. Als wir davon Kenntnis
erhielten, waren wir wirklich froh und haben uns tatsächlich mit den
betroffenen Personen gefreut. Aber nicht ganz Deutschland freute sich damals.
Ich konnte es beim Zeitunglesen kaum glauben, unsere Wünsche
und die Hoffnungen aller Deutschen hatten sich erfüllt:
Helene Fischer ist schwanger
Meine Güte, wenn das kein Kracher ist. Gott sei Dank, ging es mir sofort
durch den Kopf. Endlich, endlich können wir alle aufatmen und uns freuen.
Helene erwartet ein Baby. Endlich gibt sie sich dem Mutterglück hin und
findet die richtige und wichtige Rolle in ihrem Leben. Goldene, Platin
Schallplatten hat sie ja bereits on Mass. Aber Erfolg vergeht. Und wenn sie in
ihren Shows akrobatisch über die Bühne schwebt, ist das auch nicht
jedermanns Sache, aber Mutter werden, das ist anerkannt und erstrebenswert
für jede Frau. Helene hat das eingesehen und die Zeit, in der keine
Auftritte möglich waren, genutzt und richtig gehandelt. Was für eine
Freude und Ganz Deutschland freut sich passend, kollektiv, über die
Schwangerschaft von der Schlager-Queen Helene.
Also freute ich mich
auch und meine Frau freute sich auch, nachdem sie den Artikel gelesen hatte.
Meine Frau bekommt die Zeitung immer erst, nachdem ich diese gelesen habe. Aus
diesem Grund konnten wir uns nicht gleichzeitig und gemeinsam freuen, sondern
lediglich hintereinander, also zeitversetzt. Egal! Begeisterung,
überschwängliche Freude auch bei uns.
Es geht nichts
über ein schönes Frühstück, verbunden mit einer
Zeitungslektüre und einer guten Nachricht. Da kann auch schon mal der Regen
gegen das Küchenfenster prasseln, es neblig sein oder das Eigelb auf die
Hose gefallen sein, was ich nebenbei hasse, aber mir immer wieder passiert.
Helene ist schwanger! Ohne das ich aus dem Fenster schaute, wusste ich, die
Sonne scheint, es ist warm, der Tag wird herrlich und alle Menschen sind gut
gelaunt, vergessen ihre Sorgen. So schnell geht es und dabei haben wir zu diesem
wunderbaren Ereignis nicht einmal helfend beitragen müssen, lediglich
Helene und wer auch immer, haben hoffentlich in Freude dieses Wunder für
ganz Deutschland erbracht.
Ich fiebere dem Tag entgegen - meine
Frau natürlich auch - wenn in der Presse das erste Ultraschall-Baby-Foto
auf der Titelseite veröffentlich wird und Helene Fischer sich dann auf
Seite zwei mit Babybauch ablichten lässt.
Ich gehe ganz fest
davon aus, es führt eigentlich kein Weg daran vorbei, bestimmt verrät
uns Helene in einem demnächst ausgestrahlten ZDF-SPEZIAL oder in einer
Tagesthemen-EXTRA-Sendung die weiteren Umstände ihrer Schwangerschaft.
Hoch lebe Helene. Auch wenn sie demnächst wahrscheinlich nicht
mehr singt:
Atemlos durch die Nacht,
sondern
Schlaflos durch die Nacht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.10.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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