Karl-Konrad Knooshood

Greatest Hits - Teil 30



 

SELIG – "Für immer und selig" (1999)

"Sag mir, ist es wichtig? – So richtig wichtig ist es nicht!"

Der Song, dessentwegen ich das Best-Of kaufen musste: Das verzweifelte "Ohne dich" (nicht zu verwechseln mit anderen Liedern dieses Namens, etwa dem von RAMMSTEIN, der eingedeutschten Version von NILSSONs "Without You" von FRANK SCHÖBEL, erst recht nicht mit dem Personenverwünschungswutsong von DIE ÄRZTE).

Fehlende Songs/Mangel: keine für mich erkennbaren.

An- und Bemerkungen: keine, normale CD in normales Jewel-Case.

Besondere Extras: keine.

Begleitheft: Im Grunde nein: Nur eine Doppelseite mit legeren, vagen Songinformationen. Schade.

JAN PLEWKA und seine Mannen, zu der Zeit der Aufnahmen dieses Covers und ihrer anderen Songs, noch im zarten Twen-Alter, sind alt und weise geworden, quasi alte weiße, weise Männer, ganz böse formuliert. Ihr vor einigen Jahren herausgekommenes "Kashmir Karma", zu dem ich mich hab überreden lassen (und es ist nicht übel, frei vom politischen Zeitgeist, aber zeugt davon, dass sich die Band wirklich, in Prä-CORONA-Zeiten in eine Erimitage zurückgezogen haben, irgendwo in Skandinavien – um ihr neues Album einzuspielen. Herausgekommen ist dabei eine melancholische Mischung aus Nachdenklichkeit über Gott, die Welt, das Universum, das Leben und seinen Sinn und die Umwelt und alles uns Umgebende, Philosophie und drogenfreien Songs.

Doch das ist die Fast-Gegenwart – wir leben hiermit, mit dieser Zusammenstellung ihrer besten Lieder, in der Vergangenheit – und die hört sich nach Psychedelic an, nach unwiderstehlich tranigem, traurigem Timbre, nach Verzweiflung und euphorischer Gesellschaftskritik, einem manischen Touch des Läppischen und viel Drogen, "drogeninduziert" sei ihre Musik, sprach mal ein Kritiker – und dem kann man sich bei einigen der Lieder anschließen, denn sie ergeben auf den ersten Horch nicht viel Sinn. Sie sind halt mysteriös und kryptisch, verklausuliert und fremdartig, auf eine Weise, die nur mit der deutschen Sprache so möglich und kaum übersetzbar ist in einen anderen Kontext. Klanglich und musikalisch hören sie sich natürlich nach halb NIRVANA und Größen des Progressive- und Psychedelic-Rock an, so war es in den 90s hierzulande, überhaupt im deutschsprachigen Raum, üblich. Es war, Achtung, unselig unsinniges Wortspiel: das einzig SELIGmachende – und somit kommen wir zum programmatischen Titel "Für immer und selig", das sich ein wenig wie eine Titelreferenz auf RIO REISERs berühmteste Ballade (abgesehen von "Junimond") "Für immer und dich" anhört. Was haben sie denn inhaltlich zu bieten?

"Wenn ich wollte" heißt der Opener, eine schnoddrige, meckerige Abrechnung mit verschiedenen Personen und Zuständen. "Popstar (Goes Home)" nimmt, mit einem komischen Beat unterlegt, sehr poppig und bewusst radiogefällig (auch wenn es wohl seltener gespielt wurde, außer damals auf EINSLIVE, als ich diesen Sender noch regelmäßig hörte), die ganze "VIVA liebt dich" und andere Musiksender- und sonstige Konformitäten und Kalamitäten der unter Druck stehenden nationalen und internationalen Popstars auf den Arm, "Pop-Pop-Star" ächzt Sänger JAN PLEWKA im Refrain, neben anderem, vor sich hin, "Knockin' On Heaven's Door", eine Spur zu breit und prollig gesungen (ganz bewusst) ist eine von zwei prominenten Coverversionen von BOB DYLANs Original in den 90ern – die andere, bessere, war von GUNS'N'ROSES, die auch international mehr Furore machte. Doch diese Fassung, für den gleichnamigen deutschen Kinohit mit JAN JOSEF LIEFERS und TIL SCHWEIGER um zwei dem Tode Geweihte (aufgrund schwerer Erkrankungen), die noch mal einen draufmachen wollen, ist okay. "Sie zieht aus" ist eine dieser typischen Beziehungsproblemhymnen, "Bruderlos" ist eine trübsinnige Rockpopnummer, die das Leben ohne Wunschbruder thematisiert, erst mit "Sie hat geschrien" geht man ins makabre Fach:

"Sie hat geschrien heut Nacht – wie eine Krähe im Wind

sie hat geschrien heut Nacht – wie ein sterbendes Kind,

sie hat geschrien heut Nacht – sag mir, was ist passiert,

was ist los mit ihr?"

Wird es da beunruhigend. Auch der Rest des Textes lässt vermuten, dass da jemand seine Freundin, die noch geschrien haben mag, des Nachts getötet hat oder sonst etwas mit ihr passiert ist. Manche nennen es eine "Vergewaltigungsphantasie", die sich mit "Rape Me" von NIRVANA (siehe oben) vergleichen ließe, doch sind beide Lieder gänzlich unterschiedlicher Art in Stil und Text und Bedeutung, bei SELIG bleibt diese weiterhin im Dunkeln. "Sie hat geschrien" ist das mindestens zweitbeste Lied der Band. Dass es aber auch anders im Umgang mit Frauen geht, beweist das verträumte "Mädchen auf dem Dach", das von einer verträumten jungen Dame handelt, die mit dem Aufzug ganz weit nach oben fährt und sich von dort in fremde Fantasiewelten hinein und von Heldentaten träumt. Apropos Träumen: Wie in Trance performt JAN PLEWKA in fast beiläufiger Schläfrigkeit das beste SELIG-Lied "Ist es wichtig?" (hier im sog. "Wichtig ist nix Mix"). Weitere Highlights sind das im Anfang erwähnte "Ohne dich" (Textzeile: "Es ist so o-uh-ohne dich!"), in dem nicht genau gesagt wird, kein Adjektiv einfallen mag, dass adäquat zu vermitteln vermag, wie es dem lyrischen Ich ohne eine ebenfalls nicht näher benannte Person geht. Man weiß es manchmal nicht. Einfach so "o-uh-o"… Weitere Empfehlungen sind: "Nach Hause" (kleiner versteckter Tipp meinerseits an die muslimischen Migranten: Geht dorthin, wo Ihr herkommt, insbesondere wenn Ihr zu denen gehört, die sich über das ach so doofe Deutschland beschweren!), denn "Die Besten" haben wir hier längst und "Regenbogenleicht" wird die ganze Show mit den Unintegrierbaren (nicht alle) nur noch aus Sicht der spinntisiertesten LINKSPARTEI-Brains. Apropos "Die Besten" – das Ellenbogenstoßen der Ellenbogengesellschaft, der angeblichen (und teilweise tatsächlichen) Egoistisierung der Gesellschaft, war schon in den goldenen 90ern ein frühes Schlagwort der Linkeria, die sich damals aber noch nicht anschickte, die Herrschaft über alle Begrifflichkeiten und Definitionsparadigma zu ergreifen mit ihren Grapschfingern. Ein "Comicheld" bahnt sich hier seinen Weg durch diese kalte Welt, nimmt sich das, was übrigbleibt. Was bleibt ihm anderes übrig?

Brillant die Platte? Ach, och, ja, sie hat ihre Momente, zugegeben. Es ist eine gute deutschsprachige Band. Besser als der unsägliche Migranten-Hip-Hop aus den asozialsten Milieus allemal. Zu dem kommen wir sowieso gleich, jedenfalls zu jemandem, der dieser Klientel nahesteht. Unten wartet schon SIDO. Die Titelliste präsentiert sich nicht von selbst, deshalb bau ich sie gleich auf, zimmere sie dorthin und empfehle im Fettdruck das Beste:

Wenn ich wollte

Popstar (Goes Home)

Knockin' On Heaven's Door

Sie zieht aus

Bruderlos

Sie hat geschrien

Kleine Schwester

Ohne dich

Ist es wichtig? (Wichtig ist nix Mix)

Mädchen auf dem Dach

So träume ich

Die Besten

Nach Hause

Regenbogenleicht

 

SIDO – "SIDO #Beste" (2012)

"In einem schwarzen Fotoalbum mit 'nem silbernen Knopf - Bewahr' ich alle diese Bilder im Kopf - Ich weiß noch damals, als ich jung und wild war im Block - Ich bewahr' mir diese Bilder im Kopf"/"Meine Stadt, mein Bezirk, mein Viertel, meine Gegend - Meine Straße, mein Zuhause, - mein Block - Meine Gedanken, mein Herz, mein Leben, meine Welt - Reicht vom ersten bis zum sechzehnten Stock"/"Die wollen mich schlagen, die können's nicht ertragen - Die wollen unbedingt meine Kette haben - Dabei haben die selbst viel bessere Ketten - So zwanzig Kilo schwere, - mit passenden Manschetten - Und die Klamotten sind bestimmt vom Designer - Doch so eine -  schöne Kette wie ich hat sonst keiner - Deswegen sind sie neidisch auf mich - Du hast keine kette? Wie peinlich für dich!"

Der Song, dessentwegen ich das Best-Of kaufen musste: "Bilder im Kopf" hat mich ziemlich begeistert.

Fehlende Songs/Mangel: keine relevanten. "Mein Block" ist extended, etwas zu ausgedehnt geraten.

An- und Bemerkungen: Zwei-CD, im klassischen Jewel-Case für zwei CDs, jedoch mit dünnem, schützendem Pappschuber drum herum.

Besondere Extras: sonst keine.

Begleitheft: Leider ohne Songtexte, ohne Infos zu den Songs, ohne alles. Dafür auf der einen Seite ein paar Bilder, zum dritten Mal (wie auf dem Pappschuber außen, auf der Rückseite des Jewel-Cases, wie üblich), die Innenseite, ausgeklappt ein quadratisches Miniposter des aus Mosaiken zusammengesetzten Covers (siehe hier oben), auf einem der Bilder ist SIDO mit der Maske auf der Nase im "Leben des Brian"-Style ans Kreuz geschlagen, ein JESUS-T-Shirt tragend. Zu übertrieben? Vielleicht…

Der größte Rapper, den die AGGRO-BERLIN-Mini-Musikfirma jemals hervorgebracht hat, der einzige, der, aus meiner Sicht sowieso, den Test der Zeit überstanden hat, der auch heute noch relevant ist oder zumindest sein kann, wenn man vom kommerziellen Riesenerfolg absieht, der schon ein wenig die Intentionen dieser Szene untergräbt, denn auch sie lebt(e) vom "Authentischen", das deshalb in Anführungsstriche gesetzt werden muss, da es vielleicht von Anfang an nur eine stilisierte, modellartig inszenierte Gangsta-Kultur war. Außerhalb der Musik, also des Raps, mag das ganz anders aussehen, da gibt es de facto Araber- und sonstige Clans muslimischer Migranten, teilweise gewachsen seit 2015, teilweise aber auch schon vorher ein veritables Eigenleben führend und Strukturen kriminellster Art hier etabliert habend. Und das ist dann alles andere als witzig. Wer weiß also, in welch finstere Kanäle etwa HAFTBEFEHL seine Einnahmen pumpt (der Mann dürfte längst Millionär sein) – doch das ist eine Unterstellung. Was auch immer allerdings SIDO mit seinen Moneten macht, seitdem er vom Proleten-Rapper zum respektablen und respektierten Teil des nicht nur musikalischen Mainstreams aufgestiegen ist, bleibt ihm überlassen. Gegönnt sei ihm dies, denn im  Gegensatz zu seinem Duz- und Busenfreund BUSHIDO (immer dieses "ido" am Ende!) sind seine Lyrics gehaltvoll, vergleichsweise tiefsinnig und nachdenklich. Ist er womöglich kein allzu asozialer, prolliger Typ, der wirklich was im Kopf hat? Zweifelsohne. Dies ist sein amtliches BEST-OF, das inzwischen (Stand: 2020) bereits acht Lenze auf dem Buckel hat, also schon im trotzigen Kleinkindalter. Und erwähnter HAFTBEFEHL ist als Gastrapper (auf "2010", einer kleinen Bestandsaufnahme über die Rap-Songs des Jahres damals) dabei, genau wie MO TRIP, BASS SULTAN HENGZT, SIDOs alter Kollege B-TIGHT, ALPA GUN, sogar der coole Typ von SEEED, PETER FOX (auf "Rodeo").

Doch als dieses BESTOF "geboren" wurde, wie war die bundesdeutsche Realität da? Nun, ganz einfach, man wurde noch nicht "Nazi" geziehen, wenn man nicht auf Linie mit Schandkanzlerin MERKEL war, man konnte noch über vieles diskutieren, ohne aus dem Diskurs verbannt zu werden. Es gab längst ein Problem mit dem kriminellen Teil der Islamangehörigen, mit islamischen Terroristen und ihren islamischen Anschlägen auf die "Ungläubigen", zwei Jahre zuvor hatte der bis dahin mieseste Bundespräsident aller Zeiten (CHRISTIAN WULFF, als man noch nicht ahnen konnte, dass F.W. STEINMEIER noch eine grausame Steigerungsform dieser Hölle ist!) verkündet, "der Islam" gehöre "zu Deutschland" – was auf mindestens 2000 Ebenen und aus ebenso vielen Gründen falsch ist, die zu nennen hier den Rahmen sprengen würde. Wie war also SIDOs Zeit, seitdem er 2004 mit seinem ersten Über-Hit "Mein Block" Aufsehen und Aufhorchen erregte? Lokalkolorit mischte sich mit Lokalpatriotismus, wenn er sein MV ("Märkisches Viertel", eine Wohngegend in Berlin) beschrieb – hier fängt gleich alles mit einer Hommage an eine Hälfte der bis 1989 getrennten Stadt, später Shithole Nummer 1 der BRD, an: "Westberlin" geht gleich gut zur Sache, "Relax" holt wieder zurück auf den Boden des Entspannten, der "Weihnachtssong" ist der nicht ganz jugendfreie Versuch, auf die Melodie von "Jingle Bells" einen lustigen Text zu rappen – und: Es funktioniert…halbwegs. Wenn's ans Geschenkeausteilen im Lied geht, kommt auch der Humor inklusive der Hyperbel nicht zu kurz: Anstatt des abgedroschen obligatorischen Rhetorik-Frägchens "Wart ihr denn auch alle schön artig?" kommt hier: "Wart ihr denn auch alle schön aggro?" – Lachend antworte ich: "Ja, lieber SIDO, ich war very, very AGGRO diss year!" Nun gut, die alljährliche Seems-to-be-Alltime-Weihnachtsversöhnung kann nur noch kommen, wenn man SIDOs versöhnlichen Ton am Ende hört – sehet hier den letzten Refrain und die letzte Strophe, die eigentlich eine Bridge ist:

"Weihnachtszeit, Weihnachtszeit
Sag allen Bescheid
Dass Sido kommt und 'n Sack bei hat
Und Geschenke verteilt, hey
Weihnachtszeit, Weihnachtszeit
Geh' und sag Bescheid
Dass wenn Sido kommt und 'n Sack bei hat
Ist Weihnachtszeit

Yeah
Wenn ihr alle schön aggro wart, dann kriegt ihr auch Geschenke
Peter bekommt neue Treter
Frank kriegt seinen Job bei der Bank
Der dicke Hagen kriegt 'n verkleinerten Magen
Und Erika bekommt wein Kind wie jedes Jahr
Und ich wünsch' mir 'n Beat von Beathomes
Yeah, an alle meine Agrro Leute
Frohe Weihnachten!"

Hand drauf, Liebe! "Mein Block" folgt auf dem Fuße, wenngleich in einer Erweiterungsversion, die eine Extra-Strophe mitbringt, die niemand als Sättigungsbeilage bestellt hatte. "Fuffies im Club" ist der obligatorische Großkotz- und Prahlertrack, in dem SIDO mal so tun kann, als könne er mit Geld nur so um sich schmeißen – zwar nicht mit 100-, 200- und 500-Euro-Scheinen wie die Händler bei "Bares für Rares", dafür aber mit umso mehr 50-Euro-Scheinchen. Süß. "Mama ist stolz" ist die halbironische Liebeserklärung an die eigene Mutter zum einen, die SIDO stellenweise auch ernstmeint, wie man merkt, die aber sich gegen alle richtet, die ihn schmähen, während ihm seine Mutter Mut zuspricht. "Taxi" ist eine wilde Verfolgungsjagd. Ein Bankräuber namens SIDO (sein lyrisches Ich lediglich) steigt in ein TAXI, der Fahrer, einer seiner Rapper-Kollegen, fährt gleich los und die beiden freunden sich im Dialog, im harten Rap, an, während sie vor der Polizei davonfahren. "G mein Weg" ist ganz nett, "Meine Kette" ist eine Parodie auf SIDOs großes, schweres Goldkettchen, die die Neider und Verehrer gleichermaßen wie ein Honigklebestreifenfliegenfänger die Fliegen anzieht, die ihm auf einmal alle in den Arsch kriechen (natürlich nur metaphorisch). "Steh wieder auf" ist einer der großen Mutmacher, wie auch "Beweg' dein' Arsch", bei dem eine Hookline aus SCOOTERs "Move Your Ass!" (1995) gesampelt wird. Sentimental und emotional ergreifend wird es, als man bei "Ein Teil von mir" merkt, dass SIDO echt ein Mensch ist, ein ganz normaler Mann, VATER sogar, der einen Sohn hat, der jetzt ein Teil von ihm ist, dem er einen liebevollen Rapsong widmet. "Hey Du" ist eine weitere Mutmachhymne, die schmeichelnde Frauenstimme im Refrain singt behutsam, während in den Strophen SIDO über seine wahren autobiografischen Hintergründe rappt, wie er in Ostberlin, dann WESTBERLIN aufgewachsen ist, weil sie schnell "bei Nacht und Nebel" "rübermachten". "Meine Jordans" wäre nicht nötig gewesen, werden hier doch besondere Turnschuhe (!) gewürdigt. Ich habe spontan beschlossen, demnächst einen Song über meine Ringelsöckchen zu machen… Weiteres Autobiografisches ist "Bilder im Kopf", wo SIDO wiederum aus dem reichhaltigen Schatz-Nähkästchen seines Lebens erzählt und berichtet, wie er sein Leben symbolisch ordnet, indem er seine alten Fotos in ein ordentliches Fotoalbum einklebt.  "Strip für mich" könnte leicht als "sexistisch" missverstanden werden, denn hier geht es um eine Frau, die dazu aufgefordert wird (Imperativ!), für einen Kerl zu strippen. In den Strophen rappt als Gastrapperin KITTY KAT zu Beginn die denkwürdigen, manche Feministinnen der Dritten Welle zur Weißglut treiben dürfenden Worte rappt: "Ich liebe mein'n Beruf…" – und es mag sein. Es mag sein, dass manche Stripperinnen ihren Job gern machen. Allzu abwegig ist das nicht. Dennoch muss sich unsere Philosophie anderen Songs zuwenden: "Der Himmel soll warten" ist eine Lebenssehnsucht-Lebensbejahungs-Rapgeschichte, die hier mit ADEL TAWIL als Gastsänger für den Refrain gestartet wird, "Ich und meine Maske" erzählt von dem ambivalenten Verhältnis SIDOs zu seiner Maske (die er ja längst weitestgehend abgelegt hat), wie sie ihn (Scherz inklusive) dazu verleitet, böse Dinge zu sagen und zu tun, als habe sie ein eigenes Bewusstsein entwickelt – wie in so vielen schönen Schauergeschichten mit Eigenleben führenden Masken, Protesen, Organen, Gliedmaßen, Apparaten und Maschinen oder toten Tieren oder Gegenständen. Bliebe noch "Schlechtes Vorbild", in dem SIDO darauf eingeht, dass ihm immer wieder vorgeworfen werde, er verderbe die Jugend (heutzutage gewiss nicht mehr, ist er doch längst ein Teil des Establishments, ähnlich wie DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN erst recht zum festen "Mobiliar" der BRD gehörend) und sei entsprechend mit seinen Texten ein "schlechtes Vorbild" – zurecht wird hier die Frage aufgeworfen, wer denn bestimme, was schlecht sei. Und gern wird auch auf die Leichen im Keller der Kritiker selbst verwiesen (kann sinnvoll sein in diesem Zusammenhang). Auf allzuviel Autoritäten, etwa von Lehrern, steht SIDO (oder stand?) auch nicht so, das rüde "Halt' dein Maul" ist dafür das beste Beispiel. "Carmen" ist eine Hommage an eine Prostituierte… "Hol doch die Polizei" ist auch aus dem Film über SIDOs Karriere (der halb an die Fakten angelehnt ist), ein Samples aus dem berühmten EURODANCE-Klassiker, dem etwas trashig-bescheuerten "Eins, zwei, Polizei" von MO-DO (die Älteren und/oder 90er-Fans erinnern sich noch lebhaft) verwendender Track voller Pessimismus: "Hol doch die Polizei – soll'n sie mich doch einsperr'n, ich fühl mich sowieso nicht frei" – ziemlich depressiv, der gute Junge. Fatalistische Einstellung inklusive. Naja, solang er wenigstens Respekt vor der Polizei zeigt…

Wer auf einen rein musikalischen Tripp mit SIDO und seinen Kumpels auf den Straßen der Berliner Brennpunkte gehen will (also ich persönlich würde nicht gern dabei sein wollen), also die leider existente BRD-Realität ungeschönt haben will, wie sie in parallelvergesellschafteten Dreckslochstadtteilen stattfindet, dem sei zum guten Letztschluss "Straßenjunge" ans Herz gelegt, in welchem SIDO klarstellt: "Ich bin Straßenjunge und kein Gangster!"Zeig's ihnen, großer Rapper! Und danke für dieses großartige BEST-OF – und danke für das "Danke"! Gut, die Titelliste schlösse sich an, die Größe macht es nicht an, es ist mehr der Teil des Fettgedruckten, der fungiert als Hörempfehlung:

                CD 1:

Westberlin

Relax

Weihnachtssong

Mein Block

Fuffies im Club

Mama ist stolz

Taxi

G mein Weg

Meine Kette

Steh wieder auf

Gib mir die Flasche

Wahlkampf

Straßenjunge

Bergab

1000 Fragen

Ein Teil von mir

Mein Testament

Get Ya Paper

Schlechtes Vorbild

Rodeo

 

CD 2:

Ich und meine Maske

Carmen

Augen auf

Strip für mich

Unser Leben

Beweg dein' Arsch

Halt' dein Maul

Danke

Wenn das alles ist

Senioren Status

Hey Du

Der Himmel soll warten

2010

Hol doch die Polizei

Spring rauf

Der Chef

Meine Jordans

Bilder im Kopf

Nobody

Bis ich nicht mehr bin

 

SIMON & GARFUNKEL – "Megastars – Die größten Hits" (1999)

"Look around - Leaves are brown - And the sky - Is a Hazy Shade of Winter…"/"Celia, you're breaking my heart - You're shaking my confidence daily - Oh, Cecilia, I'm down on my knees - I'm begging you please to come home"

Der Song, dessentwegen ich das Best-Of kaufen musste: kein bestimmter.

Fehlende Songs/Mangel: Pourquoi, the fuck, fehlt hier einer der für mich bedeutsamsten Hits des Pop-Hippie-Duos aus den 60ern: "The Boxer". Ausgerechnet!

An- und Bemerkungen: Solide, doch noch nicht ausreichend!

Besondere Extras: keinerlei.

Begleitheft: Keines, leider nur grobe Songinfos, das Allernötigste.

Softie-Barden sind's, Hippies eben – und mit dieser Kompilation kriegt man bereits einen schnellen Überblick über ihr wenig bis gar nicht rotzfreches, als vielmehr auf Perfektion gebautes Schaffen. Wenige Ecken und Kanten weist dieser makellose Sound auf, die Stücke sind perfekt arrangiert, hohe Musikkunst – aber dabei auch etwas berechenbar und brav – Rebellion geht anders – und man erkennt ihre zwei härtesten Stücke daran, dass sie bei gestandenen Rockbands unserer Tage und jüngerer Vergangenheit als "Balladen" durchgehen würden. Die zwei krassesten Stücke sind "I Am A Rock" (hier zum Glück drauf, auf Position 11) und "The Boxer". Nicht hier drauf! Ja, meine verehrten Damen und Herren, Ladies und Gentlemen, Sie lesen richtig: Ausgerechnet einer der größten Hits des Duos ist hier nicht drauf! Ich habe es mehrfach überprüft: Es bleibt dabei. Zwar fängt das Ganze hier mit ihrer schönsten und melancholischsten Ballade an, mit "The Sound Of Silence", was ich als sinnvoll erachte. "El Condor Pasa" (OTTO WAALKES: "Das Lied von der Vogelpastete, "El Condor Pasta") ist ein Panflötenstandard (geworden), "Bridge Over Troubled Water" eine balladesk starke Leistung, eines ihrer berührendsten und bewegendsten Lieder. "Mrs. Robinson" (zur "Reifeprüfung") kennt sowieso jeder, die LEMONHEADS fertigten eine bekannte Coverversion an. "Cecilia" ist eine aufrüttelnde Liebeserklärung an eine Frau dieses Namens, "A Hazy Shade Of Winter" führt in die trübe Transtimmung verschneiter Tage in der eher unterkühlten Jahreszeit ein, "I Am A Rock" zeigt vergleichsweise, wo der Hammer hängt – doch es bleibt einer der sehr rar gesäten Ausflüge ins härtere Fach dieses Hippie-Duos. Mehr von diesen Versuchen wären schön gewesen. "Bye Bye Love" ist von den EVERLY BROTHERS von 1957 geklaut, Coverversionen gab's also schon immer… Mit "For Emily; Whenever I May Find Her" geht’s zum Ende gemütlich zu – auf melancholischer Note verabschieden wir uns in Moll und drücken fett und doll die Empfehlungen auf der jetzt kommenden Titelliste:

The Sound Of Silence

El Condor Pasa

Bridge Over Troubled Water

Mrs. Robinson

The 59th Street Bridge Song

Cecilia

A Hazy Shade Of Winter

Keep The Customer Satisfied

Kathy's Song

Homeward Bound

I Am A Rock

Scarborough Fair

Bye Bye Love

Song For The Asking

For Emily; Whenever I May Find Her

 

"SIMON & GARFUNKEL – The Essential" (2010)

"Hello darkness, my old friend - I've come to talk with you again - Because a vision softly creeping - Left its seeds while I was sleeping - And the vision that was planted in my brain - Still remains - Within the sound of silence"/"In the clearing stands a boxer - And a fighter by his trade - And he carries the reminders - Of ev'ry glove that laid him down - Or cut him till he cried out - In his anger and his shame - "I am leaving, I am leaving" - But the fighter still remains, mmm mmm"/

Der Song, dessentwegen ich das Best-Of kaufen musste: Ich wollte lediglich endlich eine BEST-OF-Sammlung der beiden Herren, auf der verdammt nochmal ALLE relevanten Lieder drauf sind – nicht nur 15, unter denen sogar der für mich wichtigste, "The Boxer" fehlt! Und siehe da…

Fehlende Songs/Mangel: Hier bleibt für mich persönlich nichts mehr zu wünschen übrig.

An- und Bemerkungen: Jewel-Case mit abgerundeten Ecken und Aussparungen, keine klassische Zweierhalterung (!) mehr! What the fuck! Jetzt werden die beiden CDs auf ein und dieselbe Halterung, direkt übereinander, gestülpt! Eine Frechheit! Material spart man dadurch nämlich nicht, die reine Größe dieser Vorrichtung ist gleich! Was soll dieser verdammte Unsinn? Ich verklage die Plattenfirma, Anzeige von meinem Anwalt ist draußen!

Besondere Extras: keine.

Begleitheft: zwei-drei Bandfotos, ausklappbar, dafür aber nur magere Songinfos.

Abgesehen von der designtechnischen Fail-Aufmachung, für die die Plattenfirma noch bezahlen wird ;-), bleibt hier nichts offen: Selbst die absurd fernsten Hits sind hier noch gegeben: Wir fangen selbstverständlich sinnvollerweise mit "The Sound Of Silence" an, weiter geht’s mit dem Titelsong eines ihrer bedeutendsten, wenn nicht dem bedeutendsten Album, "Wednesday Morning, 3 A.M.", wenngleich in einer LIVE-Version. "Bye Bye Love" von den EVERLY BROTHERS ist auch wieder als Beutegut mit dabei, "I Am A Rock" zeigt einen etwas rostigen alten Minihammer für unterwegs, mit dem man aber zur Not tatsächlich den einen oder anderen Nagel in die Wand gehämmert kriegt, so "hart" ist dieser softe Hartrocksong. "Scarborough Fair" heißt hier nach dem Schrägstrich auch "Canticle", "Sparrow" wird LIVE abgefeiert, "A Hazy Shade Of Winter beschließt CD 1. Die Aufteilung ist mir nicht ganz geheuer, lieber hätte ich gehabt, dass die affengeilsten Songs ALLE auf der ersten Scheibe sind, damit man die zweite weitestgehend ignorieren kann, doch leider ist Letztere voller mit dem heißen Scheiß: "Mrs. Robinson", "Bridge Over Troubled Water", "At The Zoo", der Song, der auch in unsere Zeit traurigerweise wieder hineinpasst, wo Islamangehörige in Frankreich ab und zu Kirchen des ihnen verhassten Christentums in Brand stecken, "A Church Is Burning", wo wir hier "LIVE" dabei sind, "America" ist ganz aus dem Häuschen und in Aufruhr, seitdem dort die kranken linken Bilderstürmer angefangen haben, Statuen zu stürzen. "Cecilia" kann da zwar auch nichts retten, aber "The Boxer" könnte den Wichsbacken doch mal eins verpassen, findet Ihr nicht? "The Only Living Boy In New York" – nett, "For Emily; Whenever I May Find Her" geht ab. Wir bräuchten jetzt aber einen "Baby Driver", denn nur das "Keep The Customer Satisfied", denn die Geschehnisse der jüngsten Zeit sind ein wahres "Punky's Dilemma". Es wird "Cloudy" am ehemals sonnigen Himmel, wir sind eher cursed als "Blessed" (und zwar LIVE) ob dieser Entwicklungen, das freche "Poem On The Underground Wall" (LIVE) gibt uns den Rest, nicht wahr? Schnell zur, im Empfehlungsfall, fettgedruckten Titelliste:

                CD 1:

The Sound Of Silence

Wednesday Morning, 3 A.M. (LIVE)

Bye Bye Love

Bleecker Street

I Am A Rock

A Most Peculiar Man (LIVE)

Richard Cory

Kathy's Song (LIVE)

Scarborough Fair/Canticle

Homeward Bound

Sparrow (LIVE)

Leaves That Are Green (LIVE)

He Was My Brother

The 59th Street Bridge Song (Feelin' Groovy)

The Dangling Conversation

A Poem On The Underground Wall (LIVE)

Blessed (LIVE)

Cloudy

Blues Run The Game

A Hazy Shade Of Winter

 

CD 2:

Mrs. Robinson

Bridge Over Troubled Water

At The Zoo

Fakin' It

Old Friends

Bookends Theme

Punky's Dilemma

Overs (LIVE)

A Church Is Burning (LIVE)

America

El Condor Pasa (If I Could)

Cecilia

Keep The Customer Satisfied

So Long, Frank Lloyd Wright

The Boxer

Baby Driver

The Only Living Boy In New York

Song For The Asking

For Emily; Whenever I May Find Her (LIVE)

My Little Town

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.01.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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