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Vorwort
Wenn ein erwachsener Mensch durch die schlechten Erinnerungen an seine Kindheit zutiefst unglücklich wird, ihm diese Zeiten des hilflosen Ausgeliefertseins und der Wehrlosigkeit seines kindlichen Daseins auch noch große Angst, Schrecken, Verzweiflung, Traurigkeit und dunkle Träume bringen, so ist das in der Tat ein furchtbarer Zustand, der ihn wohl früher oder später zerstören wird, es sei denn, er hat einen außergewöhnlich starken Charakter und lässt sich davon, trotz aller Entsetzlichkeiten, die er in seinem Leben ertragen musste, nicht geistig und seelisch zerbrechen.
Das schreckliche Los solch einer schweren Kindheit war mir beschieden, ja mir, dem Verwirrten, dem Haltlosen und eines von diesen negativen Auswirkungen jenes unbewältigten Lebensabschnittes heimgesuchten Menschen, als er noch klein, unschuldig, empfindlich und in jeder Hinsicht wehrlos war.
Oder war alles am Ende nur eine verrückte Einbildung, gar nur ein böser Traum, der mich seit Beginn meines Daseins wie eine Fata Morgana begleitend narrt?
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Geboren wurde ich in einem kleinen, recht düsteren Dorf unterhalb eines sehr alten Burgschlosses, das auf einem hohen, zerklüfteten Berg stand. Meine Eltern arbeiteten bis zu ihrem Tode für die adligen Herrschaften, die hier ansässig waren, und nahmen mich schon als kleines Kind mit nach oben ins Schloss, wo ich die meiste Zeit von irgendwelchen alten Frauen aufgepasst und versorgt wurde.
Etliche Jahre später, als junger Mann, ging ich dann auf Entdeckungsreisen in den dunklen Kellergängen und Korridoren der angrenzenden Burganlage, wo es immer schrecklich kühl und feucht war. Überall lag ein modriger Geruch in der Luft, besonders in den abgelegenen, tief unter der Erde liegenden Kellerräumen, wo auch die vermoderten Skelette ehemaliger Gefangener verstreut herumlagen. Fürchterliche Szenen müssen sich hier unten abgespielt haben, dachte ich so bei mir, als ich an mumifizierten Leichen und fleischlosen Knochen vorbei stolperte.
Wie viele Jahre ich dort oben auf dem Burgschloss verbracht habe, weiß ich heute nicht mehr so genau, aber es muss eine lange Zeit gewesen sein. Dann starben meine Eltern, und ich war mittlerweile zu einem jungen Mann heran gewachsen.
Eines Tages ging ich wieder einmal auf Entdeckungsreise durch die alten Gemäuer der abseits gelegenen Burganlage. Dann traf ich plötzlich auf einen hohen, schwarzen Turm, der sich schon fast am Ende der Burgmauer befand. Seltsamerweise hatte ich ihn vorher noch nie gesehen. Ich wunderte mich zwar darüber, dachte aber nicht weiter darüber nach.
Es war bereits später Nachmittag. Im dumpfigen Dämmerlicht einer alten Steintreppe stieg ich den gespenstisch aussehenden Turm hinauf. Fledermäuse kamen mir entgegen und flogen aufgeregt nach allen Seiten davon. Ich ignorierte sie einfach.
Nach einer Weile kam mir der Aufstieg irgendwie schwerer und langsamer vor, denn so viel ich auch die Treppen weiter nach oben klettern mochte, lichtete sich die Dunkelheit über mir nicht, von der ich mittlerweile umgeben war. Ich musste meine aufkommende Panik mit aller Gewalt unterdrücken und fragte mich daher, warum ich das Licht des Turmendes dieser steinernen Wendeltreppe noch nicht erreicht hatte.
Mühsam ging ich Stufe für Stufe weiter und rutschte seitlich an der glitschigen, mit Moos bewachsenen Wand entlang. Ich wollte bei diesem gefährlichen Aufstieg auf gar keinen Fall leichtsinnig werden und wohl möglich noch abstürzen.
Ich schleppte mich also weiter nach oben, so gut wie es eben ging.
Irgendwann stieß ich plötzlich mit dem Kopf gegen eine alte Holzdecke. Meine Kletterei war fürs erste zu Ende, denn es schien mir so, als ob sich ein Teil der hölzernen Decke wie eine Klapptür nach oben anheben ließ.
Ich stemmte mich jetzt mit der rechten Schulter dagegen und drückte mit aller Kraft von unten gegen die schwere Holzplatte, die sich nur langsam nach oben bewegen ließ. Die verrosteten Scharniere quietschten dabei so laut, dass mir die Ohren weh taten. Schließlich kippte sie über ihren toten Punkt und krachte durch ihr eigenes Gewicht laut polternd auf den staubigen Boden. Als sich die Staubwolke wieder gelegt hatte, kroch ich mühsam durch die frei gewordene Öffnung.
Im festen Glauben daran, dass ich mich bereits schon jetzt ganz oben auf dem höchsten Punkt des schwarzen Turmes befinden würde, erhob ich mich vorsichtig vom Fußboden und tastete mich an der feuchten Wand entlang hinüber zu den Aussichtsöffnungen. Fahles Mondlicht drang durch die schmalen Sehschlitze und erhellte ein wenig den unheimlichen Raum. Trotz allem, von hier oben aus würde ich einen hervorragenden Blick über die weite Landschaft haben, dachte ich und wurde jedoch sogleich wieder enttäuscht. Plötzlich waren die Sehschlitze nicht mehr da.
Alles was ich fand, waren breite Nischen aus Stein, in denen eine große Menge Kisten untergebracht waren, die hier übereinander geschichtet überall herum standen.
Hatte sich der dunkle Raum des schwarzen Turmes, in dem ich mich gerade befand, unbemerkt verändert? Wieder kroch eine unbestimmte Angst in mir hoch, die ich nur schwer unter Kontrolle bringen konnte.
Zum ersten Mal machte ich mir Gedanken darüber, was für ein uraltes Geheimnis dieser abgelegene Teil des Schlosses wohl verbergen mochte. Plötzlich stieß ich mit meinen suchenden Händen auf eine Tür und rüttelte instinktiv daran. Staub fiel von der Decke, als ich sie mit einem kräftigen Ruck öffnen konnte. Ein kalter Windstoß kam mir entgegen.
Der dämonische aller Schrecken ist wohl der, wenn man auf das zutiefst Unerwartete trifft und zwar an einer Stelle, wo man etwas ganz anderes erwartet hätte, als das, was ich im nächsten Moment erblickte. Anstatt eines schwindelerregenden Ausblicks aus erhabener Höhe stand ich plötzlich auf einem Kiesweg, der links und rechts von einer großen Anzahl schlanker, hoch aufragender Marmorsäulen flaniert wurde.
Halb bewusstlos stolperte ich voran und folgte dem Kiesweg bis zu einer alten, halb verfallenen Kirche, die sich gespenstisch im diffusen Mondlicht vor mir erhob. Ich wusste im ersten Moment einfach nicht, wo ich war. Wilde Gedanken schossen durch meinen Kopf. Waren meine Erlebnisse an diesem seltsamen Ort nur ein schlechter Traum oder etwa nur ein böser Zauber, dem ich verfallen war?
Ich torkelte benommen auf den dunklen Torbogen der alten Kirche zu und befand mich plötzlich, von einer Sekunde auf die andere, in einer völlig anderen Gegend.
Zuerst war ich geschockt, dann stellte ich mit Erstaunen fest, dass vor mir offenes Land lag. Ich folgte einer breiten Straße, die ich immer wieder verließ, um querfeldein über grüne, saftige Wiesen zu gehen. Einmal kam ich sogar an einen träge dahin fließenden Fluss und überquerte ihn auf einer schmalen, moosbewachsenen Brücke, die offenbar schon sehr alt sein musste, denn ihr Mauerwerk war brüchig und bröckelte an vielen Stellen langsam vor sich hin.
Wie lange ich in dieser wunderschönen Gegend herum gelaufen bin, weiß ich nicht mehr so genau zu sagen, bis ich ganz plötzlich vor einem weitläufigen Park mit hohen Bäumen und vielen, schnurgeraden Wegen stand. Am hinteren Ende des wunderschönen Parks stand ein großes Schloss, das hell erleuchtet war und mir seltsamerweise irgendwie bekannt vor kam.
Mit festen Schritten marschierte ich darauf zu, bis ich schließlich eine hohe Glastür erreichte, die sich als Eingang in das Innere des Schlosses entpuppte.
Ich öffnete behutsam die Glastür und sah mich immer wieder nach allen Seiten um. Kaum war ich hindurch geschritten, drang auch schon im gleichen Augenblick der Lärm einer fröhlichen Festlichkeit in meine Ohren.
Ich ging einfach weiter und stand kurz danach vor einem langen mit glänzenden Marmorplatten ausgelegten Gang, der offenbar zu einem prächtig erleuchteten Saal führte. Lautes Lachen schallte durch alle angrenzenden Gänge. Hoffnungsvoll schritt ich auf den Saal zu und erreichte bald eine kurios bekleidete Gesellschaft, die sich anscheinend ausgelassen vergnügte.
Was dann folgte, konnte schlimmer nicht sein. Denn als mich die feiernden Leute sahen, wurde die ganze Gesellschaft von einem jähen Entsetzen ergriffen, das von einer unglaublichen Intensität war. Jedes einzelne Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze und grässliche Schreie drangen aus den weit aufgerissenen Mündern. Viele der Anwesenden bedeckten ihre Augen und einige Frauen fielen sogar in Ohnmacht.
Dann geschah es ohne Vorwarnung.
Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin brach Panik aus, und die ganze Partygemeinde wandte sich laut schreiend kopflos zur Flucht. Sie warfen Tische und Stühle um und rannten blind und tölpelhaft den rettenden Ausgängen entgegen, wo bereits alle Türen weit offen standen. Die Dienerschaft hatte sie unverzüglich aufgerissen.
In kürzester Zeit war der große Saal menschenleer geworden. Nur hier und da fielen noch ein paar Gegenstände von den wackelnden Tischen. Dann trat eine fürchterliche Stille ein.
Ich konnte meinen eigenen Atem hören und schritt jetzt langsam auf die Mitte des Saales zu, wo ein übergroßer Spiegel aufgestellt worden war. Als ich direkt vor ihm stand, erschrak ich sogleich bis ins letzte Mark meiner Knochen. Doch bald beruhigte ich mich wieder, ohne eigentlich zu wissen, welchen Grund es dafür gab.
Im Spiegel sah ich nämlich eine schreckliche Lebendigkeit, ein unvorstellbares und unbeschreibliches Scheusal, das durch sein bloßes Erscheinen eine fröhlich feiernde Gesellschaft in einen kopflosen Haufen flüchtender Wesen verwandelt hatte.
Dieses Scheusal war ich.
Ich war zu einer Mischung aus allem Unreinen, Unangenehmen, ja Abnormen und Unheimlichen geworden, etwas, das vom Verfall, modrigem Alter und stinkender Entblößung gekennzeichnet war.
Obwohl ich meinen zerfressenen Körper und die vermoderten Klamotten irgendwie gefühllos und ohne Furcht betrachtete, empfand ich dabei überhaupt keine Abscheu vor mir selbst. Ich schrie noch nicht einmal über diesen höllischen Zustand auf, obwohl ich mich doch in ein abstoßendes Monster verwandelt hatte.
Im nächsten Augenblick brachen sämtliche Erinnerung über mich wie eine Lawine herein. Ich wusste in dieser Sekunde alles, was in meinem bisherigen Leben geschehen war. Meine Reise in die Vergangenheit ging zurück bis zu meiner Geburt, die ich glotzend beobachtete. Ich sah schließlich auch, wie meine Eltern mich nach oben in ein schreckliches Schloss brachten, wo ich von alten Frauen entgegen genommen wurde, die wie Hexen aussahen und mich in einen satanischen Kreis legten. Überall brannten große und kleine Kerzen. Sie hielten offenbar irgendein böses Ritual ab.
Von diesem Augenblick an wusste ich jetzt, dass ich eine Ausgeburt der Hölle war. Mir wurde auch schlagartig klar, dass ich nie wieder ein Mensch sein würde, sondern mich in ein Monster verwandelt hatte, das in einem schwarzen Turm hauste, um sich von dort aus in mondhellen Nächten zu den Menschen zu schleichen, um ihr Blut zu trinken, von dem ich lebte.
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Ob die Träume möglicherweise das Fieber brachten oder umgekehrt, das Fieber die Träume, konnte der alte Simon Goldberg nicht sagen. Er wusste nur, dass er einen fürchterlichen Traum geträumt hatte, der sich tief in sein verunsichertes Bewusstsein eingebrannt hatte.
Jetzt, wo es ihm wieder etwas besser ging, verließ Mr. Goldberg das warme Bett und trat schlurfend ans Fenster seines Schlafzimmers. Draußen war es noch dunkel. Der Mond warf sein fahles Licht über die von langen Schatten überzogene Landschaft.
Er schob den Vorhang ein wenig beiseite und blickte hinaus auf ein altes Dorf, das sich unterhalb eines uralten Schlosses befand, das einmal im Mittelalter von adeligen Leuten bewohnt worden war, die während der Inquisition als Teufelsanbeter auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sind. Danach stand das Schloss und alle anderen Gebäude auf dem hohen Berg leer. Man fürchtete sich vor diesem Ort des Bösen. Das Schloss und die Burganlage zerfielen alsbald langsam zu einer einzigen, großen Ruine, die schließlich von knorrigen Bäumen, stacheligen Sträuchern, feuchtem Moos und hohem Gras zurück erobert wurde.
Es gab auch das böse Gerücht, dass dort oben in einem schwarzen, unsichtbaren Turm ein Ungeheuer wohnen soll, das von dort aus in die Welt des Menschen zieht, um in den hellen Mondnächten das Blut der Menschen zu trinken. Die meisten Leute glaubten zwar nicht daran, aber dem Fremdenverkehr tat es gut, denn die Besucher liebten solche gruseligen Geschichten.
Draußen an der Eingangstür seines Hauses klopfte es plötzlich. Der alte Simon Goldberg schaute verwundert auf seine Armbanduhr und ließ den Vorhang des Schlafzimmerfensters mürrisch zurückfallen. Er dachte darüber nach, wer ihn um diese Zeit noch besuchen wollte. Es war ja schon fast Mitternacht. Trotz aller Bedenken ging er behäbigen Schrittes hinüber zur Tür, die er vorsichtig öffnete. Dann lugte er durch den sich öffnenden Spalt der Eingangstür.
Draußen stand eine sonderbar aussehende Gestalt, die ihn auf Anhieb einen ziemlich Schrecken einjagte. Sie trug einen modrigen, nach Verwesung stinkenden, schwarzen Umhang, der bis zum Boden runter reichte. Die Augen glühten blutrot und starrten den alten Mann fixierend an.
Plötzlich schoss die krallenartige Hand des Monsters durch die halb geöffnete Tür und grub sich tief in den Körper bis zum Herz des alten Mannes hinein, der im gleichen Moment lautlos zusammenbrach und bereits tot war, noch bevor er auf die kalte Treppe seines Hauseinganges dumpf aufschlug. Eine hohe Blutfontäne spritzte aus seiner noch zuckenden Brust. Das Monster stürzte sich jetzt wie von Sinnen auf den leblos am Boden liegenden Körper und trank begierig den herausquellenden Lebenssaft.
Als man am nächsten Tag die blutverschmierte Leiche des alten Simon Goldbergs fand, ordnete man sofort die schreckliche Tat einem perversen Mörder zu, der hier in der Gegend sein Unwesen treiben musste, aber von der Polizei niemals gefunden wurde. Also legte man den Fall irgendwann zu den Akten und vergaß ihn bald.
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Ein Albtraum schüttelte mich. Schlagartig und noch ganz benommen erwachte ich in meinem Bett und sah im gleichen Augenblick hinüber zum Fenster. Draußen schien bereits die Morgensonne, die mit steigender Intensität ihre hellen, wärmenden Strahlen über das weite Land warf.
Ich verließ das Bett, ging hinüber zum Schlafzimmerfensters, schob die Vorhänge beiseite und blickte durch das offene Fenster nach draußen zum fernen Horizont, wo sich auf einem hohen, felsigen Berg ein wunderschönes Schloss in den blauen Himmel erstreckte.
Ich hörte, wie meine Frau unten in der Küche das Frühstück vorbereitete. Unser kleiner Junge schlief noch, den ich aber bald wach machen würde, weil wir ihn mit zur Arbeit auf das Schloss nehmen mussten.
Vor einiger Zeit hatte man das Schloss zu einem vornehmen Hotel ausgebaut. Bei den anstehenden Renovierungsarbeiten fand man in den dunklen Kellergängen und angrenzenden Korridoren eines alten Turmes einen vermoderten Sarg mit einer gut erhaltenen, aber stark mumifizierten Leiche darin. Wie man bald feststellen konnte, musste sie hier unten schon sehr lange gelegen haben. Sie stammte wohl aus dem Mittelalter. Nach eingehenden Untersuchungen durch ein Institut für Altertumsforschung führte man die sterblichen Überreste später der Verbrennung zu.
Während der Einäscherung meinten die Mitarbeiter des Krematoriums, die bei der Verbrennung der Leichenreste zugegen waren, fürchterliche Schreie aus dem Ofen gehört zu haben.
Aber wahrscheinlich hatten sie sich nur geirrt.
Tote können doch nicht mehr schreien. Wer glaub denn an so etwas?
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Nach dem gemeinsamen Frühstück nahm meine Frau unseren kleinen Jungen auf den Arm und zusammen gingen wir hinüber zur Garage, wo unser Auto stand.
Fünf Minuten später befanden wir uns auf den Weg zur Arbeit.
Seltsamerweise war heute unser Kleiner sehr unruhig und schrie die ganze Zeit wie am Spieß herum. Er ließ sich auch von seiner Mutter einfach nicht beruhigen. Als wir oben am Schloss ankamen, schlief unser Junge allerdings glücklicherweise schon wieder. Vorsichtig übergab meine Frau den friedlich schlafenden Wonneproppen zwei sehr alten Damen, die hier schon seit einer Ewigkeit in einem schwarzen Turm des Schlosshotels wohnten und heute den ganzen Tag auf ihn aufpassen würden. Es ging das komische Gerücht um, die zwei alten Weiber seien in Wirklichkeit Hexen, worüber wir nur lachen konnten.
Meine Frau und ich waren eigentlich sehr froh darüber, dass sie sich so hingebungsvoll um unseren kleinen Jungen kümmerten, damit wir beide hier oben auf dem Schloss unserer Arbeit ungestört nachgehen konnten.
(c)Heinz-Walter Hoetter
„Neugier kann tödlich sein.“
Mr. Georg Random war ein Mensch mit Prinzipien, der sich in jeder Lage stets äußerst korrekt verhielt. Der gut gekleidete Mann stand gerade vor einer Fußgängerampel, schaute flüchtig auf die Uhr und sah, dass die schwach fluoreszierenden Zeiger seiner Armbanduhr langsam auf 21 Uhr vorrückten. Obwohl er fast dreiundsechzig Jahre alt und bereits Pensionär war, sah er wesentlich jünger aus. Deshalb hatte er sein ehemaliges Hobby, die Gärtnerei, zum Nebenberuf gemacht.
Mr. Random schaute nach oben in den wolkenverhangenen Nachthimmel. Die Regenwolken zogen dahin wie dickbauchige Segelschiffe.
Noch vor wenigen Minuten hatte es heftig geregnet und gestürmt. Jetzt allerdings nieselt es nur noch ein wenig und auch der Wind hatte etwas nachgelassen, was den gut aussehenden alten Herrn aber nicht davon abhielt, den Regenschirm wieder zu schließen. Sein Mantel war ein gutes Stück britischer Handarbeit. Das bisschen Regenwasser wird mir schon nicht schaden, dachte Mr. Random und blickte geduldig wartend zur Ampel hinüber, die immer noch auf Rot stand.
Die tagsüber belebte Straße war um diese Zeit nur wenig befahren. Jetzt waren allerdings weit und breit an diesem Abend so gut wie keine Spaziergänger unterwegs. Das Wetter war einfach zu schlecht, was die Leute davon abhielt, nach draußen zu gehen.
Ganz plötzlich schaltete die Ampel auf Grün und Mr. Random zog noch im gleichen Augenblick seinen Hut ein wenig tiefer in die Stirn, weil er befürchtete, der Wind könne ihn möglicherweise wegwehen. Dann betrat er zügig den Zebrastreifen.
Er hatte ihn schon fast überquert, als plötzlich ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zuschoss und ihn mit seinen hellen Scheinwerfern blendete. Für eine Sekunde blieb der alte Mann vor Schreck wie erstarrt stehen, machte dann aber einen gewaltigen Satz nach vorne und entging nur knapp einer Kollision mit dem vorbeirasenden Auto, das ihn sicherlich wie eine Puppe in die Luft geschleudert hätte. Nicht auszudenken was mit ihm passiert wäre.
Wegen des weiten Sprunges rutschte er auf dem nassen Gehweg aus und sein Körper fiel augenblicklich nach hinten. Fast wäre er gestürzt, wenn nicht im selben Moment jemand nach ihm gegriffen hätte und ihn mit kräftigen Armen fest hielt, um Schlimmeres zu verhindern.
Während das Fahrzeug mit aufheulendem Motor und hässlich quietschenden Reifen davon sauste, stand Mr. Random noch der Schock ins Gesicht geschrieben.
„Das wäre ja fast schief gegangen! Es hätte Sie beinahe erwischt!“ rief der junge unbekannte Mann, der Mr. Random vor einem schweren Sturz zurück auf die Straße bewahrt hatte.
Ohne die Reaktion seines verdatterten Gegenüber abzuwarten, der jetzt am ganzen Körper wie Espenlaub zitterte, sagte der junge Mann mit eindringlicher Stimme: „Hören Sie! Ich bin Arzt. Sie sehen im Augenblick nicht gut aus. Ich bringe Sie jetzt vorsichtshalber in das nahe gelegene Krankenhaus. Ich kann Sie hier nicht so einfach so stehen lassen ohne gegen mein ärztliches Verantwortungsgefühl zu verstoßen.“
Ehe überhaupt Mr. Random zustimmen oder ablehnen konnte, hatte der hilfsbereite junge Kerl bereits ein sich gerade näherndes Taxi angehalten. Beide stiegen ein und kurz darauf fuhren sie ins Krankenhaus.
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Der grauhaarige Mann hinter dem Schreibtisch ließ mit einer geräuschvollen Geste das dicke Buch in seiner Hand zuschnappen und blickte die vor ihm stehende Frau mit dem hübschen Gesicht skeptisch an.
„Doktor Max Wellington?“ fragte sie mit angenehmer Stimme, die ein wenig rauchig klang. Ihre Gesten wirkten fahrig und nervös.
Der Angesprochene musterte das junge weibliche Wesen höflich und nickte bedächtig mit dem Kopf. Dann sagte er: „Wie er leibt und lebt, Miss, äh..., was führt Sie zu mir?“
„Ich bin Swetlana Morrison“, stellte sie sich vor und streckte dem alten, aber immer noch gut aussehenden Doktor, abrupt die Hand über dem mit Büchern und Schriftstücken übersäten Schreibtisch entgegen.
Verwundert zog dieser die Augenbrauen nach oben, ergriff schnell ihre Hand und deutete mit der anderen auf einen Leder gepolsterten Stuhl.
„Bitte nehmen Sie doch Platz! Ich habe nicht viel Zeit, weil ich heute den letzten Tag in der Stadt bin. Ich bin im Begriff meinen Urlaub anzutreten, werde aufs Land fahren und muss noch meine Sachen packen. Also machen Sie es kurz! Wie kann ich Ihnen helfen?“
Die junge Frau blickte auf einmal etwas gehetzt um sich, obwohl sich sonst keiner mehr im Raum befand, als sie und der alte Herr hinter dem Schreibtisch.
„Ich werde Sie bestimmt nicht lange aufhalten, Dr. Wellington. Aber ich muss ihnen etwas Wichtiges mitteilen.“
„Nun, worum geht es?“ wollte der Doktor wissen. „Schießen Sie endlich los!“ raunte er missmutig.
„Ich bin die neue Leiterin des City Museums für Mystische Kunst.“
Der Doktor unterbrach junge Frau.
„Ja, das kenne ich. Wusste gar nicht, dass der alte Jack Hoover in Pension gegangen ist. War der schon so alt? Wie die Zeit vergeht. Sollte ich mich etwa täuschen oder haben Sie diese Stelle erst vor Kurzem angetreten? “ fragte Dr. Wellington neugierig.
Die junge Frau nickte ein paar Mal mit dem Kopf.
„Mein hochgeschätzter Vorgänger ist auf Grund von argen gesundheitlichen Problemen vorzeitig in den Ruhestand getreten. Ich war bereits als Nachfolgerin vorgesehen und habe in Anbetracht der Umstände die freigewordene Stelle früher angetreten.“
Dr. Wellington nickte verständnisvoll und griff verstreut nach einigen Büchern, die er unbedingt noch einpacken und mit in den Urlaub nehmen wollte. Er war eine ausgesprochene Leseratte.
Swetlana Morrison räusperte sich auffällig, bevor sie weiter redete. Nebenbei strich sie sich hektisch durch die Haare.
Dr. Wellington beobachte sie aus dem Augenwinkel beim Zusammenpacken der Bücher. Was konnte es nur sein, was diese auf den ersten Blick so selbstbewusste Frau in eine solch unkontrollierte Nervosität versetzte? Sein Gesicht sah jetzt etwas nachdenklich aus.
„Ich habe eine Zeit lang im Ausland gearbeitet. Auf Grund der genannten Umstände musste ich mich recht schnell in mein neues Aufgabengebiet einarbeiten. Ich hatte nur wenig Zeit. Und in diesem ganzen Durcheinander der Umorganisation musste es wohl passiert sein...“
Der Rest des Satzes blieb in der Luft hängen. Dann blickte die junge Frau plötzlich Dr. Wellington intensiv und konzentriert an.
Dieser fragte sich, wann seine Besucherin endlich zum Kern ihres Anliegens kommen würde und was das alles mit ihm zu tun haben könnte, als kurz darauf Swetlana Morrison mit einem tiefen Seufzer fortfuhr.
„Bitte entschuldigen Sie mein unmögliches Verhalten. Um es kurz zu machen: Eines unserer Exponate ist verschwunden. Genauer gesagt, das Original. Und irgendjemand hat eine Fälschung an seiner Statt platziert.“
Der Doktor wurde jetzt neugierig.
„Dumme Geschichte. Haben Sie eine Ahnung, wer das war und wie der Austausch des Exponates bewerkstelligt wurde.“
Die junge Museumsleiterin schüttelte mit dem Kopf.
„Leider wissen wir gar nichts. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass wir den Austausch des Artefaktes noch nicht einmal selbst bemerkt haben. Erst ein Museumsbesucher hat uns auf das Malheur aufmerksam gemacht, der anhand eines Bildes im Museumsführer den kleinen Unterschied bemerkte. Stellen Sie sich eine solche Blamage vor! Ein völlig unerfahrener Besucher bemerkt den Austausch!“
„Haben Sie denn schon die Polizei eingeschaltet?“
Abermals schüttelte die junge Frau mit dem Kopf.
„Ich kann die Polizei nicht einschalten. Der Skandal wäre perfekt, das ganze Prestige unseres Hauses wäre dahin.“
Doktor Wellington dachte bei sich, wie wenig angenehm so ein Einstieg in dieser Situation vermutlich für die neue Direktorin selbst war, die ganz am Anfang ihrer Laufbahn stand. Er bedauerte die junge Frau. Er verstand ihr Anliegen, dass die ganze Sache nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte.
„Das ist nun der Grund, warum ich hier bin, Mr. Wellington“, fuhr sie fort und blickte den Doktor weiterhin fest an.
„Und was denken Sie, was ich in dieser Angelegenheit für Sie tun kann?“ fragte er, wobei er abermals nachdenklich seine Stirn runzelte.
„Ich möchte Sie gerne engagieren, um das Original wiederzubeschaffen.“
Der alte Dr. Wellington saß die ganze Zeit während des Gespräches lässig hinter seinem Schreibtisch, aber bei dem letzten Satz fuhr er wie von einer Tarantel gestochen aus seinem Bürosessel hoch.
„Da muss ich Sie jetzt aber enttäuschen, meine Gute“, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. „Ich bin kein Detektiv. Für derlei Aufträge gibt es sicherlich genügend andere. Ich könnte Ihnen ein paar Adressen mitgeben wenn Sie wollen...“
Die neue Museumsleiterin war aber nicht so leicht von ihrem Vorhaben abzubringen.
„Ich weiß, ich weiß. Mir ist völlig klar, welch ungewöhnliches Ansinnen das ist“, antwortete sie.
Erstaunlicherweise legte sich ihre Nervosität immer mehr, und nun saß dem Doktor plötzlich eine sehr energisch und zielbewusste Persönlichkeit gegenüber.
„Ich wüsste wirklich niemanden, der besser geeignet ist als Sie, Dr. Wellington. Es geht in dieser Angelegenheit schließlich nicht um irgendwelche Verfolgungsmaßnahmen oder Beschattungen, sondern darum, unauffällig herauszubekommen, wer überhaupt ein Interesse an dem Artefakt haben könnte und welche Person oder Personen dahinterstecken, um sie bei der Wiederbeschaffung identifizieren zu können. Wie soll denn ein Detektiv, der sich nicht mit dieser Art von Gegenständen auskennt, überhaupt erkennen können, wenn er eines davon in der Hand hält? Sie aber könnten das mit Leichtigkeit!“
Der Doktor schüttelte mehrmals den Kopf energisch hin und her.
„Meine liebe Miss Morrison, selbst wenn es so wäre, meine Fachgebiete sind ausgestorbene Sprachen und Geheimschriften. Archäologische Artefakte unbekannter Herkunft, die zudem offenbar noch was mit Kunst zu tun haben sollen, kommen bei mir erst an zweiter Stelle. Außerdem habe ich jetzt keine große Lust und Zeit dazu, mich mit solchen Belanglosigkeiten zu beschäftigen. Nein, tut mir ehrlich gesagt leid für Sie, aber ich kann Ihnen nicht helfen.“
Die junge Frau erwiderte nichts. Sie saß nur da, senkte sichtlich betrübt den Kopf und schaute wie abwesend auf den mit kunstvoll verschnörkelten Mäandern verzierten Teppichboden zu ihren Füßen. Einige Minuten schwiegen beide. Dann erhob sich Miss Morrison plötzlich wortlos, seufzte auffällig laut und reichte Dr. Wellington widerwillig die rechte Hand hin. Sie hatte wohl erkannt, dass sie im Augenblick bei ihrem Gegenüber nichts mehr würde erreichen können.
„Ich möchte mich trotzdem dafür bedanken, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Dr. Wellington“, murmelte sie, drehte sich sichtlich enttäuscht um und verließ eilig das Büro. Sie sah aus wie jemand, dem man die letzte Hoffnung geraubt hatte.
***
„War dein Besuch bei Dr. Wellington erfolgreich?“ Die Stimme ihres Neffen Oliver war wie üblich vom unverwüstlichen Optimismus getragen, selbst durchs Telefon.
„Er hat rundweg abgelehnt. Er scheint offenbar nicht das geringst Interesse an der Sache zu haben. Vielleicht lag es auch daran, dass er in Gedanken schon nicht mehr bei der Arbeit war. Er wollte in den Urlaub fahren. Trotzdem hätte er mir wenigsten etwas Interesse signalisieren können...“
Die junge Museumsdirektorin hörte selbst, wie deprimierend ihre Worte klangen.
„Was, er hat abgelehnt? Das kann doch nicht wahr sein!“ Olivers Stimme war anzumerken, wie befremdlich er die unerwartete Reaktion des Doktors fand.
„Er scheint wirklich nichts mit dieser außergewöhnlichen Sache etwas zu tun haben zu wollen. Keine Ahnung, was man ihm bieten müsste, damit er den Auftrag annimmt.“ Die Stimme der jungen Frau klang verzweifelt.
Ihr Neffe schwieg einen Moment lang bevor er plötzlich eine Idee hatte.
„Sag mal, Tantchen, du kennst doch diesen verschrobenen Multimillionär Mr. Benjamin Allister recht gut. Seid ihr nicht sogar eng miteinander befreundet? Ich meine den Typen mit der schwarzen Augenklappe, der sich immer damit rühmt, dass seine Vorfahren berühmte Piraten waren?“
„Was willst du damit sagen, Neffe?“
„Dieser Allister sammelt doch wie verrückt alles, was nur den Anschein eines mystischen Geheimnisses hat. Das gestohlene Artefakt würde ihn sicherlich interessieren. Dabei haben es ihm besonders unbekannte Schriften oder Schriftzeichen angetan. Und das hat doch dieses Ding – oder?“
Es dauerte einen Moment, bis bei Swetlana Morrison der Groschen fiel.
„Hm, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich werde mit Benjamin mal darüber reden. Danke für den Tipp, lieber Neffe. Ich werde ihn gleich anrufen. Wir sehen uns morgen beim Frühstück. Mach’s derweil gut...“
„Lass’ den Kopf nicht hängen, Tantchen. Schon morgen sieht alles anders aus. Ich bin mir sicher, dass Mr. Allister zubeißt. Bei dem spielt Geld doch keine Rolle, wenn es um solche Dinge geht. Außerdem steht der auf dich. So, ich lege jetzt lieber auf. Wir sehen uns dann!“
Noch am selben Abend führte die neue Museumsdirektorin zwei Telefonate. Eines in die USA mit ihrem Freund Benjamin Allister, ein weiteres mit Dr. Wellington. Danach ging sie ins Bad, machte sich für das Bett fertig und summte die ganze Zeit vor sich hin. In dieser Nacht schlief Swetlana Morrison besonders gut.
***
„Wie haben Sie heraus bekommen, dass es sich bei dem Artefakt um ein Duplikat handelt?“
Der Pensionär Dustin Herold drehte seinen Kopf nur leicht zu dem Fragesteller, den er hier im Museum das erste Mal sah. Er warf dem gut beleibten Mann einen abschätzenden Blick zu.
„Wer sich damit auskennt, sieht das sofort“, meinte er kurz angebunden.
Dr. Wellington wackelte mit dem Kopf. Endlich hatte er den Typen soweit. Seit einer halben Stunde führte er ein geschicktes Gespräch mit ihm und endlich war er da, wo er ihn hin haben wollte.
Mr. Herold kam jeden Freitag zwischen eins und fünf, und er hatte den Mann regelrecht abgepasst. Er war ein äußerst kluger Kopf mit einem fast fotographischen Erinnerungsvermögen. Er liebte besonders ausgefallene Artefakte oder seltene Kunstgegenstände aus längst untergegangenen Kulturen.
„Ich konnte mich genau an die Form und Anordnung der Hieroglyphen auf dem ausgestellten Gegenstand erinnern. Sie waren irgendwie gebrauchter, als das Ersatzstück, das ich später zu Gesicht bekam.
Dr. Wellington betrachtete fasziniert das aus glänzendem Metall bestehende, wie ein Bumerang geformtes, ungewöhnliche Gebilde mit leicht zusammengekniffenen Augen.
„Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Hieroglyphen aus einer etwas anderen Farbe bestehen. Die auf der Nachbildung ist zwar auch rot, aber die auf dem Original war einfach intensiver. Manchmal hatte ich den seltsamen Eindruck, sie würden zu leuchten beginnen. Die Nachbildung tat das nicht. Ich kann mich natürlich auch getäuscht haben, aber ich bin mir schon ziemlich sicher, dass es manchmal so war, beim Original meine ich.“
Dr. Wellington schwieg versonnen und betrachtete das seltsam aussehende Artfakt immer noch. Auch wenn es nur eine Kopie war, war er insgeheim von Form und Aussehen dieses Dings irgendwie innerlich angetan.
„Das Original verfügt angeblich über geheime Zauberkräfte – sagt man jedenfalls. Es soll jede x-beliebige Person, die es in der Hand hält und über die Hieroglyphen einen ganz bestimmten Code eingibt einfach so verschwinden lassen können. Aber wer glaubt schon so einen Unsinn? Das Museum profitiert allerdings davon. Der Besucherstrom reißt einfach nicht ab. Der Gegenstand ist für viele schon ein regelrechtes Kultobjekt.“
Der Doktor hatte bereits von solchen Zuständen gehört. Mr. Herold beugte sich plötzlich leicht nach vorne und senkte die Lautstärke seiner Stimme.
„Wissen Sie, es darf kein Wort nach draußen dringen, dass es sich bei diesem Objekt nur um eine Nachbildung handelt. Das Museum verlöre eine Menge Geld, wenn die Täuschung auffliegt. Die Besucher blieben aus und die Einnahmen würden rapide sinken. Also kein Wort darüber, dass das, was Sie da in den Händen halten, nur ein Duplikat ist. Mit dem, was ich finanziell bekommen habe, schweige ich wie ein Grab bis an mein Lebensende.“
Mit diesen Worten tippte er sich leicht an seinen Hut und erhob sich ächzend, gestützt auf seinen krummen Spazierstock, von seinem Platz.
„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag, Herr Doktor. Und legen Sie das Ding wieder genauso in die Vitrine zurück, wie es da vorher gelegen hat. Wir wollen doch nicht, dass noch ein weiterer Besucher den Schwindel aufdeckt – oder?“
Dann verschwand der Pensionär Mr. Herold geräuschlos durch die offene Glastür und verließ das Säulen bestückte Museum über einen Aufzug.
Kaum war er außer Sichtweite, sprang Dr. Max Wellington wie von einer Ameisenarmee gebissen auf und eilte ins Büro von Swetlana Morrison. Er hatte ein paar interessante Fragen an die junge Museumsdirektorin.
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„Dieser Mr. Herold scheint sich sehr gut auszukennen. Vielleicht sollten wir ihn ein wenig mehr auf den Zahn fühlen“, sagte Dr. Wellington.
„Wir lassen das lieber. Der weiß mehr als uns lieb ist. Wir haben ihn gut für sein Schweigen bezahlt und mit ihm eine Abmachung getroffen. Wenn wir ihn weiterhin belästigen, könnte er das an die große Glocke hängen“, erwiderte Miss Morrison energisch.
„Sie haben Recht, das geht nicht“, pflichtete Dr. Wellington ihr bei. „Wir müssen mit dem Wenigen, was wir bisher herausbekommen haben, einen Weg finden, das Original wiederzufinden. Ich lasse mir dazu einige Ideen durch den Kopf gehen. Aber zuerst werde ich einen guten Bekannten von mir in der Innenstadt besuchen, der dort einen kleinen Buchladen betreibt. Er kennt fast jeden und hört so allerlei...“
Doch mehr wollte Dr. Wellington nicht verraten. Er bat Swetlana Morrison ihm noch um ein Foto des Originals auszuhändigen, bevor er sich von ihr verabschiedete.
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Die kleine Buchhandlung lag ziemlich versteckt in einer Seitenstraße am äußersten Rande der Innenstadt, wo ein großer, historischer Park anfing.
Bereits als Dr. Wellington in die kleine Gasse einbog, war ihm so, als ließe er die moderne Welt hinter sich. Hier schien die Zeit schon lange stehen geblieben zu sein.
Als er das Geschäft betrat, bewegte sich eine altmodische Glocke, die sein Eintreten signalisierte. Die hölzerne Tür mit den blinden Scheiben klemmte etwas, und nachdem sie sich langsam und knarzend hinter ihm geschlossen hatte, war es um ihn herum ganz still. Wie verloren stand Dr. Wellington in dem kleinen Raum, der voller alter und neuer Bücher war.
Dämmriges Licht umhüllte ihn, und der Geruch nach Papier, altem Holz und verstaubtem Leder stieg in seine Nase. Ein wohlbekannter Geruch für den Doktor, denn früher, als er noch auf der Universität studierte, war er ein häufiger Gast in diesem kleinen Buchladen gewesen. Ein Rascheln und Schlurfen im hinteren Teil des Geschäfts kündigte gleich darauf jemanden an, und ein kurzes Hüsteln entlockte Dr. Wellington ein sanftes Lächeln.
„Reinhard“, rief er in den trüb beleuchteten Gang hinein.
Aus dem schummrigen Halbdunkel trat ein kleiner, gebückter, älterer Mann hervor. Die weißen Haare standen wie zerzauste Wattebäusche um seinen Kopf herum, auf der langen Nase befand sich eine altmodische Brille. Als der betagte Mr. Reinhard Baumann den Doktor sah, hob er die dünnen Arme etwas in die Luft, was seine Art der Begrüßung eines alten Freundes war.
„Max! Wie lange ist es her, als ich dich das letzte Mal gesehen habe?“
Die beiden Männer begrüßten sich herzlich, indem sie einander fest umarmten. Dann drückten sie sich lange die Hände.
„Ich habe beruflich sehr viel zu tun. Das war damals anders. Während meines Studiums hatte ich mehr Zeit zu dir zu kommen“, meinte Dr. Wellington und zuckte bedauernd die Schulter.
„Ja, und wenn du den Weg jedes Mal hierher findest, hast du meistens eine harte Nuss für mich mitgebracht. So ist es doch, nicht wahr!“
Der Doktor nickte. Reinhard Baumann war auch ein enger Freund seines verstorbenen Vaters gewesen. Für ihn war der Alte immer Mentor und Freund zugleich gewesen. Schon damals, als er noch ein junger Mann war, kam er häufig hier hin, um sich Bücher über Kunst, Kultur und Archäologie auszuleihen. Bis zum heutigen Tag stand ihm der liebe alte Mann mit Rat und Tat zur Seite, wenn er ihn für seine wissenschaftlichen Recherchen brauchte.
Nachdem er vorgetragen hatte, was ihn bewegte, legte er ein Foto des Artefaktes auf den Ladentisch. Der Alte sah es sich an und grübelte.
„In der Tat, mein Freund, diese Nuss ist etwas ganz Besonderes und so hart, dass ich mir alleine daran die Zähne ausbeißen würde. Ich brauche wieder einmal deine Hilfe.“
Reinhard Baumann lächelte ein wenig, machte eine einladenden Geste und deutete dann an, dass sein Besucher in den hinteren Teil des Ladengeschäftes kommen sollte.
Der alte Buchhändler bot Dr. Wellington einen Tee an und schenkte ihm ein. Dann nahmen beide in bequemen Ledersesseln Platz. Mit erstaunlich klaren und hellen Augen hörte sich der Alte den Bericht über die Vorfälle im Museum interessiert an. Immer wieder betrachtete er dabei das DIN A 4 große Farbfoto, auf dem das seltsame, Bumerang ähnliche Artefakt zu sehen war.
„Ich habe gehört, dass das Original über geheimnisvolle Kräfte verfügen soll, wenn man mit Hilfe der Hieroglyphen einen bestimmten Code eingibt. Ich kann mir nicht denken, dass es von der Erde stammt. So etwas kann nicht von Menschenhand erschaffen worden sein“, erklärte Dr. Wellington.
„Ich bin mir ziemlich sicher, kein Buch über etwas Derartiges im Haus zu haben. Ich habe so etwas noch nie gesehen, nur davon hin und wieder gehört. Böse Geschichten ranken sich um diesen Gegenstand. Aber wenn du gestattest, werde ich einen guten Geschäftsfreund bitten, bei sich im Privatarchiv nachzuforschen. Sein Name ist Georg Random. Vielleicht kommt dir der Name bekannt vor. Er gehörte mal der Regierung als Experte für außerirdische Lebensformen an. Es kann allerdings ein paar Tage dauern.“
Dr. Wellington biss sich auf die Lippen. Er hatte der jungen Museumsdirektorin nach einigem Hin und Her doch noch seine Unterstützung zugesagt, weil sie ihm ein finanzielles Angebot gemacht hatte, das er einfach nicht ablehnen konnte. Aber er wollte seinen alten Freund nicht zur Eile antreiben, der sich um die Sache zwar kümmern würde, aber in seinem eigenen Tempo.
„Vielen Dank, mein alter Freund. Manchmal wüsste ich nicht, was ich ohne dich täte!“
Die beiden Männer tauschten noch ein paar allgemeine Neuigkeiten aus, dann macht sich Dr. Max Wellington wieder auf den Weg. Reinhard Baumann hingegen begann sofort mit seinen Nachforschungen, um die sein Freund ihn gebeten hatte. Er tat das mit einer gewissen Eile, gerade so, als ahne ein Teil von ihm bereits, wie dringend die Angelegenheit tatsächlich war.
***
Zwei Tage später klingelte das Telefon bei Dr. Wellington, der seinen Urlaub verschoben hatte und wieder im Büro an seinem Schreibtisch saß. Von Urlaub keine Rede mehr. Er nahm den Hörer ab und vernahm eine bekannte Stimme. Reinhard Baumann war dran und schien ziemlich aufgebracht zu sein. Der Doktor zögerte nach einem kurzen Gespräch keine Sekunde lang, seinen alten Freund sofort in seinem Buchladen aufzusuchen. Er verließ das Büro und fuhr mit dem Aufzug in die Tiefgarage, wo sein schneller Hybridwagen geparkt einsam in einer Stellbox stand. Eine halbe Stunde später stand er in Reinhard Baumanns Geschäft und ließ sich von ihm erzählen, was passiert war.
„Wer auch immer dieses Artefakt gestohlen hat, mit oder ohne fremder Hilfe, diese Person oder seine Hintermänner sind äußerst gefährlich. Ich würde dir empfehlen, dass du dieser Lady, wie heißt die noch gerade? Ach ja, Miss Morrison sagst, sie sollte sich lieber an die Polizei wenden. Du bist ja schließlich kein Kriminalbeamter und auch kein Detektiv.“
Dr. Wellington zuckte bei den Worten des Buchhändlers unwillkürlich zusammen. Er blickte einfach nicht durch, was sein Freund Baumann eigentlich sagen wollte.
„Ich verstehe nur Bahnhof. Willst du mir nicht erklären, worum es bei der ganzen Sache überhaupt geht“, fragte er ratlos.
Der alte Mann schaute den Jüngeren kurz prüfend an und schüttelte schließlich resigniert den Kopf. Aber er wusste auch im gleichen Moment, dass sich Max Wellington mit ein paar allgemeinen Warnungen nicht zufrieden geben würde.
„Nimm erst einmal Platz“, forderte er seinen Freund auf. „Dann erzähl ich dir alles, was ich über diesen Gegenstand heraus gefunden habe.“ Er selbst setzte sich seinem neugierig gewordenen Besucher gegenüber.
„Mein Geschäftspartner, Mr. Random, hat eine Menge über dieses seltsame Ding aus dem Museum gewusst. Das hat mich selbst erstaunt. Er redete davon, dass es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache wohl um so eine Art rituellen Gegenstand handelt, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem All stammt, also außerirdisch sein soll. Durch wen und wie dieses Ding zu uns auf die Erde gekommen ist, konnte er zwar selbst nicht sagen, aber er wusste genau, wem dieses Ding offenbar mal gehörte. Es soll sich in der Tat um ein Wesen aus dem All handeln, genauer gesagt um einen so genannten Alien-Metamorph, also etwas, was die Gestalt eines anderen Menschen oder jedes x-beliebigen Tieres annehmen kann, das in etwa seiner Körpergröße und Körpermasse entspricht. Das klingt in der Tat einfach unglaublich und zu fantastisch um wahr zu sein. Nichtsdestotrotz sah sich die Regierung seinerzeit dazu gezwungen, wegen der vielen Berichte über eine große Zahl unaufgeklärter Mordfälle, die sich übrigens überall auf der Welt in den verschiedensten Regionen ereignet haben, sämtliches Material dazu sicherheitshalber unter Verschluss zu nehmen. Jede Information wurde unterdrückt, was mit diesen schrecklichen Morden nur den Anschein nach zu tun haben konnte. Man hat es bis heute zur Geheimsache erklärt.
Das tat sie aus reiner Vorsicht. Man will wohl damit eine Panik unter den Menschen vermeiden. Scheinbar wussten bereits einige Leute sogar, wie dieser Außerirdische aussieht. Die Kreatur soll aufrecht gehen können und wie eine mannshohe Echse aussehen. Ich dachte erst, dass mich dieser Random verulken wollte, als er mir davon erzählte. Aber der fremdartige Besitzer dieses Artefaktes wurde tatsächlich mehrmals von Augenzeugen direkt gesehen. In manchen Gegenden ist er sogar schon zu einer echten Legende geworden. Man darf davon ausgehen, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen. Von Zeit zu Zeit soll der Außerirdische immer wieder mal die Erde besuchen, um sich an Menschenfleisch gütlich zu tun. Sein Ritual ist dabei eine ausgefeilte, gut durchdachte Jagd. Diese Tatsache könnte auch für dich gefährlich werden. Solange das Ungeheuer allerdings seinen Gegenstand, mit dem es sich verschwinden lassen kann, nicht hat, ist es mehr oder weniger verwundbar. Aber sicher ist das nicht. Doch sollte es so sein, dann wird es bereits auf der Suche nach seinem Besitz sein und dabei die Gestalt anderer Menschen annehmen. Wenn das alles stimmt, ist jeder, der nach dem Artefakt sucht, in potenzieller Gefahr.“
Dr. Wellington wiegte den Kopf hin und her und fuhr sich mit der Hand mehrmals über die schwitzende Stirn.
„Hört sich für mich alles ziemlich merkwürdig an“, sagte er schließlich leicht genervt.
„Wie auch immer. Ich kann dir nur sagen, dass es sich hier nicht um irgendwelche Spinnerein handelt. Hinter dem Diebstahl steht entweder eine Bande von Leuten, die sich davon etwas versprechen oder es ist sogar möglich, dass die Bestie aus dem All selbst dahinter steckt. Im ersten Fall geht es um unermessliche Macht und viel Geld. Der Raub des Artefaktes muss demnach von langer Hand geplant und ausgeführt worden sein. Im zweiten Fall hätte die Kreatur wohl möglich ihr Ziel schon erreicht und wir bräuchten nicht mehr nach dem ominösen Fundstück zu suchen. Sei also vorsichtig, mein Freund! Ziehe beide Tatsachen in Erwägung!“
„Woher weißt du das alles?“
Der alte Mann schob dem erstaunten Doktor ein paar Blätter zu.
Das sind Kopien meines Geschäftspartners. Sie sind hoch geheim. Er hat sie damals selbst angefertigt, als er noch für die Regierung tätig war und heimlich aus seinem Büro schmuggeln können. Random ist froh darüber, die Blätter endlich los zu sein. Irgendwie waren sie ihm immer schon suspekt. Gerade so, als hafteten ihnen etwas Böses an. Nein, er will nicht weiter in die Sache hineingezogen werden, und ich akzeptiere das. Auch muss ich meinen Informanten schützen.“
Bei diesen Worten sah sein Freund Baumann auf einmal seltsam blass und unruhig aus. Ganz so, als habe ihm das, was er inzwischen über die ganze Sache wusste, selbst einen gehörigen Schrecken eingejagt. Irgendwie wirkte er leicht verändert. Aber Dr. Wellington achtete nicht mehr darauf.
„Aber ich hätte ihn gerne mal in dieser Angelegenheit selbst gesprochen. Ich würde mich freuen, mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Vielleicht weiß er mehr über den Fall als er zugibt. Was meinst du? Könntest du mir seine Adresse geben, trotz aller Bedenken, deinen Informanten zu schützen?“
„Hm, du kannst es ja mal versuchen. Aber ich kann dir nicht garantieren, ob er dazu bereit ist, mit dir in dieser Angelegenheit ein Gespräch darüber führen zu wollen. Trotzdem, seine Adresse findest du im Telefonbuch“, antwortete der alte Buchhändler. „Mehr kann ich dir jetzt nicht sagen.“ Dann versuchte er das Thema zu wechseln.
Dr. Wellington blieb noch Weile bei seinem alten Freund und beide ließen vergangene Zeiten wieder aufleben. Es war schon sehr spät, als er sich endlich von dem alten Buchhändler verabschiedete.
***
„Verzeihung Sir. Sind Sie Mr. Georg Random? Ich bin ein Bekannter ihres Geschäftspartners Reinhard Baumann.“
Der Mann im Garten sah erstaunt auf und nickte unwillkürlich mit dem Kopf. Dann näherte er sich der kleinen Steinmauer. Es war eine merkwürdig aussehende Gestalt, die sich da mit trägen Schritten auf Dr. Max Wellington zu bewegte. Auf ihrem Kopf befand sich ein ausladender Hut aus Stroh, um den fülligen Bauch schlang sich eine grüne Wachsschürze und quietschgelbe Gummihandschuhe versteckten ihre Hände, die eine geöffnete Gartenschere festhielten.
„Ich bin Dr. Max Wellington. Ich arbeite zur Zeit für das City Museum. Ich komme in einer ganz bestimmten Angelegenheit zu ihnen, Mr. Random. Es geht um das gestohlene Artefakt. Na, Sie wissen schon...“
Der Hobbygärtner blinzelte ein wenig, gerade so, als sei Dr. Max Wellington ein Vertreter aus einer fremden Welt, die schon lange nicht mehr zu seiner gehörte.
„Ja und? Und das führt Sie zu mir?“ fragte er ein wenig arrogant. Doch beim Anblick von Dr. Wellington schien er sich plötzlich eines anderen zu besinnen. Die Brisanz seines Anliegens schien selbst ihm mittlerweile klar geworden zu sein. Und tatsächlich winkte Mr. Random sein Gegenüber auf der anderen Seite der Mauer zu einem schmalen, schmiedeeisernen Tor, das er seinem fremden Gast nun von innen öffnete. Danach entledigte er sich seine Arbeitsanzuges samt Handschuhe, nahm den Doktor mit ins Haus und bot ihm einen Eistee aus einer dort auf dem Tisch stehenden Karaffe an. Nach dem ersten Schluck sprach Max Wellington den Grund seine Besuches an und schilderte dem Pensionär und Hobbygärtner, was passiert war. Mr. Random schwieg die ganze Zeit. Nur ab und zu nickte er vielsagend mit dem Kopf.
„Ein Artefakt aus dem Museum entwendet. Das gab es noch nie in unserer Stadt. Was würde bloß der alte Direktor Jack Hoover dazu sagen? Aber alles passiert ja irgendwann zum ersten Mal. Ich kenne die neue Museumsdirektorin übrigens sehr gut von meiner früheren Arbeit her. Da war sie noch Assistentin. Ich war jahrelang für die Regierung tätig, müssen Sie wissen. Wir hatten schon häufiger in Sachen Mystische Kunst miteinander zu tun und war darüber hinaus ein häufiger Gast im City Museum. Miss Morrison ist relativ jung und sehr zielstrebig, kennt sich gut aus und kommt bei den Leuten bestens an. Sie ist eine hervorragende Besetzung für das altehrwürdige Museum.“
Mr. Random schien für einen Augenblick in seinen Erinnerungen zu versinken, bevor er sich zusammenriss und eine neue Frage stellte.
„Wie sollte das denn passiert sein? Die Sicherheitsvorkehrungen im Museum sind beispielhaft.“
Wellington rieb sich das Kinn. Diese Frage hatte er auch schon mit Swetlana Morrison lang und breit erörtert.
„Irgendjemand muss den Zeitraum genutzt haben, in dem der Direktionswechsel vollzogen wurde und Miss Morrison ihre Stelle noch nicht angetreten hatte.“
„Alle Mitarbeiter, so viel ich weiß, sind schon seit vielen Jahren dort“, gab Mr. Random zu bedenken. Es war ihm anzusehen, wie unwahrscheinlich ihm Wellingtons Gedankengänge erschienen, jemand aus dem Museum selbst habe etwas mit dem Verschwinden des Artefaktes zu tun.
„Gab es vielleicht noch andere Möglichkeiten, das jemand Fremdes Zugang zu dem Schlüsselraum hatte?“
Von Swetlana Morrison wusste Dr. Wellington bereits, dass auch Mr. Random seinerzeit, als er noch im Dienste der Regierung stand, einen Generalschlüssel für das Museum besessen hatte. Es wäre für ihn ein leichtes Spiel gewesen, diesen nachmachen zu lassen. Außerdem war er Witwer, der bereits seit vielen Jahren allein lebte. Seine Frau galt als vermisst. Angeblich soll sie in Afrika auf einer Safari umgekommen sein. Doch genaues wusste man nicht über den wahren Tod seiner Frau. Der Mann schien voller Geheimnisse zu sein.
Doch wie erwartet, schüttelte der alte Herr den Kopf. Dann jedoch schien ihm ein Gedanke zu kommen. Umständlich nahm er seinen Strohhut ab und fuhr sich mit einem großen Taschentuch kurz über die verschwitzte Stirn. Seine schütteren Haare klebten auf der pigmentierten Haut seines Kopfes. Seltsame grüne Flecken waren darauf zu erkennen, die Wellington nicht einordnen konnte. Vielleicht färbte der Hutrand innen ab, dachte er so für sich und gab sich mit dieser eigenen Antwort zufrieden.
Random redete weiter.
„Ich weiß nicht wie ich es sagen soll und ob der Vorfall überhaupt etwas mit dem Diebstahl des Artefaktes zu tun hat. Es gibt etwas..., aber ich kann mir nicht vorstellen, dass diese unscheinbare Sache mit alledem etwas zu tun hat..., das wäre einfach unglaublich“, murmelte der alte Mann.
Dr. Morrison wurde hellhörig.
„Alles, was damit in Zusammenhang stehen könnte, ist wichtig. Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann erzählen Sie es mir jetzt“, erwiderte er.
Kurze Zeit später wusste Dr. Wellington alles über einen bestimmten Abend, an dem der ältere Herr beinahe überfahren worden wäre.
Dr. Wellington äußerte eine Vermutung.
„Könnte es sich bei der ganzen Sache um einen fingierten Fast-Unfall gehandelt haben? Mit dem einzigen Zweck, dass sich ihnen ein Fremder nähern konnte?“
„Sie meinen den jungen Mann, der sich als Arzt ausgab und mich ins Krankenhaus bringen ließ?“
Dr. Wellington nickte.
„Vermutlich war auch der Taxifahrer mit involviert. Möglich ist alles.“
„Oh, mein Gott“, rief Random plötzlich erschreckt aus, als würde er sich an den besagten Abend an jedes Detail erinnern.
„Ja..., natürlich..., mein Retter hat mich in die Ambulanz begleitet und mir dort aus dem Mantel geholfen...“
„...in dem Sie ihren Schlüsselbund trugen, nicht wahr?“ beendete Wellington den Satz.
„Ja, ich habe ihn erst einen Tag später vermisst, als ich wieder zuhause war. Ich dachte, ich hätte ihn beim Sprung auf den Gehsteig verloren. Ich ließ mir natürlich sofort ein paar neue anfertigen.“
„Besaßen Sie noch einen Generalschlüssel des Museums, Mr. Random?“
„Äh, ich muss es wohl versäumt haben, ihn abzugeben. Oder habe ich das schon getan? Mir fällt im Augenblick nichts dazu ein. Ich müsste erst in meinem Schreibtisch oben im Arbeitszimmer nachsehen.“
Dr. Wellington spürte, dass der Mann ihm an dieser Stelle nicht die ganze Wahrheit sagte. Irgendwas stimmte hier nicht. Er war ganz und gar nicht gewillt, jetzt doch noch unverrichteter Dinge von dannen zu ziehen. Der Mann hatte offenbar was mit der Sache zu tun.
Wellington sprach Klartext. Das war seine einzige Chance um an die Wahrheit heranzukommen.
„Mr. Random, jetzt, wo wir wissen, wie der Diebstahl begangen wurde, sind Sie es dem Museum einfach schuldig, alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um den Aufenthaltsort des gestohlenen Artfaktes mitzuteilen, damit es wiederbeschafft werden kann.“
Bei diesen Worten, die direkt an sein schlechtes Gewissen appellierten, zerbröckelte der Widerstand des alten Mannes.
Schließlich beugte er sich weit nach vorne, bis sein schrumpeliger Mund fast Dr. Wellingtons Ohr berührte, gerade so, als befürchte er, jemand Unbefugtes könnte mithören. Doch dann zuckte er plötzlich zurück und sprang auf.
„Nein!“ rief er und deutete nach draußen in den Garten, wo eine kleine Gartenhütte einsam hinter einer hohen, grünen Hecke stand. „Er ist hier und wird uns alle holen. Er hat Macht und mich dazu gezwungen, ihn bei mir aufzunehmen. Ich wollte das nicht, aber er ist der Teufel in Menschengestalt. Ein Ungeheuer, das Menschen frisst“, stieß der Alte schnaubend und zitternd hervor und rannte wie von Sinnen aus dem Haus.
Dr. Wellington stob dem alten Random hinter her, schlug jedoch die Richtung zur Gartenhütte ein. Wenn der Alte die Wahrheit gesagt haben sollte, dann wird mich niemand davon abhalten, diesen Dreckskerl mit meinen Kugeln in ein Sieb zu verwandeln. Hastig zog er seinen schweren Trommelrevolver aus der Hosentasche, entsicherte ihn und blieb kurz vor der Gartenhütte stehen. Fest entschlossen hob er die Waffe an und zielte damit auf die offen stehende Tür des Gartenhäuschens.
„Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus. Ich warne Sie! Ich werde schießen, wenn Sie meiner Aufforderung nicht nachkommen. Sie haben keine Wahl...“
Der Rest des Satzes blieb Dr. Wellington im Hals stecken, als er die Stimme von Mr. Random hinter sich hörte. Er spürte seinen heißen Atem im Nacken, der ihn erschauern ließ. Oder war es schon der Atem des Ungeheuers?
"Aber, aber, mein Freund. Sie werden doch nicht gleich auf mich schießen, oder? Waffe runter, sofort oder ich beiße Ihnen die Schlagader auf!“
Starr vor Entsetzen ließ Wellington den Revolver fallen, der mit einem klatschenden Geräusch auf den feuchten Boden fiel.
Mr. Georg Random umrundete den Doktor wie eine schleichende Katze, bis er endlich direkt vor ihm stand und ihm ins Gesicht sehen konnte. Der Körper des angeblich alten Mannes veränderte sich plötzlich langsam und kontinuierlich in die Gestalt einer schrecklich aussehenden Echse. In der rechten Klaue hielt diese Kreatur einen Bumerang ähnlichen Gegenstand, dessen rötliche Schriftzeichen intensiv zu leuchten begannen.
„Haben Sie etwa nach meinem Artefakt gesucht, Dr. Wellington? Sie wissen doch, es gehört mir und nicht eurem lächerlichen Museum. Schon Generationen meiner Vorfahren haben es getragen. Nur manchmal bin ich vergesslich und lasse es irgendwo liegen. Vor allen Dingen dann, wenn ich mir den Bauch mit leckerem Menschenfleisch vollgeschlagen habe. Aber zum Glück kann ich mein Erbstück immer wieder orten, selbst dann, wenn es hinter dicken Mauern liegt. Soll ich ihnen verraten, woher ich komme? Ich komme von einem Planeten, der sich weit draußen im Universum befindet. Wir sind eine uralte Rasse und reisen immerfort durchs unendliche All, ständig auf der Suche nach bewohnten Planeten, auf denen es was zu fressen für uns gibt. Ihr Menschen seid besonders schmackhaft und saftig. Ich komme immer wieder gerne zu euch. Ja, ich freue mich schon auf ihr zartes, lockeres Fleisch und das viele Blut in ihnen, das so überaus köstlich schmeckt, Dr. Max Wellington. Ich musste mich schon viel zulange zurückhalten. Aber jetzt, hier draußen im einsam gelegenen Garten, wo uns niemand sehen kann, lasse ich meinem animalischen Fresstrieb freien Lauf.“
Kein Blitz hätte bei einem Menschen eine stärkere Erschütterung ausgelöst, wie bei Dr. Wellington.
In Todesangst fing er an zu schreien und wollte davonrennen. Das Monster jedoch war schneller und spie ihm eine dunkel aussehende Brühe mitten ins Gesicht, die sich wie Säure durch seine blutleere Haut fraß.
Seine verzweifelten Schreie verwandelten sich nach und nach in ein hilfloses Gurgeln und als er endlich zu Boden stürzte, war das schreckliche Monster auch schon direkt über ihm, um seinen wehrlos zuckenden Körper in Stücke zu reißen.
Schmatzend vor Fressgier geriet die außerirdische Kreatur in eine wahnsinnige Blutorgie, bis am Ende nur noch die Knochen von Dr. Wellington verstreut im Garten herumlagen, die es später in einen tiefen Brunnen warf.
Dann wurde es ganz plötzlich still im Garten. Das Monster hatte seinen unbändigen Hunger nach Menschenfleisch gestillt und drückte wenig später mit seinen blutigen Klauen auf die geheimnisvollen, rötlich leuchtenden Schriftzeichen des silbrig farbigen Artefaktes, das die Form eines Bumerangs hatte.
Dann verschwand es schlagartig, als wäre es vom Erdboden verschluckt worden.
(c)Heinz-Walter Hoetter
***
Plötzlich war er in dieser völlig anderen Welt.
Wo er vorher gewesen war, daran konnte sich Sam Fox im Augenblick nicht mehr erinnern. Wozu auch? Er empfand nur das Hier und Jetzt als seine ganz persönliche Realität, die allerdings im Moment jeden seiner einzelnen Sinne voll beanspruchte.
Sein Herz pochte wie verrückt. Die schweißnassen Finger verkrampften sich zu einer harten Faust, ohne dass er es merkte. Mit versteinertem Gesicht starrte er auf die zersplitterte Zieloptik seines Impulsgeschützes, das auf Ultra-Power-Energie eingestellt war. Einen unerträglich langen Moment tat sich gar nichts. Für Sam Fox schien die Welt um ihn herum stillzustehen, wie eingefroren in einem dicken Eispanzer.
„Hat sich der Schuss überhaupt gelöst?“ fragte er sich unbewusst mit lauter Stimme und schaute dabei auf die Anzeige direkt vor ihm. War er möglicherweise doch noch gescheitert? Diese stille Frage schoss ihm immer wieder durch den Kopf.
Auf dem bernsteinfarbenen Sensortastenfeld erschien in regelmäßiger Folge das tiefrote Leuchten eines Startsymbols, mit dem er den gewaltigen Energiestoß vor ein paar Sekunden auf seine Reise geschickt hatte. Hoffte er jedenfalls. Verzweifelt wartete Sam Fox auf eine Antwort, die durch ein grünes Bestätigungslicht gleich neben der Abschusstaste angezeigt werden sollte. Aber es tat sich einfach nichts.
Dann gab es schlagartig ein fürchterliches Getöse. Sam Fox schrie auf. Im nächsten Augenblick wurde er nach hinten gerissen und sein ungeschützter Kopf krachte mit großer Wucht gegen eine metallene Zwischenwand. Benommen sackte er zu Boden, wo er kraftlos liegen blieb. Unheimliche Kräfte zerrten jetzt an jeder einzelnen Faser seines Körpers und überall tanzten kleine bläulich aussehende Flämmchen wie Elmsfeuer an ihm herum.
Sam Fox öffnete, vom Aufprall noch ganz benommen, seine Augen. Mit verschwommenem Blick suchte er die Umgebung ab. Sein trübes Bewusstsein war mit der plötzlich einsetzenden Bilderflut total überfordert. Es schaffte es nicht, alles zu einem konkreten Gesamtbild zusammenfügen.
Ein gurgelndes Stöhnen drang aus seinem Mund. Seine Arme und Beine zuckten unkontrolliert hin und her und entzogen sich jeder willentlichen Kontrolle. Dicke Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, die über sein mit tiefen Falten überzogenes Gesicht rannen, das durch den heftigen Schlag blass und eingefallen aussah. Seltsam war nur, dass er keine Schmerzen spürte. Aber darüber machte er sich im Moment keine Gedanken.
Sam Fox wartete so lange, bis er seine Kräfte einigermaßen zurück gewonnen hatte. Endlich konnte er sich mühsam aufrichten. Dann ging alles sehr schnell und es erschien ihm so, als hätte man ihn auf einmal mit Adrenalin vollgepumpt. Woher diese plötzliche Kraft kam, konnte er nicht sagen. Sie war einfach da. Zwar zitterten seine Knie immer noch, aber er konnte sich dennoch relativ gut auf den Beinen halten.
Der geballte Energieschuss war also doch rausgegangen. Auf der Sensorkonsole leuchtete jetzt ein grünes Dauerlicht, das als Bestätigung für einen erfolgreichen Austritt der gigantischen Energieladung galt. Das es so lange gedauert hatte schrieb Sam Fox im Nachhinein den umfangreichen Modifikationen zu, die er in letzter Zeit an der komplizierten Elektronik vorgenommen hatte, um seinen verzweifelten Plan doch noch in die Tat umsetzen zu können.
Es war ein Plan, der sich in der Theorie ziemlich einfach anhörte, praktisch aber jedoch eine Menge Unwägbarkeiten aufwies. Seine gnadenlosen Verfolger, die Jäger von Vendor, hatten ihn auf dem Planeten Straath I entdeckt, wo er sich in einer uralten, aber immer noch intakten Verteidigungsanlage seit einiger Zeit versteckt hielt. Dennoch hatten sie ihn aufgespürt und gefunden, was Sam Fox irgendwie irritierte, weil diese sagenhafte Abwehranlage durch ein raffiniert ausgeklügeltes Tarnschild, das sich täuschend echt an die Umgebung anpasste, so gut wie unsichtbar gemacht wurde.
Wie auch immer, jetzt musste er sich erst einmal die kosmischen Jäger vom Hals halten. Und das war ihm anscheinend, nach neuestem Stand der Dinge, gründlich gelungen.
Mit Tränen gereizten Augen starrte Sam Fox auf den riesigen Monitor an der gegenüber liegenden Wand. Er verließ das vibrierende Energiegeschütz und ging jetzt mit langsamen Schritten auf die gewaltig aussehende Projektionswand zu. Als er direkt davor stand, hatte er das komische Gefühl, als schwebte er da draußen im All herum. Vor ihm funkelten die Sterne in der Schwärze des Weltraums, die sich überall, jedoch ungleichmäßig verteilt, in einem überdimensionierten, weiß leuchtenden Fadenkreuz befanden.
Oben links in der Ecke des Großbildschirms erkannte Sam Fox eine grauschwarze Wolke an einer Stelle, die er noch vor wenigen Minuten mit der Zieloptik der Energiekanone anvisiert hatte. Die Umgebung schien innerhalb der Wolke zu brodeln, fast so, als würden beständig gigantische Eruptionen riesige Mengen an Geröll und Staub nach außen schleudern. Am Rand der dunklen Staubwolke bewegten sich zahlreiche tentakelartige Gebilde wild zuckend hin und her. Die fürchterliche Energieentladung hatte ihre tödliche Wirkung offenbar nicht verfehlt. Seine schrecklichen Verfolger waren vernichtend geschlagen worden und lagen jetzt in Agonie.
Sam Fox keuchte beim Anblick des Todeskampfes der Jäger von Vendor. Mitleid empfand er dabei nicht. Noch jetzt, obwohl sie schon fast so gut wie tot waren, wollten diese grausamen Bestien nicht aufgeben. Sie schlugen mit ihren langen Tentakeln wie wild um sich nach allen Seiten. Ja, der zielgenaue Schuss hatte gesessen und seine ärgsten Feinde mit einem einzigen, mächtigen Schlag zerstört. Der Mann spürte eine tiefe Genugtuung, denn er wusste, dass sein Überleben vorläufig gesichert war. Wie lange, das würde sich noch herausstellen.
Plötzlich bemerkte Sam Fox aus den Augenwinkeln heraus einen dunklen Schatten. Er fuhr herum. Ein über zwei Meter großer Körper aus silbrig glänzendem Schlaumetall trat neben ihn.
Es war der Androide Daten Sirius, der die so wichtige Aufgabe des Koordinaten- und Zielrechners übernommen hatte, weil die alte Rechenanlage vorübergehend ausgefallen war. Zu diesem Zweck musste der Androide in den für ihn viel zu engen Geschützraum kriechen und hatte die ganze Zeit darin tapfer ausgehalten, bis die genauen Zielkoordinaten für den komprimierten Energieschuss rechnerisch einwandfrei feststanden.
In der allgemeinen Aufregung hatte Sam Fox den Androiden allerdings total vergessen.
„Wir haben es tatsächlich geschafft, Mann!“ stieß der künstliche Mensch hervor. Seine Stimme klang kratzig metallisch, aber irgendwie zufrieden.
„Ja, wir haben diese Dreckskerle erledigt, Daten Sirius! Die haben ein für allemal ihr Leben ausgehaucht.“
Der Androide nickte behäbig mit dem Kopf und schaute dabei auf den riesigen Monitor an der Wand.
„Ja, wir haben sie fertig gemacht. Keines dieser Bestie hat überlebt. Ich glaube, wir sollten uns jetzt eine kleine Pause gönnen und danach das Zeitportal neu justieren. Die Jäger von Vendor werden nicht locker lassen, um uns weiter zu verfolgen. Irgendwann werden die nächsten von ihnen kommen und den erneuten Versuch unternehmen, uns zu liquidieren.“
„Ja, das Spiel mit dem Tod gefällt ihnen. Deswegen werden diese Bastarde nicht locker lassen, bis sie endlich unsere Leichen als Trophäen mit nach Hause nehmen können. Da muss ich dir Recht geben, Daten Sirius. Wir werden von hier verschwinden und uns ein neues Versteck im Universum suchen, wo sie uns nicht so schnell finden können.“
„Klar, Sam. Ich werde dich umgehend darüber informieren, wenn ich einen geeigneten Planeten für uns beide gefunden habe.“
Sam Fox machte eine verständnisvolle Geste und verließ den riesigen Projektionsraum. Noch bevor er in eine der Ausgangsschleusen trat, drehte er sich zu Daten Sirius herum und sagte mit ruhiger Stimme: „Ich werde vorsichtshalber die gesamte Anlage auf mögliche Schäden untersuchen und zusätzlich die Speicherkammern der Zeitfeld-Projektoren überprüfen. Das letzte Mal registrierten die empfindlichen Instrumente eine Fluktuation im Zeitfeld-Energiefluss. Ich werde die Toleranzwerte wahrscheinlich etwas erweitern müssen. Ich gebe dir Bescheid, wenn ich mit der Arbeit fertig bin. Wir treffen uns in der Kommandozentrale der Verteidigungsanlage.“
Der Androide nickte mit dem Kopf und wandte sich erneut dem riesigen Bildschirm zu, um den finalen Todeskampf der Jäger von Vendor weiter zu verfolgen. Dann schaute er sich um, ob Sam Fox wirklich gegangen war und setzte schließlich einen geheimen Funkspruch ab, der nur für den Traummeister bestimmt war. Er sollte ihm so schnell wie möglich eine neue Fluchtwelt übermitteln. Doch das war schon längst geschehen, wie er ein wenig erstaunt nachträglich dazu feststellen musste.
***
Sam dachte darüber nach, dass es bei den erforderlichen Zeitsprüngen in die Vergangenheit oder in die Zukunft keine noch so geringen Energieverluste geben durfte, denn dadurch war die große Gefahr gegeben, dass sie ihr einmal anvisiertes Sprungziel möglicherweise verfehlen könnten, mit all den daraus resultierenden, negativen Konsequenzen für ihn und den Helfer-Androiden Daten Sirius. Jede Fluktuation erzeugte einen unkontrollierten Energieabfluss aus der bereitgestellten Hauptenergie und konnte zur Entstehung eines eigenen Zeitportals führen, das, je nach Menge der zugeführten Energie, unterschiedliche Größenordnungen annehmen konnte.
Sam Fox betrat jetzt den tunnelartigen Gang und nutzte die nächste Querverbindung, um in das Innere der komplexen Anlage zu gelangen. Auf dem Weg in die Energie-Speicherkammern konnte er die Gelegenheit wahrnehmen, um nachzuschauen, in welchem technischen Zustand sich die Zeitfeld-Projektoren befanden.
Plötzlich stoppte Sam Fox, als er im Dämmerlicht des Halbdunkeln fast gegen einen harten Gegenstand geprallt wäre. Hier begannen bereits die weitläufig ausgedehnten Vorhallen der Antimaterie-Transformatoren, wie er wusste. Er schob sich deshalb vorsichtig durch eine endlose Reihe von Feldstabilisatoren vorbei, bis er endlich einen diffus ausgeleuchteten Großraum mit einem flimmernden Etwas in der Mitte betrat. Staunend schüttelte er den Kopf.
Ein Zeitportal!
Sam Fox erkannte es sofort. Es war aber viel größer als alle bisherigen, die er gesehen hatte. Auch die Farbe war nicht blau, sondern eher mattgrün und an den Rändern feuerrot wie ein Lavastrom.
Die Energieblase maß gut sechs Meter im Durchmesser. Sie wurde sogar noch etwas größer und füllte bald den kompletten Raum vom Fußboden bis zur Decke aus.
Sam Fox ging langsam auf das schwebende Zeitportal zu. Er konnte zwei und zwei zusammenzählen. Dieses Zeitportal musste das zufällige Produkt der unbekannten Fluktuationen gewesen sein, die von den empfindlichen Instrumenten angezeigt worden waren.
„Was zum Teufel ist das?“ fragte sich Sam Fox völlig überrascht, als er eine Bewegung in der Energieblase wahrzunehmen glaubte. Ein kalter Schauer rieselte ihm über den Rücken und richtete seine Nackenhaare auf. Er hatte den seltsamen Eindruck gehabt, den Hauch eines Schattens mit menschlicher Gestalt gesehen zu haben, wie sie aus dem Energiefeld heraustrat und plötzlich wieder darin verschwand. Die Gestalt sah aus wie ein Mann mit einer schrägen Kapitänsmütze auf dem Kopf.
Sam Fox war irritiert. Seine Kopfhaut zog sich schmerzhaft zusammen vor lauter Aufregung.
„Ich glaube, ich sehe schon Gespenster. Das müssen die verdammten Nachwirkungen der heftigen Energieentladung in der Geschützkammer gewesen sein, die mich jetzt immer noch quälen“, sagte er mit halblauter Stimme zu sich selbst und wandte sich wieder der schwach pulsierenden Zeitblase zu. Noch ein paar Schritte und er stand direkt vor ihr. Er schaute in sie hinein und sah überraschenderweise nicht nur ein paar Bilder der Erdvergangenheit, sondern unendlich viele, die wie im Zeitraffer an ihm vorbei liefen, als ob jemand wie ein Irrer an der laufenden Filmspule drehen würde.
Sam Fox sah in kurzen, aufblitzenden Bilderserien immer wieder neue Landschaften der Erde, die ihm seltsam vertraut vorkamen. Er ahnte tief in seinem Innern, dass er ein Kind dieses schönen Planeten war. Aber woher wusste er eigentlich, dass es die Erde war? Gab es dafür einen ganz bestimmten Grund?
Immer neue Bilder traten in sein Blickfeld. Mal tauchte eine Herde Mammuts auf, die von eiszeitlichen Jägern verfolgt, gejagt und schließlich getötet wurden.
Die Erdgeschichte lief mal vor und zurück. Es folgte das Zeitalter der Saurier. Ganze Kontinente verschwanden und entstanden neu. Danach zeigten sich mächtige Burgen auf hohen Bergen und Ritter in glänzenden Rüstungen, die mit wehenden Fahnen auf festlich geschmückten Pferden durch das weite Land ritten. Von rechts schob sich ein weiteres Bild in die Mitte des aktiven Zeitportals: Kreuzritter im blutigen Gefecht mit Muselmanen. Es folgten Szenen aus dem Mittelalter der Menschheit.
Grausame Hexenverbrennungen, die Pest und immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen, die sich bis in die Neuzeit der der Geschichte des Menschen hineinzogen. Riesige Städte entstanden und verschwanden wieder. Die meisten Bilder konnte Sam Fox nur ungenau verfolgen, denn der Durchlauf ging rasend schnell vonstatten. Nach einiger Zeit wandte er sich von dem offenen Zeitportal ab, weil ihm schwindlig zu werden drohte.
Unerwartet hallte die metallisch kratzende Stimme des Androiden Daten Sirius durch die röhrenartigen Gänge.
„Sam Fox? Wo treibst du dich herum? Wo immer du bist, mach dich sofort auf den Weg zu mir!“
Der Mann erschrak. Der Ruf seines Androiden konnte nichts Gutes bedeuten.
Noch einmal warf er einen letzten Blick auf das Zeitportal, dann rannte er so schnell er konnte dahin zurück, von wo er gekommen war. Daten Sirius wartete bereits ungeduldig auf ihn. Der Androide deutete sofort auf eine etwa zwei Meter große Echse mit graugrünen Schuppen hin, die jetzt höchstens vier oder fünf Meter entfernt direkt vor ihnen stand und beide aus hasserfüllten Augen tückisch anstarrte.
Ein Sucher der Jäger von Vendor, schoss es Sam Fox durch den Kopf. Er muss den Angriff mit der Energiekanone auf seine Gebieter irgendwie schadlos überstanden haben. Wahrscheinlich suchte er jetzt verzweifelt nach einer Möglichkeit, seinen eigenen Standort mit Hilfe des Hypersenders in der Verteidigungsanlage an seine Meister durchzugeben, um Hilfe herbeizuholen. Diese hässlichen Echsenkreaturen waren echte Kampfmaschinen, die nur darauf aus waren, jeden ihrer Gegner gnadenlos zu vernichten. Nicht selten verspeisten sie auch ihre besiegte Trophäe, am liebsten noch lebend und bei vollem Bewusstsein.
Die kräftigen Beinmuskel der Sucherechse zuckten verdächtig auf und ab. Sie machte sich zum Kampf bereit. Dann ging alles sehr schnell. Mit einem einzigen mächtigen Sprung landet sie plötzlich auf dem Brustkorb des Androiden.
Jeder normale Mensch wäre unter der enormen Wucht des Aufpralls sicherlich zu Boden gegangen und hätte sich dabei wohl alle Knochen im Leib gebrochen. Doch der Androide besaß eine fürchterliche Kraft, was die Echse nicht ahnen konnte.
Sein ganzer Körper bestand aus einer zwei bis drei Zentimeter starken Schicht Schlaumetalls, das sich nach jeder Verletzung umgehend von selbst
reparierte bzw. erneuerte. Sein Skelett bestand aus einem besonders harten Metall, das zudem noch von hochfesten Kohlefaser ummantelt war. Außerdem war seine Schlaumetallhaut hitzebeständig bis weit über zweitausend Grad Celsius. Im Grunde genommen waren diese künstlichen Maschinenmenschen fast so gut wie unbesiegbar.
Die brüllende Echse fiel nach ihrem stürmischen Angriff zu Boden, schoss aber sofort ein zweites Mal vor. Sie versuchte, den sich verteidigenden Androiden zu beißen, um ihre messerscharfen Zähne und Krallen in Daten Sirius künstlichen Körper zu schlagen. Dabei rutschte sie mit ihrem weit geöffneten Maul runter auf den Oberschenkel des künstlichen Menschen und öffnete dabei aus Versehen die Klappe für die schwere Laserpistole des Androiden. Die Waffe glitt heraus und fiel laut polternd zu Boden.
„Verflucht noch mal..., es reicht!“ schrie Daten Sirius genervt, holte zu einem fürchterlichen Schlag aus und traf die um sich schnappende Sucherechse direkt am Kopf. Dann fasste er sie blitzschnell an Hals und Oberkörper und schleuderte sie mit brachialer Gewalt zur Seite. Der Echsenkörper schmetterte gegen die innere Metallverkleidung einer Verbindungsröhre, krachte kurz darauf auf den harten Steinfußboden und blieb dort zuckend liegen. Ein kurzes Röcheln noch, dann erschlafften ihre Glieder.
„Wo kommt die denn her? Ist die Sucherechse tot?“ fragte Sam Fox den Androiden.
„Nein, noch nicht ganz. Sie ist nur bewusstlos. Aber ich gebe ihr gleich den Rest“, sagte Daten Sirius triumphierend und fuhr fort: „Ich weiß auch nicht, wo sie so plötzlich her kam. Sie muss wohl mit sehr viel Glück der abgestrahlten Impulsenergie entkommen sein und später eine der zahlreichen Schleusen der alten Verteidigungsanlage erreicht haben. Offensichtlich wollte sie an den Hypersender gelangen, um eine Alarmnachricht abzusetzen. Wenn ihr das gelungen wäre, würden wir jetzt in großen Schwierigkeiten stecken. Die Jäger von Vendor hätten uns innerhalb weniger Sonnenumläufe unbemerkt aufspüren können und dann sofort getötet. Wir haben wirklich großes Glück gehabt, dass mir die Sucherechse über den Weg gelaufen ist. Wir sollten sie auf gar keinen Fall am Leben lassen, Sam.“
„Der Meinung bin ich auch. Sie wird es immer und immer wieder versuchen an den Hypersender zu gelangen. Also, breche ihr das Genick! Sie hat es nicht anders verdient.“
Der Androide trat an den zuckenden Schuppenkörper der Echse und riss ihr mit beiden Händen den Kopf mit einem einzigen schnellen Ruck nach hinten. Es folgte ein ziemlich hässliches Geräusch knackender Wirbelsäulenknochen. Dann fiel ihr Körper wie ein nasser Sack zurück vor seine Füße. Ein ekliger Blutschwall stürzte aus dem geöffneten Maul der Echse und floss in einem schmalen Rinnsal in die runde Öffnung eines Abwasserrohres.
Schließlich erzählte Sam Fox dem Androiden davon, was er entdeckt hatte.
„Wir müssen die Zeitblase im Auge behalten. Sie hat Bilder von einem interessanten Planeten gezeigt, der für unser neues Versteck mehr als geeignet zu sein scheint. Ich würde mal sagen, wir packen unsere Sachen und verschwinden endgültig von hier. Die Zeitblase wird aufgrund des Energieverlustes später von ganz allein verschwinden. Selbst dann, wenn die Jäger von Vendor ein zweites Team losschicken sollten, würden sie nicht herausbekommen, wohin unsere Reise gegangen ist.“
Der Androide war der gleichen Überzeugung, wartete daher nicht länger ab, packte alle Sachen zusammen, verstaute sie in einem Kleincontainer und trottete Sam Fox hinterher zur geöffneten Zeitblase.
„Es ist besser, wenn wir unseren Zeitvorteil nutzen. Die Jäger von Vendor werden sehr lange brauchen, um heraus zu bekommen, wo wir sind. Es ist aber auch gut möglich, dass sie uns überhaupt nicht mehr finden werden. Die Signatur der Zeitblase wird sich auflösen oder in den großen Energiespeicher zurückfließen. Deshalb wird sie keine verdächtige Spur hinterlassen“, sagte Daten Sirius zu Sam Fox.
„Stimmt! Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Wir sollten uns daher beeilen, solange die Zeitblase noch offen ist. Um einen neuen Zeitsprung mit dem Zeitfeld-Projektoren zu initiieren bräuchte es mehrere Tage. So geht es wesentlich schneller. Außerdem erhalten wir einen ungeheuren Vorsprung, den die Jäger von Vendor nicht so schnell wettmachen können. Hoffe ich jedenfalls. – Also, lass uns gehen, mein Freund!“
***
Das kleine Raumschiff „SS Dynamo Solar“ wurde von Kapitän Sven Domhart durch die tief verschneiten Bergschluchten eines uralten Gebirges gesteuert.
Es ging vorbei an senkrecht abfallenden, zerklüfteten Felswänden und über ausgedehnte Schneefelder, die bis zum Horizont reichten. Kapitän Domhart hatte ein wettergegerbtes Gesicht, einen kurzen, weißen Bart und seine Kapitänsmütze hing ihm etwas schräg auf dem Kopf, wo auf der blanken Schädeldecke nur noch wenige Haare wuchsen.
Der Kapitän verspürte leichte Kopfschmerzen. Er fühlte sich müde und hatte das Verlangen, sich ausruhen zu wollen. Seine alten Verletzungen machten sich außerdem wieder bemerkbar, die er sich bei einem schrecklichen Absturz mit einem brennenden Luftschiff zugezogen hatte. Nur knapp war er dem Tode entkommen. Sein Fallschirm hatte sich nicht richtig geöffnet. Zum Glück fiel Domhart damals in einen kleinen See, aus dem ihm ein paar beherzte Fischer retteten.
Mit Verbrennungen und schweren Knochenbrüchen am ganzen Körper wurde er in ein Krankenhaus gebracht und wieder mühsam zusammengeflickt. Aber dieser Vorfall lag schon lange zurück und war Teil einer komplizierten Geschichte, die stets eine neue Fortsetzung erfuhr, wenn es die Umstände erforderten. Wie auch immer. Es lohnte sich überhaupt nicht, jedes Mal aufs Neue darüber nachzudenken, warum ausgerechnet sein Luftschiff damals abgestürzt war. Also konzentrierte sich Kapitän Domhart auf seine blinkende Steuerkonsole, denn vor ihm ragten jetzt zwei riesige, eng beieinander stehende Steilwände in die Höhe, durch die er sich mit seinem kleinen Raumschiff durchzwängen musste. Es war eine alte Abkürzung, die der Kapitän immer wieder gerne als Einflugschneise benutzte, obwohl sie großes fliegerisches Können erforderte. Der Flug durch den engen Felsspalt war zwar sehr gefährlich, aber er reduzierte die Flugdauer um mehr als eine halbe Stunde. Dafür lohnte es sich auch, denn die Kosten für die Hochenergiezellen seines kleinen Raumschiffes waren in den letzten zwei Jahren enorm in die Höhe geschnellt. Deshalb war sparen angesagt und nicht sinnlose Verschwendung wertvoller Energie, die den Profit schmälerte.
Vorsichtig bugsierte Kapitän Domhart die „SS Dynamo Solar“ durch den schmalen Spalt vorbei an schroffe Felswände, tiefe Spalten und kleinen Wasserfällen, die in den Abgrund rauschten. Dann tat sich ganz plötzlich ein atemberaubendes Panorama vor dem Kapitän auf. Auf der anderen Seite der schmalen Felsenspalte bot sich ihm eine weite, schneebedeckte Landschaft, die links und rechts von großen, beeindruckenden Bauten gesäumt wurde, vor denen Raumschiffe aller Größenordnungen standen. Ein Kugelraumschiff startete gerade mit eingeschalteten Positionslichtern und verschwand wenige Minuten später hinter einem hohen Bergrücken im tiefen Blau eines wolkenlosen Himmels.
Im gesamten Raumschiffhafen waren Menschen unterwegs, hauptsächlich Bodenpersonal, das die ankommenden Frachtschiffe be- und entluden.
Kap. Domhart drückte den Steuerhebel nach unten und setzte sich mit dem Tower in Verbindung, um seine bevorstehende Landung ordnungsgemäß anzumelden. Es gab Zeiten, da hat er einfach den Einflugkorridor rücksichtslos durchflogen und dabei mehrfach den Flugverkehr erheblich gefährdet. Eine saftige Geldstrafe war danach jedes Mal fällig geworden, und er hat mehr als einmal kurz davor gestanden, dass man ihm die erteilte Fluglizenz wegen dieser gravierenden Vorfälle entziehen wollte.
Aber auch das war schon lange vorbei und solche Fehler würde er heute nicht mehr machen, weil die Programmierung der Träume durch hochmotivierte Spezialisten kontinuierlich verbessert wurde.
Als sich die Nase der „SS Dynamo Solar“ gerade in die Arretiervorrichtung schob und mit einem lauten, metallischen Knirschen einrastete, blickte Kap. Sven Domhart durch das dicke Panzerglas der Steuerkanzel nach unten auf den Landplatz. Er runzelte nachdenklich die Stirn.
„Was zum Teufel ist denn da los? Das kann doch nicht wahr sein!“ rief er aufgeregt.
Er konnte die sich abspielende Szene auf dem Landevorplatz direkt vor seinem Raumschiffe genau beobachten. Aus einem der Gebäude lief ein Mann mit einem Lasergewehr in der Hand und schoss wie wild um sich. Zwei Arbeiter, die sich ihm in den Weg stellten, wurden von ihm aus allernächster Nähe erschossen. Andere Personen, die Zeugen des Vorfalles wurden, gingen hinter Hauswänden, kleinen Transportfahrzeugen oder herumstehenden Containern in Deckung. Manche sprangen sogar in irgendwelche mit Wasser gefüllte Gräben und waren froh, in Sicherheit zu sein.
Der Mann mit dem Lasergewehr drehte sich ständig im Kreis und hielt auf alles an, was sich bewegte. Eine Wachmannschaft der Raumhafenpolizei näherte sich der Szene. Es waren insgesamt vier Männer, die an einem der Gebäude entlang gingen und vollkommen ahnungslos zu sein schienen. Erst als sie um die Ecke bogen, bemerkten sie den bewaffneten Mann. Der sah sie sofort und feuerte im nächsten Augenblick auch schon drauf los. Ein roter Energiestrahl löste sich aus der Gewehrmündung und spannte sich zu den Wachmännern hinüber. Zwei der Wachleute brachen kurz darauf zusammen, die anderen zwei hechteten sich in einen rettenden Kellergang.
Ein Mitarbeiter des Bodenpersonals wollte die Situation nutzen und den Schützen von hinten überwältigen. Aber sein mutiger Einsatz kostete ihm das Leben. Vom glühend heißen Laserstrahl getroffen, sackte er brennend neben einem anderen Arbeiter zusammen, der sich vor dem Schützen sofort auf den Boden warf und um sein Leben bettelte. Er durfte wieder aufstehen, dann trieb ihn der Mörder im Laufschritt vor sich her wie ein Stück Vieh. Offenbar kannte der Mann mit dem Lasergewehr sein Ziel ziemlich genau, da er auf eines der zum Start bereit stehenden Raumschiffe losging.
Kapitän Domhart nahm Kontakt mit dem Tower auf und schaltete den Monitor ein. Er bekam umgehend die Bestätigung und ein Offizier des Towers meldete sich bei ihm. Sein Gesicht füllte fast den ganzen Bildschirm aus.
„Was ist bei euch los hier? Da läuft ein Kerl mit einem Lasergewehr durch die Gegend und erschießt wahllos Leute.“
„Hier spricht Major Flint, Sicherheitschef des alpinen Raumhafens „Eisfeld I“. Kapitän Domhart, wir haben einen Notfall. Bleiben Sie in ihrem Schiff und warten Sie ab, bis wir die Situation wieder unter Kontrolle haben. Soldaten sind bereits unterwegs, um den Angreifer unschädlich zu machen.“
„Verstanden, Major Flint. Aber wir müssen jetzt was unternehmen, denn der Kerl ist in eines der Raumschiffe eingestiegen und hat die Luken geschlossen. Das Schiff startet bereits.“
„Mischen Sie sich nicht ein, Kapitän Domhart! Das ist ein Befehl! Meine Männer sind gleich da“, plärrte es aus dem Lautsprecher zurück.
„Ich werde das Raumschiff verfolgen und den Kerl zur Landung zwingen. Ihre Männer kommen zu spät, Major Flint.“
„Ich habe Ihnen doch ganz klare Befehle gegeben. Der Attentäter ist offenbar ein Fehler der Programmierung. Ich...“
Kapitän Domhart hörte nicht mehr hin, was der Major in sein Mikrofon schrie. Er löste per Knopfdruck die Arretierung seines Raumschiffes, drehte es in die gleiche Fluchtrichtung des davonjagenden Transportschiffes, gab Vollgas und nahm die Verfolgung auf.
Die „SS Dynamo Solar“ war ein sehr schnelles Raumschiff und verfügte über einen Lichtantrieb neuester Bauart. Transportschiffe waren zwar auch schnell, aber wesentlich langsamer als die interstellarfähigen Raumschiffe der Dynamo Solar-Klasse, die alle mit schweren Laser-Impulsgeschützen ausgerüstet waren.
Der Kapitän ließ das andere Schiff nicht weit kommen. Offenbar wähnte sich der Kidnapper in Sicherheit, denn er machte keine Anstalten auszuweichen oder die Geschwindigkeit weiter zu erhöhen.
Dann fauchte eine Salve aus der Impulskanone der „SS Dynamo Solar“. Der Zwillingslaserstrahl traf das obere Heck des Transportraumschiffes, das daraufhin zu trudeln anfing und auf einer riesigen Schneefläche zur Notlandung ansetzte.
Sofort steuerte Kapitän Domhart hinterher, landete nur wenige Meter neben dem Transporter und richtete seine Geschütze auf die Steuerkanzel des Transportschiffes. Eine seitliche Ausstiegsluke öffnete sich und ein Mann trat mit erhobenen Händen heraus in den tiefen Schnee.
„Lasst mich!“ stammelte der Mann immer wieder und schaute mit angstvollen Blicken um sich. Dann fing er hysterisch an zu schreien. Seine Stimme überschlug sich dabei.
„Ich will hier weg. Versteht ihr denn nicht? Und ihr solltet es auch tun. Flieht, wenn ihr noch könnt. Sie kommen...!“
Kapitän Domhart stieg mit vorgehaltener Waffe aus seinem Raumschiff und ging auf den offenbar verwirrten Mann im Schnee zu. Das Heck des Transportschiffes qualmte wie ein alter Kohleofen. Hellblaue Flammen schlugen aus den abgeschalteten Triebwerken, die aber bald von der automatischen Sicherheitseinrichtung mittels eines Löschgases zischend erstickt wurden.
„Warum lassen Sie mich nicht gehen, Mister? Sie sollten den Raumhafen nicht wieder anfliegen. Bringen Sie sich in Sicherheit oder Sie werden sterben.“
Der Mann starrte den verdutzten Kapitän an. Erst hob er den Kopf, dann ließ er ihn wieder sinken. „Die Jäger von Vendor kommen. Ich weiß es genau. Sie werden uns alle vernichten.“
„Was sagst du da? Die Jäger von Vendor kommen hier her? Und sie suchen ausgerechnet bei uns? Woher willst du das wissen, Mann? Wie heißt du überhaupt?“
„Meine Name ist Vak Orban. Ich arbeite in der Funkzentrale. Ich habe zufällig einen Hyperfunkspruch dieser Ungeheuer aufgefangen. Sie verfolgen zwei Personen, die vor ihnen geflohen sind. Angeblich haben sie die Rückstände einer Zeitblasensignatur rekonstruieren können und dabei unseren Planeten ausfindig gemacht, auf denen die beiden Flüchtlinge gelandet sein sollen. Jetzt sind die Jäger von Vendor auf dem Weg zu uns.“
„Mhm, ich danke dir jedenfalls für deine interessanten Informationen. Die anderen werden dir das aber bestimmt nicht glauben. Außerdem sind die Soldaten gleich hier und nehmen dich fest. Du hast dich einiger schwerer Straftaten schuldig gemacht. Dafür werden sie dich liquidieren. Ist dir das überhaupt klar, Vak Orban?“
„Lieber tot, als den Jägern von Vendor zu begegnen und ihnen zum Opfer zu fallen. Ich habe mich mit meinem Schicksal schon abgefunden. Was auch immer kommt, ich bin bereit.“
Die Soldaten waren bald da und nahmen den Mann noch an Ort und Stelle fest. Alles musste naturgetreu ablaufen. Auch in einem Traum.
Nach einer kurzen Wartezeit flog Kapitän Domhart zurück zum Raumhafen „Eisfeld I“, wo er sein kleines Raumschiff wieder im Hangar andockte. Nach einem kurzen Check verließ er das Schiff und eilte schließlich zur Bahnhaltestelle des Raumflughafens, wo er in den Langzug nach Veggart einstieg. Es herrschte stets viel Betrieb um diese Zeit. Noch immer klangen ihm Vak Orbans Worte im Ohr, dass die Jäger von Vendor auf dem Weg zum Planeten Erde seien. Wenn das stimmt, wird es zu einer Katastrophe kommen und die Welt des Menschen bald in Schutt und Asche liegen. Er musste sich unbedingt mit Sam Fox treffen, für den er höchstpersönlich verantwortlich war.
Kap. Domhart setzte sich im Zugabteil zielstrebig an eines der Panoramafenster, weil er die Aussicht einer fantastischen Umgebung genießen wollte. Die schlank konstruierte Magnetschienenbahn fuhr ein paar Minuten später los. Zuerst durch einen langen Tunnel, dann ging die Fahrt an tiefen Schluchten vorbei hinein in eine gigantische Felsenkathedrale, deren futuristisch aussehende Stadtteile hell beleuchtet waren. Überall standen Gebäude aller möglichen Größenordnung herum. Die meisten Dächer waren mit Moos ähnlichen Pflanzen bedeckt, auf denen sogar hier und da Riesenpilze wuchsen. Die Magnetschienenbahn raste an weitläufig angelegten Garten- und Grünanlagen vorbei, die mit herrlichen Brunnenanlagen ausgestattet waren. Auf breiten Gehbändern ließen sich zahlreiche Menschen entlang der belebten Straßen transportieren oder sie benutzten kleine, einzelne Kabinenbahnen, deren Laufschienen Straßen unabhängig die komplette unterirdische Stadt durchzogen. Viele Kabinenbahnen fuhren direkt bis in die Wohnhäuser hinein, die eigens dafür eingerichtete Bahnhöfe besaßen, wo die Passagiere bequem ein- und aussteigen konnten.
Der Kapitän hatte schon lange nicht mehr eine derart perfekt programmierte Umgebung gesehen. Er ließ deshalb ihre pseudoreale Schönheit auf sich einwirken und genoss sie mit großer Bewunderung und Respekt.
Endlich hielt die Magnetschienenbahn mitten in der Stadt an. Kap. Domhart stieg aus und begab sich in einen Stadtteil, wo sich die Katakomben befanden. Dort wollte er sich mit Sam Fox und dem Androiden Daten Sirius treffen, die erst vor wenigen Tagen mit Hilfe einer Zeitblase die Erde erreicht hatten.
Auf dem Weg dorthin hatte der Kapitän plötzlich das komische Gefühl, dass der Boden unter seinen Füßen bebte. Sie schüttelte sich so stark, dass er fast umgefallen wäre. Dann war wieder alles so ruhig wie vorher, als wäre nichts geschehen. Schnell ging er weiter und verschwand in einem dunklen Höhleneingang, der hinab zu den Katakomben führte, wo er nach einer Weile auf den wartenden Sam Fox und den Androiden Daten Sirius traf.
„Ich grüße dich Sam Fox, deinen Androiden Daten Sirius natürlich auch“, sagte der Kapitän ungewöhnlich ernst.
„Wir grüßen dich ebenfalls, Traummeister Domhart. Ich hoffe, du bringst keine schlechten Nachrichten mit. Daten Sirius hat die verschlüsselte Botschaft bekommen, und wir sind sofort hierher gekommen, um dich zu treffen.“
„Es ist ausschließlich den Traummeistern vorbehalten, in bestehende Träume eines Klienten einzugreifen. Besonders dann, wenn für den Träumer eine erhöhte Gefahr besteht, dass er einen tödlichen Schock erleiden könnte, wenn der Traum vorhersehbar außer Kontrolle gerät. So ein Fall ist eingetreten, Sam Fox. Die Jäger von Vendor sind zu gefährlich geworden. Ich kann sie aufgrund einer Fehlprogrammierung nicht mehr ausschließlich allein kontrollieren, da ihre Macht scheinbar ins Unermessliche gestiegen ist. Irgend etwas ist bei der vorausgegangenen, aktiven Traumgenerierung falsch gelaufen. Da ich der Traummeister bin, werde ich diesen Traum wohl so schnell wie möglich beenden müssen, damit keine unvorhergesehenen Komplikationen eintreten, die keiner von uns wünscht.“
„Irgendwie schade, Kap. Domhart. Ich wollte eigentlich nur ein nettes Abenteuer erleben und muss mir jetzt allerdings eingestehen, dass die von mir eingebrachten Traumanteile schon fast den Grad der Realität erreicht haben. Ich konnte tatsächlich eine zeitlang zwischen Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden. Leider wurde bei der Traumprogrammierung anscheinend zu viel Gewicht auf das Töten meiner eigenen Person durch die Jäger von Vendor gelegt. Das scheint das ganze Problem zu sein. Außerdem möchte ich nicht durch einen Angstschock sterben. Der Traum muss schon allein deshalb von Grund auf umprogrammiert werden. Sind Sie damit einverstanden, Kapitän Domhart? Ich möchte allerdings noch ein wenig weitermachen und den Rest meine Vision miterleben. – Natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben.“
„Also gut, Mr. Fox. Sie können vorerst weiter träumen. Aber ich schalte den Traumgenerator umgehend ab, sobald Lebensgefahr für Sie besteht. So sind nun mal die Regeln. Ich ziehe mich vorerst zurück und werde die Sache aufmerksam beobachten.“
Nach diesen Worten verschwand Kapitän Domhart von der Bildfläche, als habe sich sein Körper wie in Luft aufgelöst.
Kurz darauf veränderte sich die Landschaft erneut.
***
Sam Fox wankte durch das Schneegestöber – und hielt verdutzt inne. Er stand plötzlich auf einer weiten Schneefläche, die von hohen Bergen umsäumt war.
Er spürte seinen Herzschlag hoch oben am Hals pochen. Mit Entsetzen stellte er fest: Die Jäger von Vendor hatten ihn offenbar schon entdeckt!
Eine gigantische schwarze Wolke schob sich über den Horizont und breitete sich über den ganzen Himmel aus. Die Wolke sah so finster und bedrohlich aus, dass selbst der weiße Schnee verblasste. Das pure Böse produzierte sich zu einem riesenhaften Monster, das nur ein Ziel kannte, Sam Fox zu vernichten.
Die schwarze Wolke wuchs noch weiter und wurde immer größer. Schon bald nahm sie den ganzen Horizont ein. Seltsame Schatten rasten in ihr herum. Hier und da fingerten riesige Tentakel aus dem brodelnden Schwarz. Man hatte den seltsamen Eindruck, als suchten sie die gesamte Umgebung nach jemanden oder etwas systematisch ab.
Welches kranke Hirn erschuf solche Wesen? In Träumen tun sich menschliche Abgründe auf, dachte sich Sam Fox.
Dann gab es plötzlich eine heftige Erschütterung. Eine Druckwelle raste aus der dunklen Wolke hervor und kam direkt auf Sam Fox zu. Im gleichen Augenblick entflammte vor der schwarzen Wand ein helles Licht, aus dem der Androide Daten Sirius wie ein Pfeil heraus schnellte. Er näherte sich Sam Fox mit rasender Geschwindigkeit, stoppte ohne Zeitverzögerung, fasste ihn um die Hüfte und zog ihn mit sich in ein von oben kommendes Raumschiff, das von Kapitän Sven Domhart gesteuert wurde.
Der Himmel über dem kleinen Raumschiff färbte sich kurz darauf pechschwarz. Krakenartige Tentakel fingerten daraus hervor und tasteten suchend in der Umgebung herum. Ein gewaltiges Donnern und Knistern war zu hören, als die Antriebsaggregate des Schiffes losbrüllten, das mit rasender Geschwindigkeit im Nirgendwo verschwand. Danach löste sich die gesamte Szene auf und zurück blieb nur ein winzig kleiner, weiß flimmernder Punkt in einem schwarzen Nichts.
***
„Wach auf, Robert! Hallo, der Traum ist vorbei! Du bist nicht mehr Sam Fox. Ende und aus“, sagte eine weibliche Computerstimme zu Robert Stahl, der sein Herz abermals überlaut pochen hörte.
Langsam glitt er in die wirkliche Realität zurück. Einen Moment lang wurde ihm schummrig vor den Augen. Er hatte sich schon zweimal in diesen schrecklich aufregenden Traum eingeklinkt, aber dieses Mal würde es ein endgültiger Abschied sein. Ein für allemal. Eine Fortsetzung würde es für ihn nicht mehr geben. Das war jetzt klar. Dieser Traum war zu einem einzigen Horrortrip ausgeartet, der ihn fast einen Herzinfarkt beschert hätte.
Robert Stahl blickte um sich. Von seinem Kopf entfernte sich gerade summend eine große, halbrunde Metallhaube, aus der eine Menge flexibler Sensoren lose herunter hingen. Noch bevor sie seitlich weg schwenkte, erhob er sich ruckartig von der Körper angepassten Liege und blieb für einen Moment wie angewurzelt stehen. Sein Gehirn benötigte ein paar Sekunden, um zu erfassen, was geschehen war und wo er sich eigentlich befand.
„Geht es Ihnen gut, Mister Stahl?“ fragte ihn eine sonore Männerstimme, die von einem Mann im weißen Kittel kam, der auf einmal neben Robert Stahl stand.
Ich bin Dr. Domhart und habe leider Ihren Abenteuertraum abbrechen müssen. Ihr Puls schoss plötzlich unkontrolliert in die Höhe und ihr Herz raste wie verrückt. Ich fürchtete schon ernsthaft um Ihr Leben, Mr. Stahl. Bitte entschuldigen Sie diese ungewöhnliche Maßnahme, aber sie war zum Schutz Ihrer Gesundheit notwendig geworden. Wenn Sie es wünschen, werden wir Ihnen einen Teil des einbezahlten Geldes zurückerstatten oder für Sie einen neuen Traum gratis generieren lassen. Natürlich nur mit Ihrer Zustimmung, Mr. Stahl.“
„Vielen Dank Dr. Domhart. Aber ich möchte vorläufig an keiner Traumsitzung mehr teilnehmen. Vielleicht komme ich zu einem späteren Zeitpunkt auf ihr freundlich gemeintes Angebot zurück. Ich werde Sie rechtzeitig davon in Kenntnis setzen, wenn ich mich anders entschieden habe. Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen? Ich möchte so schnell wie möglich zurück in mein Landhaus in den Bergen.“
„Aber natürlich, Mr. Stahl. Mein Androide Daten Sirius wird sofort dafür sorgen, dass Sie ein Taxi bekommen. Er wird Sie persönlich nach Hause fahren. Die Fahrtkosten gehen zu unseren Lasten. Ich freue mich trotzdem schon heute auf ein baldiges Wiedersehen mit Ihnen. Darf ich Ihnen daher von Zeit zu Zeit ein paar interessante Angebote über unsere neuen Traumschöpfungen zukommen lassen? Wenn ja, dann lassen Sie es mich wissen! Ich wünsche Ihnen bis dahin alles Gute und eine schöne Zeit“, sagte Dr. Domhart mit lächelnder Miene zu Robert Stahl, der sich ebenso freundlich von dem Traummeister verabschiedete.
Einige Minuten später stieg Mr. Robert Stahl in das wartende Taxi vor der Traumfabrik „Vision Corporation“ ein und ließ sich von dem Androiden Daten Sirius nach Hause chauffieren.
Oben am regnerischen Himmel zogen mittlerweile dunkle Wolken auf, die aber Gott sei Dank so real waren wie die Zigarette, die sich Robert Stahl gerade anzündete und genüsslich rauchte.
(c)Heinz-Walter Hoetter
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Der Beitrag wurde von Heinz-Walter Hoetter auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2022.
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