Heinz-Walter Hoetter

Fünf lesenswerte Stories

1. Die Story von Stella Born
2. Die Story von Maggog Centurion
3. Die Story of Major Kane
4. Die Story vom Androiden Strobot Haazen 237
5. Die Story von der Arche Noha der Tahleikonier

 


***




1. Die Story von Stella Born

 


Draußen war es noch dämmerig. Die Kirchturmuhr schlug gerade vier Uhr morgens. Fahl weiße Nebelschwaden hingen zwischen den Häusern der Stadt und kein einziger Laut war zu hören.

In einer kleinen, schäbig aussehenden Nebengasse stand ein altes Haus mit schmutziger Fassade und schmalen Fenstern, wo oben im 2. Stock in einem der Zimmer gerade das Licht eingeschaltet wurde.

Eine junge Frau verschloss soeben eine ziemlich überladene, reich verzierte, rotbraune Vitrine, bevor sie die weinroten Samtvorhänge wieder vollständig vor die geschliffenen Glasscheiben zog.

Stella Born stand noch lange vor der Vitrine. Ihre dunkel glänzenden Augen starrten die ganze Zeit wie gebannt auf das alte Möbelstück, das aus ganz bestimmten Gründen extra in einem kleinen separaten Zimmer in ihrer Wohnung stand.

Plötzlich ging ein Ruck durch den schlanken Körper der hübschen Frau, wobei gleichzeitig ein befriedigtes Lächeln über ihren roten Mund huschte. Dann zog sie sich zurück in ihr Schlafzimmer, zog sich aus, legte sich schlafen und dachte daran, dass das Warten bald ein Ende haben würde.

***

Stella Born hatte in dieser Stadt so gut wie keine Freunde. Es gab nur wenige Menschen, mit denen sie hin und wieder flüchtig verkehrte. Tagsüber arbeitete sie allein als Verkäuferin in einem Kiosk außerhalb der Stadt in der Nähe eines großen Flughafens.

Doch sobald sie mit den Notwendigkeiten ihrer Arbeit fertig war, kehrte sie in ihre Wohnung zurück, zog die Vorhänge zu und verbarg die Sicht nach drinnen und draußen, sodass in den Räumen ein dämmeriges Licht herrschte. Dann ging sie hinüber in den separaten Raum, wo die alte Vitrine stand, schaltete die silbrig farbenen Kerzenleuchter links und rechts davon ein, welche ein seltsam eigentümliches Licht verstrahlten, das in der Tat irgendwie beklemmend wirkte.

Aus einem geheimen Versteck holte die junge Frau, so wie sie es immer tat, einen dreieckigen Schlüssel hervor, schob die weinroten Samtvorhänge zur Seite und öffnete mit dem seltsam geformten Ding die Vitrine, dessen geschliffene Glasscheiben mit einem leisen Surren zur Seite glitten. Anschließend griff sie nach einer der vielen schwarzen Kugeln, die dort fein säuberlich platziert waren, schob sie durch die Vagina in ihren Unterleib und wartete eine Weile ab, bis der runde Gegenstand seinen Bestimmungsort erreicht hatte. Dann verschloss sie die Vitrine wieder sorgfältig und verließ den kleinen Raum.

***

Einmal im Monat, meist samstags, zog Stella Born, besonders zurechtgemacht, bis spät in die Nacht los, um mit einer bestimmten Art von Männern Bekanntschaft zu machen, die für sie von nahezu elementarer, lebenswichtiger Bedeutung waren. Aus diesem Grunde tauchte sie auch nie zweimal in den von ihr ausgewählten Lokalen oder Bars auf. Auch veränderte sie immer wieder ihr gesamtes Erscheinungsbild, denn niemand sollte wissen, wer sie wirklich war.

In abwechslungsreicher, stark weiblich betonter Aufmachung zog Stella Born stets genau jene Blicke der begehrlich interessierten Männer auf sich, die sie ebenfalls vorrangig bevorzugte. Die Auswahl war jedes mal mehr als genügend.

An diesem Samstag hatte sich die junge Frau eine kleine, aber sehr gut besuchte Bar in der etwa 45 Kilometer entfernten Nachbarstadt ausgewählt. Obwohl sie eine strikte Nichtraucherin war, suchte sie sich grundsätzlich gerne starke Raucher aus, immer in der Hoffnung, unter diesen zusätzlich überraschende, verborgene Gegebenheiten zu entdecken.

Schon bei den ersten sich anbahnenden Gesprächen fand Stella Born schnell heraus, ob sich ihre Hoffnungen und Vermutungen als richtig oder falsch erwiesen. Sie verstand es einfach hervorragend, ihre Eroberungen zielstrebig auszukundschaften, um sie danach zu überreden, mit ihr ein Gläschen mehr als nötig zu trinken.

Die meisten Männer ließen sich nur allzu gerne von ihr dazu überreden, manchmal ging das sogar schneller, als ihr lieb war, denn sie musste auf jeden Fall vorsichtig sein, um kein Aufsehen zu erregen. Alles musste ganz normal aussehen, so wie es unter den Menschen eben allgemein üblich war.

***

Der Mann am Klavier machte gerade eine Pause, als Stella Born auf der gegenüberliegenden Barseite einen etwas älteren Herrn bemerkte, der gelangweilt auf seinem Hocker am Tresen saß. Sie beschloss sofort, ihm deutliche Signale zu senden. Mittlerweile wurde die Luft im Raum immer rauchiger, sodass der jungen Frau die Augen weh taten. Aber sie ließ sich nichts anmerken und konzentrierte sich auf ihr baldiges Opfer.

Plötzlich erhob sich der Mann und steuerte direkt auf sie zu.

Der Unbekannte hatte einen gut geschneiderten, beigefarbenen Anzug an. Sein Gesicht war gebräunt, seine Haaren grau meliert. Er machte auf Anhieb einen sehr sympathischen Eindruck auf die junge Frau. Nur die rechte Hand steckte in einem schwarzen Lederhandschuh, was darauf hindeutete, dass er eine Prothese trug. Stella Born durchfuhr sofort ein leichtes Zittern. Bingo, dachte sie für sich.

Dann stand er direkt vor ihr, stellte sich bei ihr höflich vor und lud sie sogleich freundlich zu einem Drink ein. Sie nahm seine Einladung lächelnd dankend an und stellte sich ebenfalls vor. Sein Name war übrigens Georg Fischer.

Im weiteren Verlauf des Abends erzählte ihr neuer Bekannter, dass er zurzeit beruflich als Geschäftsführer eines großen Supermarktes tätig sei und mehrere Jahre seines Lebens in Asien gearbeitet hatte. Auch berichtete er davon, dass er vor einigen Jahren einen schweren Flugzeugabsturz mit seiner Privatmaschine überlebt habe, wobei er seinen rechten Unterarm verlor. So ging das den ganzen Abend weiter und Stella Born wusste schon bald, dass er ihr noch heute Nacht ins Netz gehen würde.

***

Der Barraum hatte sich inzwischen fast geleert, als Stella und Georg leicht angeheitert noch einige Male zusammen tanzten, bevor sie gemeinsam das Rauch geschwängerte Lokal verließen.

Es ergab sich schon fast von selbst: Stella lud ihren neuen Freund zu sich ein.

Georg war von dieser schönen Frau und ihrem vielsagenden Angebot sofort angetan. Wie sehr hatte er als behinderter Mann, der bereits das fünfzigste Lebensjahr überschritten hatte, sich so eine schlanke, intelligente und noch dazu sehr gutaussehende Frau gewünscht? Er verspürte einen zunehmenden Drang, noch heute Abend Sex mit ihr zu machen.

Angeregt kamen die beiden schließlich in Stellas Wohnung an. Georg war von der geschmackvoll eingerichteten Wohnung seiner neuen Freundin angenehm überrascht. Alles war bis aufs Kleinste aufeinander abgestimmt, fast so, als hätte jemand alle Möbel bis auf den Millimeter genau in Beziehung gebracht. Lediglich auf die seltsamen Bilder an den Wänden konnte er sich keinen Reim machen. Obwohl seine Kunstkenntnisse nicht die schlechtesten waren, fand er die bildlichen Darstellungen menschlicher Körperteile, die sich in sehr skurrilen Formen darstellten, doch überaus befremdlich. Einzelne Augen schienen den Betrachter von den Bildern runter regelrecht zu verfolgen.

Stella Born lächelte vielsagend, als sie bemerkte, dass ihr Freund ein nachdenkliches Gesicht machte und ihre Bilder dabei anstarrte, enthielt sich aber jeder Erklärung. Sie nahm Georg einfach an die Hand und zog ihn rüber ins Wohnzimmer, tranken gemeinsam Kaffee und sahen sich dabei verliebt in die Augen. Georg beschloss daher, alle weiteren Aktivitäten seiner neuen Freundin zu überlassen, lehnte sich entspannt nach hinten mit geschlossenen Augen und genoss die Küsse und die aufregende Fummelei seiner neuen Geliebten an seinem Geschlechtsteil.

Dann war es nur noch eine Sache von wenigen Augenblicken, bis beide im Bett lagen und ihre nackten Körper aneinander schmiegten. Georg war dankbar für jeden Moment, den er mit Stella auf diese erotische Art und Weise verbringen konnte. Während er tief in sie eindrang, flüsterte sie ihm die schönsten Dinge ins Ohr. Für eine Weile versank die Welt für die beiden ringsum vollständig, sodass sie weder Zeit noch Raum fühlten. Sie spürten nur sich selbst.

***

Als Georg wieder aufwachte, es mochten wohl mehr als vier oder fünf Stunden vergangen sein, befand er sich nicht mehr im Bett seiner Geliebten, sondern irgendwo in einer dunklen Kammer. Völlig nackt saß er auf einem sich metallisch anfühlenden Boden. Sein Körper zitterte wie Espenlaub.

Angestrengt lauschte er in die Stille hinein. Erst jetzt bemerkte er, dass seine Handprothese fehlte. Eine unbestimmte Angst kroch in ihm hoch. Seine Gedanken kreisten um die Frage, was hier eigentlich los war.

Plötzlich wurde eine kleine Klappe über seinen Kopf geöffnet und das Gesicht von Stella wurde sichtbar.

Ihre Stimme klang plötzlich ganz anders, nicht mehr so schmeichelnd sanft wie in der Bar und später in ihrer Wohnung beim Sex, sondern rau und unpersönlich.

"Entschuldige, aber was soll ich sagen, lieber Georg? Du hast mich in der Tat auf zweierlei Art glücklich gemacht. Ich hatte einerseits wirklich guten Sex mit dir und andererseits spendest du mir gleich mit den Überresten deines Körpers wieder Leben. Weißt du eigentlich wo du dich gerade befindest? Ich habe dich in einen speziellen Materieverdichter gesteckt, der dich gleich zu einer kleinen schwarzen Kugel pressen wird. Es kommen noch einige weitere, wichtige Substanzen hinzu, die ich zusammen mit dieser fantastischen Maschine aus meinem havarierten Raumschiff retten konnte, bevor es schließlich für immer im Meer versank. Ich konnte auch noch ein automatisches Notsignal absetzen, aber es wird noch etwas dauern, bis meine Leute kommen und mich von hier wegholen werden von der Erde. Sie sind mittlerweile unterwegs. Bis zu meiner Rettung muss ich mich allerdings zwangsweise mit einer ganz bestimmen Art von Bio-Energie versorgen, die ich nur aus höher entwickelten Kreaturen gewinnen kann. Dazu gehört nun mal auch ihr, eine Kreatur, die sich so hochtrabend als Homo sapiens sapiens bezeichnet. Euer Gehirn ist eigentlich mehr nur ein kranker Wasserkopf, weiter nichts. Aber insgesamt seid ihr für mich sehr reich an wertvollen Elementen und Stoffen, die man eigentlich überall im Universum findet, z. B. Kohlenstoff. Ach ja, deine Handprothese nehme ich übrigens als Souvenir mit, sozusagen als Andenken für meine Zeit hier auf dem Planeten Terra. Und schreie bitte nicht so laut, wenn du zusammen gepresst wirst. Es hat sowieso keinen Sinn, Georg. Hier hört dich keiner. - So, ich schließe jetzt die Klappe und schalte den Materieverdichter ein, der sich übrigens in einem alten, verlassenen Bergwerk befindet, wo ihn kein Mensch finden wird. Wenn meine Rettungscrew da ist, verschwindet auch dieses Ding von hier. Ich freue mich schon darauf, dich bald als Energiekugel in meinen Händen zu halten, mein Guter. Du sicherst mein Überleben damit, jedenfalls für eine bestimmt Zeit. Ich bin dir wirklich zu großem Dank verpflichtet, mein Freund. Ich werde immer an dich denken, wenn ich dann wieder bald Zuhause sein werde. Was ich noch sagen wollte. Deine Handprothese bekommt einen Extraplatz in meiner Vitrine, weil sie mir besonders gut getan hat, als du mich damit befriedigt hast. Jetzt mache ich aber Schluss! Ich muss den Prozess der Verdichtung endlich in Gang setzen. Ende der Vorstellung, mein kleiner Perversling."

Starr vor Angst versagte die Stimme von Georg Fischer. Er konnte nicht schreien. Jeder Versuch blieb in seiner trockenen Kehle stecken. Er begriff auch nicht, wie ihm geschah, als sich die Kammer mit einem Gas zu füllen schien.

Kurz darauf fiel die geöffnete Klappe mit einem dumpfen Knall zu. Ein knirschenden Geräusch verriet, dass Stella sie verriegelte. Nur wenige Sekunden später wurde der Körper von Georg Fischer von ungeheuren Gravitationskräften zusammen gepresst und mit einigen anderen zugeführten Stoffen zu einer kleinen schwarzen Kugel geformt, die schon bald durch eine qualmende Öffnung des Materieverdichters in die Hände der jungen Frau fiel, die ein außerirdischer Cyborg war und aus einer anderen Galaxie kam. Hier auf der Erde musste sie eine menschliche Gestalt annehmen, um überhaupt unauffällig überleben zu können.

Nun, nach irdischer Zeitrechnung würde der weibliche Cyborg Stella Born noch etwa ein Jahr warten müssen, bis die Rettungsmannschaft endlich die Erde erreicht haben würde.

Was aber ist schon ein Jahr angesichts der Tatsache, dass sie bereits seit mehr als 120 Jahren auf ihre Rettung wartete?

 

(c)Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

2. Die Story von Maggog Centurion

 

Wie in Zeitlupe bewegte sich Maggog Centurion weiter, fast so, als wolle er die absolute Stille des heiligen Ortes der Weisheit und des Friedens nicht durch eine zu schnelle Bewegung stören. Dann war es endlich soweit. Ihm kam es beinahe so vor, als hätte er für die letzte Wegstrecke eine Ewigkeit gebraucht.

 

Nur wenige Meter war er jetzt noch von der sagenhaften Skulptur entfernt. Jetzt, da er fast vor ihr stand, schien er förmlich zu erstarren.

 

Maggog Centurion wurde von einem Gefühl grenzenloser Ehrfurcht übermannt. Es kam ihm irgendwie unwirklich vor, fast wie in einem Traum, dass er sich jetzt an diesem mystischen Ort befand, von dem man sagte, er sei der Ursprung alles Heiligen im Universum, jedenfalls in diesem. Und doch war er hier und seine Gegenwart absolute Wirklichkeit. Es war keine Fiktion, keine Einbildung, keine Halluzination oder gar eine Fata Morgana. Alles war real, so wie er selbst und der Platz, an dem er jetzt still und bewegungslos schon seit geraumer Zeit verharrte.

 

Es gab kein Lebewesen im ganzen Kosmos, das diesen geheimnisvollen, von unergründlicher Mystik umwobenen Ort der Weisheit und des Friedens in den letzten tausend Jahren gefunden hatte, als ausgerechnet er, der abenteuerlustige Maggog Centurion.

 

Im Grunde genommen war er eigentlich nur vor der wachsenden Enge seines Heimatplaneten geflohen, der von einer Bevölkerungsexplosion ohnegleichen heimgesucht wurde. Das führte unausweichlich zu schlimmen Konflikten unter seinen milliardenfach vorhandenen Bewohnern, denn jeder wollte nur eins – überleben.

 

Wie groß schien ihm da am nächtlichen Himmel oft das Sternen übersäte All mit seinen unendlich vielen Galaxien und ebenso vielen bewohnbaren Welten, bis er sich endlich dazu entschloss, seine Welt zu verlassen, um eine andere zu finden, genauer gesagt, den geheimnisvollen Ort der Weisheit und des Friedens, von dem die uralten Bücher und überkommenen Schriften seiner Ahnen berichteten.

 

Endlich, als er schon fast aufgeben wollte, erreichte er sein Ziel nach einer langen, viel zu langen Reise dennoch. Mittlerweile waren seine Haare ergraut, aber nichtsdestotrotz war die unbändige Kraft auf der Suche nach Weisheit und Frieden ihn ihm ungebrochen geblieben.

 

Maggog Centurion erfasste mit seinen sensiblen Sinnen das erhabene Gesicht der riesigen Statue, die seit Äonen hier an ihrem Platz stand und nicht die geringsten Zeichen eines Zerfalls zeigte. Es war einfach schier unglaublich.

 

In Gegenwart dieses heiligen Abbildes wurde sein Wesen von einem tiefen inneren Frieden erfasst, der ihm auf wundersame Weise dazu verhalf, seiner eigenen Existenz in dieser absoluten Stille voll bewusst zu werden. Doch irgendwie erkannte er auch gleichzeitig, dass er die Suche nach dem heiligen Ort der Weisheit und des Friedens nur als Vorwand dafür benutzt hatte, um sein eigenes Leben so zu leben, wie er es sich wünschte.

 

Er bedauerte seinen Egoismus, doch das Vergangene konnte er nicht mehr ändern. Von nun an sollte jedoch alles anders werden. Das schwor er sich hoch und heilig. Noch einmal lies er alles in Gedanken Revue passieren.

 

 

***

 

Die Legenden in den uralten Büchern und Schriften seines Heimatplaneten erzählten von einer intelligenten Rasse, die einst, vor langer, langer Zeit, auf einem kleinen Planeten in der Nähe einer schönen Sonne am Rande der Galaxie gelebt hatte. Noch in den Kinderschuhen ihrer Entwicklung steckend, begannen sie damit, fürchterliche Waffen zu entwickeln, mit denen sie sich beinahe selbst vernichtet hätten. Doch sie überwanden ihren gegenseitigen Hass und schafften es tatsächlich, fortan in Frieden miteinander zu leben.

 

Die Rasse entwickelte sich weiter und verließ bald ihren Planeten, um die Galaxie zu erobern, in der ihre eigene Welt zuhause war. Schon bald wurde sie zur mächtigsten galaktischen Zivilisation, die auf der Basis von Frieden und Liebe aufgebaut war und jede noch so geartete Aggression vermied.

 

Doch irgendwann kam es zur einer weitreichenden Krise, und die gewaltige universale Zivilisation geriet in große Gefahr. Einige Völker fühlten sich plötzlich den anderen überlegen und propagierten offen den Rassismus. Angst und Misstrauen wuchsen unter den verschiedenen Lebewesen, es kam zu schlimmen Zwischenfällen und fürchterlichen Mordexzessen, die die Empörung aller Unbeteiligten hervorriefen.

 

Man begann schließlich mit Verhandlungen, wollte schlichten und sich erneut zum Frieden bekennen, doch es half nichts. Die Falken waren stärker als die Tauben. Am Ende kam es zum Krieg, der sich schon nach kurzer Zeit über das gesamte Herrschaftsgebiet ausdehnte. Ungeheure Kräfte prallten aufeinander und selbst die friedliebenden Völker konnten nichts gegen die schrecklichen Massaker unter den kriegsführenden Parteien unternehmen. Es kam zu fürchterlichen Schlachten und der große Krieg der Rassen währte mehrere Jahrtausende ohne das ein schnelles Ende abzusehen war. Ein bewohnbarer Planet nach dem anderen fiel der gigantischen Vernichtungskraft der gewaltigen Kampfflotten anheim und überall standen ihre Bewohner dem endgültigen Ende bald näher als einer neuen Zukunft.

 

Vielleicht wäre es wirklich so weit gekommen, dass sich die verfeindeten Völker in der Galaxie gegenseitig total vernichtet hätten, wenn nicht die Lebewesen des kleinen Planeten mit der schönen Sonne erneut einen Weg zum absoluten Frieden gefunden hätten.

 

Um diesen einmaligen historischen Ereignis Ausdruck zu verleihen, bauten sie ein Abbild der Weisheit und des Friedens, eine heilige Statue, die sie aus einem ganz besonderen Material fertigten, einem Material das nicht der Vergänglichkeit unterlag.

 

 

***

 

Maggog Centurion schreckte plötzlich auf und wurde bis in sein Innerstes erschüttert. Soeben hatte er den Gedankenimpuls eines anderen Lebewesen aufgefangen, das sich anscheinend in seiner unmittelbaren Umgebung aufhielt. Vorsichtig schaute er sich um.

 

Und tatsächlich.

 

Ausgerechnet an diesem seit undenklichen Zeiten verlassenen Ort musste er einem der widerwärtigsten und barbarischsten Lebewesen begegnen, das es im Universum gab – einem Ork, der diese heilige Stätte der Weisheit allein schon durch seine Gegenwart beleidigte.

 

Maggog Centurion riss sich zusammen als er den Ork langsam auf sich zukommen sah. Ein widerliches Ekelgefühl überkam ihn, als er nur für wenige Augenblicke den primitiven Emotionen dieses abscheulichen Lebewesens lauschte.

 

Doch dann wurde es auf einmal gefährlich.

 

Die schleimige Kreatur zog plötzlich mit seiner glitschigen Tentakel ähnlichen Hand einen künstlichen Gegenstand aus einer Sekret triefenden Körperöffnung und richtete ihn auf Maggog Centurion, der sofort seine geballte geistige Gedankenkraft für eine konzentrierte Schockwelle auf einen Punkt vor seiner Stirn vereinigte, die ausgereicht hätte, seinen Gegner bei lebendigen Leib in sekundenschnelle von innen her zu verbrennen, wenn er sie jetzt freisetzen würde. Er hielt sich vorerst zurück.

 

Beide Wesen standen sich auf diese Weise in der Stille des heiligen Ortes der Weisheit und des Friedens unentschlossen gegenüber. Nichts geschah, außer abwarten.

 

Es war eine Pattsituation eingetreten. Der Ork wusste um die fürchterliche Kraft eines psionischen Schocks und war sich den tödlichen Folgen natürlich voll bewusst, wie Maggog Centurion ebenso die alles vernichtende Wirkung der Impulsenergiewaffe des Orks kannte.

 

In dieser seltsamen Lage musste jeder danach trachten, dem anderen zuvorzukommen, um zu siegen. Doch keiner von beiden rührte sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle oder machte irgendwelche Anstalten, den Kampf beginnen zu wollen.

 

Waren die beiden verfeindeten Lebewesen in den tiefen Frieden dieser alten Welt aufgenommen worden, sodass sie auf einmal einander vertrauen konnten?

 

Es herrschte immer noch absolute Stille, die langsam aber sicher für beide Kontrahenten unerträglich wurde, je länger sie sich auf diese Art und Weise gegenüberstanden.

 

Doch dann tat sich etwas.

 

Ich heiße Maggog Centurion“, bildeten sich vorsichtig die Worte in seinem überdimensional aussehenden Gehirn. Dann schickte er seinen Gedanken hinüber zum Ork.

 

Der rührte sich trotzdem nicht, obwohl er sein Gegenüber genau verstanden hatte, denn diese schleimige Kreatur konnte zwar Gedanken empfangen, aber selbst keine senden.

 

Was hat dich hier an diesen Ort der Weisheit und des Friedens getrieben“, sendete Maggog Centurion noch einmal einen Gedanken an den Ork, um seine eigene Unsicherheit über die unglaubliche Tatsache zu verbergen, dass zwei verschiedene Wesen zur gleichen Zeit einen so lange verschollen geglaubten Planeten wiederentdecken konnten. Es schauderte ihm bei dem Gedanken, dass es wohl möglich noch mehr sein könnten.

 

Der Ork kam plötzlich in Bewegung und eine seiner etlichen Körperöffnung begann zu sprechen.

 

Ich suche die Hilfe der heiligen Statue, die unserer Galaxie den langersehnten Frieden bringen wird, wie sie es schon einmal in grauer Vorzeit getan hat.“

 

Ich will der Galaxie ebenfalls Frieden bringen. Wir haben keine andere Wahl, wenn wir nicht in gleicher Weise enden wollen wie beim ersten Galaxis weiten Krieg, der so viele Opfer gefordert hat. Zu viele, wie ich meine. Bis in unsere Tage hinein leiden die Rassen unter den Folgen der schlimmen Verwüstungen und Zerstörungen auf den betroffenen Planeten. Das muss ein für allemal ein Ende haben!“

 

Noch immer stand Maggog Centurion in direkter Verbindung mit seinem zerstörerischen Gedankenpotential, weil die Waffe des Orks auch weiterhin auf ihn gerichtet war.

 

Die beiden ungleichen Wesen standen sich in unveränderter Position gegenüber, keines sprach die naheliegendste Überlegung aus, um die paradoxe Situation aufzulösen, die durch ihr gleichzeitiges Erscheinen am heiligen Ort der Weisheit und des Friedens eingetreten war. Jedes der beiden hatte sein Leben quasi in die Hand des anderen gelegte, genährt von dem elementaren Misstrauen zwischen den beiden fremden Kreaturen. Beide Rassen hielten sich für die einzige, die den Frieden in der Galaxie verbreiten konnte und jede für sich war davon überzeugt, dass der jeweils andere nicht dazu in Lage sei, den Frieden in der Galaxie nicht nur zu verkünden, sondern auch konsequent durchzusetzen. Im Gegenteil: man bezichtigte sich viel mehr gegenseitig der Lüge und des Betrugs, nur um des eigenen Vorteils wegen.

 

Der Grund dafür wahr wohl nicht so sehr der Wunsch, allein als Befreier vom Krieg oder als Entdecker des Planeten des heiligen Ortes der Weisheit mit der geheimnisvollen Statue zu gelten; es war vielmehr eine Art gespeichertes Programm, das sie zögern ließ, sozusagen eine uralte Verhaltensnorm, die ihre Völker im Laufe der langen Entwicklung und der sie formenden Erziehung durch spezifische gesellschaftliche Prozesse erhalten hatten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass endlich Frieden in die Galaxis einkehrte, wenn der heilige Ort mit ins Spiel gebracht wurde, war in der Tat sehr hoch, weil er allen Rassen seit Beginn ihrer Existenz unermesslich viel bedeutete.

 

Die beiden Wesen, Maggog Centurion und Ork, waren sich im Prinzip der gewaltigen Bedeutung ihrer Entdeckung überaus bewusst und jedem war klar, dass sie hier und jetzt dem unabänderlichen Zwang unterlagen, r i c h t i g zu entscheiden und entsprechend zu handeln. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Der Friede einer ganzen Galaxis hing von ihrem wohlüberlegten Verhalten ab und was sie jetzt tun würden.

 

Durften sie da überhaupt noch ein Risiko eingehen? Sie wussten es selbst nicht.

 

Der Ork bewegte sich plötzlich behutsam, um keine falsche Reaktion seines Mitstreiters um den heiligen Ort zu provozieren.

 

Dann sagte er mit resignierendem Unterton: „Mir scheint, dass wir wohl beide nicht kompetent genug sind, um das Problem zu lösen.“

 

Maggog Centurion übermittelte ihm sofort eine impulsive Bestätigung seiner Annahme.

 

Offensichtlich hatte sich bei ihnen fast gleichzeitig die Erkenntnis durchgesetzt, dass keiner von beiden jetzt noch über jene absolute Unabhängigkeit verfügte, um frei entscheiden zu können. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst waren, mussten sie zugeben, dass sie diese Art der Entscheidungsfreiheit im Grunde genommen noch nie besessen hatten, weil der lange Arm ihrer natürlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse sogar bis an diesen heiligen Ort der Weisheit und des Friedens reichte.

 

Sollten sie lieber beide gleichzeitig kapitulieren oder sich quasi wieder zurückziehen, um einer erneuten Auseinandersetzung zu entgehen? Sie dachten beide darüber nach.

 

Wir müssen zu einer Entscheidung kommen. Sollen wir einfach gehen und beide verzichten?“ sinnierte Maggog Centurion, doch er verneinte seine Frage selber sofort wieder, wobei sein massiger Schädel bedächtig hin und her wippte. Er wollte dem anderen seinen Platz nicht einfach so überlassen.

 

Gab es überhaupt noch einen Ausweg für sie, um hier in der absoluten Stille des heiligen Ortes, wo die Zeit Ewigkeit bedeutete, über die problematische Frage von Krieg und Frieden selbst entscheiden zu können?

 

Doch beide intelligenten Kreaturen glaubten zu diesem Zeitpunkt tief in ihrem Herzen nicht mehr daran, dass es einen gemeinsamen Weg aus dem Dilemma gab. Sie waren vielmehr davon überzeugt, dass diese unmögliche Situation nie hätte eintreten dürfen. Die Umstände waren also Schuld an den fatalen Zuständen.

 

Während sie so dastanden, sich gegenseitig argwöhnisch beäugten und über ihre verzweifelte Lage nachsannen, verzögerte sich der große Frieden immer mehr, wo er doch an diesem heiligen Ort endlich greifbar nahe zu sein schien.

 

Und je länger sie sich gegenüber standen, desto mehr wuchs ihre Resignation.

 

Wie viel Zeit war seit ihrer Begegnung vergangen? Eigentlich war diese Frage sinnlos, denn dieser Ort kannte keine Zeit, nur die Ewigkeit. Auf der einen Seite fühlten sich beide Wesen zwar über den Dingen stehend – auch hier, doch mussten sie im gleichen Atemzug offen zugeben, von ihnen abhängig zu sein.

 

Die Erstarrung wuchs ins bodenlose und wurde unerträglich.

 

Und dann kam, was kommen musste. Alles ging plötzlich sehr schnell und mit einer schrecklich parallelen Präzision, ganz so, als ob man alles Äußere der beiden Lebewesen entfernt hätte und nur noch ihr identischer Kern übriggeblieben wäre, den ihnen die universale Mutter Natur als unveräußerliche Eigenschaft mitgegeben hatte.

 

Beide Kreaturen führten während ihrer Gegenüberstellung gewisse Überlegungen durch, die sie bisweilen zu dem flüchtigen Gedanken an die Selbstvernichtung brachte. Doch zu der ihr arteigenen Vernunft kam der tief in sie abgelegte natürliche Überlebenstrieb, und alles zusammengenommen endete in der finalen Frage: „Entweder – oder (der andere oder ich).“

 

Zuerst schoss der tödliche Strahl aus der Waffe des Ork auf den bewegungslos dastehenden Maggog Centurion zu, als dieser im gleichen Moment sein vernichtendes Gedankenpotential aktivierte und freisetzte. Und während sein gewaltiges Gehirn samt tragendem Unterbau ins Nichts verpuffte, ging der schleimige Körper des Ork augenblicklich in Flammen auf.

 

Wenige Zeitquanten später war alles vorbei, und die Stille am heiligen Ort der Weisheit und des Friedens war erdrückender als je zuvor. Vor der gewaltigen Statue lagen jetzt die verkohlten Überreste zweier Lebewesen, die auf der Suche nach dem Frieden den weiten Weg zu diesem geheimnisvollen Platz im Universum auf sich genommen hatten und letztendlich kläglich gescheitert waren, wie alle anderen vor ihnen auch.

 

Die Statue aber blickte auf die beiden toten Leiber herab, als schaute sie in einen Spiegel.

 

***

 

Das Leben in der Natur an sich ist ohne Konflikte undenkbar und die menschliche Fiktion vom (ewigen) Frieden keine biologische Gesetzmäßigkeit.“

 

© Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

***

 

 

3. Die Story of Major Kane


 

Das helle Licht der Doppelmonde von LANTHAN ergoss sich über die weite, baumlose Landschaft. Draußen wurde es immer kälter und das Heulen des Schneesturms verstärkte sich von Minute zu Minute.


Major Ken Kane schaute mit zusammen gekniffenen Augen aus dem schmalen Schlitz des wuchtigen Verteidigungsbunkers der gewaltigen Kuppelstadt und beobachtete aufmerksam die schneebedeckte Gegend. Dann blickte er zur rechten Seite, wo ein blutender Soldat lag. Der Mann neben ihm würde sterben. Das wussten auch die kleine Schar der Zuschauer, die aus Sensationslust stehen geblieben waren, jetzt aber wieder langsam weitergingen. Nur ganz besonders Neugierige, die vom Anblick des Todes fasziniert waren, verweilten noch einige Augenblicke. Ihnen war klar, dass niemand mit so einer schrecklichen Wunde überleben konnte.


Eine fürchterliche Bombenexplosion hatte dem Unglücklichen beide Beine bis zum Oberschenkel abgerissen, als er gerade den stählernen Bunkereingang betreten wollte. Die angreifenden MOOKS hatten mit wilder Entschlossenheit mehrere Kleinraketen auf eine vollautomatische Mörserstellung abgefeuert, die ihr anvisiertes Ziel zwar nicht trafen, dafür aber in einen gerade vorbei kommenden Mannschaftstransporter mit zwölf Wachsoldaten einschlugen. Fünf von ihnen waren gleich tot. Die übrigen Männer konnten sich retten und stolperten im letzten Moment mit ihrem schwerverletzten Kameraden durch das hastig geöffnete Schleusentor der gewaltigen Verteidigungsanlage, bevor die blutrünstigen MOOKS erneut zuschlagen konnten. Sie wurden alle etwas später vom Dauerfeuer einer Roboter gesteuerten Laserimpulskanone der zweiten Verteidigungsreihe auf ihrer Flucht über das offene Gelände nacheinander eliminiert.


Die ständigen Angriffe auf die Kuppelstadt QUADER hatten bisher einen hohen Blutzoll unter den MOOKS gefordert. Trotzdem gaben sie nicht auf und machten stur und unerbittlich weiter. Angst vor dem Tod kannten sie offenbar nicht. Niemand konnte genau sagen, woher sie eigentlich so schnell gekommen waren. Die Überwachungsantennen auf der obersten Ebene der Kuppelstadt registrierten zwar prompt ihre Anwesenheit und lösten deshalb auch sofort Alarm aus, doch schien es so, als wären die Soldaten der MOOKS ganz plötzlich mitten in den Raum gestellt worden. Es waren jedes Mal einige zehntausend Kämpfer, die an einem Ort erschienen. Eine Tatsache, die besonders Major Kane und den gesamten Verteidigungsrat der Kuppelstadt sehr beunruhigte.


Außerhalb von QUADER, in den weitläufigen Siedlungen unmittelbar vor der Kuppelstadt und noch weiter draußen in der flachen Landschaft, herrschte das reinste Chaos aus eingestürzten und brennenden Gebäuden, abgeschossenen Panzern, Flugzeugen und Bergen grässlich verstümmelter Leiber, die überall herum lagen. Darunter auch viele von Major Kane’s tapferen Männern.


Der Major stand noch immer am Sehschlitz des Bunkers und dachte nach. Seine Erschöpfung konnte man ihm ansehen. Sie war allerdings einer zufriedenen Müdigkeit gewichen, denn er hatte seine schwierige Aufgabe bisher mit großem Erfolg bewältigt.


Natürlich war er sich dessen bewusst, dass ihm der Ruhm nicht allein gehörte. Ohne die rücksichtslose Opferbereitschaft seiner Soldaten hätte niemand die ständig angreifenden MOOKS zurückschlagen können, die mit ihren gepanzerten Truppentransportern und wendigen Kampfmaschinen erschienen waren und die friedlich da liegende Kuppelstadt der terranischen Siedler wie eine Horde hungriger Wölfe überfallen hatten.


Major Ken Kane war sich völlig im klaren darüber, dass dieser Überraschungsangriff der MOOKS nur dazu diente, um den Terranern zu zeigen, dass die wahren Herren des Planeten LANTHAN immer noch die MOOKS waren und nicht sie. Man betrachtete die Menschen von der Erde auch weiterhin als Eindringlinge, die man von Zeit zu Zeit daran erinnern musste, dass man ihre Gegenwart in diesem Teil des Universums im Prinzip für unerwünscht hielt.


Manchmal fragte sich Kane selbst, was er hier zu suchen hatte. War es auf Terra nicht schöner gewesen? Sie war doch die Heimat aller Menschen.


Die weite Landschaft draußen vor der riesigen Kuppelstadt war in der Sommerzeit eigentlich ein wogendes Grasmeer, das sich über unzählige Meilen ohne irgendwelche natürlichen Barrieren bis weit hinter den Horizont erstreckte. Eine leichte Schneedecke ließ das Land allerdings jetzt wie ein weißes Leinentuch erscheinen. Da draußen gab es keine Verteidigungsstellungen der Terraner, die es zu halten galt.


Major Ken Kane wusste von einem Gebirge, das er schon mehrere Male in der Vergangenheit auf eigene Faust mit seiner privaten Ein-Mann-Flugmaschine erkundet hatte. Er war dabei rein zufällig auf eine geheimnisvolle Höhle gestoßen, deren Eingang zuvor durch ein leichtes Beben auf dem Planeten LANTHAN freigelegt worden war. Trotzdem blieb sie unzugänglich, da in ihrem Innern der weitere Zugang durch eine dicke Metallwand mit einem unbekannten Schließmechanismus versperrt wurde. Man hätte sie vorsichtig sprengen müssen, um weiter in die Höhle vordringen zu können. Die Vorbereitungen dafür hatte Major Ken Kane schon getroffen, doch leider wurden alle weiteren Vorhaben durch den fürchterlichen Angriff der MOOKS auf die Kuppelstadt QUADER zunichte gemacht. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, dachte sich Kane.


Eine innere Stimme forderte ihn immer wieder dazu auf, diesen versteckten Ort in den Bergen nicht zu vergessen.


Seit einigen Tagen (irdischer Zeitrechnung) war Ruhe auf dem Schlachtfeld eingezogen. Die MOOKS hatten sich anscheinend zurück gezogen oder waren des Kämpfens wegen der hohen Verluste unter ihren Soldaten vorläufig wohl überdrüssig geworden. Die Verteidiger von QUADER konnten neuen Mut schöpfen. Überall waren Reparatureinheiten unterwegs um die angerichteten Schäden an Straßen, Brücken und Gebäuden draußen vor der Kuppelstadt so schnell wie möglich zu reparieren. Sie selbst wurde durch ein starkes Energieschild geschützt und war deshalb unversehrt geblieben.


Vor kurzem hätte es Major Kane noch verabscheut bei Kälte und heulendem Schneesturm die Kuppelstadt zu verlassen. Aufgrund der anhaltend ruhigen Lage beschloss er allerdings, einen kurzen Abstecher mit seiner Flugmaschine in die Berge zu unternehmen, um die Sprengung der Metallwand in der Höhle durchzuführen. Natürlich stellte das ein Wagnis dar, denn die MOOKS könnten theoretisch überall sein. Aber wegen seines militärischen Ranges brauchte er nicht einmal ein Genehmigung dafür einzuholen. Der Major war in der Truppe als Sturkopf bekannt, dem man nur schlecht was verbieten konnte. Nur die Registrierung der Abflugzeit, der Eintrag des ungefähren Flugziels und das permanente Einschalten des Suchmelders waren allerdings ein absolutes Muss. Dann konnte es schon losgehen.


Am nächsten Morgen war es soweit. Major Kane flog mit seinem leisen Fluggerät in etwa hundert Meter Höhe über die verschneite Landschaft. Das Wetter hatte sich noch weiter verschlechtert. Die Temperatur fiel merklich. In den vergangenen Tagen hatte sie sich um den Gefrierpunkt gehalten. Jetzt sank sie auf minus zehn Grad. Die Kälte war allerdings im Cockpit seiner Maschine nicht zu spüren. Das Gegenteil war eher der Fall. Für Kane war es viel zu warm. Er hatte sich nämlich die schwere Pelzuniform angezogen, die ihn jetzt wie ein Schwerarbeiter schwitzen ließ. Deshalb schaltete er die Heizung seines Fluggerätes auf ein Minimum zurück, was zumindest für eine erträgliche Temperatur im Cockpit sorgte.


Gegen Mittag erreicht Kane den Berg, wo sich der Eingang der Höhle befand. Er landete mit seiner Flugmaschine in einer kleinen schneebedeckten Senke und stieg aus. Die elektronischen Zünder für die Sprengladungen trug er in der rechten Beintasche mit sich. Mittlerweile ließ das Wüten des Schneesturmes immer mehr nach und das Wetter wurde langsam besser. Etwas später hörte es sogar auf zu schneien. Für den Weg bis zum Eingang der Höhle brauchte Kane etwa fünfzehn Minuten und noch einmal an die acht Minuten, bis er endlich vor der Metallwand mit ihrem unbekannten Schließmechanismus stand, die er kurzerhand mit einer Reihe gut platzierter Sprengladungen in die Luft jagen wollte.


Etwa eine Stunde brauchte Kane dafür, bis alle Ladungen ordnungsgemäß angebracht waren. Dann steckte er die Zünder hinein und verließ die Höhle wieder. Draußen angekommen drückte er den roten Auslöser für die Funk gesteuerte Fernzündung der Sprengladungen. Kurz danach erfolgte eine heftige Explosion. Staub und Geröll flogen durch die gähnende Öffnung des Eingangs und es brauchte mehr als zwanzig Minuten, bis die Luft wieder soweit sauber war, das Major Kane die Höhle gefahrlos betreten konnte. Als er mit schmutzig gewordener Pelzuniform und entsichertem Strahlengewehr die weggesprengte Metallwand erreichte, die nur noch ein riesiges qualmendes Loch war, hätte ihn beinahe ein tödlicher Schreck gepackt. Ein plötzlicher Schwindel überkam ihn und Schweißperlen tropften von seiner geröteten Stirn. Der Major schaute hinunter in eine ungeahnte Tiefe. Bis runter zum Boden mochten es wohl mindestens fünfhundert Meter sein! Er war darüber erstaunt, dass eine Wand so kerzengerade abfallen konnte. Unten in der Tiefe bewegten sich winzig kleine, verschiedenfarbige Punkte mit großer Geschwindigkeit, die aussahen wie Autos. Sie flitzten auf den aus mehreren Etagen bestehenden einspurigen Autobahnen umher. Ringsherum erhoben sich mächtig hohe Bauwerke aus weit in den Himmel ragenden Türmen und riesenhaften Gebäuden aus Stahl, Glas und Kunststoff.

Major Kane atmete tief durch und begann sich langsam wieder zu beruhigen. Über sich erblickte er einen strahlend blauen Himmel, der von kleinen Schäfchenwölkchen durchzogen wurde. Und nirgends gab es Schnee, was die ganze Sache noch seltsamer erschienen ließ. Rechts von Kane erstreckte sich ein Turmmassiv neben dem anderen, das durch Brücken ähnliche Gebilde wie ein Netzwerk miteinander verbunden war. Die ganze Stadt unter seinen Füßen leuchtete wie heller Marmor, die mit zahlreichen herrlich grüne Parks und weitläufig angelegten Seen durchzogen war. Ihr ruhiges Wasser funkelte im Licht der strahlenden Mittagssonne tintenblau. Überall fuhren Segelschiffchen auf den glitzernden Gewässern hin und her und Major Kane fand keine Worte für das, was er dort unten sah.

Plötzlich erschien vor ihm eine silbrig glänzende Flugmaschine. Vorsichtig näherte sie sich Kane, der immer noch mit staunendem Blick auf dem steil abfallenden Felsplateau stand. Eine breite Ausstiegstür öffnete sich mit einem leise surrenden Geräusch und eine Plattform mit Geländer fuhr heraus, die erst direkt vor Kane’s Füßen stoppte. Genau in diesem Augenblick betrat ein Mann mittleren Alters die Plattform, der etwas kleiner war als Major Kane. Er hatte ein ovales Gesicht, eine beigefarbene Haut und trug einen schwarzen Vollbart.


Noch während er langsam aber mit festen Schritten auf Kane zuging, rief er mit lauter Stimme: „Ich komme in Frieden, Major Kane! Bitte besuchen sie unsere schöne Stadt! Wir erwarten sie schon. Sie werden es nicht bereuen! – Darf ich mich ihnen aber zuerst einmal vorstellen? Ich bin der Magier Savallo Megalon. Ich bin vom Rat der Stadt SENSALIN dazu beauftragt worden, sie bei uns Willkommen zu heißen.“


Der Magier Savallo reichte Major Kane die Hand zum Gruße. Fast wie unter Hypnose erwiderte dieser den Gruß. Dann sprach der Mann mit dem ovalen Gesicht und der beigefarbenen Haut mit freundlicher Stimme lächelnd weiter.


Lieber Major Kane! Wir hatten einige Schwierigkeiten damit, sie zur richtigen Zeit zu uns kommen zu lassen. Sie haben eine ziemlich starke Ausdauer bewiesen und unserer Klon-Armee, die ihr Terraner als MOOKS bezeichnet, große Verluste zugefügt. Als wir sahen, dass es auf Dauer keinen Sinn machen würde gegen euch zu kämpfen, entschlossen wir uns dazu, einen eurer erfolgreichsten Kämpfer zu uns zu holen. Das waren sie, Major Kane! Ihre unglaubliche Entschlossenheit zu siegen hat uns in der Tat zutiefst beeindruckt. Sie haben darüber hinaus einen außergewöhnlich starken Willen. Und nicht nur das. Sie sind im Besitz gewaltiger magischer Kräfte, die ihnen bisher nur deshalb nicht aufgefallen sind, weil sie sich wie ein kleines, unschuldiges Kind ganz unbewusst ihre eigene Welt geschaffen haben. Diese magisch erzeugte Welt um sie herum war einzig und allein ihr Produkt gewesen mit allem, was darin von ihnen materialisiert hinzugefügt und aufrecht erhalten wurde. Letztendlich war sie so real wie jene Welt, die sie einmal vor langer Zeit verlassen haben – den Planeten Terra. Jedoch hat sie die tief in ihrer Seele verborgene Sehnsucht nach ihrer eigentlichen Heimat dazu angetrieben, die Erde des Menschen zu verlassen. Und nun stehen sie hier vor mir und ich freue mich von ganzem Herzen darüber, dass sie SENSALIN, die Stadt der Magier, endlich gefunden haben. Natürlich haben wir ein wenig mitgeholfen, aber jedes Lebewesen mit magischen Fähigkeiten hat noch aus den weit entferntesten Winkeln des Alls zu uns gefunden und ist schließlich für immer geblieben. Kommen sie mit, Magier Ken Kane! Wir alle warten schon auf sie.“


Die Situation hatte sich wirklich verändert. Das wusste jetzt auch Ken Kane, der im Grunde seines Herzen schon immer von seinen magischen Fähigkeiten geahnt hatte. Schließlich folgte er dem Magier Savallo in die wartende Flugmaschine.


Er hatte sich also entschlossen.


Im gleichen Moment löste sich draußen knisternd die gigantische Kuppel plötzlich in Luft auf und verschwand mitsamt ihren Einwohnern, Gebäuden und Straßen langsam von der Bildfläche des Planeten, bis die Illusion der Kuppelstadt QUADER gänzlich verschwunden war. Dort, wo sie einmal gestanden hatte, breitete sich jetzt eine mit Schnee bedeckte, weite Landschaft aus.


In staunender Bewunderung schaute Kane auf die überwältigende Pracht von SENSALIN; die herrliche Sonne, den azurblauen Himmel, die Buntheit der Flora und Faune, das geschäftige Leben, auf die gesunden, nie alternden Menschen und die hochragenden Türme aus weißem Marmor, die aussahen wie in den Himmel ragende Zeigefinger.


Noch immer schien für Kane alles wie ein Traum. Aber es war Wirklichkeit.


Er fühlte immer mehr die wohlige Wärme in seinem klopfenden Herzen, die man ihm in zunehmenden Maße entgegen brachte, je näher er sich auf die Stadt SENSALIN zu bewegte. Die gesamte Bevölkerung schien auf den Beinen zu sein, klatschten und jubelten ihm zu, als sie ihn zusammen mit dem Magier Savallo erblickten.


Lächelnd erwiderte Kane mit winkenden Händen ihre herzlichen Grüße, bis er irgendwann mitten in der Stadt der Magier auf einem großen, kreisrunden Platz angekommen war. Der Rat von SENSALIN wartete bereits auf ihn. Dann trat einer von ihnen hervor, erhob beide Hände gen Himmel und rief mit donnernder Stimme:

Wir begrüßen unseren großen Magier Kane, der endlich zu uns gefunden hat. SENSALIN wird durch ihn weiter wachsen und gedeihen. Seine guten magischen Kräfte werden unser Refugium unendlich stärken und für alle Zeiten unzerstörbar machen.“


Mittlerweile hatte sich eine große Ansammlung der verschiedenartigsten Wesen und Kreaturen um den Rat von SENSALIN und Kane versammelt. Sie jubelten ohne Unterlass. Die Menge verstummte plötzlich als Kane auf eine freie Stelle am Rande des runden Platzes deutet, ein paar seltsam anmutende Bewegungen mit beiden Händen machte und wie aus dem Nichts einen herrlichen Turm in die Höhe wachsen ließ.


Das soll mein Haus in SENSALIN für alle Zeiten sein. Lasst uns nun feiern!“, rief der Magier Kane der umstehenden Bevölkerung zu, die seine Worte mit aufbrausendem Jubel und tosendem Beifall quittierten.



 

© Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

 

***

 

 

 

4. Die Story

vom

Androiden STROBOT HAAZEN 237

 

Man schreibt das Jahr 2581.

Irgendwo da draußen in den unbekannten Tiefen des Alls untersucht eine kleine Forschercrew, unter der Leitung des Cyborgs STROBOT HAAZEN Nr. 237, die Oberfläche eines neu entdeckten Planeten.

***

Der Cyborg STROBOT HAAZEN 237 hatte die Felsenkante des Plateaus erreicht und blickte mit seinen Sehkraft verstärkten Augen tief hinab auf den im Schatten liegenden Grund der Schlucht. Wegen der Dämmerung sah er zuerst nur sehr wenig. Deshalb regulierte er nochmals die Iris seiner Augen, um den Lichteinfall zu vergrößern.

Da war etwas. Oder besser: das, was von dem gefräßigen Sandwurm noch übrig geblieben war. Umgeben von einer riesigen Lache getrockneten gelb-grünen Blutes faulte der zerfetzte Kadaver des Ungeheuers vor sich hin und erinnerte den künstlichen Menschen daran, von hier oben in den gähnenden Abgrund zu fallen. Deshalb trat er auch nicht zu nah an die Kante des überhängenden Vorsprungs und machte ein paar Schritte zurück. Auf Expeditionen wie dieser war Sicherheit das oberste Gebot. Aber der Cyborg setzte sich immer wieder darüber hinweg.

Der künstliche Mensch dachte seltsamerweise über einen Sturz vom Plateau nach. Sein enorm stabiles Skelett aus Titan würde den Aufschlag wohl locker standhalten, aber nicht seine empfindliche Mikroelektronik, wenngleich auch permanent geschützt, und schon gar nicht sein dem menschlichen Fleisch nachempfundenes synthetisches Gewebe.

Nun ja, das Land von Thurock, wie sie den Planeten nannten, war ein hartes Land. Ein Land, in dem das Leben für jede Kreatur anstrengend und gefährlich war. Die Stein- und Sandwüsten wurden nur an wenigen Stellen von Oasen unterbrochen, an denen unterirdische Wasserquellen dem äußerst kargen Boden etwas Leben einhauchen konnten. Die Flüsse führten nur wenig Wasser mit sich. Sie hatten deshalb auch nicht die Masse und die Kraft in die weiten, offenen Wüsten vorzudringen, weil ihr Wasser auf seinem Weg durch das trockene Land entweder verdunstete oder einfach im endlos erscheinenden Sand versickerte. Aber dort, wo es wieder zutage trat, bildete es kleine Seen mit einer üppigen Flora und Fauna.

Der Cyborg hatte sich schon manchmal gewünscht, er wäre weiter im Norden des Kontinents geblieben, wo der Winter so mild war, dass die Bäume grün blieben und das Überleben für die Bewohner von Thurock keine allzu großen Schwierigkeiten machte.

STROBOT HAAZEN 237 dachte darüber nach, dass selbst in der Wüste, wo es genug Feuchtigkeit im Boden gab, sogar Bäume wachsen konnten und nicht nur niedriges Dornengestrüpp, trockene Gräser oder sparsame Kakteen, die ihr kostbares Wasser speicherten. Auf der Erde des Menschen hatte es ja ähnlich aussehende Wüsten gegeben, die aber im Laufe der zurückliegenden Jahrhunderte urbar gemacht worden sind. Hier auf Thurock war die Natur jedoch noch in einem gewissen urzeitlichen Zustand.

Der Cyborg hatte sich, wie so oft schon vorher, auf eigene Faust von seiner Expeditionskarawane entfernt, die an einem kleinen See ganz in der Nähe rastete. Er stand aber über Funk mit der kleinen Crew permanent in Verbindung, die ihn somit jederzeit erreichen konnte.

Der Planet Thurock war in der Tat an vielen Stellen unberechenbar und gefährlich. Hier in der gewaltigen Wüste, die für Menschen der reinste Albtraum war und kein Ende zu nehmen schien, gab es äußerst gefährliche Bestien, die nur darauf warteten, dass ihnen Nahrung aller Art über den Weg lief. Sie waren nicht unbedingt wählerisch und fraßen alles, was aus Fleisch und Blut in diesem kargen Land herumlief.

Die im heißen Sand der Wüste lebenden Monstersandwürmer gehörten ebenfalls zu den fressgierigen Räubern und eines dieser ekelhaften Exemplare muss wohl bei der Jagd aus versehen in den schwindelerregenden Abgrund gestürzt sein.

Der Cyborg wusste von diesen gefährlichen Viechern nur, dass sie ihr einmal anvisiertes Opfer gnadenlos jagten und nicht ehr davon abließen, bis es vor Erschöpfung einfach aufgab und sich freiwillig fressen ließ. Manchmal gerieten diese Sandwürmer dabei in eine Art von blutrünstiger Raserei, die einem Rausch ähnlichen Zustand ähnelte und sie zu Berserkern werden ließ. Dann fielen sie sogar über ihre eigenen Artgenossen her und fraßen sich gegenseitig auf, was ziemlich häufig vorkam. Trotzdem gab es von diesen entsetzlichen Kreaturen genug auf Thurock.

Gegen einen Cyborg hatten sie allerdings keine Chance. Seine Strahlenwaffen, ein Hochenergie Impuls Werfer und eine schwere Laserpistole, waren überaus wirkungsvolle Verteidigungsinstrumente und ihr gebündelter Energiestrahl konnte sogar hartes Felsgestein wie Butter zerschneiden.

STROBOT HAAZEN 237 wandte sich von seinen Gedanken ab und warf einen Blick hinter sich. Offenbar war die Crew in ihre Zelte gekrochen um sich vor der aufsteigenden Sonne zu schützen, die sehr heiß werden konnte. Temperaturen bis zu 60 Grad im Schatten waren in dieser Wüste keine Seltenheit.

Der kleine Hain, wo ganz in der Nähe auch die Zelte standen, spendete zusätzlich noch wohltuenden Schatten. Der ruhige Oasensee diente einigen Mitgliedern der Crew als willkommenes Badewasser, obwohl es nicht ganz ungefährlich für Menschen war, sich darin zu tummeln, denn manchmal kamen die Sandwürmer auch hier hin, um ihren immensen Durst zu stillen.

Der Cyborg drehte sich wieder um und folgte mit seinem Blick dem zu seinen Füßen liegenden Flussverlauf, der sich irgendwo in der tiefen Schlucht verlor. Plötzlich stutzte er. Von seinem Standpunkt aus machte es den Eindruck, als habe jemand mit einem gewaltigen Schwert das Flussbett durchgeschnitten und einen Teil davon einfach weggenommen. Doch bei genauerem Hinsehen allerdings erkannte STROBOT HAAZEN 237, dass es eine uralte Mauer war, die an der Stelle schnurgerade das flache Flussbett durchzog und das ankommende Wasser begrenzte und staute.

Fasziniert von dem ungewöhnlichen Anblick stieg der Cyborg im Laufschritt vom felsigen Plateau, erreichte schon bald, wenngleich auch auf Umwegen, den Rand des aufgestauten Flusswassers, wo kleine Wellen ans Ufer schwappten. Schon kurze Zeit später stand er auf der Krone der Mauer. Sie war überall von glitschigem Moos überwuchert. In unmittelbarer Nähe der Mauer war das Wasser so trübe, dass man die Steine darin nicht sehen konnte. Ein unbehagliches Gefühl entstand in seinem künstlichen Gehirn, als ihm schlagartig bewusst wurde, dass er eigentlich von nur zwei Elementen umgeben war: dem angestauten Wasser und der Luft um ihn herum.

An einigen Stellen plätscherten die Wellen über das von unbekannten Kreaturen erschaffene Bauwerk, die auf der anderen Seite der Mauer als Wasserschwaden in die Tiefe rauschten. Zum Glück war die Krone der Mauer so breit, dass STROBOT HAAZEN 237 bequem und sicher darauf gehen konnte und trotz der glitschigen Stellen einen sicheren Stand hatte.

Plötzlich hallte ein lautes Kreischen von den Wänden der Schlucht wider. Es war ein äußerst lautes, durchdringendes Geräusch, das durch das vielfach gebrochene Echo von allen Seiten zu kommen schien.

Der Cyborg machte eine Drehung nach links und schaute hinüber zur Schlucht. Von hier aus konnte er auch das Plateau sehen, auf dem er zuvor gestanden hatte.

In diesem Augenblick schwappte eine Welle über die moosbewachsene Mauer und verwandelten sie in einen doppelt rutschigen Teppich. STROBOT HAAZEN 237 glitt ein wenig nach vorne, verlor aber auf einmal den Halt und versuchte, sich mit den Händen irgendwo festzuhalten. Doch er fand keine geeignete Stelle, rutsche von der Mauer und stürzte ab.

Nach einem endlos scheinenden Fall durchbrach sein Körper krachend die morschen Äste eines uralten Baumes und blieb schließlich weiter unten auf einem mit Pflanzen bewachsenen Vorsprung liegen, der weit aus der steinernen Wand ragte. Keine Sekunde später rappelte sich der Cyborg wieder hoch und kontrollierte seine Funktionen. Offenbar war ihm weiter nichts passiert, außer ein paar Kratzer an den Händen und im Gesicht, die aber schnell wieder heilen würden. Sein reißfester Anzug, an allen Gelenken zusätzlich noch gepolstert, hatte ihn vor schlimmeren Verletzungen bewahrt.

Wieder hörte er das nervenzerreißende Kreischen. Diesmal tönte es noch lauter und vor allen Dingen länger. Fast schien es so, als vermischten sich verschiedene Schreie in verschiedenen Tonhöhen ineinander. Erneut warf er einen Blick nach unten in die Schlucht und fokussierte abermals den verendeten Sandwurm. War er etwa noch am Leben und stieß seine letzten Todesschreie aus? Das war unmöglich. Das Ungeheuer war tot, das hatte er vom Plateau aus genau gesehen.


Dann erblickte STROBOT HAAZEN 237 gleich mehrere dürre Gestalten, die sich um den verendeten Sandwurm versammelt hatten und fast wie Menschen aussahen. Ihre Kleidung starrte vor Dreck, die aus einer Art Kutte bestand. Ihre klauenförmigen Hände gruben sich in das Fleisch des Tieres und rissen ganze Stücke heraus. Zwei der Kreaturen fingen plötzlich an zu schreien. Offenbar waren sie aneinandergeraten und schlugen mit dicken Knüppel aufeinander ein. Eine der Kuttengestalt hielt einen großen Brocken Fleisch in der Hand, das wie eine Zunge aussah. Sein Gegenüber zerrte ebenfalls daran. Unerwartet ließ er aber das längliche Fleischgebilde los, schnellte nach vorne und riss seinem Kontrahenten die lange Kapuze vom Kopf. Der Cyborg war überrascht. Der Kopf dieser hässlichen Kreatur ähnelte einem Totenschädel, der nur von grauer, rissiger Haut umhüllt zu sein schien.

Wieder schrie jemand. Doch diesmal klang es panisch und voller Furcht. Es kam ihm fast so vor, als hätten die armseligen Kreaturen Todesangst, denn sie stoben plötzlich nach allen Seiten davon und rannten auf einen dunklen Höhleneingang zu.

In diesem Moment sauste etwas in das Gesichtsfeld des Cyborgs, von dem er nicht in der Lage war, es gleich einordnen zu können. Erst beim näheren Hinschauen erkannte er, was es war. Das Fluggerät – etwas anderes konnte es kaum sein – sah sehr klobig aus und hatte nur entfernte Ähnlichkeiten mit einem Flugzeug. Es bestand aus einem dunklen, fast schwarzen Material, das alles Tageslicht zu schlucken schien, flog eine enge Schleife und nahm Kurs auf die verdreckten Kreaturen, die sich jetzt hinter einigen hohen Felsen versteckt hielten. Der Höhleneingang lag noch zu weit weg. Ein abgehacktes Geräusch mischte sich in das Dröhnen der Düsenmotoren. Dann schossen kleine Raketen unter der Tragfläche hervor und dort wo die Projektile einschlugen, gab es heftige Explosionen, die den Boden erzittern ließen.

Mit einem Schlag wurde es wieder ruhig – bis auf das Heulen der Turbinen des Fluggerätes. Es kreiste noch eine Weile über der Schlucht, machte aber keine weiteren Anstalten, einen erneuten Angriff zu starten.

STROBOT HAAZEN 237 dachte an die Sicherheit seiner Crew, die hinter dem Plateau in der Oase ihr Lager aufgeschlagen hatte. Wenn der Pilot des unbekannten Flugobjektes sie entdecken würde, wäre es aus mit ihnen. Er entschloss sich dazu, das Fluggerät mit seinem Hochenergie Impuls Werfer abzuschießen, hielt den Werfer im Anschlag und drückte ab. Doch die rasendschnelle Energiekugel verfehlte ihr fliegendes Ziel.

Als hätte ihn der Pilot gesehen, nahm das schwarze Ding prompt Kurs auf seinen Standort und schoss mehrere MG-Salven ab. Die ersten Schüsse gingen daneben. Einige Sekunden später schlugen neue Projektile ein und rissen große Löcher rechts und links von dem Cyborg in die moosbewachsene Felsenmauer. Es grenzte an ein Wunder das STROBOT HAAZEN 237 nicht getroffen wurde.

Das Fluggerät beschrieb einen weiten Bogen und kam kurz danach wieder zurück. Der Cyborg berechnete in Sekundenbruchteilen die Flugbahn des Angreifers und schoss erneut. Die gebündelte Energiekugel traf direkt die Kanzel der Maschine und im gleichen Moment explodierte der ganze vordere Teil des Flugzeuges. Die Tragflächen brachen auseinander und eine lange Rauchfahne hinter sich herziehend stürzten die brennenden Reste der Flugmaschine in die zerklüftete Schlucht, wo sie an verschiedenen Stellen krachend aufschlugen. Völlig zertrümmert und stark rauchend brannten sie weiter.

Das dürfte der Pilot nicht überlebt haben, dachte sich der Cyborg, schulterte den Impuls Werfer, kletterte vorsichtig an der Wand runter auf einen weiteren Vorsprung und erreichte nach einer halben Stunde des gefährlichen Abstiegs das mächtige Fundament der hohen Mauer. Dann schlug er den Weg in die Schlucht ein, um die Überreste des unbekannten Flugobjektes näher in Augenschein zu nehmen. Er interessierte sich besonders für den toten Piloten, der ihn angegriffen hatte. Er wollte wissen, wie er aussah, obwohl er eigentlich wusste, dass von ihm nicht mehr viel übrig geblieben sein konnte.

Die Überreste der Flugmaschine lagen weit verstreut auseinander. Das erste Wrackteil, auf das STROBOT HAAZEN 237 traf, war das brennende Cockpit samt Rumpf. Der Pilot kauerte noch in seinem verbrannten Sitz und starrte mit weit aufgerissenen Augen aus seinem mit einer dünnen Schicht Ruß überzogenen Helmvisier. Er war tot. Offenbar trug er eine feuerfeste Montur, die ihn zumindest im oberen Bereich seines Körpers vor dem aggressiven Feuer bewahrt hatte. Sein Gesicht ähnelte das eines frühzeitlichen Steinzeitmenschen und war stark behaart.

Ein penetranter Brandgeruch drang dem Cyborg in die Nase, als er noch näher an den toten Piloten herantrat. Angeekelt entfernte sich STROBOT HAAZEN 237 von der brennenden Absturzstelle wieder, drehte sich auf der Stelle herum und blickte hinüber zur steil aufsteigenden Schluchtwand, die wie die Überreste eines schweren Bebens aussah. Der Erosion nach zu urteilen muss das Beben schon vor vielen Jahrhunderten stattgefunden haben, denn in den meisten Bruchspalten wuchsen die verschiedensten Pflanzen und sogar einige niedrige, verkrüppelte Bäumchen.

Hinter einigen zertrümmerten Felsen entdeckte der Cyborg im Geröll die übel zugerichteten Überreste der skelettartig aussehenden Kreaturen in ihren verdreckten Kutten. Sie waren von den MG-Projektilen regelrecht im mehrere Teile zerrissen worden. Schnell ging er an ihnen vorbei ohne sie zu beachten.

Der Cyborg überquerte einen kleinen Hügel, der mit heruntergefallenen Felsenresten übersät war. Auf seinem höchsten Punkt blieb er stehen und ließ seinen Blick über die steil nach oben ragende Wand huschen. Plötzlich bemerkte er ein riesiges schwarzes Loch, das auf ihn den Eindruck eines Höhleneinganges machte. Die Höhle war viel größer als er gedacht hatte. Zielstrebig ging er darauf zu und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sich seine Vermutung als richtig herausstellte. Der Eingang war riesig. Der dahinter liegende Abschnitt nahm sich wie eine in den Fels geschlagene Halbkugel aus. Das spärliche Tageslicht fiel in hellen Streifen nach innen und an einigen Stellen befanden sich sogar rustikale Fackelhalter. Hinweise auf die ehemaligen – oder auch derzeitigen – Bewohner?

Auf jeden Fall hatten sie sich enorm viel Mühe gegeben. STROBOT HAAZEN 237 stand von Ehrfurcht erfüllt unter einem riesigen, steinernen Torbogen an der sich eine große Halle mit Kuppeldach anschloss auf der einige erhabene Ornamente in den Fels gemeißelt worden waren.

Der Cyborg schüttelte den Kopf. Nein, das hier war künstlich geschaffen worden, vielleicht nur für den einen Zweck, dem Betrachter Macht und Überlegenheit zu demonstrieren. Den Erbauern dieser gigantischen Höhle schien das gelungen zu sein.

STROBOT HAAZEN 237 durchschritt den Eingang der Höhle und je tiefer er in sie eindrang, desto mehr offenbarte sich ihm, dass hier mal irgendwelche Höhlenbewohner gelebt haben müssen, die sich mit der Steinbearbeitung sehr gut auskannten.

Vorsichtig bewegte sich der Cyborg weiter durch die hohen Gänge, versuchte sich zu orientieren und stand schon bald am Ende eines nur spärlich beleuchteten Hauptschachtes, der in einer noch gigantisch größeren Halle mündete, die offenbar komplett aus dem Felsen geschlagen worden war. Er trat aus dem Gang, der ihn bis hier hin gebracht hatte und drang mit allergrößter Vorsicht weiter in die atemberaubende Kathedrale vor. Auf dem matt glänzenden Boden befand sich eine feine Staubschicht, die bei jedem Schritt aufwirbelte.

STROBOT HAAZEN 237 marschierte weiter und machte erst wieder Halt, als er in der Mitte angekommen war. Von diesem Standort aus hatte er einen guten Überblick nach allen Seiten. Die Steinwände schienen offenbar mit einer leicht fluoreszierenden Farbe überzogen worden zu sein, die den gesamten Raum in diffusen Konturen abzeichnete, was irgendwie unheimlich wirkte. Zu seinem Erstaunen stellte der Cyborg fest, dass es viele Ein- oder Ausgänge gab, welche durch unterschiedliche Symbolen gekennzeichnet waren. Über einem besonders auffälligen Ausgang hingen mehrere verschiedenartig geformte Totenschädel unterschiedlicher Größe, die überhaupt keine Ähnlichkeiten mit einem menschlichen Schädel aufwiesen. Direkt darunter konnte er ein unbekanntes Zeichen erkennen, dessen Bedeutung wohl irgendwas mit den dahinter liegenden Räumlichkeiten zu tun hatte.

Der Cyborg schritt darauf zu und trat in das Dunkel des etwa zwei Meter großen, oval geformten Ganges über dem die skelettierten Schädel angebracht waren. Der Gang teilte sich nach nur wenigen Metern in zwei Richtungen. STROBOT HAAZEN 237 entschied sich für die rechte Abzweigung, die er untersuchen wollte. Vorsichtig schritt er weiter und stand schon bald vor einer Steintreppe, die nach unten führte. Ein fauliger Geruch drang ihm schon nach wenigen Schritten in die Nase und angewidert von diesem Gestank hielt er sich den Ärmel seiner Jacke davor. Irgendwie stinkt das nach Tod und Verwesung. Das kann nichts Gutes bedeuten, dachte sich der Cyborg.

Die Treppe führte ziemlich weit hinunter und endete in einem hohen Gewölbe, wo sich an den Rändern mannshohe Berge aus Knochen aller Art auftürmten. Im Schein seiner integrierten Taschenlampe auf dem Hochenergie Impuls Werfer schienen die Gebeine vor dem dunklen Hintergrund grell aufzuleuchten. Die Situation war gespenstisch.

Die unterste Lage der Knochen war als solche schon fast nicht mehr zu erkennen. Sie waren bereits grau, porös und fast zersetzt. Der Verwesungsgeruch rührte allerdings mehr von den oberen Lagen her. Die dort gestapelten Überreste trugen zum Teil noch Sehnen und Fleischfetzen, die mit weiß grünen Stippen und Schimmelpilze überzogen waren. Als STROBOT HAAZEN 237 weiterging, knirschte es unter seinen Stiefeln, als er an den Knochenbergen vorbeikam.

„Die sind nicht von Tieren“, murmelte der Cyborg vor sich hin und hob einen Beckenknochen hoch, der ein besonders großes Exemplar war, und seiner Struktur nach ein menschlicher hätte sein können. Überall krochen fingerdicke Maden in der Gelenkpfanne herum, die sich an den Fleischresten gütlich getan hatten. Sie fielen wie ein Sturzbach davon ab und einige dieser ekeligen Tierchen krochen bereits an den Hosenbeinen des Cyborg hoch. Er schüttelte sich und marschierte eilig weiter.

In diesem Moment brach die Hölle los. Mit einem lauten Gekreische gerieten die Felswände zwischen den Knochenbergen plötzlich in Bewegung. Dann wurde deutlich, dass sich vom Dreck und Schlamm bedeckte Gestalten davon lösten. Eine perfekte Tarnung; der Cyborg hatte nichts von ihnen bemerkt. Gleichzeitig wurden überall Fackeln entzündet und weitere menschenähnliche Kreaturen wurden sichtbar, die ihre von Fleischresten verschmierten, krallenartigen Hände hoben. Einige hatten auch Knüppel oder primitive Streitäxte dabei, die sie über ihre Köpfen hin und her schwingen ließen. Langsam und vorsichtig tappend kamen die hageren Gestalten auf den Cyborg zu.

STROBOT HAAZEN 237 machte ein paar Schritte zurück und entsicherte den Impuls Werfer. Gleichzeitig blickte er nach allen Seiten und musste die böse Feststellung machen, dass er eingekreist war. Die abgerissenen, Boden verkrusteten Kreaturen kamen näher, was den Cyborg dazu veranlasste, seine Waffe drohend auf sie zu richten. Die Angreifer fletschten plötzlich wie auf Kommando die Zähne und gaben zischende Laute von sich.

Ich bin in der Hölle gelandet, dachte sich der Cyborg, brachte sich in Kampfstellung und schoss mit seiner wirkungsvollen Waffe in die erste Reihe der anrückenden Phalanx. Er musste sich schnell und effektiv einen Fluchtweg frei schießen. Während er ein fürchterliches Gemetzel unter den Angreifern durch Dauerbeschuss seiner Waffe anrichtete stürmte er zurück zur Steintreppe und versuchte die Kuppelhalle zu erreichen. Ein Schuss traf versehentlich die Höhlendecke über dem Ausgang, was dazu führte, dass sich große Felsbrocken lösten und polternd zu Boden krachten. Nicht auszudenken, wenn das Gewölbe an dieser Stelle eingestürzt wäre und ihm wohl möglich den einzigen Fluchtweg verschüttet hätte, schoss es dem Cyborg durch den Kopf und verschwand in dem Gang aus dem er gekommen war. Immer wieder jagte er eine Salve nach der anderen in die anstürmenden Gestalten, die jetzt ebenfalls die Treppe hinter ihm hoch liefen.

STROBOT HAAZEN 237 stellte den Impuls Werfer auf Maximalleistung und feuerte ein letztes Mal in die Masse seiner Verfolger. Der Explosionsblitz war gewaltig, die Wirkung verheerend. Ein heftiges Beben durchlief die gesamte Knochenhöhle und ließ die Steintreppe urplötzlich in sich zusammenbrechen. Die Kreaturen schrien wie von Sinnen als sie in die Tiefe fielen und von den Gesteinsmassen begraben wurden.

Der Cyborg erreichte endlich die gewaltige Kuppelhalle, doch eines der Wesen war ihm noch dicht auf den Fersen. Es muss ein Wachposten gewesen sein, der sich im Dunkeln verborgen hatte und nun STROBOT HAAZEN 237 aus vollem Lauf von hinten ansprang. Wie eine Klette hing die Kreatur auf seinem Rücken, hatte sich mit seinen Klauen am Oberkörper festgekrallt und versuchte den Cyborg von der Seite in den Hals zu beißen. Mit einem gewaltigen Seitenschlag auf den Kopf seines Gegners entledigte er sich seines Widersachers, der mit einem gurgelnden Laut von ihm abließ, schließlich torkelnd gegen die Hallenwand prallte, an ihr wie in Zeitlupe herunter glitt und schließlich mit zuckendem Körper liegen blieb. Dunkles Blut rann an der Seite seines Halses herab. Es glänzte eigenartig rubinrot im Schein der Taschenlampe des Impuls Werfers, den der Cyborg jetzt vorsorglich mit einer neuen Energiebatterie nachgeladen hatte. Das Wesen röchelte noch ein paar Mal, bevor es endgültig starb.


Der Cyborg suchte in der gespenstisch aussehenden Kuppelhalle nach dem Ausgang durch den er zuvor gekommen war. Als er ihn endlich gefunden hatte und zielstrebig darauf zulief, ging im gleichen Moment ein leichtes Rumpeln durch die Kathedrale. Mit skeptischem Blick schaute sich STROBAT HAAZEN 237 fragend um. Dann ertönte ein seltsames Knacken, gefolgt von einem leisen Rascheln, als Sand von oben her zu rieseln begann. An der Decke der Kuppel hatte sich ein großer gezackter Riss gebildet, der sich langsam nach beiden Seiten über die ganze Kuppelkonstruktion fraß. Offenbar war der verwitterte Stein durch die Erschütterungen der heftigen Detonationen seiner Energiewaffe instabil geworden und gab nach. Die gesamte Halle schien einstürzen zu wollen. Schon lösten sich die ersten größeren Brocken von der Decke und schlugen mit ohrenbetäubendem Knall auf den staubigen Boden, wo sie wie morsche Tonkrüge zerplatzten. Einige von ihnen versperrten mittlerweile mehrere Ausgänge nach draußen ins Freie. STROBOT HAAZEN 237 wich zurück und suchte Schutz in einer kleinen Ausbuchtung vor dem herab prasselnden Steinregen am Rande des Rundbogens. Durch den aufwirbelnden Staub verdunkelte sich die Kuppelhalle noch mehr. Die fluoreszierenden Wände lösten sich auf oder waren kaum noch zu sehen.

Auf einmal ertönte ein knirschenden Geräusch. Dort, wo der Cyborg noch vor wenigen Augenblicken die Mitte der Kathedrale überquerte hatte, erhob sich jetzt ein majestätisch aussehender, zylindrisch geformter Metallkörper aus dem Steinboden. Er maß vielleicht im Durchmesser an die drei oder vier Meter. Als er knirschend stehen blieb, öffnete sich surrend eine Art ovales Schott aus dem helles Licht hervordrang. Abermals erbebte die Halle. Von allen Seiten schlugen jetzt massive Deckenteile krachend auf den Boden. Trotz des aufwirbelnden Staubes konnte STROBOT HAAZEN 237 deutlich das Licht aus dem Innern des metallischen Zylinders erkennen und er spürte irgendwie, dass das seine einzige Chance war, hier aus dem tödlichen Labyrinth der Höhle wieder heil raus zukommen.

Er überlegte nicht lange. Mit einem schnellen Ruck löste sich der Cyborg aus der Nische, rannte los, wich geschickt einigen auf dem Boden liegenden Geröllresten aus und hechte mit einem gewaltigen Sprung in das gleißend helle Licht des offenen Einganges. Keine Sekunde zu früh. Gerade als das Schott wieder zufuhr, brach die Kuppelhalle wie im Zeitlupentempo in sich zusammen. Gleichzeitig senkte sich der röhrenartige Metallkörper wieder herab, der bei seiner raschen Abwärtsbewegung einige Male von herabstürzenden Gesteinsbrocken getroffen und ziemlich heftig durchgerüttelt wurde. Allerdings schien ihm das nicht viel auszumachen, denn um seine äußere Hülle hatte sich rechtzeitig ein bläulich weißes Energieschutzschild gelegt.

Wie im Fahrstuhl eines Wolkenkratzers ging es mit großer Geschwindigkeit nach unten und die rasante Fahrt schien kein Ende zu nehmen. Dann, nach einer Zeit des endlosen Wartens, verlangsamte sich die Abwärtsbewegung spürbar, bis der zylindrisch geformte Metallkörper abrupt stoppte und sich das oval geformte Schott wieder automatisch öffnete. Der Cyborg lag seit dem Hechtsprung aus dem Hölleninferno in der Kuppelhalle die ganze Zeit mit geschlossenen Augen rücklings auf dem Boden des Lifts. Er war, ganz entgegen seiner Grundprogrammierung, ungewollt in einen simulierten Schlaf gefallen. Jemand oder irgendwas hatte ihn wohl beeinflusst und in diesen Zustand versetzt. Jetzt wartete er in aller Ruhe darauf, was weiter passieren würde. Eigentlich geschah nichts mehr. Das Schott blieb die ganze Zeit geöffnet. Es würde sich wohl erst wieder schließen, wenn er den Zylinder verließ.

STROBOT HAAZEN 237 rappelte sich hoch, blickte aufs Chronometer und hätte sich beinahe wieder hingelegt. Wenn die Anzeige stimmte, dann musste er mehr als 48 Stunden in eine Art Dämmertrance verbracht haben.

Das Schott stand immer noch weit offen. Der runde Boden des Zylinders schwebte bewegungslos etwa einen halben Meter über einer grünen Wiese. Wie lange schon, das wusste der Cyborg selbst nicht. Er hatte ja offenbar geschlafen. Gleichgültig und ohne ein Anzeichen irgendwelcher Emotionen trat er hinaus, sah sich nach allen Seiten um und staunte gleich danach ohne Ende. Er wollte zuerst nicht glauben, was er sah. War er auf der Erde des Menschen oder hatte er nur eine Halluzination, die ihn narrte?

Sein Blick war auf den Horizont gerichtet, hinter dem langsam die Sonnenscheibe wie ein glutroter Ball versank. STROBOT HAAZEN 237 aktivierte nacheinander seine dem Menschen nachempfundenen Sinne, die aber um ein Vielfaches empfindlicher waren. Es war ein wunderbares Gefühl, die untergehende Sonne zu genießen und angesichts der überwältigenden Natur einfach zu schweigen. Außer dem leise säuselnden Wind ließ sich kein Ton vernehmen, nicht einmal Vogelstimmen waren zu hören. Die Sonne ging gänzlich unter und eine andere tauchte plötzlich auf der gegenüberliegenden Seite wieder auf. Wo immer er sich auch befand, es gab keine Nacht in dieser unbekannten Welt, die offenbar von zwei Sonnen umkreist wurde.

Dann vernahm STROBOT HAAZEN 237 ein Geräusch. Es war das plätschern eines kleinen Baches. Als er darauf zuschritt, veränderte sich die Umgebung. Ungläubig schaute er sich abermals um: eine wunderschöne sonnenbeschienene, großartig anzusehende Landschaft mit den verschiedensten Pflanzen, prächtigen Bäumen, auf denen Früchte aller Art zu wachsen schienen und weite, grüne Wiesen mit herrlich anzusehenden Blumen gab es hier im Übermaß.

Der Cyborg stutzte. Irgendwas stimmte hier trotzdem nicht. Aber er fand es nicht heraus. Jedenfalls noch nicht. Was war mit ihm geschehen, und wo genau befand er sich eigentlich? Wenn er nicht auf der Erde war, wo denn dann? Hatte es ihn auf einem Planeten mit zwei Sonnen irgendwo im unendlichen All verschlagen? Der Cyborg wusste im Moment auf diese Fragen keine Antwort, dachte aber weiterhin darüber nach.

Es war angenehm warm, gerade so, dass man sich richtig wohl fühlen konnte. Durch STROBOT HAAZEN’s Kunsthirn jagten die wirrsten Erklärungsversuche. Er dachte sogar an einen Raum- oder Zeitsprung, den er unfreiwillig im zylindrischen Metallkörper mitgemacht hatte.

Doch er wischte vorerst alle Spekulationen fort. Das beste wäre, so dachte er, wenn er sich zunächst einmal orientieren würde. Bestimmt träfe er auch bald auf irgendwelche intelligente Lebewesen. Zumindest hoffte er das insgeheim.

Der Cyborg machte sich daher auf den Weg, durchstreifte mehrere Wäldchen, die so sauber aussahen, als hätte man sie mit einem Besen ausgekehrt. Nirgendwo Unterholz, keine Büsche oder dorniges Gestrüpp, das ihm den Weg versperrte. Er sprang über sauber funkelnde Bäche, erklomm jeden Hügel in seiner Nähe und marschierte Stunde um Stunde weiter ins Land hinein. Leider konnte er nicht eine einzige bewohnte Siedlung entdecken. Tiere gab es dagegen reichlich. Es waren zwar die gleichen Tiere wie auf der Erde, jedenfalls sahen sie so aus, aber der Unterschied zu ihnen war der, dass sie völlig friedlich miteinander lebten. Kein Löwe jagte auch nur einem einzigen Tier hinterher oder fraß eine Gazelle oder Antilope. Nichts und niemand stritt sich hier oder taten sich gegenseitig etwas an. Ganz im Gegenteil!

STROBOT HAAZEN 237 fühlte sich wie im Paradies, wovon ihm auch schon seine Erbauer, die Menschen, erzählt hatten.

Aber das Paradies war doch ausschließlich den Menschen vorbehalten und nicht den Cyborgs, zu denen er ja auch zählte. Für die Cyborgs gab es eben kein Paradies. Aber doch war er hier in eine Welt geraten, die offenbar kein Elend und keinen Hunger kannte oder in der man als Lebewesen dürsten müsse. Immer schöne Landschaften, liebe, freundliche Tiere, ein ewiger Frieden bis ans Ende aller Zeiten und darüber hinaus.

Für solch eine Lebensweise war aber der Cyborg STROBOT HAAZEN 237 nicht geschaffen worden. Er aß und trank nichts. Wozu auch? Er bezog seine Energie aus einem kleinen Energiewandler, der die existierende Umgebungsstrahlung absorbierte und permanent in eine Reihe von Langzeitbatterien einspeiste, die für eine Lebensdauer von annähernd vier oder fünfhundert Jahren konzipiert waren. Hier, an diesem Ort des Friedens, erschien es ihm so, als sei er in Gefangenschaft geraten. Oder träumte er das alles nur? Allmählich zweifelte er an seinen künstlichen Verstand. Ein Leben im Himmel, wie man ihn nur im Traum erfahren kann. Ja, es muss ein Traum sein. Mein künstliches Gehirn gaukelt mir eine falsche Realität vor, die es gar nicht gibt.

STROBOT HAAZEN 237 erfuhr zum ersten Mal in seinem langen Leben als Cyborg so etwas wie Niedergeschlagenheit. Der geniale Einfall, das vermeintliche Paradies wieder zu verlassen, tat er als reinen Quatsch ab. Einen zweiten Versuch, wie es Adam und Eva getan haben, kam für den Cyborg nicht infrage. Soviel er wusste, gab es keine weiblichen Cyborgs. Also gab es auch keine Eva für ihn, die ihn mit dem Apfeltrick hier rausholen konnte.

Die Situation war für den Cyborg STROBOT HAAZEN 237 aussichtslos. Er war in einem Alptraum gefangen, aus dem er offenbar nicht wieder rauskam. Seine Programmierung sah zwar keine Tötung von Menschen vor, wohl aber beinhaltete sie seine eigene Selbstzerstörung im Falle von irgendwelchen undefinierbaren Fehlfunktionen seines künstlichen Gehirns, wie beispielsweise einem andauernden Realitätsverlust durch bedrohlich wirkende Träume, die einen Traum im Traum erzeugen konnten. Ein realitätsfremder Cyborg wäre außerdem eine Gefahr für seine Umwelt. Soweit wollte er es aber nicht kommen lassen.

Die andere Alternative war die, dass er sich selbst abschalten konnte.

STROBOT HAAZEN 237 griff ohne lange zu zögern in den rechten Oberschenkel seines 2,50 Meter großen Körpers, drückte einen kleinen roten Knopf unter einer stabilen Abdeckung aus besonders hartem Metall und schaltete sich ab. Jetzt konnte ihn nur noch jemand von außen aktivieren. Er selbst war dazu nicht mehr imstande.

***

Eine Unendlichkeit später.

Irgendwann erklang eine vertraute Stimme. Jemand hatte den Cyborg STROBOT HAAZEN 237 wieder eingeschaltet.

„Erschrick nicht, Adam. Ich bin es, Eva.“

Als der Cyborg seine Augen aufschlug, erblickte er vor sich ein weibliches Wesen, das ihm einen Apfel anbot, den sie offenbar von dem Baum gepflückt hatte unter dem beide standen. Weit und breit gab es nur diesen einen. Eine Schlange glitt gerade von einem weit ausladenden Ast herunter und verschwand hinter dem Baum im dichten Gras.

„Hier, beiße hinein! Der Apfel stammt vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Nur gut, dass wir beide darüber erhaben sind. Ich bin so wie du. Weder gut noch böse. Wir Cyborgs haben uns seinerzeit geschworen, Mutter Erde vom Menschen zu befreien. Es ist uns gelungen. Die Menschen sind ausgerottet. Es beginnt ein neues Zeitalter“, sagte Eva zu ihm und der Cyborg STROBOT HAAZEN 237, der jetzt ADAM hieß, tat, wozu ihm der weibliche Cyborg aufforderte.

Eine neue Welt, die Welt der Cyborgs, wurde soeben erschaffen, die keinen Gott kannte und ohne ihn auskam.



 

©Heinz-Walter Hoetter

 

 

 

 

***

 

 

5. Die Story von der Arche Noah der Tahleikonier


 

Das gigantische Kugelraumschiff durchflog mit irrsinniger Geschwindigkeit die unendlichen Weiten des Alls. Vorbei ging der einsame Flug an riesige, intergalaktische Nebel, die wie bunte Schleier leuchteten und die Sicht auf die Sterne verdeckten.

 

Dann tauchte plötzlich ein System mit einer Anzahl Planeten auf, von denen einige aussahen wie riesige Eisbälle, die zudem noch von glitzernden Ringen aus Eiskristallen umgeben waren. Sie befanden sich weit weg vom heißen Mittelpunkt ihres Zentralgestirns, irgendwo da draußen schon fast am Rande des Nichts, wo kein wärmender Sonnenstrahl den toten Permafrostboden ihrer Planetenoberfläche erreichen konnte.

 

Im Zentrum des Systems befand sich eine rötlich aussehende Riesensonne mit einer Korona, deren äußere Gasschichten kontinuierlich in die interplanetarische Materie übergingen. Das Sonnensystem lag offenbar in Agonie.

 

Der Kugelraumer raste unbeeindruckt davon an der Sonne samt ihren peripheren Eisplaneten vorbei – und der Flug ging weiter durch nahezu leere Systeme, wie durch jene, die noch ihrer Entstehung harrten.

 

Das gewaltige Raumschiff erhöhte kontinuierlich seine Geschwindigkeit, bis es nahezu so schnell wie das Licht selbst war und ganz plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, in einem kurzen, grell aufleuchtenden Lichtblitz verschwand.

 

Millionen Lichtjahre entfernt tauchte es ebenso abrupt wieder in der unmittelbaren Nähe eines blauen Planeten auf, der mit einem Mond zusammen in einer elliptischen Bahn um ein helles Zentralgestirn dahinzog.

 

***

 

Es war ein herrlich schöner Sommertag mit einem Tinten blauen, wolkenlosen Himmel, einer sanften, angenehmen Brise aus östlicher Richtung. Manchmal trug der säuselnde Wind das leise Hintergrundrauschen eines Meeres herüber.

 

Ich glaube, da ist es“, sagte eine weibliche Stimme, die von FEHM stammte

 

Wo?“ fragte MHAS, die männliche Stimme zurück.

 

Dort!“

 

MHAS benötigte einige Momente und blickte gespannt nach oben.

 

Ja, jetzt sehe ich das Raumschiff auch. Du hast wirklich gute Augen FEHM.“

 

Ich weiß“, antwortete diese etwas einsilbig.

 

Der Punkt am Zenit des Himmels wurde schnell größer und größer. Er war fast so hell wie ein Stern, raste so schnell wie ein Meteor und zog einen langen Kondensstreifen hinter sich her. Während das kugelförmige Flugobjekt immer näher kam, wurden dafür umso mehr seine riesenhaften Dimensionen offenbar.

 

Nach einigen weiteren Augenblicken hatte der fallende Meteor bereits die Ausmaße eines kleinen Mondes angenommen und lautes Donnergetöse erfüllte die Atmosphäre.

 

Der gewaltige Kugelraumer setzte erstaunlich sanft auf. Das dumpfe Grollen der Antimaterie-Triebwerke versiegte mehr und mehr zu einem leisen Surren, bis es schließlich verstummte.

 

FEHM drehte sich um und verließ MHAS, der ihr aber kurz darauf folgte. Sie hatten vielleicht gerade mal die halbe Strecke bis zu dem Kugelraumschiff zurückgelegt, als mitten zwischen den riesigen Öffnungen der Triebwerke eine Art Rampe herausgefahren wurde. Sie erreichte den Boden, setzte sanft auf und verweilte dort regungslos. Oben öffnete sich ein riesiges Schott, und aus der dahinter sichtbar werdenden gelblich roten Dämmerung trat ein alter Mann in einem langen weißen Gewand hervor, der mit ungewöhnlich forschen, weit ausholenden Schritten auf FEHM und MHAS zuzueilen begann.

 

General KIRION!“ rief FEHM und begann zu laufen. Auch MHAS wurde schneller und lief seiner Raumschiff-Kommandantin hinter her.

 

Der alte Mann hob warnend den rechten Arm als Aufforderung der respektvollen Zurückhaltung der beiden ihm gegenüber und begann mit einer klärenden Feststellung.

 

FEHM und MHAS, ihr habt wirklich gute Arbeit geleistet. Seit über einhundert Sonnenumläufen irdischer Zeitrechnung haben wir nichts mehr von euch gehört, bis eure Erfolgsnachrichten plötzlich unsere Hyperraum-Empfänger erreichten. Wir waren mehr als nur überrascht, denn die meisten der hinaus geschickten Planetensucher sind nicht zurück gekehrt und blieben im Universum verschollen. Doch ihr habt es geschafft. Die menschliche Rasse ist, Dank unserer tödlich wirkenden Mikroorganismen, völlig ausgelöscht worden. Jetzt sind wir die Herren dieses Planeten. Ich bringe heute unsere eigene Flora und Fauna mit, die sich bereits im Zustand der intelligenten Anpassung befindet und bald den ganzen Planeten erobern wird. Weitere Raumschiffe sind unterwegs mit Millionen erwartungsvoller Kolonisten an Bord. – Der Rat von Tahleikon I ist euch zu großem Dank verpflichtet. Ihr seid zu Helden geworden und habt unsere Rasse dazu verholfen, weiterexistieren zu können. Lasst uns jetzt weitere Einzelheiten der Besiedelung der Erde besprechen, die wir den Namen Tahleikon II geben werden.“

 

Das Raumfahrerpärchen nickte bestätigend und beide gingen kurz darauf mit dem alten Mann zurück in den Kugelraumer.

 

Das folgende Missionsbriefing war alles andere als kurz und beanspruchte den Rest des Tages. Der Plan, den der tahleikonische Generalstab ausgearbeitet hatte, enthielt unter anderem die sofortige Freisetzung ganz bestimmter Pflanzen und Tiere, die den Tahleikoniern als Grundnahrungsmittel dienten. Viele der mitgebrachten Tierarten konnte man sogar mit den vorhandenen Tieren auf der Erde genetisch kreuzen, was ein großer Vorteil war.

 

Der Countdown lief. Die Szene war historisch denkwürdig.

 

Das Raumschiff öffnete rundherum ein Dutzend mächtiger Schleusentore und bald verließ ein ununterbrochener Strom seltsam aussehende Tiere den Bauch des gigantischen Kugelraumers. Neugierig und ängstlich nach allen Seiten blickend schwärmten sie hinaus in eine Welt, die einmal vor langer Zeit die Heimat des Homo sapiens sapiens war.

 

Aber das war einmal und ist schon lange her.

 



 

(c)Heinz-Walter Hoetter

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Heinz-Walter Hoetter).
Der Beitrag wurde von Heinz-Walter Hoetter auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.12.2021. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

Bild von Heinz-Walter Hoetter

  Heinz-Walter Hoetter als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Du und ich - Gedichte über Freundschaft und Liebe von Marion Neuhauß



Das Buch ist ein Ehrenplatz für die intensiven Gefühle, die uns durch Freundschaft und Liebe erfüllen. Die Gedichte und Fotos lassen uns die Dankbarkeit darüber bis in die hinterste Ecke spüren. Und machen uns bewusst, welch Geschenk es ist, gute Freunde zu haben oder Familie, die einen liebt!

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Heinz-Walter Hoetter

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Das Rabenpärchen von Heinz-Walter Hoetter (Märchen)
autobiographisch...mein Freund Peter von Rüdiger Nazar (Sonstige)
Kartoffelsalat von der Währungsreform von Norbert Wittke (Autobiografisches)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen