Klaus Mattes

Weg im Chiemsee

 

Herrenchiemsee war recht ruhig, obwohl mitten im Sommer. Da hatte es lange geregnet, wurde aber gerade blauer Himmel. Und wieder war die Prachtverstiegenheit Ludwigs II. zum Schreien schräg. Überladener, deshalb ungemütlicher, augenscheinlich falscher Barock. Man merkt es, wenn man diese Lichtinnenhöfe mit ihren Gusseisenstreben-Glas-Bedachungen betritt. Modernste Gründerzeit und kein Barock in Sicht! Das eine Treppenhaus ist noch immer im Rohbau. Du bist durch alles Gold geschlichen, gehst durch eine Tür, da ist es ratzekahl. Der unverputzte Ziegelstein.

 

Auf die Herreninsel geht’s per Schiff. Man kommt an der Fraueninsel vorbei, wo ich ein Schiff lang unterbrach. Diese Kloster-Insel ist wunderschön, sehr gut für Frühling und Herbst. Auch die Klosterkirche lohnt sich. In der Mitte der wirklich nicht großen Fraueninsel existiert sogar der Ansatz zu einem Berg.

 

Man steht unter mächtigen alten Laubbäumen und blickt auf die Reihe gediegener Häuser am Ufer hinunter. Wolken und Berge. Für seine Verhältnisse ist dieses Eiland natürlich ziemlich zersiedelt. Da sind bestimmt strikte Maßnahmen ergriffen worden, um diesen einen Grünstreifen in der Mitte zu bewahren. Eine frische Brise ging und die Sonne schien jetzt wieder vom blauen Himmel. Aber alle Menschen waren anderwärtig beschäftigt. Ich stand alleine dort und dachte, das muss eines der Paradiese sein, hier irgendwann wohnen zu dürfen.

 

Denkt man weiter, kommt einem der Inselkoller in den Sinn, den ich auch fürs Dasein etwa auf Helgoland, ohne ein einziges Waldstück, einen einzigen Bach, befürchte. Die meiste Zeit des Jahres dort sein, wo außer dir vielleicht 160 Leute leben und es wahrscheinlich keinen Laden gibt, weil die Böden für aldi- und Lidl-Parkplätze nicht reichen. Vielleicht zwei Wirtshäuser. Wann immer du irgendwo hin willst, musst du das Schiff nehmen. Ins Kino, ins Museum, nein, kein Helikopter und keine S-Bahn, nicht mal der E-Scooter saust über den See. Aber die Schiffe haben feste Fahrpläne und vor allem im Winter geht nach Einbruch der Nacht kaum noch was.

 

Allerdings sind es ihrer drei, die Chiemseeinseln. Da gibt es noch die kleine, unbesiedelte Krautinsel. Auf alle Fälle grüner, saftiger und lieblicher als Helgoland. Man könnte glatt Sansibar dafür weggeben.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.11.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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