Francois Loeb

DER FOLIANT

Nicht Aus- nicht Ver- sondern Zerrwechsel, zu lesen in der neusten Wochengeschcihte aus meiner Feder:

Sie sprachen alle über den FOLIANTEN. Ich war erst neu zugezogen. Versuchte mich einzuleben. Ging deshalb jeden Vormittag um 08.30 ins Dorfcafé, um meinen kleinen Schwarzen ganz ohne Zucker zu genehmigen. Dann um 17.30 zum obligaten Apéro, an dem der Tag und seine Ereignisse und dessen Protagonisten durchgehechelt wurden. Zu Beginn konnte ich nicht mitreden. Klar wie auch sollte das möglich sein. Zuhören und grosses Interesse zeigen das war angebracht. Auch wenn mich der Tratsch oftmals langweilte. Aber wie sonst mich einleben? Heimisch werden? Ohne mich anzubiedern. Ein Ding der Unmöglichkeit ohne die Dorfcafégänge, die bald so zur Gewohnheit wurden, dass in der jährlichen Urlaubsschliessung des Lokals ich mir bereits nach zwei Monaten Dorfbeheimatung verloren vorkam und erst nach drei Leidenstagen herausfand, wo die Dorf-Corona sich alternativ traf. Das war denn in der alten Schmiede. Gruppiert um die Esse, in der am Abend immer noch Glut nachglühte. Dort sassen sie alle vereint. Jeder seine Flasche mit alkoholischem Inhalt, die sich alle im Krämerladen besorgt hatten, zwischen den Knien haltend, diese dann zum Munde führend, was jedem sichtbar mundete! Ja, und da kam lange bereits am ersten Abend an dem ich die Tafelrunde erneut entdeckt hatte und auch weiterhin geduldet wurde, die Rede wieder auf den geheimnisvollen Folianten. 
Lange zuvor hatte dieses geheimnisvolle Wort schon im Dorf-Café mein Interesse erweckt. Um was für einen Folianten handelte es sich da? Einen dicken Wälzer stellte ich mir vor. Ein Buch, in dem das ganze Dorfleben mit all seinen Vertuschungen niedergeschrieben wurde oder bereits war? Ein Sündenregister? Die Memoiren des Monsignores, der das Beichtgeheimnis damit gröblich verletzte? Jedenfalls hatte die Nennung des Wortes FOLIANT mich wie ein elektrischer Schlag getroffen, denn ich befürchtete, dass da auch all meiner Schattenseiten, die ich zu verwischen, ja zu verstecken und mit Leuchtfarbe hell zu streichen suchte, dort an prominenter Stelle zu finden wären. Denn ein Aussenseiter, ein Zugezogener, ein unbeschriebenes Blatt musste in einer Gemeinschaft, in der kaum etwas Nennenswertes geschah, auf ein gesteigertes Interesse stossen. Die Gerüchteküche anheizen, zum Brodeln bringen. Und all das hinter meinem Rücken. Möglicherweise in den Tagen meiner Suche nach dem klandestinen Treffpunkt hinter vorgehaltener Hand zusammengetragen worden sein. War meine reichliche Briefpost durchleuchtet, meine Gespräche über die Fernmeldeleitung oder gar diejenigen über die Socialmedias ausgehorcht, zerkundschaftet worden? 
Am darauf folgenden Tagesende, nach einer vor entdeckt werden Sorgen beinahe mich erdrückenden Nachtunruhe, beschloss ich möglichst früh am Abend die Schmiede aufzusuchen, um offen und ehrlich zu verlangen, einen Blick in den FOLIANTEN zu werfen. Gesagt getan. Das Feuer der Esse glühte nicht nur, sondern strahlte heisseste Wellen in meine Richtung, die mich zum Blutschwitzen brachten. Ein darauf folgendes heftiges Nasenbluten hinderte mich, den Schmied zu interpellieren. Ich war mit Blutstillen beschäftigt, von dem niemand Kenntnis nahm. Und da! Die Dorfcorona erhob sich in einer Einigkeit, die mich von der sonst zerstrittenen Dorfgemeinschaft überraschte, begrüsste im Chor einen in der Mitte des Lebens stehenden grossgewachsenen, muskulösen Mann mit den Worten: „Endlich wieder Zeit für uns lieber FOLIANT, hast Du Deine Folien für Erdbeeren und Spargeln fertig ausgelegt? Die Landschaft rund ums Dorf plastifiziert ...? 

Und als Bonus ein weiterer meiner DREISATZROMANE:

P L A S T I K 

Hastig 
Produziert 
Wird stets 
Das Plastik. 

Liegt der 
Erde allzu 
Schwer dann 
Auf zu Hauf. 

Doch weshalb 
Verzichten 
Mitnichten 
Mehr davon 
Bitte sehr … 

Herzlichst
François Loeb

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.05.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Mit dem Schreiben und Dichten, ist das so eine Sache.So war ich oft der Meinung, nur lyrisch Schreiben zu können, falls ich mich in einem annähernd, seelischen Gleichgewicht befände, erkannte aber bald die Unrichtigkeit dieser Hypothese.Wichtig allein, war der Mut des Eintauchens.Das Eins werden mit dem kollektiven Fluss des Ganzen. Meine Gedanken, zärtlich zu Papier gebrachten Gefühle,schöpfte ich stets aus diesem Fluss.

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