Ich sitze zu Hause und warte angespannt auf eine Veränderung. In der
Hand halte ich einen Schlachtplan, meinen Lebenslauf, den ich heute auch
verschicken werde. An Firmen die Einsicht nehmen dürfen, in die
Kampfhandlungen eines Unverstandenen, eines Gescheiterten, welcher sich
anbiedert, sich an die noch mehr Gescheiterten verkaufen will. Sicherlich man
tut sich schwer, abgekapselt zuhause wie in einem Loch zu sitzen. Zeitweilig
stelle ich mir das Wort „Frieden“ vor, auch wenn ich beim
vorläufigen Halt beim Billa die Überschrift „Krieg“ auf
fast jedem Revolverblatt entdecken kann. Also fahre ich nachhause, mein anderes
zuhause. Aber wo ist mein zuhause überhaupt? Ich stelle mir einen
Regenwaldbaum vor, einen Körper zusammengerollt, wie in einem Uterus
zwischen seinen Wurzeln. Es plätschert ein Bach, aber es könnten auch
die Geräusche einer übergroßen Gebärmutter sein, dessen
Grenzen ich nicht erkenne. Dann überfällt mich eine kleine
Geburtswehe, welche mich aufschreckt. „Krieg“ es herrscht Krieg, ich
lasse den Krieg herein, in meinen Kopf. Statt wunderschöne Blumen und
Kolibris in einem Regenwaldbach, sitze ich zwischen den Wurzeln eines
stämmigen alten Baumes und sehe dunkle Wolken aufziehen. Die Pflanzen
verwandeln sich in Atomsprengköpfe und der nahegelegene Ameisenhaufen in
eine kleine Armee, welche unaufhaltsam gegen mich voranschreitet. Doch ich sitze
noch im Auto, fahre Richtung Heimat, aber dort herrscht auch Krieg, hat immer
Krieg geherrscht. Im Radio spielen sie „Give Peace a Chance“. Ein
Mädchen im Radio meint, man solle diesen Song den ganzen Tag spielen, aber
das wäre nur eine Monotonie, eine Konditionierung auf Frieden, ein
Verzweiflungsschrei, da es keine anderen Mittel mehr gibt, Hoffnung zu fassen,
in Ländern in dem Frieden immer nur ein Fremdwort war. Kein
Verständnis für eine andere Kultur, keine Zeit für Empathie in!
andere
Mentalitäten, lediglich wissenswertes, welches man „googeln“
kann, um in Diskussionen im Vorteil zu sein, nichts was mir Hoffnung gibt auf
baldigen Frieden. Fast hätte ich jetzt eine Krähe überfahren,
welche eine totgefahrene Amsel mitten auf der Straße frisst. Also bin ich
abgelenkt. Ja, jetzt lenke ich nur mehr, mein eigenes Schicksal, raus aus dieser
Stadt, ich lenke ab. Im Radio haben sie gesagt, daß die
Abschreckungswaffen in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurden. Was darf
ich mir vorstellen unter Abschreckungswaffen? Ich denke mir: „Frieden kann
es also nur geben, wenn es eine Abschreckung durch plötzliche Anwesenheit
von Unsicherheit gibt. Am besten bei jedem Menschen gleichzeitig auf dieser
Welt. Das ist ihnen gut gelungen. Also beziehe ich mich auf meine Kompetenzen,
so wie jeder Mensch sich auf seine angeborenen Kompetenzen von Geburt an
beziehen sollte, um abschätzen zu können, ob er sich in einen
kriegerischen Akt, der seine Auslöschung mitbestimmt, einmischen sollte.
Ich mache dies gerade. Meine Gedanken werden farbiger und der Tachometer im
Cockpit übersteigt die höchste zulässige Geschwindigkeit.
„Raus aus der Stadt!“ sagt mein menschlicher Kopf, am besten 50 km
entfernt vom Epizentrum, rauf auf eine sichere Raststätte. Wie ein Paint-
ball Spieler, dem die Munition ausgegangen ist, verteidige ich mich mit Farbe
und Pinsel, male die im Kopf entstehenden Raketen bunt an, schreibe Frieden auf
jeden imaginären Panzer in bunten Regenbogenfarben. Dann überkommt
mich Panik. Was, wenn er mit seinen Ministern und Gefolgsleuten doch den roten
Knopf drückt? Es herrscht morgendliche Stille in meinen Gedanken, zu
groß ist die Stille, eine Stille vor einem Sturm. Gedankenstürme
ziehen auf und ich werde noch schneller, denn die Autobahn erwartet mich. Bin
ich schon aus der Fallout-Zone. Panik bricht aus. Ein privater Tiertransporter
überholt mich. Auf seiner Karosse!
rie sehe
ich eine geographische Landkarte von Europa aufgemalt, auf welche 2 Hunde mit
Sonnenbrillen starren. In einer Ecke sehe ich eine kleine Sonne aufgemalt. Ein
Zeichen, dass selbst die Tiere sich langsam Schutzbrillen vor der neuen Sonne
aufsetzen sollten. Dann lasse ich endlich die Stadt hinter mir, denke nach, wie
sich die Menschen in Westeuropa nach einem Atomschlag helfen würden, mehr
als sie sich je zuvor geholfen haben wahrscheinlich. Endlich bin ich
draußen aus der Kernzone, aus der Fall-Out Zone und stelle mich auf den
heiß ersehnten Parkplatz und warte auf den großen Blitz. Er kommt
nicht. Lediglich der Tiertransporter verfolgt mich und parkt sich neben mir auf
dem Autobahnparkplatz ein. Ich habe ihn anscheinend unbemerkt wieder
überholt. Gott sei dank, war er nicht schneller. Ein Zeichen, denke ich mir
und fahre wieder zurück nach Wien. In eine andere Heimat eben, welche nicht
getroffen worden ist, in meine Parallelwelt.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Alfred Horak).
Der Beitrag wurde von Alfred Horak auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.03.2022.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Alfred Horak als Lieblingsautor markieren
Sehnsuchtstage: Poetische Gedankenreise
von Rainer Tiemann
Der rheinische Autor Rainer Tiemann unternimmt mit seinem Buch „Sehnsuchtstage“ gereimt und ungereimt eine sehnsuchtsvolle, poetische Gedankenreise durch das Leben. Liebe und Leid spielen dabei eine wichtige Rolle.
Auch Impressionen der Fußball-EM 2012 in Polen und der Ukraine wurden zeitnah festgehalten.
Es appelliert daran, sich dankbar an das zu erinnern, was jedes Leben so facettenreich und einzigartig macht.
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: