Klaus-Peter Behrens

Der Kater und sein Magier, Teil 37 (letzter Teil)

Epilog

 

„Wo brennt denn die Hütte?“, fragte Mikesch, als er sich durch die Tür in meine Turmkammer schob und verblüfft innehielt. Seit dem Fest war nun schon ein Mond vergangen, ohne daß der Kater die Zeit gefunden hatte, sich mit seinen alten Gefährten zu treffen. Um so verblüffter war er nun, Nobeline, Vanadium, Hilly, Gorgus und mich in der engen Turmkammer eingezwängt anzutreffen.

„Ist schon wieder einer abgehauen?“, fragte er mit mißtrauischer Stimme, wobei es ihm kaum gelang, den Blick von dem schwarzen Loch in der Mitte des Zimmers abzuwenden. Es kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor, seit er durch so ein Loch in dieser Welt gelandet war. Und nun begriff er auch, warum die Gefährten anwesend waren.

Sie wollten ihn verabschieden.

Hier, wo alles begonnen hatte, schloß sich der Kreis.

„Ich habe in den letzten Tagen intensiv die Aufzeichnungen des Meisters studiert“, erklärte ich dem ungewohnt schweigsamen Kater, der langsam zu dem Loch hinüber ging. „Und es ist mir gelungen, das Experiment zu wiederholen. Am Ende dieses Loches liegt dein Heim. Du brauchst nur hinein zu springen, und alles wird wieder beim alten sein.“

Bei den letzten Worten nahm meine Stimme einen belegten Klang an und das, obwohl ich die Rede so sorgfältig vorher einstudiert hatte. Aber mit dem Einstudieren von Reden hatte ich ja schon immer so meine Probleme gehabt. Mikesch steckte indes den dicken Kopf in das Loch, während wir alle den Atem anhielten.

Der Kater war erstaunt.

Am anderen Ende konnte er so, als ob er umgekehrt durch ein Fernglas sehen würde, seinen geliebten Korb entdecken. Er stand völlig unberührt und schien nur auf ihn zu warten. Ein Gefühl der Wehmut überkam ihn.

„Worauf wartest du?“, fragte ich, wobei ich mir unauffällig mit dem Ärmel über die Augen fuhr. „Das hast du dir doch von Anfang an gewünscht.“

Wird fehlen“, brummte Gorgus. Mit seiner Pranke klopfte er mir mitfühlend auf die Schulter. Ich war dankbar für seine warmen Worte, auch wenn mir das Gefühl, mit einem Amboß bearbeitet zu werden, nicht wirklich zusagte. Aber anstatt mich zu beschweren, beobachtete ich statt dessen Mikesch, der noch immer am Loch stand und mich über selbiges hinweg ansah. In den grünen Kateraugen entdeckte ich eine Zuneigung, die der Kater bisher meisterhaft zu verbergen verstanden hatte. Ich nickte, um ihm zu signalisieren, daß ich seine Entscheidung verstehen würde und er gehen sollte. Erneut spähte der Kater daraufhin in das Loch. Sein Schwanz zuckte unruhig. Ein untrügliches Zeichen, daß er stark erregt war.

Dann spannte er seine Muskeln an und – sprang.

Ich keuchte erschrocken auf, als Mikesch mit einem gewaltigen Satz anstatt im Loch direkt vor meinen Füßen landete.

„Hallo Käsegesicht“, begrüßte er mich, wobei Zuneigung und Schalk gleichermaßen in seinen Augen blitzten. „Wo steht denn hier das Dosenfutter?“

Weiter kam der Kater nicht, denn wie ein Mann stürzten wir uns auf ihn, um ihn zu umarmen und ihm das Fell zu zerzausen. Mikesch ließ es bereitwillig geschehen, legte sich auf die Seite und schnurrte in einer Tonlage, die durchaus einem schnarchenden Gorgus Konkurrenz hätte machen können.

Der Kater war glücklich.

Erst in dem Moment, als er die Möglichkeit gehabt hatte, zu seiner Dosenöffnerin zurückzukehren, die ohnehin nur noch Augen für ihren neuen Partner hatte, war ihm klar geworden, wo er hingehörte. Die Zeit als kleiner Kater mit seiner Dosenöffnerin war schön gewesen, doch die Zeiten änderten sich.

Unwiederbringlich.

Und hier hatte er Freunde gefunden und eine Freiheit, von der er sonst nur geträumt hatte. Er schloß die Augen und genoß die Art, in der Hilly ihm die Ohren knautschte, während er an das Einzige dachte, was ihm zu seinem Glück noch fehlte.

Eine Partnerin.

Aber angeblich sollte es hoch im Norden ja eine Katzenart geben, und vielleicht gelang es ihm ja, seine neuen Gefährten zu einem klitzekleinen Ausflug zu bewegen.....

 

In der allgemeinen Freude über den Verbleib des Katers in dieser Welt, entging den Gefährten völlig, daß plötzlich ein seltsames rechteckiges, handgroßes Blatt Papier aus dem Loch geschossen kam, just, als sich dieses wieder schloß. Die eine Seite zeigte einen blauen See, um den sich gut gepflegte Häuser schmiegten. Die Darstellung war so realistisch, als hätte man die Realität eingefangen und auf dieses Blatt Papier gepreßt. In roten Buchstaben stand im unteren, rechten Feld der Satz „Grüße aus Hamburg“.

Die Rückseite hingegen war schlicht und nur mit zwei Sätzen in einer krakeligen Handschrift beschrieben, die der des verschollenen Meisters zum Verwechseln ähnelte und folgende frohe Botschaft verkündete:

Ich bleibe hier!

Mach’s gut, Du Trottel...

 


- Ende -


Liebe Leserinnen und Leser,
ich bedanke mich, dass Ihr mir solange gefolgt seid. Es hat Spaß gemacht, dies zu schreiben und Euch hoffentlich Spaß gemacht, es zu lesen. Es hat mir so gut gefallen, dass ich demnächst eine Fortsetzung hier veröffentlichen werde. Sie wird
Der Kater und der wilde Norden
lauten. Schaut doch mal rein. Bis dahin schöne Weihnachten und ein gutes neues Jahr.
Euer
Klaus-Peter Behrens

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.12.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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