In jenem Sommer wollten wir das fünfstöckige Schloss von Nowaja Semlja besuchen. Leider hatten wir unterwegs eine Autopanne. Wir standen weinend am Rand einer leeren Chaussee und wünschten uns einen helfenden Eingeborenen herbei. Nach fast einer Stunde sahen wir einen baumlangen Mittsechziger sich nähern. Von diesem Giganten schien Mitmenschlichkeit auszugehen.
Als Erstes reichte er uns seine weiche, etwas feuchte Hand. Kaum hatte er sich installiert, rummste er gegen das Heck des Wagen und schob unser braves Gefährt in den Graben hinab.
Er sei, wobei es Viertelstunden kostete, dieses aus der Eingeborenen-Sprache zu transkribieren, der Tausendverlierer vom Ort da hinten. Für ein kleines Taschengeld werde er die Automobilleiche aus ihrem kühlen Grab bergen. Was blieb uns nun anderes übrig? Für unsere Unerfahrenheit mit den Bräuchen dieses windigen Landes mussten wir teuer und gering bezahlen.
Gegen Ende des Tages fuhren wir auf einer schnittigen und wie ausgestorbenen Nationalstraße ins Weingebiet der gälischen Gaue. Mit einem Mal drangen Klopfgeräusche aus dem Kofferraum. Der nicht mehr unbestechliche Fahrzeugantrieb befand sich allerdings vorn. Meine Gattin stieß mich besorgt in die Seite. Ich hatte in Erfahrung zu bringen, was da vor sich ging.
„Oh“, ich errötete, „kleinere Versehen können vorkommen.“
Ich stieg aus, zog einen zum Paket verschnürten Troll ans Tageslicht, nicht ohne ihn um eine Gabe für seine Rettung anzuhalten.
Es gibt in Wahrheit kein fünfstöckiges Schloss dort oben. Es sei denn, da kommt einer noch mit den Holztempeltürmen und erklärt diese zu Schlössern. Das Erwähnte war jedoch wirklich kein Schloss, sondern eher ein Hotel am Lemansee, mithin in der welschen Schweiz, wo wir auf eine Selbstverpflichtungserklärung vorbeischauten. Nowaja Semlja ist bei den Eidgenossen keine zugelassene Herkunftsangabe. Somit sahen wir uns einer Menge lästiger Ungereimtheiten ausgesetzt, mit denen wir den Leser an dieser Stelle alleine lassen werden.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.04.2022.
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