Francois Loeb

EGOTHERAPIE

Gut zu wissen, dass es die in meiner neusten Wochengeschichte beschriebene Kur gibt, die

E GOTHERAPIE steht in roten Lettern auf dem kleinen Smart der vor meinem Haus geparkt hat und dem eine ältere Dame entstiegen ist. Beobachte gespannt wohin sie ihre Schritte lenkt. Die Arme fest angewinkelt, ein Köfferchen in der linken Hand haltend. Was wohl in diesem verborgen ist, möchte mein Neugier-Zentrum, das über meiner linken Augenbraue thront, gern wissen. Jetzt zieht die Entstiegene einen Schlüssel aus der Manteltasche. Öffnet damit die Haustüre des Nachbars der mich seit Jahren mit seinem Getue nervt. Super, denke ich, endlich lässt er sich therapieren. Sein Ego hoffentlich runterfahren, auf dass er umgänglicher wird und vom alten Motzknochen absieht, zu einem freundlichen Nachbarn mutiert. Muss die Dame bei ihrem Austritt aus dem Haus des Knurrers abfangen, ihr die reine Wahrheit über den Kerl aufzeigen. Sie einweihen. Ins wahre Wahrheitsboot hissen, denn er wird ihr Lügen um die zarten Ohren geklatscht haben. Da bin ich so sicher, wie ein Staatslenker inmitten seiner Bodyguard nur sein kann. Wird ihr von seiner Grosszügikeit Menschenfreundlichkeit vorbildlicher Nachbarschaft erzählt, mich als Motzmund angeschwärzt haben, über dessen Lippen einzig Fake News quellen würden.
Nehme hinter meinem Fenster mit Blick auf den Nachbarschaftseicheneingangstürknauf auf meinem bequemen Sessel Platz. Das Fernglas neben mir einsatzbereit, ruhig ruhend neben dem Rauchertischchen liegend, das ich aus Nostalgie seit meinem erfolgreichen Nikotinentzug behalten habe, um mich ewig, jedenfalls die durch den Gesundheitsweg gehende gewonnen Jahre, an meine Abwege zu erinnern. Unvermittelt schrecke ich auf! Muss eingenickt sein. Donnerwetter, die Dame wird hoffentlich noch nicht verschwunden, aus des Wüterichs Käfig entflogen sein. Wäre sträflicher Leichtsinn, werfe ich mir vor. Eine verpasste Gelegenheit, die Welt zurechtzurücken, mich ins rechte Licht und den Nachbarn mit Schwärze übergiessen zu können. Blick auf die Uhr am Handgelenk. Muss ein Minutenschlaf gewesen sein. Alles halb so schlimm denke ich. Richte mich im Sessel wieder auf. Entdecke einen Smart der um die Ecke blitzschnell vor des Nachbars Eichentüre einen gekonnten Stopp hinlegt. Er ist mit E GOTHERAPIE angeschrieben. Ein zweiter Wagen also? Muss erkannt worden sein, wie schwer, ja vermutlich hoffnungslos der Fall sein muss. Die Dame hat Hilfe angefordert. Aber das kann nicht sein. Sieht der bereits Entstiegenen aufs Haar ähnlich. In der linken Hand dasselbe Köfferchen. Eine Zwillingsschwester? Zwei Damen, die diesen Service bieten? Egos therapieren. Nun, da habe ich nichts verpasst. Muss nur achtgeben, nicht noch einmal kurz wegzutreten.
Habe jetzt die Möglichkeit, eine von beiden abzufangen, um die Wahrheit zu verbreiten. Oder mit Glück beide zusammen. Nehme den Feldstecher, der brav an seiner Stelle ausgeharrt hat, zur Hand. Möglicherweise kann ich trotz herabgelassener Rollläden, ist ja klar, dass bei einer Egotherapie kein Licht auf den Patienten fallen darf, der würde sonst sein Licht erneut über jeden Scheffel stellen, einen Einblick gewinnen. Und tatsächlich erblicke ich, wie der Nachbar sich verrenkt. Auf und ab wippt. In die Kniebeuge geht. Hektische Bewegungen vollführt. Ein wahres Panoptikum von menschlichen abstruser Bewegungen, als sei der Nachbar ein Schlangenkünstler, der seinen Zirkusauftritt vorbereitet. Doch neben ihm steht eine einzige Frau und vor der Haustür auch nur ein beschrifteter Smart. Bin ich bereits wieder eingenickt? Ist die Zwillingsschwester abgerauscht, ohne dass ich sie abfangen konnte? Alles ist möglich in der heutigen Zeit denke ich, doch ein Einnicken oder noch mehr das Ausnicken hätte ich bemerkt. Ein Blick auf mein Smartphone jagt mir einen gewaltigen Schrecken ein. Es war doch Montag, als ich meinen Beobachtungsposten bezogen habe. Jetzt gibt das Ding Dienstag an … Ein Soft- oder Hardwarefehler? Oder … nein, das ist nicht denkbar, statt eines Power-Naps ein 24-stündiger Soft-Nap? Da die Türe öffnet sich. Der Nachbar kommt mit der smarten Dame hinaus. Gibt ihr die Hand. Nickt ihr zu. Ich eile ins Treppenhaus.
Dreistufenaufeinenstreich. Sehe, wie sich der Nachbar am Smart unter den strengen Augen der Egotherapeutin zu schaffen macht. Hat ein grosses in den Farben zur Aufschrift passendes R in der rechten Hand. Klebt es auf. Und jetzt ziert den Smart die Aufschrift ERGOTHERAPIE. Die Egotherapie eine Schimäre? Muss ich alle Hoffnung auf die Besserung meines Nachbars in die unterste meiner Hope-Schublade auf ewige Zeiten versenken …?


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

E G O

EGO EGO
Das ist
Der Diktatoren
Lebenslogo.

Logo logo
Sechs Meter
Langer Tisch.

Damit Gesprächspartner
Bei den schamlos Lügen
Beim Wachsen der
Pinocchio Nase
Nicht werden kalt erwischt.


Herzlichst
François Loeb

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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