Hajo Schindler

Weihnachten wie es einmal war

Denken Sie auch so gern wie ich an das Weihnachten Ihrer Kindheit zurück?
Der Weg zum Heiligabend war gepflastert mit Vorfreude.

Weihnachten war, wenn es nach Plätzchen roch, draußen Schnee lag und sich die ganze Familie mit Tante und Onkel in der guten Stube am Heiligabend traf. Die Monate Dezember waren damals kälter, es gab mehr Schnee, der Teich im Stadtpark gefror zu einer Schlittschuhlaufbahn, die Geschenke waren prächtiger und die Stimmung festlicher. So habe ich das jedenfalls in meiner Erinnerung.

Klar, was sollte denn an einem solch außergewöhnlichen, besinnlichen Fest damals schief gehen? Die Geschenke waren ja alle rechtzeitig besorgt. Die Wünsche, die man zuvor auf einem Wunschzettel schrieb, wurden überwiegend erfüllt. Der Christbaum, übervoll mit glitzerndem Lametta behangen, darunter stand zwischen den bunten, mit Süßigkeiten überhäuften Pappweihnachtstellern die selbst gebastelte Krippe mit den handbemalten Krippenfiguren aus Holz. Wie oft muss ich heute noch, wenn ich eine solche Weihnachtskrippe sehe, an meinen Onkel Helmut denken, der mir eine solche gebastelt hatte.

Geschenke, eingepackt im bunten Papier unter dem Tannenbaum, die angezündeten Wachskerzen verbreiteten ihren speziellen Duft und tauchten die gute Stube - das Wohnzimmer - in ein wärmendes, beruhigendes Licht. Etwas Geheimnisvolles lag in der Luft. Der Kohleofen im Wohnzimmer verbreitete eine wohltuende Wärme. Welche Vorbereitungen waren doch damals notwendig und wurden wie selbstverständlich durchgeführt. Kein Wunder, dass alle glückselig und freudestrahlend um den Weihnachtsbaum saßen und „Oh du fröhliche“ sangen.

Traditionell gab es am Heiligen Abend vor der Bescherung bei uns zu Hause Kartoffelsalat mit Würstchen. Nach dem Abendessen in der großen Wohnküche wartete jeder gespannt auf das Christkind, das dann eingetroffen war, wenn das Glöckchenläuten aus der guten Stube erklang.

Voller Neugier und Erwartung stand ich danach dann vor dem Christbaum, es breitete sich beim Anblick der bunten Päckchen, die unter dem Baum lagen ein warmes Kribbeln in meinem Bauch aus, denn anhand der Form und Größe konnte ich ungefähr abschätzen, ob das enthalten war, was ich mir gewünscht hatte. Und wenn nicht, übte ich schon mal den dankbaren, freudigen Gesichtsausdruck, um ja niemanden zu enttäuschen. Für meine Mutter wäre das schlimm gewesen, sie hätte es nicht verstanden, denn die hat sich ja mehr über meine Geschenke gefreut als ich. Sie hätte auf jedes Geschenk für ihre Person verzichtet, wenn ich nur glücklich und zufrieden war. Aber ehrlich gesagt, habe ich immer das bekommen, was ich mir gewünscht hatte. Ich war nicht ein einziges Weihnachtsfest enttäuscht. Das Christkind hatte das alles ordentlich geregelt und auf meine evtl. vorhandenen schauspielerischen Talente musste ich nie zurückgreifen.

In meiner Kinderzeit befand sich weder eine Playstation, ein Handy oder ein Tablet als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum. Alles Dinge, die man damals nicht kannte, die es gar nicht gab und die erst viele, viele Jahre später den Gabentisch fluteten. Als Junge freute ich mich zu meiner Kinderzeit über eine Ritterburg, eine Modelleisenbahn. Die Augen der Mädchen funkelten über ein Puppenhaus oder einen Puppenwagen.

All diese Geschenke vom Christkind gab es aber erst, wenn das Lied auf der Blockflöte gemeistert, ein Gedicht aufgesagt war und ein Weihnachtslied erklang.

Während ich als Kind dann die Päckchen erwartungsvoll aufriss und hoffte, dass mir das Christkind das Geschenk gebracht hatte, welches ich Wochen vorher auf den Wunschzettel geschrieben hatte, tranken die Oma`s - die Opa`s kannte ich nur von Bildern, die hatten sich aus dem Russlandfeldzug nicht zurückgemeldet - eigentlich die ganze Familie genüsslich einen Eierlikör - manchmal auch zwei - . Oma Hedwig berichtete dann immer von ihrer Kindheit an Weihnachten, wie sie sich über einfache Geschenke gefreut hatte, wie eine Tüte Bonbons, warme Strümpfe und Handschuhe.

Trotz der Mahnung, das Geschenkpapier vorsichtig zu behandeln, damit man es wiederverwenden konnte, zerriss ich es so ungeduldig, dass die Fetzen in alle Richtungen flogen. Ich kann mich gut daran erinnern, nicht nur die Wäsche, sondern auch das Weihnachtspapier wurde nach den Feiertagen von meiner Mutter immer glattgebügelt, um es nächstes Jahr Weihnachten noch verwenden zu können. Bei dieser Beobachtung sind mir schon damals Zweifel an dem Christkind gekommen. Wie sollte dieses gebügelte Papier denn wieder an das Christkind gelangen? Darüber habe ich wirklich intensiv nachgedacht, aber ohne zu fragen es dabei belassen.

Weihnachten in meiner Kindheit. Glücklich und zufrieden stampfte man durch den Schnee und besuchte dann zur späten Stunde gemeinsam die Mitternachtsmesse. Wenn dann in der Kirche von den Besuchern Stille Nacht Heilige Nacht angestimmt wurde, bebten die Mauern des Gotteshauses und Weihnachten war regelrecht spürbar.

Wenn ich dann spät abends ins Bett kroch, nachdem ich noch einmal alle frisch ausgepackten Geschenke genau betrachtet hatte, zog ich die Bettdecke bis zum Hals hinauf und vergrub den Kopf im Kissen. Mit Vorfreude dachte ich an die Tage, die vor mir lagen, an denen ich mit den Geschenken spielen konnte.

Ich hoffe, jeder von meiner Generation hat Weihnachten so oder so ähnlich als Kind auch erlebt. Gerade jetzt in der Adventszeit, erinnert man sich bestimmt gerne daran.

Mit einem leisen Schmunzeln und einem heftigen Augenzwinkern muss ich jedoch gestehen, es war alles gar nicht so positiv und toll, wie ich es zuvor beschrieben habe. Auch hier schlägt meine Erinnerung zu, jedoch etwas schonungsloser.

An einem Weihnachten stellten wir wie üblich den Weihnachtsbaum auf und wollten diesen schmücken. An einer Seite waren wundervolle saftige grüne Tannenzweige, die andere Seite des Baumes war einfach nur kahl. Üblicherweise wurde ja die hässliche Seite des Baumes zur Wand gedreht, damit der Makel vertuscht werden konnte. Bei diesem Baum war dies aber nicht möglich. Tja, was sollte man machen? Die Stimmung begann zu kippen. Schweigen war im Raum. Aber nicht lange. Die Axt im Haus erspart den Zimmermann. Mit einem Holzbohrer haben wir Löcher in den Stamm gedreht und die im Überfluss vorhandenen Zweige von der schönen Seite gekappt und diese in die Bohrlöcher gesetzt. Die Stimmung besserte sich merklich. Ich habe noch die warnenden Worte meiner Mutter im Ohr, die eingesetzten Zweige nicht mit Christbaumschmuck zu beschweren, da ansonsten die Konstruktion nicht halten würde. Sie hielt aber und wir sangen aus voller Brust „Oh Tannenbaum,………

Ein anderes Mal haben wir nicht so viel Aufhebens gemacht. Nachdem der Baum sich nach vorne neigte, drohte umzukippen, wie gesagt, war vorne ja immer die schöne und geschmückte Seite, wurde der Baum einfach an der Heizung festgebunden. Problem gelöst! Man muss sich eben zu helfen wissen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest, an das Sie sich gerne erinnern, bei dem Sie evtl. andere Menschen erfreuen können, aber auch sich selbst.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.12.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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