Sind auch Sie ein Opfer? Opfer einer Gattin, die in nahezu jedem Quartal meldet, und das stets mit einigem Vorwurf in der klagenden Stimme: „Liebling, ich habe NICHTS anzuziehen!“
Wenn ja, dann hören Sie sich bitte die Geschichte des Wolfram Waldemar Pfannkuch an. Frau Pfannkuch besitzt 3 begehbare Kleiderschränke, denn „Wowi“, wie der Göttergatte von seiner Gattin gern gerufen wird, ist durchaus betucht. Diese 3 Kleiderschränke, die bereits einzeln die Größe eines winzigen Lofts im New Yorker Norden, nämlich im Stadtteil Bronx, aufweisen, beherbergen grob geschätzt 1700 Kleider, 600 Röcke, 2400 Blusen und fast 1000 Hosenröcke. Zudem, das sollte nicht unerwähnt bleiben, gibt es, zusammengenommen, noch gute 1400 Hosen. Wie viele Kostüme, Ballkleider, Cocktail-Kleider oder stylishe Trainingsanzüge sie besitzt, kann beim besten Willen nicht einmal geschätzt werden. Ich denke aber, dass damit ganz Schöllkrippen eingekleidet werden könnte, locker. Und zwar vierfach.
Falls Sie sich fragen, wie viele Schuhe Frau Pfannkuch besitzt, so sei Ihnen frohen Mutes hiermit übermittelt: Es sind 6000 Paar Schuhe. Keine Fußbekleidung unter 300 Euro! Einzeln!
Frau Pfannkuch gibt alle 3 Monate zu bedenken, „sie habe rein gar nichts anzuziehen“. Damit ist nicht gemeint, dass Gertruda Wilhelmina Pfannkuch zu wenig Garderobe besitzt, nein, damit ist schlicht gemeint: „Hier ist rein gar nichts, dass ich am Körper tragen könnte!“ Kein Textilstück, keinerlei Klamotten, null Körperverhüllungsfolie, ob nun gehäkelt, gestrickt, maschinell oder auch in Handarbeit hergestellt. Da ist absolut nichts!
Wolfram Waldemar seufzt dann immer, aber weil er seine Frau sehr lieb hat (über die Jahrzehnte hat sich das ein wenig „aufgetragen“, weil die Gattin bereits im 2. Jahr der Ehe zu klagen begann), gibt er dann doch immer wieder nach. Na ja, Sie wissen schon, sie habe nun einmal nichts anzuziehen. Das zermürbt sehr, darunter leidet auch, ein wenig jedenfalls, die Zuneigung. Aber noch heute, im 21. Ehejahr, hat Herr Pfannkuch sein Weib so lieb, wie es manche Männer nicht einmal im 1. Jahr nach der Heirat von sich behaupten könnten. Der Beweis wird in jedem Quartal angetreten: Wowi kauft seiner Frau neue Garderobe. Und das im großen Stil. Nicht mal nur eben ein neues Kleid, nicht mal eben ein neues Kostüm, nein, jedes Mal mindestens 1 Dutzend Teile. Die Anlässe sind meist Theaterbesuche, Opernbälle, Konzert-Besuche oder Soireen. Einladungen zu Cocktail-Partys? Eine mondäne Hauseinweihungs-Party? Eine Riesen Fete oder eine wilde Keller-Party? Frau Pfannkuch seufzt tief, holt Luft und verkündet, nach langen Blicken in ihre 3 begehbaren Kleiderschränke: „Wowi, wie soll das noch enden? Übermorgen ist die Party, aber ich habe absolut nichts anzuziehen!“
Der gute Wowi hielt das eines Tages einfach nicht mehr aus. Nicht, dass ihm das Geld ausgegangen wäre. Nein, das war nicht der Fall. Denn Wowi ist, wie schon erwähnt, sehr vermögend. Aber er hat die Grenze seiner Leidensfähigkeit erreicht. Er hat keine Nerven mehr. „Wenn sie das noch ein Mal sagt, drehe ich komplett am Rad, tanze meinen Komplettaussetzer-Boogie…“ Das dachte der Gatte, und er rief eine Festnetz-Nummer an. Die der Städtischen Kleiderkammer. Dort holen sich alle die Bedürftigen und Notleidenden ihre Kleidung ab, die von Wohltätern gespendet werden.
4 Tage später kamen 2 LKW an, parkten direkt vor dem gewaltigen Anwesen. Alle Kleider, also die komplette Garderobe, wurde in insgesamt 6 Stunden schwerer Arbeit in die Lastkraftwagen gepackt und hinein gepresst. Der Gattin hatte der vorsorgende Ehemann einen Tag im Schönheits-Salon zu spendieren gewusst. Cleverer Wowi. Er gab ein gewaltiges Trinkgeld. Und nur die Schuhe waren in den Schränken verblieben. Sonst aber – nichts. Da war nichts mehr. Wenn man nun in die Schränke hinein rief, kam es zu einem veritablen Echo-Effekt. Kein einziges Kleidungsstück, nicht einmal ein T-Shirt oder ein Trainingsanzug. Nichts. Die Städtische Kleiderkammer konnte das Glück wahrlich kaum fassen. Natürlich war die Klientel zu wenig prätentiös für all die teuren Klamotten. Also hat man beschlossen, einen Großteil an teure Second-Hand-Boutiquen zu verkaufen. So würde genug Geld einfließen, um so manches Loch zu stopfen, die eine oder andere Renovierung voranzutreiben und natürlich auch, dem Konto ein kleines Polster zu gönnen.
Als Wolfram Waldemar Pfannkuch später vom Scheidungsanwalt der Gegenseite zu dem Vorfall befragt wurde, meinte er lakonisch: „Ich wollte nur ein einziges Mal erleben, dass der Satz seine Richtigkeit hat, nur ein einziges Mal: Liebling, ich habe nichts anzuziehen!“
Es wurde ein Rosenkrieg par excellence. Gertruda Wilhelmina Pfannkuch zog ihren Ex-Gatten bis auf die Knochen aus. Man könnte also scherzhaft behaupten: „Herr Pfannkuch hatte nichts mehr anzuziehen!“ Während der Scheidungsverhandlung saß sie ihrem Ex-Ehemann gegenüber, bleich, presslippig und sehr konzentriert hassend. Diese Ehe war nicht mehr zu retten.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.07.2022.
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