Heinz-Walter Hoetter

Sieben Balladen

1. Die Ballade vom alten Jäger


 

Ein alter Jäger pirscht allein im verschneiten Winterwald umher und draußen ist es bitter kalt. Vereist ist der Weg und siehe da, er tritt unverhofft in einen tief gefrorenen Spalt. Oh weh! Der Jägersmann stürzt mit der Stirn voraus, er laut krachend auf den harten Boden knallt.

Davon fliegt seine schöne Jägermütze. Es quillt nach seinem grässlich Sturz aus einem großen Loch im Kopfe viel Blut und graue Hirnesgrütze. Des Jägers jämmerlicher Hilferuf voll Todesangst im verschneiten Wald erschallt. Aber sein Leben welkt, der Körper ist schon fast ganz kalt.

Der Alte fleht mit letzter Kraft im Glauben halt: „So hilf doch mir, oh Herr, ich sterbe bald!“ Aber niemand ist da, der ihm helfen kann. Einsam im tiefen Schnee haucht er sein Dasein aus, der arme Jägersmann. Am nächsten Tag erst man den toten Körper nach langer Suche fand. Keiner hatte um ihn gebangt. Welch eine Schand.

Doch glaubt, und das ist jetzt keine Finte! Der alte Jäger hielt noch in völlig starr verkrampfter Hand seine schussbereite Doppelrohrflinte.

Er hielt sie wohl auf seiner Pirsch auf einen kapitalen Hirsch. Doch der entkam mit großer Not. Zu hastig wollt der Waidmann ihn erlegen. Er stürzte dabei brutal zu Boden und war auch schon bald Tod.
 

Jawohl, so war es in der Tat gewesen. Der stattliche Hirsch, er lebt, der alte Jägersmann jedoch, der muss in tiefer Erde jetzt verwesen.


©Heinz-Walter Hoetter


 

***

 

 

2. Die Ballade vom armen kleinen Mädchen


 

Armes kleines Mädchen, du fühlst dich so alleine in dieser fernen weiten Welt.

Doch sieh, am weiten Himmelszelt ein wunderschöner Stern die dunkle Nacht für dich erhellt.

 

Wo sind deine Eltern? Wo sind sie geblieben? Niemand weiß, was sie gerade tun. Lieb Vater und lieb Mutter vielleicht schon längst in kalter Erde ruh’n.

 

Armes kleines Mädchen, ganz allein bist du zurück geblieben. Deine Familie, sie wurde vom Schrecken eines fürchterlichen Krieges aus der schönen Heimat gnadenlos vertrieben.

 

Doch halte stets am Feuer deines jungen Herzens fest. Was dir lieb und teuer ist, lass’ es nicht einfach los, zu wertvoll ist dieser letzte Rest. Weine nicht! Dein Herzensfeuer, es wird dich wärmen auch in trübster Zeit. Das Glück und die Liebe stehen schon für dich bereit.

 

Armes kleines Mädchen, der Wind, er trocknet deine bitterlichen Tränen.

In Frieden und Geborgenheit sollst du dich schon bald für immer wähnen.

Ich will dir damit sagen: „Verliere nie den Mut!“ Es kommt der Tag, dann wird auch für dich alles wieder gut.

 

Armes kleines Mädchen, du bist nicht mehr alleine in dieser fernen weiten Welt. Nach vorne sollst du schauen und mutig weiter gehen. Ja, du wirst sehen. Da draußen in der weiten Ferne wartet auf dich dein Held. Geführt wirst du vom weisen Schicksal fein verwobenem Liebesglück. Es bringt dir Liebe und Geborgenheit in diese dunkle Welt zurück.

 

Armes kleines Mädchen, das Schicksal ließ dich finden voll Hoffnung deiner tiefen Liebe Held. Durch ihn, da schöpfst du neuen Mut. Ja, jetzt wird wieder alles gut. Dein Herz, es war so schuldlos und so rein. Mit ihm zusammen wirst du für immer glücklich sein.

 

 

©Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

3. Die Ballade vom bösen König

und

seiner lesbischen Tochter


 


 

Es war einmal ein böser König, in einem fernen Land.
Der hatte eine Tochter, sie war nur eine einzige Schand.


Sie wollte keinen Prinzenmann, der liebend bat um ihre zarte Hand.
Ja, sie war dafür echt lesbisch, auf junge Mädchen sie nur stand.


Der König stark verzweifelt nur, er keinen Thronfolger so fand.
Da nahm er seine Tochter still, mit ihr heimlich dann verschwand.


Er hat sie angezündet. Schon bald war sie ganz schlimm verbrannt.
Sie wollte nur ihr Leben retten und ist in Panik noch davon gerannt.


Ihr zornig Vater, der war aber schneller mit dem Feuer in der Hand.
Die schrecklich böse Tat des Königs, sie blieb für andere unerkannt.


Eines Tages aber seine Tochter als verkohlte Leiche vor ihm stand.
Sie stieß den ihn voller Hass nun vom allerhöchsten Turmesrand.


Sie nahm ihn bös mit in die tiefe Hölle, wo sie beide jetzt verbannt.
Ja, hier endet die kleine Geschichte, die nun jedem jetzt bekannt.

 

Des Königs Reich in der Geschichte aber schon bald verschwand.
Leute, lasst euch sagen, stellt mir zu der G'schichte keine Fragen.


Sie gehört schon Hunderte von Jahren zu den unheimlichen Sagen.


©Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

 

4. Die Ballade vom Nachbarsjungen Werner


 

Der kleine Nachbarsjunge Werner von nebenan.

Mit traurigem Blick schaute er mich lange an.

 

Ich fragte ihn: "Junge, was ist mit dir geschehen?"

Seine Antwort war: "Meine Eltern wollen auseinandergehen."

Dann weinte er bitterlich und sagte: "Weil sie sich nicht mehr verstehen."

 

Ich wusste schon lange, sein Vater war arbeitslos geworden.

Ja, seine Mutter war krank. Die Familie hatte große Sorgen.

 

Das Schicksal hatte es wirklich nicht gut mit ihnen gemeint.

Als ich den kleinen Werner so vor mir sah, habe ich mit ihm geweint.

 

Ich dachte nur, warum nur warum muss das alles so sein?

Das Herz dieses unschuldigen Kindes ist ja noch so klein.

 

Doch plötzlich der Vater ganz unverhofft neben uns stand.

Er schaute seinen weinenden Jungen an und gab ihm die Hand.

 

"Nein Werner, Mutter und ich werden nicht auseinander gehen."

Er sagte noch: "Unsere kleine Familie wird fest zusammenstehen."

 

Werners Vater schaute mich an und sagte dann: "Ich hab' alles mitbekommen man.

 

Du hast mit meinem Sohn zusammen geweint. In diesem Moment hast du meine Familie wieder vereint.

 

Nie wieder werde ich diesen Fehler machen. Du wirst sehen Nachbar, mein Sohn Werner wird bald wieder lachen."

 

***

 

Das alles ist nun schon sehr lange her, und ich weiß nicht mehr wann, da traf ich zufällig den kleinen Werner, allerdings war er da schon ein richtiger Mann.

 

Bei einem Glas Bier erzählte er seine Geschichte mir.

 

"Wir sind damals aus der kleinen Siedlung in einen anderen Stadtteil gezogen. Trotz aller Probleme hat Vater Wort gehalten. Er hat nicht gelogen. Ich dachte eine Zeit lang, unsere Familie sei verloren, aber später wurde dann noch ein Schwesterchen geboren. Mein Vater fand kurz darauf Arbeit in der Stadt. Er hat seitdem alles wieder gut gemacht. Mutters Gesundheit verbesserte sich. Heute hat sie stets ein fröhliches Gesicht. Beide sind natürlich älter geworden. 'Wir bleiben zusammen', das haben sie sich gegenseitig geschworen.

Ja, lieber Nachbar von damals, so ist das Leben. Hättest du nicht mit mir zusammen geweint, unsere Familie hätte sich wohl nie wieder vereint."

 

***

 

Was ist aus Werner geworden? Das kann ich euch sagen. Er hat sein Studium beendet und ist Maschinenbauingenieur geworden. Heute lebt er in Kanada und arbeitet dort schon viele Jahre erfolgreich für ein großes deutsches Unternehmen. Er ist glücklich verheiratet, hat zwei hübsche Töchter und manchmal bekomme ich Post von ihm.

 

Ja, er hat mich nicht vergessen, mein kleiner, ehemaliger Nachbarsjunge Werner von nebenan. Unsere Freundschaft besteht immer noch, die vor vielen Jahrzehnten begann.


 

(c)Heinz-Walter Hoetter

 

 

***

 

 

5. Die Ballade vom jungen Uhrmacher


 

Da war einmal so ein junges Ding. Zu einem jungen Uhrmacher sie ging. Das war vor vielen, vielen Jahren. Ein jeder hatte es in der Stadt erfahren. Schön war sie und duftete nach Parfüm. Der junge Uhrmacher ward ganz ungestüm. Es war im Frühling, es schossen die Triebe. Die beiden jungen Menschen machten echte Liebe. Beide wurden von der Leidenschaft mitgerissen. Keiner wollte je mehr den anderen vermissen. Doch es kam anders. Wer hätte das wohl gedacht? Das junge Ding hat sich heimlich auf und davon gemacht. Sie nahm mit ganz viele teure goldene Uhren. Damit verschwand sie in des Landes weiten Fluren. Seit der Zeit hat man die Diebin nie wieder gesehen. Der junge Uhrmacher wollte vor Scham vergehen. Der Verlust traf ihn schwer. Er hatte zu den Menschen kein Vertrauen mehr. Die böse Armut zog bald bei ihm ein. Der junge Uhrmacher hatte keine Lust mehr zu sein. Er hängte sich auf, ganz still und leise, im dunklen Wald. Das Krächzen der Raben hat dabei aus den Bäumen erschallt. Man begrub ihn auf einem kleinen Friedhof draußen vor der Stadt. Grüner Efeu umrankte dort bald, wo er lag, das kleine Blumengrab. Das Leben aber ging derweil weiter, und die Jahre zogen ins Land. Eines Tages kam eine Frau an sein Grab mit einem Jungen an der Hand. Wer sie war und woher sie kam, das konnte keiner genau sagen. Jedoch der kleine Junge stellte der Frau am Grab ein paar Fragen. "Mama, liegt da mein Papa unter den schönen Blumen begraben? Kannst du mir das sagen?" Die Mutter nickte nur stumm mit dem Kopf und fing an zu weinen. Dann nahm sie den Jungen auf den Arm und ging fort mit dem Kleinen. Die Frau war durch den Verkauf der gestohlenen Uhren reich geworden. Ein wohlhabender Kaufmann hat sie schließlich geheiratet. Sie lebte ganz ohne Sorgen. Sie erfuhr von dem Tod des jungen Uhrmachers erst viele Jahre danach. Der Junge war von ihm, sie hatte es immer verschwiegen aus lauter Schmach. Und wieder gingen die Jahre wie im Flug dahin. Viele Jahrzehnte zogen ins Land. Ein junger Mann stand irgendwann am Grab des Uhrmachers mit Blumen in der Hand. "Mama hat mir die Geschichte von euch beiden erzählt und was damals geschah. Vergib ihr! Sie hat es schon lange bereut. Ja, dein Tod ging ihr wirklich sehr nah." Dann schaute er zum weiten Himmel hinauf und flüsterte mit leisen, stockenden Worten: "Mama war sehr krank. Sie hat gestern selbst durchschritten die Himmelspforten." Dann verließ der junge Mann weinend den einsamen Friedhof wieder. Draußen schien die Sonne vom blauen Himmel herab, und es blühte der Flieder.

 

(c)Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

 

6. Die Ballade vom alten Jägersmann


 


 

Ein alter Jäger pirscht einsam im verschneiten Winterwald und draußen ist es bitter kalt. Vereist ist der Weg und siehe da, er tritt unverhofft in einen gefrorenen Spalt. Oh weh! Der Jägersmann, er stürzt schon bald und dabei krachend auf den harten Boden knallt. Davon fliegt seine Jägermütze. Es quillt nach seinem grässlich Sturz aus einem großen Loch im Kopfe viel Blut und graue Hirnesgrütze. Des Jägers mehrfach Hilferuf voll Todesangst im Wald erschallt. Aber sein Leben welkt, bekommt bleiche Leichengestalt. Der Köper wird langsam kalt. Der Alte fleht noch: „Oh Gott erhalt’s!“ Zu spät! Denn niemand ist da, der ihm helfen kann. Schon bald stirbt er einsam im tiefen Schnee, der alte, grün berockte Jägersmann. Am nächsten Tag erst man den toten Körper nach langer Suche fand. Man hatte eben nicht früh genug um ihn gebangt. Für alle eine Schand.

 

Und das ist jetzt keine Finte! Der alte Jäger hielt noch in völlig starr verkrampfter Hand seine schussbereite Doppelrohrflinte.


 

©Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

7. Die Ballade vom einsamen Mann auf dem Friedhof


Er war ganz allein und so unendlich traurig sein vereinsamtes Herz.
Sie war alles, was er jemals gehabt, zurück blieb nur der Schmerz.
Ja, in diesem Leben würde er seinen Engel nie wiedersehen.
Doch ihre Liebe wird immer und ewig sein und niemals vergehen.

So viele wundervolle Jahre gingen sie gemeinsam durchs Leben.
Oh ja, er war glücklich mit ihr jeden Tag. Sie hat ihm alles gegeben.
Aber die dunklen Wege des Schicksals führten beide woanders hin.
Wenn böse Dinge geschehen, fragt man nach des Lebens Sinn.

Welch Unglück! Sein herzallerliebster Engel wurde ganz unerwartet todkrank.
Jeden Tag kam er zu ihr ans Krankenbett und hielt treu liebend ihre kraftlose Hand.
Doch irgendwann sah er dann die letzten Tränen in ihrem gezeichneten Gesicht.
Sie schloss ihre müden Augen und sprach zu ihm leise: "Liebster, vergiss' mich nicht."

Weit draußen, irgendwo am fernen Horizont, glühte tief das letzte Abendrot.
Noch einmal berührten sich sanft ihre Lippen. Dann war seine große Liebe tot.
Jetzt steht er einsam an ihrem Grab unter dem grünen Weidenbaum und weint.
Frische Blumen hat er mitgebracht, doch in seinem Herz nie wieder die Sonne scheint.

Die kleine Geschichte hier hat mir der einsame Mann auf dem Friedhof selbst erzählt.
Noch ein paar Jahre hat er sich seitdem mühsam durch sein bitteres Leben gequält.
Irgendwann habe ich eine Nachricht von einem guten Bekannten bekommen.
Der einsame Mann, den du gekannt, sagte er, hat sich das Leben genommen.

Auf dem kleinen Holzkreuz seines frischen Grabes jetzt zwei Namen stehen.
Eine schöne Inschrift man dort lesen kann: "Unser Liebe wird niemals vergehen!"
Ja, er war ganz alleine gewesen und so unendlich traurig sein einsames Herz.
Doch für immer ist er jetzt bei seiner Liebsten. Sie erfahren nie wieder Schmerz.

(c)Heinz-Walter Hoetter

 

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