Klaus-Peter Behrens

Der Kater und der wilde Norden 3

- 3 -

Der nächste Morgen präsentierte sich verhangen, regnerisch und für den nahen Sommer unerwartet kalt.

Passend zu dem, was vor uns lag und im völligen Einklang mit meinem Befinden.

Wie ein lebender Toter schlurfte ich daher mit finsterer Miene die Stufen zum Burghof hinunter und beklagte im Stillen mein Schicksal.

„Mit dem Gesicht wirste im Norden keine Freunde finden“, begrüßte mich Mikesch gewohnt nonchalant. Im Gegensatz zu mir wirkte der Kater quietschvergnügt und das angesichts der Tatsache, dass der Regen wie Bindfäden vom Himmel fiel und wir zudem im Begriff  waren aufzubrechen, um den finstersten Gestalten dieses Planeten in den Hintern zu treten.

Allerdings hatte der Kater auch sieben Leben.

Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass Mikesch nicht allein auf mich wartete.

Gorgus braucht auch mal etwas Erholung“, klärte Mikesch mich auf, als der Troll auf uns zugestapft kam, in der rechten Pranke zwei Zügel, an deren jeweiligen Enden zwei Pferde höchst unfreiwillig folgten. Offenbar witterten die Tiere, dass der Troll in ihnen nicht nur passable Fortbewegungsmittel sah.

Was willst du im Klub der Lebensmüden?“, fragte ich den turmhoch aufragenden Troll irritiert, der daraufhin intensiv ins Grübeln geriet. Falten, tief wie Schluchten erschienen auf seiner Stirn, bei deren Anblick selbst die ambitionierteste Zofe in Sachen Gesichtspflege das Handtuch geschmissen hätte.

Das Erfassen subtiler Fragen war definitiv nicht Gorgus Sache. Ungeduldig auf eine Antwort wartend, verschränkte ich die Arme vor der Brust und wippte auf den Fußballen.

Ich warte....“

Hetz ihn nicht, Gandalf. Sein Arbeitsspeicher hat nur 1 KB. Dem dampfen sonst die Platinen weg“, informierte mich Mikesch in gewohnt nebulöser Weise.

Derweilen hatte der Troll  in dem unentwirrbaren Labyrinth seiner Gedankengänge endlich die passende Antwort gefunden.

Vetter Grumbatz verschwunden. Er auf Weg in Norden gewesen."

Warum hatte ich bloß gefragt?

Gorgus Antwort gefiel mir nicht.

Ganz und gar nicht.

Sie klang nicht gerade so, als sei der Norden ein bevorzugter Erholungsort für friedliebende Reisende mit langfristigen Lebensplänen.

Was wollte er denn da?“, fragte ich daher mit spürbarer Besorgnis in der Stimme nach.

Handeln mit Zwergen. Nun er weg. Sorge. Ihm etwas zugestoßen“, grollte der Troll betrübt.

Ich hatte schon weniger beunruhigende Informationen erhalten. Wenn schon ein Koloss von Troll im hohen Norden von der Bildfläche verschwand, wie sollte ich mich dann dort behaupten?

Gar nicht, flüsterte die hämische Stimme der Vernunft in meinem Hinterkopf. Du bist so gut wie tot.

Großartig!“, fluchte ich bei diesen unerbaulichen Gedanken. „Das lässt ja hoffen.“

Sehr feinfühlig, Merlin“, kommentierte Mikesch meine Bemerkung angesichts der entsetzten Miene des Trolls. Offenkundig fiel es ihm schwer zu verdauen, dass ich das Verschwinden von Vetter Grumbatz großartig fand.

Er nicht so schlimm“, beteuerte Gorgus.

Ist er auch so kräftig wie du?“, hakte ich nach. Vielleicht gab es ja auch kleine, sanftmütige, schmächtige Trolle, die schon mal abhanden kommen konnten.

Er viel größer, kräftiger. Gefährlicher Krieger.

Wieso wunderte mich das nicht?

Hätte ich doch bloß nie mit Kohl herum experimentiert. Und dabei hatte ich gelesen, dass Kohl so gesund sein soll. Die Kochbücher mußten dringend umgeschrieben werden.

Mit der Welt rundum unzufrieden sah ich mich um und stellte fest, dass noch einer zu meinem Glück fehlte.

Wieso kommt nicht auch noch dieser Unglücksrabe von Zwerg mit?“, fragte ich den Kater, der mich allmählich an Mollas klatschnassen Wischmop erinnerte. 

„Keine Zeit. Der trommelt ne schlagkräftige Truppe zusammen, um bei den Kumpeln in der Mine mal gründlich aufzuräumen. Die haben da n paar Leichen im Keller, wenn du verstehst, was ich meine.“

So genau wollte ich das gar nicht wissen.“

Wieso fragste dann?“

Ich gab's auf.

Mit einem Seufzer fügte ich mich in das Unvermeidliche und ergriff die Zügel des treuen Pferdes, das mich schon auf meinem Abenteuer zur Rettung Nobeline's durch die tiefesten Sümpfe bis zur Hexenhütte von Hedwig getragen hatte.

Offenbar hatte es ein gutes Gedächtnis, denn es versuchte mich gleich zu beißen, kaum dass ich meinen ledernen Reisebeutel am Sattel befestigt hatte.

Hat Charakter“, miaute Mikesch anerkennend.

Und nussiges Aroma“, schwärmte Gorgus mit knurrendem Magen, worauf mein Pferd bemerkenswert friedlich wurde, so, als habe es die Bemerkung des Trolls verstanden.

Mir sollte es recht sein.

Mit der Eleganz eines abstürzenden Basstölpels kletterte ich völlig übermüdet auf den Pferderücken, bereit, mich in mein Elend zu stürzen.

Ich bedauerte, dass ich mich nicht mehr von Hilly verabschieden konnte. Als ehemalige Anführerin einer Horde von Strauchdieben, die die Gegend unsicher und mir bei der Rettung Nobeline's geholfen hatte, zog sie es trotz ihrer Begnadigung und neuen Anstellung am Hofe Ignaz' von Zeit zu Zeit in den Wald zurück.

Im Zuge unseres Abenteuers waren wir uns näher gekommen, doch den letzten Schritt hatte ich mich noch nicht getraut zu machen. Stattdessen führten meine Schritte mich jetzt ins nächste Abenteuer ans andere Ende der Welt.

Mit einem Schnalzen setzte ich mein wackeres Ross in gang. Sich in sein Schicksal ergebend, trottete es durch das Burgtor ins Ungewisse.

Der entscheidende Schritt würde eben warten müssen, bis ich zurückkam, sagte ich mir mit Wehmut, während das gute alte Finsterburg im Regenvorhang allmählich hinter uns verschwand.

Falls ich zurückkommen sollte, korrigierte ich mich.

wird fortgesetzt - immer alle zwei Wochen freitags, das nächste Mal am 6. Mai, dann am 20. Mai und so weiter. Ich freue mich, wenn Ihr dann dabei seid

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.04.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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