Corinna König

Einfach Annie - Teil I

🌻EINFACH ANNIE🌻


Ich bin Annie, 24 Jahre alt und habe die vergangenen zweieinhalb Jahre im Ausland verbracht. Doch eine gescheiterte Beziehung und zu große Sehnsucht nach meiner Familie haben mich wieder zurück nach Hause gebracht. Mit meinem Jack Russel Terrier Bailey beziehe ich gerade eine niedliche Wohnung direkt am grünen Stadtpark mit Blick auf den großen Ententeich. Meine Schwester Stella (31) bewohnt mit ihrem Mann Paul (33) und dem gemeinsamen Sohnemann Danny (6) die direkt gegenüberliegende deutlich geräumigere Wohnung. Stella und ich sind trotz unseres Altersunterschieds nicht nur Schwestern, sondern auch beste Freundinnen. Auch zu unserem Papa haben wir ein sehr inniges Verhältnis – gerade durch den frühen Tod unserer Mutter. Die Beziehung zu unserer Stiefmutter Dana hat sich über die Jahre auch sehr gefestigt und wir können mit jedem Problem zu den beiden kommen. Mein Papa ist ein Geschäftsmann durch und durch – aber einer mit Herz. Nachdem ich hauptberuflich Autorin für Kinderbücher und Jugendromane bin und meine Hände quasi über die Tastatur fliegen, helfe ich nebenbei auf Abruf in der Anwaltskanzlei meines Papas als Schreibkraft aus. Ich bin ein sehr humorvoller, warmherziger und verlässlicher Mensch. Man könnte mich wohl auch als tollpatschig und chaotisch bezeichnen. Zwar kann ich unheimlich stur und vorlaut sein – wenn mich aber etwas beschäftigt bin ich ziemlich in mich gekehrt und oft gefühlsduselig. Außerdem bin ich sehr direkt und ehrlich, womit nicht jeder umgehen kann. Mit mir ist aber immer was los und ich bin für jeden Spaß zu haben.

 

Kurz durchatmen und abschalten. Das ist jetzt mitten im Umzugsstress genau das Richtige. Am besten kann ich das, wenn ich mir mit Bailey die Zeit im Freien vertreibe. Wie praktisch, dass der Stadtpark direkt gegenüber liegt. Bailey, der kleine Racker ist zwar noch ein bisschen wild, aber dennoch lasse ich ihn von Tag zu Tag etwas länger ohne Leine laufen. So auch heute. „So kleiner Pupser, dann lauf mal los.“ Vorsichtig tapst Bailey ein paar Schritte, schnüffelt alles an, was ihm vor die Nase kommt und kehrt brav immer wieder zu mir zurück. So unkompliziert stelle ich mir den perfekten Spaziergang vor. Richtig warm ist es zwar noch nicht, aber die Sonne strahlt vom Himmel und es ist nahezu windstill. Lediglich die Blätter an den Bäumen zittern ein bisschen auf und ab. Ich liebe den Frühling.


Gerade lasse ich mir die Nase von den Sonnenstrahlen kitzeln, da scheint Bailey etwas im Visier zu haben und stockt. Zwei Sekunden lang keine Regung. Doch urplötzlich braust er wie von der Tarantel gestochen mitten durchs Gebüsch. „BAILEY!!“, brülle ich panisch und eile hinterher. Gerade so, dass ich durch die dornigen und aufblühenden Büsche komme. Es piekst und kratzt überall. „Aua! Au! Bailey?! Au au au!!“ Durch mein Jammern hindurch höre ich eine ziemlich dunkle aber genauso freundliche Stimme: „Na wer bist du denn? Hast wohl Hunger, was?“
 
Mit letzter Kraft quetsche ich mich durch die Hecke und lande schließlich neben einer Parkbank direkt am Teich. Als ich mir die lockigen Strähnen aus dem Gesicht puste und kleine Ästchen und Blätter vom Revers meines brandneuen Mantels streiche, sehe ich Bailey wedelnden Schwanzes und auf einem Würstchen herumkauend vor einem Typen, den ich im ersten Augenblick gar nicht richtig beachte. „Da bist du ja, du kleiner…“ Bis mir auffällt, wie verdammt gut besagter Typ aussieht: „…Frechdachs!“ Als der junge Mann sich mir zuwendet und mich mit seinen moosgrünen Augen ansieht, stockt mir der Atem. „Oh hallo. Ist das wohl deiner?“ Er lächelt mich an und mir wird kalt und heiß zugleich. So gebannt wie ich von dem Kerl bin, vergesse ich fast zu atmen. Und wie ich nun einmal bin, versetzt mich diese Tatsache in blankes Stottern und sinnloses Gefasel. „Ja, das ist… das ist Bailey. Wie ich sehe, ist er scharf auf… dein Würstchen…“ Bereits bevor dieser unsägliche Satz meine dämliche Klappe verlassen hat, wünsche ich mir, dass sich der Boden auftut und mich restlos verschlingt. Ohne ein Wort dazu zu sagen, wird sein Grinsen im Sekundentakt breiter und breiter. Doch er verkneift sich sichtlich, mich lauthals auszulachen - auch wenn er es nur schwer verbergen kann. Ist ihm auch nicht zu verübeln. „Also ich meine… du hattest da einen Hotdog. Und Bailey… Bailey hat dir nur das Brötchen übriggelassen. Also… äh…“, lasse ich mein Gestammel gut sein. „Haha, ich hab mich schon gefragt, worauf genau du abzielst.“, nimmt er mich zwinkernd auf den Arm. Ich kann richtig fühlen, wie mein Gesicht sich in eine Ampel verwandelt. „Bailey heißt der Knirps also, ja?“ „Ähm, ja. Genau. Er ist erst 5 Monate alt. So richtig aufs Wort hört er daher noch nicht.“ Ich bücke mich zum Übeltäter runter und lege ihm die Leine wieder an. „Damit du kleiner Ausreißer nicht wieder ausbüxt.“ „Kein Ding, ehrlich. Ich finde es gar nicht schlimm, dass Bailey dich zu mir gelockt hat musst du wissen.“, grinst der Typ mich schelmisch an und mustert mich dabei ganz offensichtlich von oben bis unten. Was für ein Glück, dass sich meine Schlagfertigkeit in diesem Moment zu mir zurückverirrt: „Ach, dann ist das wohl deine Masche? Dass du hier im Park mit deinem Würstchen rumwedelst und Hunde von jungen Frauen anlockst?!“ „Na hör mal, seh ich so aus?!“,  amüsiert er sich über meinen Spruch. „Ich bin übrigens Nico.“ „Annie.“, erwidere ich und versuche dabei krampfhaft Blickkontakt zu halten. „Freut mich sehr, Annie.“ Ich kann gar nicht beschreiben, was seine Ausstrahlung mit mir anstellt. Ich bekomme schwitzige Hände und will ständig verlegen auf den Boden schauen. „Bist du denn…“, wird seine Frage vom Klingelton seines Handys unterbrochen. „Oh Mist, da muss ich ran.“ „Kein Problem. Geh ran. Also... an dein… Telefon.“, rede und gestikuliere ich mich um Kopf und Kragen. „Ich muss ohnehin weiter. Bailey ist noch nicht satt und mal sehen, wer hier im Park noch so unterwegs ist.“, witzele ich. Mit seinem nach wie vor klingelnden Handy in der Hand ruft er mir noch hinterher: „Bist du öfter hier?“ Ich drehe mich zu ihm um, versuche möglichst unbeeindruckt zu lächeln und zucke mit den Schultern. Geschafft! Nachdem das Gespräch so peinlich begonnen hat, hab ich wenigstens einen einigermaßen coolen Abgang hingelegt.

Meinem Freudentaumel kommt jedoch Nicos Stimme dazwischen, nachdem er abgehoben und den Anrufer um einen Moment Geduld gebeten hat: „Annie?“ Ich bleibe stehen und warte, was er noch will. „Ich weiß, für Ende März ist es schon ziemlich warm. Aber du solltest dich nicht erkälten!“ Siegessicher grinst er mich an und zeigt dabei seitlich auf seinen Hintern. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, weil ich etwas wirklich wirklich NICHT GUTES befürchte. Einen Blick nach unten später, bestätigt sich mein Gefühl: Mein Kleid ist seitlich aufgerissen. Das muss passiert sein, als ich mich durch die Büsche gezwängt hab. Natürlich ist so ein Strickkleid nicht gerade dankbar und zu allem Überfluss erstreckt sich der Riss über meine Taille bis knapp unterhalb meiner Hüfte. Natürlich so, dass genau meine Unterwäsche zu sehen ist. Ich stehe noch immer wie angewurzelt da und starre meinen Schlüpfer an, da höre ich Nico triumphieren: „Ich steh ja auf schwarze Spitze!“ Er zwinkert mir noch zu, doch ich nehme so schnell es geht Reißaus und binde meinen Mantel derart fest zusammen, dass ich kaum noch Luft kriege. Das wars dann wohl mit dem >coolen Abgang<.
 
Stella sieht mir natürlich direkt an, dass irgendwas passiert sein muss, als ich die Gassi Runde beendet hab. Nur sehr widerwillig, doch wohlwissend, dass sie eh nicht lockerlassen würde, beichte ich ihr. „Waaas?!“, prustet sie los und bricht in schallendes Gelächter aus. „Ja, ich habs einfach nicht bemerkt. Voller Enthusiasmus hab ich noch meine Hände in die Hüften gestemmt, dass das Loch in meinem Kleid auch ja gedehnt wird. Ich habs überhaupt nicht mitbekommen. Glaub mir, so schnell hab ich den Park noch nie verlassen. Das war absolutes Rekordtempo!“ Vor lauter Verzweiflung schnipple ich dabei das Gemüse fürs Abendessen - unentwegt kopfschüttelnd - extra fein. „Hey, her mit dem Messer. Wir wollen das Essen heute nicht mit dem Strohhalm zu uns nehmen.“, feixt Stella zwinkernd und bohrt nach: „Und der Typ war also ne Granate, ja?“ „Ein absolutes Sahneschnittchen! Der Wahnsinn!“, stelle ich nochmal fest und klatsche mir dabei auf die Stirn. „An dem hat echt alles gestimmt. Wuschelfrisur, Dreitagebart, dunkle Stimme, diese tollen grünen Augen, seine kräftige Statur, sein Style, dieser Hintern in dieser Jeans…“ Dass ich regelrecht ins Schwärmen gerate, entgeht meiner Schwester natürlich nicht. „Das ist ja echt toll, dass du mal wieder mit offenen Augen durchs Leben gehst. Hast du denn nicht seine Nummer? Seinen Namen? Irgendwas?“ Seinen Namen verschweige ich. Keine Ahnung wieso, aber irgendwie macht sein Name die Blamage nur noch realer. „Nein, nichts.“ „Mensch Annie. Wenn dich einer so umhaut, dann greif doch zu. Das hast du dir verdient. Gerade nachdem Max…“ „Darüber will ich jetzt nicht reden!“, schneide ich ihr den Satz ab und rede mir die Sache schön: „Außerdem ist so einer garantiert nicht Single. Und wenn doch, dann wird der rumvögeln bis zum Abwinken. Am Angebot wirds bei dem nicht mangeln.“ „Naja, also was du so erzählt hast, wirkte er schon interessiert. Und… selbst letzteres würde dir vielleicht mal wieder guttun.“ „STELLA!!“, schnaube ich belustigt und werfe ihr ein Geschirrtuch über den Kopf.
 
Am Abend drehe ich noch eine Runde mit Bailey. Ich mache einen kurzen Abstecher in den Supermarkt, weil meine Familie am Wochenende eine kleine Willkommensparty für mich schmeißen will und Stella für ihre Melonen-Bomben-Bowle noch Wodka fehlt. Und wenn ich schon mal dort bin, kaufe ich noch ein paar Kleinigkeiten, die mir gerade einfallen. Doch als ich die Waren aufs Kassenband lege, bemerke ich, dass mein Einkauf – bestehend aus Wodka, Mascara, Tampons und Kaugummi – nicht gerade der vorbildlichste ist und einen falschen Eindruck von mir vermitteln könnte. Zu meinem Entsetzen bezahlt direkt vor mir gerade eine sehr alte Dame und wirft mir beim Anblick des Kassenbandes einen verurteilenden Blick zu. Wie unangenehm. Ich komme mir vor wie Maria Magdalena höchstpersönlich. So schnell wie möglich die Einkäufe wegpacken, bezahlen und dann ab durch die Mitte – so mein Plan. Doch es soll natürlich anders kommen:
 
Als die Kassiererin die Tampons scannt, will scheinbar irgendwas nicht funktionieren, was der ekelhaft schrill klingende Piepton, der aus dem Kassengerät tönt, vermuten lässt. Sie spricht in ihr Mikrofon und ruft den Preis dafür aus. „Was kosten denn die Ladyday Minitampons bitte? Die für die leichten Beschwerden?“ Als könnte ich nicht sowieso schon im Boden versinken, drehe ich mich an der Kasse um und traue meinen Augen kaum: Zwei Kunden hinter mir steht allen Ernstes ausgerechnet der gutaussehende Nico. Er wirft einen Blick aufs Kassenband und grinst mich genau wie schon im Park äußerst belustigt an: „Scheint ja ein interessanter Abend zu werden.“, macht er sich über mich lustig, während die Kassendame endlich den Preis für die dämlichen Stöpsel eintippt. „Oh Gott!“, rutscht mir bei seinem Anblick mit weit aufgerissenen Augen raus. Ich drehe mich um, zahle in Windeseile meinen Einkauf und verschwinde ohne weitere Reaktion auf Nico und seinen Spruch aus dem Laden. Was hab ich in meinem letzten Leben nur verbrochen, dass ich mich heute schon zum zweiten Mal bis auf die Knochen blamiere?! Und dann noch zweimal vor demselben Typen?! Und dann sieht der auch noch aus wie der „Sexiest Man Alive“! Es ist echt zum Heulen.

Natürlich kann ich Baileys Leine nicht schnell genug vom Fahrradständer losbinden, sodass Nico mich draußen abfängt: „Hey Annie.“, ruft er mir zu und man kann schon an seinem Tonfall hören, dass er sich mehr als gut amüsiert. „Wusste ich doch, dass das der kleine Bailey ist. Hast du mich da drin etwa nicht erkannt?“ „Nico. Hey. Äääh… weißt du…“, stammle ich und drehe mir dabei verlegen die Finger in die Haare. „Man könnte meinen, du hast heute noch was vor.“, zwinkert er wieder und deutet auf meine Einkaufstüte. „Ach weißt du…“ „Hahaha, du bist echt süß, wenn dir was unangenehm ist. Das hab ich mir schon im Park gedacht. Wie siehts denn aus? Krieg ich von dem Wodka auch was ab oder killst du den alleine?“ Da versuche ich krampfhaft, mich nicht von seinem Süßholzgeraspel und seinen tollen Augen ablenken zu lassen: „Der Wodka? Ähm der Wodka… den hat meine Schwester in Auftrag gegeben. Sie braucht ihn für meine Bowle. Für ihre Willkommensfete. Meine… meine Willkommensfete. Ihre Bowle, meine Fete… so rum.“ Bei meinem unglaublich souveränen Auftreten fuchtele ich ständig mit dem Finger vor seiner Nase rum, was ihn nur noch breiter grinsen lässt. „Kann es ein, dass ich dich etwas nervös mache?“ Da wird es mir zu bunt und ich beginne zu sticheln: „Nein. Überhaupt nicht. Auch wenn das dein Ego vielleicht nicht verträgt.“ „Na hör mal, ich frag doch nur.“, hebt er die Hände. „Ist doch kein Verbrechen, wenn eine junge Frau mal ne Pulle Wodka kauft. Was hast du denn so dringend aus dem Supermarkt gebraucht, hm? Bestimmt Haargel und ne Herrenzeitschrift und nen Sixpack Bier und…“ Er zieht die Augenbrauen hoch und greift in seinen Einkaufskorb. Schmunzelnd holt er eine Tüte mit belegten Brötchen raus. „Nachdem mir mein Mittagessen heute geklaut wurde, hab ich jetzt ziemlichen Kohldampf.“ „Ist das so, ja?“ „Allerdings, ja. Aber… ich fands besser so.“, schmeichelt er mir und steckt dabei lässig die Hand in die Hosentasche seiner Jeans. Seiner gutsitzenden… hervorragend sitzenden Jeans. Und alles mit einem derart hinreißenden Lächeln, dass mir der Atem stockt. Die Röte steigt mir spürbar ins Gesicht und ich japse nach Luft: „Ist… ist das so, ja?“ „Allerdings, ja.“, meint er sehr bestimmt und treibt sein Spielchen weiter: „Hättest du vielleicht Lust, mal mit mir was trinken zu gehen?“ „Ähm…“, haspele ich überfordert und versuche nach Kräften, meine Gedanken zu ordnen. „Oder wir… essen die Brötchen hier zusammen. Das reicht wohl für ne halbe Fußballmannschaft. Und anschließend… könnten wir ja den Wodka öffnen. Nur zur Verdauung natürlich.“ Vollkommen überrumpelt von mir selbst höre ich mich sagen: „Nein, sorry.“ Genauso überrumpelt von meiner Absage erwidert Nico: „Nein?“ „Nein… tut mir… tut mir leid.“ In mir schrillen etliche Alarmglocken los, sodass ich schnellstmöglich Reißaus nehmen will. Ich ziehe kurz an Baileys Leine und hauche atemlos: „Komm Bailey. Machs gut, Nico.“, doch dabei ansehen kann ich ihn nicht. Als ich um die nächste Straßenecke biege, wage ich noch einen kurzen Blick zurück und sehe, wie Nico noch immer verdutzt vor dem Supermarkt steht.
 
Ein Wunder, dass ich von dem ganzen Kopfschütteln auf dem Heimweg kein Schleudertrauma davongetragen hab. „Was ist denn mit dir passiert? Hast du ein Gespenst gesehen?“, fragt Stella mich erschrocken, als ich zur Wohnungstüre reinkomme. „Nichts. Was soll denn… was soll denn passiert sein?“ Sie zieht wieder ihre Augenbrauen nach oben und meint: „Ich seh dir genau an, dass irgendwas ist. Und ich werds auch aus dir rauskriegen, hörst du?“ Sie zwinkert mir zu, streichelt mir über die Schulter und schleicht sich an mir vorbei um Danny ins Bett zu bringen. „Am besten machen wir den Wodka auf!“, schnaufe ich.
 
Nachdem ich die Einkäufe verstaut hab und Paul und Stella dem Kleinen schöne Träume gewünscht haben, sehen wir zu dritt auf der Couch einen Film. Da Paul schon nach einer halben Stunde die Augen zu fallen, boxt Stella ihn und schickt ihn ebenfalls ins Bett, um endlich ihre Neugier zu stillen: „Schatz, geh doch schon mal ins Bett, wenn du so müde bist.“ Glücklicherweise ist Paul nicht gerade schwer von Begriff und verzieht sich, sodass ich im nächsten Moment anfange, Stella von meiner weiteren unglücklichen Begegnung mit Nico zu erzählen.
 
„Und du hast nein gesagt? Warum hast du nein gesagt?“, schlägt sie die Hände über dem Kopf zusammen. „Keine Ahnung. Das war so… keine Ahnung.“ Wie eine Schildkröte ziehe ich meinen Kopf ein und verkrieche mich bis zu den Augen unter meiner Kuscheldecke. „Also Schwesterherz, du bist echt ne Dumpfbacke!“ „Heeey!!“ Mit erhobenem Zeigefinger steht sie von der Couch auf und läuft auf und ab: „Na jetzt überleg doch mal: Da haut dich nach ner gefühlten Ewigkeit mal wieder ein Mann so riiichtig vom Sockel, zeigt auch noch Interesse an dir und du bist sogar zu verkrampft, ihn nach seinem Namen zu fragen – geschweige denn einfach auf seinen Flirtversuch einzugehen?!“ Naja, so verdeutlicht wirkt die Sache tatsächlich etwas… aus dem Ruder gelaufen. Aber ich kann einfach nichts dagegen tun, dass meine Alarmglocken mich übermannt haben. Also versuche ich, mich zu retten und argumentiere mehr schlecht als recht: „Hallo?! So einer wie der ist nicht Single. Und wenn er Single ist, dann ist er es gern und poppt sich durch die Betten der ganzen Stadt! Du hättest ihn sehen müssen, Stella. Der war ne Granate!“ „Und warum soll so ein Traumtyp kein Interesse an dir haben? Warum kann so ein Kerl nichts für dich übrighaben? Erklär es mir.“ Ich suche nach Worten, aber so richtig wollen mein Kopf und mein Mund nicht zusammenarbeiten. Doch da kommt bereits die nächste Predigt der großen Schwester: „Deine bisherigen Männer waren schwierig, klar. Beide absolut nicht das Gelbe vom Ei, klar. Aber glaub mir eins, Annie: Du hast dich lange genug zurückgezogen. Sieh deine Rückkehr nach Hause doch als Neuanfang. Trau dich was. Geh feiern. Hab Spaß. Flirte. Von mir aus hab One-Night-Stands. Tu, was dich glücklich macht.“ Ich gebe mich resigniert und bin tatsächlich ziemlich k.o. von den Ereignissen des Tages. „Vielleicht hast du ja Recht.“, lasse ich mich gähnend nach hinten fallen. Stella gibt mir ein Gute-Nacht-Küsschen auf die Stirn und macht sich auf den Weg ins Schlafzimmer.
 
Der nächste Tag beginnt ein klein wenig zu früh für meinen Geschmack. Zu lange hab ich wachgelegen und gegrübelt. Schon um 7:30 Uhr poltert es durch die Wohnung. Im nächsten Moment springt schon Danny mit voller Wucht auf meinen Rücken, sodass die Federn der Couch um Hilfe rufen. „Aua… sag mal spinnst du?“ „Aber wir wollen doch heute deine Wohnung anmalen, Tante Annie.“ Da hat der kleine Mann recht. Die nette alte Dame, die die Wohnung gegenüber bewohnt hatte, wurde gestern Vormittag von ihrem Sohn abgeholt und hat mir die Schlüssel übergeben. Um keine Zeit zu verlieren, wollen wir direkt mit den Malerarbeiten beginnen. Kaum hab ich es geschafft, aufrecht zu stehen, hetzt Paul im Blaumann und mit Malerhütchen an mir vorbei: „Na komm schon, Schnarchnase. Ich fange schon mal mit Abkleben an. Wenn du in ner halben Stunde nicht fertig bist, werd ich die ganze Wohnung schweinchenrosa streichen.“
 
29 Minuten später erscheine ich in meinem neuen Flur und begutachte Pauls Arbeit. Die Wohnung ist so schön und so gut gepflegt worden, dass es vollkommen ausreicht, die Wände nach meinem Geschmack zu streichen. Die Böden, das Bad und die Küche wurden erst letztes oder vorletztes Jahr erneuert. Glücklicher könnte ich mit meinem neuen Zuhause gar nicht sein. Bailey und Danny rennen wie verrückt durch die Bude und sind richtig aufgeregt. „Und du möchtest die eine Wand im Wohnbereich wirklich in diesem kräftigen Tannengrün?!“, wundert sich Paul und läuft bei der bloßen Vorstellung fast selber tannengrün an. „Ja, das passt dann super zu den Möbeln und vor allem zur Couch.“ „Na wenn du meinst…“ Zusammen werkeln wir fleißig Stunde um Stunde. Dabei unterhalten wir uns so gut, dass wir nicht schlecht staunen, als Stella uns ein paar Schnittchen bringt. „Wow, ihr seid ja schon fast durch mit dem Streichen. Sieht echt toll aus.“, applaudiert sie den Malermeistern vom Dienst und ergänzt. „Also das Tannengrün wird super zur Couch passen.“ Auf Pauls amüsiertes Augenrollen, antworte ich zwinkernd: „Wir sind eben Schwestern.“

Während die beiden sich kabbeln, weil Stella auch gern deren Wohnung neu streichen würde, klingelt mein Handy. Zum Telefonieren verziehe ich mich ins Badezimmer und hetze nach dem Telefonat ein wenig gestresst zurück in den Wohn-Ess-Bereich. „Leute, wir haben ein Problem. Das war gerade die Spedition. Scheinbar ging da irgendwas schief und die Möbel, die eigentlich erst am Dienstag hätten kommen sollen, werden heute geliefert. Also… in ner halben Stunde genau gesagt.“ „Waaas?! Das soll wohl ein Witz sein, Annie.“, entgleisen Paul sichtlich alle Gesichtszüge. „Wir bekommen das doch nie alles alleine hier hochgeschleppt.“ „Stimmt. Die Möbelpacker sind ja erst für Dienstag bestellt.“, stimme ich ihm panisch nickend zu. „Und Papa fällt ja als Helfer auch aus, nachdem er vor Kurzem erst diesen fiesen Hexenschuss hatte.“ Es herrscht wirres Durcheinander und keiner hat so richtig einen Plan, wie Paul mit uns beiden halben Portionen meine Couch, die Wohnwand, den riesigen Kleiderschrank und mein brandneues Bett ohne Aufzug in den 5. Stock befördern soll. Er fummelt in seiner Hosentasche nach seinem Handy und läuft im Stechschritt aus der Wohnung: „Ich geh kurz telefonieren.“ Ein paar Minuten später – Stella und ich richten gedanklich gerade das Schlafzimmer ein – kommt Paul zurück und berichtet erleichtert, dass er einen Kumpel als Möbelpacker organisiert hat: „Er ist grade noch unterwegs, kann aber so in 20 Minuten hier sein.“ 
 
Nachdem das Chaos abgewendet werden konnte, langen wir kräftig zu. Die Arbeit in der Wohnung macht nämlich hungrig. Stella und ich begutachten gerade die wunderschöne Aussicht aus dem Schlafzimmer, als Danny plötzlich laut loskichert und neben dunklen Männerstimmen wildes Hände- und Rückengeklatsche durch die leeren Räume hallt. Wir folgen dem Lärm als mir mitten im Satz die Augen aus den Höhlen – und fast ein halb zerkautes Salamibrötchen aus dem Mund – fallen: „Hey was ist denn das hier für ein Gebrü… Was machst du denn hier?“ Wie aus dem Nichts steht Nico vor mir. Mitten in meinem neuen Wohnzimmer. Da lässt ein kleiner spontaner Schweißausbruch inklusive knallroter Wangen nicht lange auf sich warten. Nico hingegen wirkt zwar ebenfalls überrascht - er scheint seine Körperfunktionen jedoch deutlich besser unter Kontrolle zu haben. „Na Hallöchen.“, grinst er schelmisch, als er mich sieht während Danny ihm am Ärmel zieht. Von meinem dumpfbackigen Gesichtsausdruck überfordert, versteht Stella natürlich nur Bahnhof: „Was denn? Ihr kennt euch?“ Auch Paul wirkt ein wenig verdutzt. Die Situation schreit förmlich nach einer Aufklärung, sodass ich los stammle: „Also… najaaa… ähm…“, suche ich peinlich berührt nach Worten und scharre mit den Beinen. Da prescht Nico noch immer grinsend vor: „Ja. Könnte man so sagen.“ „Ach. Tatsächlich?“ Stella tätschelt übertrieben schrill kichernd meine Schulter, was mich darauf schließen lässt, dass sie bereits 1 und 1 zusammenzählt. „Och… kennen ist vielleicht zu viel gesagt. Eigentlich haben wir uns nur mal gesehen. Zufällig.“, erkläre ich stockend und versuche dabei krampfhaft zu überspielen, dass ich nur so nach Luft ringe. „Zweimal.“, verbessert Nico mich. Seinem süffisanten Gesichtsausdruck nach, scheint er mein Dilemma zu genießen. „Wir haben uns zweimal gesehen.“ Mir wird die Situation zusehends unangenehmer, was Stella aber scheinbar nicht davon abhält, mir auf die Schliche zu kommen und das auch kund zu tun: „Lass mich raten: Im Park?“ Etwas verdutzt bejaht Nico Stellas Frage. „Und dann... dann nochmal im Supermarkt??“, bohrt sie weiter nach und unterdrückt dabei ihre mir verhasste Hexenlache. Als wäre ich nicht ohnehin schon am Ende triumphiert Nico: „Du hast Stella von mir erzählt?!“ 

 

Da zeigt Paul endlich Mitleid und erlöst mich von meinen Qualen indem er Nico die flache Hand auf den Nacken knallt und meint: „Genug geplaudert. Los Nico, ich zeig dir schon mal, wo wir was hinschaffen müssen. Der Spediteur müsste gleich hier sein.“ Die beiden gehen ins Schlafzimmer und ich will gerade losschimpfen, als Nico nochmal den Kopf ins Zimmer streckt und schmunzelt: „Schmeichelt mir, dass du von mir erzählt hast.“ Sein anschließendes Zwinkern treibt mir von Neuem die rote Farbe ins Gesicht. Viel Zeit, Stella eine Szene zu machen habe ich nicht, da Paul wenige Augenblicke später durch die Bude ruft, dass der LKW schon vor dem Haus steht.

Während die Jungs die schweren Möbel in den fünften Stock schleppen, weisen Stella und ich die beiden ein. „Hier drin klappert irgendwas, Annie.“, meint Paul abgekämpft. Und auch Nico zeigt sich hilfsbereit: „Ja, vielleicht siehst du direkt nach. Falls was zu Bruch gegangen ist, geben wirs der Spedition gleich wieder mit und klären das mit dem Fahrer.“ Gesagt - getan. Ich kriege einen halben Tobsuchtsanfall, als ich sehe, dass der Spiegel meines Kosmetiktischs zerbrochen ist. Schon beim Öffnen des Kartons, fliegen mir die einzelnen Splitter entgegen. „Och nein. Dabei hast du doch so lange nach genauso einem Tisch gesucht. Das tut mir jetzt echt leid, Annie. Los, wir packen den Karton wieder zu. Dann sollen die Männer den gleich wieder runterbringen.“, schlägt Stella vor. Und so machen wir es auch.

Nico nimmt den Tisch an der Wohnungstüre in Empfang und will ihn gerade nach unten bringen, als Danny aus deren Wohnung gepoltert kommt, um seine Mama für die Hausaufgaben um Hilfe zu bitten und Nico dabei halbwegs über den Haufen rennt. „Aua!! Verdammt was war das?!?“, flucht Nico im gleichen Moment mit schmerzverzerrtem Gesicht. Danny, Stella und ich erschrecken uns vor Nicos plötzlichem Geschimpfe. „Was ist denn los?“ „Oh Mist. Da hat sich wohl eine Scherbe selbstständig gemacht.“, hält er sich den Oberschenkel. „Nico, du blutest ja!“, zetert Stella aufgeregt. Doch Nico gibt sich kämpferisch und versetzt mich damit ungewollt in Verzückung: „Ach das ist nur ein kleiner Schnitt. Halb so wild.“ „Bist du sicher? Ich kann mir das gerne ansehen.“, markiert Stella die übereifrige Arzthelferin. „Sicher. Alles gut. Danke.“

Der Nachmittag vergeht ohne weitere Zwischenfälle. Sowohl die restlichen Möbel, als auch die Packesel kommen nach getaner Arbeit heil in meiner Wohnung an. „Vielen Dank für die Hilfe, Männer. Ich bin euch wirklich wirklich dankbar. So dankbar, dass ich ne Runde Pizza und Bier springen lasse.“ Das wird von den beiden natürlich gefeiert und auch Danny ist von einer leckeren Pizza nicht abgeneigt. Auf meinem Balkon stehend und stolz meinen neuen tagtäglichen Ausblick auf den Park genießend bestelle ich telefonisch unser Abendessen. Als ich wieder reinkomme, staune ich nicht schlecht, als Paul gerade beginnt, die Wohnwand auszupacken und aufzubauen. „Was machst du denn da? Du musst das nicht machen Paul. Und wo ist überhaupt Nico?“ „Ach, das ist doch nichts. Solange wir auf die Pizza warten, seh ich mir das Zeug hier schon mal an.“

Da höre ich nebenan im Schlafzimmer dumpfes Scheppern und traue meinen Augen kaum, als ich nachsehe: „Nico, ihr müsst mir nach dem anstrengenden Schleppen nicht auch noch die Möbel aufbauen. Das hab ich Paul gerade auch schon gesagt.“ „Ach, das hab ich doch im Nullkommanix aufgebaut. Könntest du mir mal die Schrauben dort geben?“, winkt er schwer beschäftigt ab. „Gerade du. Es ist sowieso schon so nett von dir gewesen, hier auszuhelfen.“, verschränke ich etwas verlegen die Arme und starre auf den Parkettboden: „Du musst jetzt nicht auch noch mein Bett aufbauen.“ „Wirklich Annie, das macht mir nichts aus. Sag mal, siehst du irgendwo den Schraubenzieher?!“ Ich schnappe mir den Schraubendreher vom Fensterbrett, reiche ihn Nico und tue mal so, als würde mir nicht sein aus der Hose blitzendes Boxershort auffallen. Und erst recht tue ich so, als würde mir nicht gefallen, was ich da sehe. Doch meine schmutzigen Gedanken scheinen hier in bester Gesellschaft zu sein, wie sich in den nächsten Sekunden herrausstellt.

 

„Hm... außerdem schlafe ich besser darin, wenn ich das Bett selber aufgebaut hab.“, fügt Nico hinzu ohne mich auch nur anzusehen. „Wie bitte?“, reiße ich ungläubig die Augen auf. Doch Nicos Sticheleien haben noch kein Ende. Nein, er nimmt gerade erst Fahrt auf, wie mir scheint: „Und das Bett hier sollte einiges aushalten.“ Mein Unbehagen muss mir ins Gesicht geschrieben stehen: „Sag mal... Verstehe ich das richtig? Du denkst, dass du hier...“ Da unterbricht Nico spitzbübisch schmunzelnd mein Gestammel: „Ich hab Sachen drauf... puuuh, da wirst du Augen machen, Annie.“ Mein Hals beginnt trocken zu werden, so überrumpelt bin ich von Nicos schweinischen Neckereien: „Nico ich...“ Beschäftigt damit, nach Luft zu schnappen und nicht auf der Stelle in Ohnmacht zu fallen, bemerke ich zunächst gar nicht, wie Nico aufsteht und sich zu mir in den Türrahmen stellt. Er legt den Arm um mich, lehnt seinen Kopf an meinen und flüstert mir ins Ohr: „Ich will dich nur ärgern.“, ehe er lauthals loslacht. Kurz vor einem Herzstillstand, boxe ich ihm mit voller Wucht auf den Oberarm. „Du bist vielleicht bescheuert!!!“, schimpfe ich lautstark los, sodass Bailey sich direkt alarmiert fühlt und angedackelt kommt. „Aua Aua. Schon gut. Das war doch nur ein Scherz!“, amüsiert sich dieser Hobby-Hefner über mich. Doch bevor er zu den anderen ins Wohnzimmer geht, rückt er nochmal für einen Moment ganz nah an mich ran: „Aber interessant, dass du nicht ganz abgeneigt wärst...“ „Wiiieee bitte?! Wie kommst du denn auf diese blödsinnige Idee?! Du kennst mich doch gar nicht. Ich hab doch überhaupt nichts zu deinen Hirngespinsten gesagt. Du musst ja eine blühende Fantasie haben.“ Doch je mehr ich sage, desto breiter wird sein Grinsen. Und als auch noch ausgerechnet Danny fragt, warum ich seinen „besten Kumpel auf der ganzen Welt Nico“ ausschimpfe, gebe ich mich resigniert und verschwinde schnell zum Kiosk im Erdgeschoss. „Ach, lassen wir das. Ich werd jetzt mit Bailey ne kleine Runde um den Teich drehen und auf dem Rückweg unten das Bier kaufen. Bin in 10 Minuten wieder da. „Soll ich mitkommen?“, provoziert Nico mich weiter und weiter. „Tja ein Spaziergang an der frischen Luft täte deinem Kopf sicherlich gut, Nico. Aber ich wäre dir keine gute Gesellschaft. Los Bailey, gehen wir.“, lasse ich ihn wissen und verschwinde.

Nach dem Spaziergang hat Nico seine Hormone scheinbar wieder unter Kontrolle. Jedenfalls verläuft der Abend sehr gesittet und wir alle verstehen uns sehr gut. Wir plaudern uns von einem zum nächsten Thema und es wird viel gelacht und gewitzelt bis Danny schließlich fast die Augen zufallen, sodass Stella ihn auffordert: „Los Kleiner, ab mit dir in die Falle. Sag allen Gute Nacht und dann verschwinden wir.“ Ein angetanes Kribbeln durchzieht meinen Körper, als Danny Nico zum Abschied umarmt und Nico ihm ein Küsschen auf die Stirn gibt.

„Was siehst du mich denn so an?“, reißt Nico mich aus meinen schwärmerischen Gedanken. „Ich? Ähm... ich seh dich doch gar nicht an.“ Die schlagfertige Annie wie man sie kennt! Aber Paul erstrahlt als mein Retter und wirft ein: „Jemand noch ein Bier?“ Leider kommt er nicht mehr dazu, seines zu öffnen, da Stella im nächsten Moment wieder im Türrahmen steht und ihn bittet, mit nach drüben zu kommen: „Danny will, dass du mit ihm Zähne putzt und ihm die Geschichte mit dem Affen und dem Fußball vorliest.“ Stirnrunzelnd hält Paul mir die Bierflasche vor die Nase und schnaubt etwas widerwillig: „Oh Mann. Das kann ne Zeit lang dauern. Dieser olle Affe reist um die ganze Welt, um seinen Fußball wiederzufinden. Ich verabschiede mich dann also für heute. Vielen Dank für die Pizza und das Bier, Annie.“ Zwinkernd fügt er noch hinzu: „Und stellt mir nichts an, ihr zwei.“ Nett und gut erzogen wie ich bin, begleite ich Paul noch zur Tür und bedanke mich artig für seine Hilfe. „Keine Ursache, liebste Schwägerin.“ Sein bohrender und durchdringender Blick gefällt mir so gar nicht und macht mich etwas nervös. „Er ist n guter Kerl.“, haucht Paul mir leise zu, ehe er Dannys zunehmend fordernden Rufen folgt.

Als ich zurück ins Wohnzimmer gehe, sehe ich zufällig, wie Nico sich die Schnittwunde an seinem Oberschenkel reibt. „Tut es noch sehr weh?“ „Oh, da bist du ja wieder.“, zuckt er kurz zusammen: „Ach, ich spür es noch. Aber so richtig weh tuts nicht.“

Nico und ich verbringen noch einige Stunden zusammen. Trinkend, redend und lachend. Eventuell auch ein bisschen flirtend. Nachdem ich ihm wunschgemäß genau gezeigt hab, wie ich die Wohnung einrichten will, ihm in der Küche davon berichtet hab, wie gerne ich koche und backe, auf dem Balkon von Bailey geschwärmt und im Badezimmer in einigen witzigen und manchmal auch peinlichen Kindheitserinnerungen geschwelgt hab, kriege ich schließlich auch die eine oder andere Information aus Nico heraus. 

 

So erfahre ich zum Beispiel, dass er und Paul sich schon aus der Grundschule kennen, er aber mit ca. 11 Jahren weggezogen ist, nachdem seine Eltern sich getrennt haben. Er hat zwei ältere Brüder, denen er sehr nahesteht. Der älteste Bruder - Simon - lebt mit seiner Familie sogar quasi nur einen Steinwurf entfernt. Simon ist Dannys Fußballtrainer und ab und zu springt Nico für ihn ein. Der zweitälteste Bruder - Alex - ist beziehungsbedingt aufs Land, ca. eineinhalb Stunden entfernt gezogen. Aufgrund der Entfernung sehen sie sich nicht mehr so oft wie früher, aber die fehlenden Treffen gleichen die 3 Jungs über Anrufe und Textnachrichten aus. Außerdem ist Nico sehr tierlieb, was man auch an seinem Umgang mit Bailey merkt. Der kleine Räuber lässt sich stundenlang von Nico kraulen und weicht ihm kaum von der Seite. Für ein eigenes Haustier fehlt ihm aber die Zeit, was er bedauert. Wir unterhalten uns bis tief in die Nacht. Ich amüsiere mich so gut, dass ich gar nicht bemerke, wie viel Bier ich eigentlich schon intus hab. Erst als Nico mir seine Wohnung zeigen will, die man von meinem Balkon aus sieht - liegt sie doch lediglich auf der nordöstlichen Seite des Stadtparks -, erwischt mich die kalte Luft wie ein Brett und lässt mir den Alkohol zu Kopf steigen.

Ausgerechnet jetzt wo ich mich so beflügelt fühle, startet Nico die nächste Aktion: Er bemerkt, dass ich etwas friere, stellt sich dicht vor mich, knöpft sein Hemd auf und wickelt sich samt mir darin ein. Die Nähe fühlt sich unheimlich toll an. Während der Daumen meiner rechten Hand, in der ich meine Bierflasche halte, meine Lippe piekst, streicht mein linker Daumen über Nicos Brust. „Dein Unterhemd ist fleckig.“, säusele ich. Er bannt meinen Blick und kommt mir näher und näher. Seine Augen schließen sich und ich kann seinen Atem wahrnehmen. Sein Bart kitzelt mich bereits an der Lippe. Mein Herz springt mir fast aus der Brust, als ich mich leise sagen höre: „Du solltest lieber gehen.“ Nico erstarrt förmlich und sieht mich fragend an. „Ich... ich glaub, ich hab ein bisschen viel Bier erwischt.“ Noch etwas verklärt und peinlich berührt lässt er von mir ab.

„Ähm... Gut. Vielleicht hast du Recht. Also... also dann... werd ich mal... langsam gehen.“, stottert er, wankt ein bisschen verplant in den Hausflur und knöpft sich dabei sein Hemd wieder zu. Geradezu wortlos dackle ich ihm hinterher und bekomme lediglich ein „Vielen Dank nochmal.“ heraus. „Gerne, gerne.“, wirft Nico etwas resigniert die rechte Hand in die Luft, ohne sich nochmal umzudrehen.

Die Wohnungstüre ist noch nicht wieder ins Schloss gefallen, da vernehme ich ein Klopfen. „Geh mit mir aus, Annie. Cocktails trinken, Kaffee trinken, Essen, Kino, ein Spaziergang, von mir aus auch Ponyreiten. Aber geh mit mir aus.“ Wie er da so steht in seinen Arbeitsklamotten, sich im Nacken kratzt und ihm das Unbehagen regelrecht ins Gesicht geschrieben steht, könnte ich ihn stundenlang ansehen. Doch erneut schrillen die blöden Alarmglocken in meinem blöden Kopf los, sodass ich ablehne: „Tut mir leid, Nico. Ich... ich kann nicht.“ „Dann gib mir deine Nummer.“ „Nico...“ „Nur deine Handynummer. Keine Niere!“, lässt er sich nicht so recht abwimmeln. Doch für den Moment bleibe ich standhaft. Er lächelt mich an, nickt verständnisvoll und macht sich schließlich auf den Weg nach Hause.

Ich räume gerade die letzten beiden Flaschen weg, da ertönt urplötzlich die Türklingel. Nicht nur ich befürchte einen Herztod vor Schreck, nein auch Bailey, der seit einer halben Stunde unter dem Couchtisch schlummert, kläfft entgeistert los. Ich drücke wie unter Strom den Knopf der Gegensprechanlage: „J... Ja?!“ „Glaub nicht, dass ich so schnell aufgebe. Gute Nacht, Annie.“ Nicos Worte bringen mich zum Schmelzen. Seine wohlklingende Stimme verfolgt mich schließlich über den Hausflur, durch Stellas und Pauls Wohnung, in deren Badezimmer und Gästezimmer und schließlich bis hin in den Schlaf.

Auch am nächsten Morgen, als Bailey auf mir herumturnt um auf seine morgendliche Gassi Runde aufmerksam zu machen ist Nico einer meiner ersten Gedanken. Noch etwas schlaftrunken wanke ich in die Küche, wo Stella gerade das Frühstück vorbereitet. „Guten Morgen, Nachteule.“, grinst sie. „Guten Morgen. Wo sind denn deine beiden Männer?“ „Paul ist mit Danny einkaufen gegangen. Die letzten kleinen Besorgungen für deine Willkommensfeier. Papa hat auch schon angerufen. Seinem Rücken gehts soweit wieder gut und er kommt mit Dana gegen 7.“ Dass sie mich dabei ununterbrochen neckisch anlächelt, entgeht mir nicht.

Doch ehe in nachhaken kann, was ihre Mundwinkel so zufrieden gen Norden tänzeln lässt, startet sie ihr Manöver: „Ihr habt gestern noch lange... geredet?? Du und... Nico?“ Ihr schriller Ton am Satzende lässt mir fast die Ohren bluten. „Ja, es war echt... nett. Wir haben uns gut verstanden.“ Stella stemmt ihren linken Arm in die Hüfte: „Ach?“ „Ja. Er ist echt nett. Und es war ja auch nett, dass er zur Unterstützung gekommen ist. Echt... nett.“ Stella stemmt ihren rechten Arm in die Hüfte: „Ach?!“ „Jap.“, bestätige ich und will schleunigst flüchten. Doch bevor ich mich überhaupt Richtung Badezimmer umdrehen kann, verhört sie mich vollkommen unverschont: „Der Typ aus dem Park und dem Supermarkt war also Nico, richtig? Dieser Hottie mit dem Knackarsch und den tollen Augen? Diese - ich glaube deine Bezeichnung lautete - Granate? Der Typ, dem du unterstellt hast, dass er sicherlich überall rumvögelt, weil er einfach zu heiß für was Festes ist?!“ „Äääh...“, druckse ich peinlich berührt herum. „Und jetzt kommst du mir mit nett? NETT?? Dein Ernst Schwesterherz?!“ „Naja, also er sieht tatsächlich sehr gut aus, ja.“ Da unterbricht Stella mich augenrollend: „Gut?! Pff... du hast ja keine Ahnung! Wir waren schon mit ihm im Freibad!“ Ein wenig überfordert von ihrer Schwärmerei versuche ich, die Sache etwas runter zu spielen: „Okaaay...?! Äh, ja wir verstehen uns gut. Aber ich bin momentan gar nicht auf der Suche und von daher mache ich mir darüber überhaupt keine Gedanken.“ „Ihr versteht euch gut?“ „Außerdem hat sich meine Rumvögel-These ja bislang auch gar nicht als falsch erwiesen. Und ich bin momentan ja gar nicht auf der Suche.“, argumentiere ich ungefragt weiter. „Deine These kann ich absolut nicht bestätigen. Ich hab zumindest noch nie was in diese Richtung mitbekommen. Und seit Nico vor 2 Jahren wieder hergezogen ist, sehen wir uns quasi ständig. Mehrmals die Woche.“ „Aber Stella, ich bin ja auch gar nicht auf der Suche, weißt du?“ Dass ich wild mit meinen Fingern rumfuchtele um damit die Wahrheit in meiner Aussage zu untermauern, trägt wohl eher zum Gegenteil und hauptsächlich zu Stellas Belustigung bei. „Aber mal im Ernst, Annie... du findest ihn gut oder?“ „Ja sehr sehr nett.“ „Gut, du willst also nicht damit rausrücken?“ „Womit?“, stelle ich mich dumm. „Du findest ihn einfach nett?“ Ich nicke überschwänglich. „Ihr versteht euch einfach gut?“ Ich nicke überschwänglicher. „Na dann ist es ja super, dass ich ihn für heute Abend eingeladen hab.“ Ich erstarre. „Er kommt schon ein bisschen früher, weil Paul und er das Fußballspiel anschauen wollen.“ Ich bin unfähig, etwas zu sagen, geschweige denn, mich zu bewegen. Währenddessen feiert Stella ihre fiesen Machenschaften: „Los, wir frühstücken.“

Der restliche Tag vergeht dank der Vorbereitungen für die Feier wie im Flug. Ich will gerade die Bowle zusammenbrauen, als es klingelt. Etwas aufgeregt, öffne ich die Tür und sehe Nico vor mir stehen. Er trägt eine dunkelbraune Lederjacke, ein sehr gut sitzendes anliegendes weißes Shirt und eine noch besser sitzende Jeans. Ehe ich mich versehen kann begrüßt er mich mit einer lockeren Umarmung, einem beiläufigen Küsschen auf die Wange und seinem üblichen charmanten Lächeln: „Hey Annie. So sieht man sich wieder.“ „Nico, ja. Hi. Ähm... schön, dass du da bist. Komm rein, komm rein.“ Im Vorbeigehen mustert er mich und meint: „Du siehst hübsch aus.“ Sein Kompliment lässt mich innerlich jubeln, doch von außen lässt das wohl nur meine knallrote Gesichtsfarbe erahnen. „Oh, danke. Ich hab... mir einfach irgendwas aus dem Schrank geschnappt.“, flunkere ich. Er muss ja nicht unbedingt wissen, dass ich mich bis vor 20 Minuten insgesamt viermal umgezogen hab, ehe meine Wahl auf das geblümte cremefarbene Kleid und die einfache weinrote Strickjacke gefallen ist. Als er die anderen begrüßt, mache ich mich wieder an die Bowle. Mit einem Lächeln im Gesicht.

Nach getaner Arbeit möchte ich mich kurz frisch machen und erschrecke mich fast zu Tode, als ich ins Badezimmer komme und Nico mit runter gelassener Hose vor meiner Schwester steht. „Oh! Oooooh! Entschuldigung! Bitte entschul... Was treibt ihr denn da?!“, zetere ich irritiert und halte mir die Augen zu. „Ah Annie, du kommst wie gerufen. Ich hab dort drüben Pflaster auf die Ablage gelegt. Könntest du mir bitte eins von den größeren geben? Nico hat mich gebeten, mir seine Schnittverletzung anzusehen.“ „Ja, heut Morgen nach der Dusche hat sie irgendwie so... gepocht. Ich wollte nur sichergehen, dass nichts in die Wunde gekommen ist.“ „Oh, ja das solltest du Stella lieber checken lassen.“, stammle ich nach dem Pflaster fingernd. „Naja dann... lass ich euch hier mal... weitermachen.“ Doch Krankenschwester Stella hat ihre Untersuchung bereits abgeschlossen und so verlassen wir drei gemeinsam das Bad. „Ähm, nochmal: Tut mir übrigens leid, dass ich so reingeplatzt bin. Das war dir sicher unangenehm, Nico.“ Nichts ahnend antwortet er ganz salopp: „Ach, kein Problem. Ich hab schon deine Unterwäsche gesehen - jetzt wurde es eben Zeit, dass du auch meine siehst. Jetzt sind wir fürs Erste quitt.“ Wie aus dem Nichts steht plötzlich mein Papa vor uns und starrt uns entgeistert an. „Papa! Du bist ja schon... schon da!“

Doch ehe ich eine Antwort bekomme, wird die Situation noch skurriler. „Kollege Winter!“, prustet mein Vater und streckt Nico die Hand entgegen bevor er mich überhaupt begrüßt. „Hallo Herr Dr. Berger.“ Die beiden schütteln sich mit eingefrorener Miene die Hände und ich verstehe nur noch Bahnhof. „Ihr kennt euch?“ Ich muss schon sagen: Nico so kleinlaut zu erleben stimmt mich äußerst heiter. Mein Papa klärt die Situation dann dankenswerter Weise auf: „Ja wir kennen uns von Berufswegen. Der neue Anwalt, der ab kommendem Monat in unserer Kanzlei anfängt: Er steht direkt neben dir.“ „Nico? Nico ist der Neuzugang bei euch?“, falle ich aus allen Wolken, „Nico ist überhaupt Anwalt?!“ Da meldet sich der Herr selbst mal zu Wort: „Ja, Nico ist Anwalt. Und Nico wechselt zum nächsten Ersten in die Kanzlei Berger & Blum.“ Da fällt ihm mein Papa ins Wort: „Und scheinbar hat Nico meine Jüngste bereits in Unterwäsche gesehen.“ Und erneut versteinern sich unsere Gesichter. Nach einigen Sekunden Stille findet Nico seine Sprache wieder: „Ja, also das... das ist ganz einfach zu erklären. Es war nämlich...“ Die finstere Miene von meinem Papa erhellt sich im nächsten Augenblick und er lässt den üblichen Spaßvogel raus: „Ach im Grunde geht mich das ja gar nichts an. Opa sein ist doch toll.“, grinst er und wuschelt Danny, der schon wieder wie eine Klette an seinem heißgeliebten Nico klebt, dabei durch die Haare. „Los jetzt Männer, ich dachte wir wollten Fußball schauen.“, klatscht er in die Hände und treibt die Jungs Richtung Sofa. Nico und ich werfen uns noch einen verstohlenen Blick zu, ehe er auf dem Sofa Platz nimmt und Bailey es sich direkt auf seinem Schoß bequem macht.

Nach dem Spiel reden wir nochmal alle gemeinsam über die Tatsache, dass scheinbar keiner auf die Idee gekommen ist, mir zu erzählen, dass Nico in Papas Kanzlei anfängt. „Naja das ist irgendwie untergegangen.“, meint Stella. „Außerdem weißt du doch, dass ich privat nur ungern über die Arbeit rede, Kekschen. Ich brauche auch mal Zeit um abzuschalten.“ „Das handhabe ich übrigens auch so.“, pflichtet Nico meinem Papa bei und flüstert schmunzelnd noch hinterher: „Kekschen!“ Papa beobachtet die Blicke, die Nico und ich uns zuwerfen und wird neugierig: „Und woher kennt ihr beiden euch denn nun?“ Diesmal lasse ich Nico den Vortritt. Wir wollen ja nicht, dass ich mich wieder um Kopf und Kragen rede. Netterweise erzählt Nico die Geschichte in der kindgerechten Variante und erntet damit trotzdem so einige Lacher.

Nico und mein Papa verstehen sich über den Abend hinweg sogar so gut, dass sie beim Anstoßen mit einem Kurzen beschließen, sich zu duzen. „Weißt du Nico, ich freue mich, dass unser Team durch dich wieder etwas frischen Wind bekommt. Du wirst mit deiner lockeren und sympathischen Art sicher für etwas Schwung in der Kanzlei sorgen.“, lobt Papa ihn. „Ich werd mein Bestes geben.“ Da wedelt Papa erheitert mit seinem Zeigefinger auf Nicos Schulter herum: „Wisst ihr, der Junge ist mir mit seiner Bewerbung direkt ins Auge gesprungen.“ Pff... soll er mich mal fragen! „Mit Abstand die besten Kompetenzen. So jung und doch schon seinen Fachanwalt gemacht. Das ist wirklich bemerkenswert. Und im persönlichen Gespräch so aufgeschlossen und freundlich. Nico, das wird großartig.“

Nico ist die Schnapsrede meines Vaters sichtlich unangenehm, also will ich ihm zur Hilfe eilen und Papa mit einer Frage zu seinem Oldtimer ablenken. Wenn man den Wagen nur erwähnt, blitzen seine Augen schon. Doch ehe ich mir eine passende Frage überlegen kann, unterbricht der Klingelton meines Handys meine Grübeleien.

Ich gehe ran und verziehe mich in die Küche: „Lars, hey.“ Lars ist mein Ex-Freund. Er war mein erster fester Freund, doch nach 3 Jahren Beziehung hat er mir doch zu sehr geklammert und ich hab das Ganze beendet. Zuerst war absolute Funkstille angesagt. Doch nach einer ganzen Weile haben wir wieder Kontakt aufgenommen. Wir waren beide in einer neuen Beziehung und sahen deshalb keinen Grund, es nicht mit einer Freundschaft zu versuchen. Seither stehen wir regelmäßig in lockerem telefonischem Kontakt. Lars ist für seine Freundin nämlich stolze 360 km in den Norden gezogen. Aber naja, für die eine wahre Liebe tut man so einiges. Zumindest dachte ich das...

„Hi Annie. Ähm... hast du kurz Zeit?“ „Ja kurz. Wirklich nur kurz. Die anderen schmeißen doch heute eine kleine Feier für mich. Heimkehrer und so.“ „Oh, dann... dann will ich nicht stören. Weißt du was? Ich... ich meld mich einfach die Tage nochmal bei dir.“ Doch so einfach kommt Lars mir nicht davon. Ich kann an seiner Stimme hören, dass etwas im Busch ist und bohre solange nach, bis er mit der Sprache rausrückt. Und siehe da: Seine Freundin hat sich von ihm getrennt. „Aber warum denn so plötzlich?“, will ich wissen. „Ach... angeblich aus vielen verschiedenen Gründen. Kleinigkeiten. Doch... letztendlich zu viele... Kleinigkeiten.“ „Und jetzt? Bleibst du... bleibst du dort? Oder kommst du zurück?“ „Ich hab nicht vor, länger hier zu bleiben. Ich hab auch schon für nächste Woche eine Wohnungsbesichtigung vereinbart. Nur ca. 20 Minuten von deiner Wohnung entfernt.“ „Wow, du scheinst es ja eilig zu haben, dort weg zu kommen.“ Da tönt es vom Esstisch zu mir rüber. „Los, Annie. Schnapp dir nen Kurzen. Wir wollen auf dich anstoßen!“ Lars fühlt sich merklich unwohl was sein Timing betrifft und will das Telefonat beenden. „Lass dich von mir nicht aufhalten, Annie. Ich wollte echt nicht stören. Feiert ordentlich und ich werd mich einfach morgen oder übermorgen nochmal melden. Dann reden wir in Ruhe.“ „Aber Lars, ich will nicht...“ „Keine Widerrede. Los doch, deine Gäste warten.“ „Okay, aber... wenn was ist, dann melde dich. Jederzeit. Hörst du?“

Nachdem ich mich davon überzeugt hab, dass Lars keine Selbstmordgedanken hegt, stoße ich also mit meinen Lieben an und kümmere mich auftragsgemäß um die Bowle. Gerade kippe ich den Wodka in die von unserer Uroma geerbte Glasschale, als Nico sich mit einem Bierchen zu mir gesellt: „Ich dachte, die Bowle ist Stellas Spezialität.“ „Eigentlich schon, aber Danny kränkelt wohl ein bisschen und sie sieht gerade nach ihm. Da hat sie mich gebeten, die Bowle zu Ende zu brauen.“ Er nickt und hebt seine Augenbrauen. Ich kann ihm richtig ansehen, dass ihm etwas unter den Nägeln brennt. „Nico, gibt es was, was du sagen willst?“, stemme ich die Hand in die Hüfte. Etwas ertappt, verneint Nico zunächst. Er trinkt einen Schluck Bier und zögert noch einen Moment. Plötzlich ploppt es aus ihm raus: „Lars also?“ „Was?“, frage ich reichlich verdutzt. „Lars. Du hast gerade telefoniert und dabei Lars gesagt.“ „Ach so. Ja genau.“ „Wer ist denn Lars?“ Es amüsiert mich, dass Nico so neugierig ist, dabei aber möglichst cool wirken will. „Oh, Lars ist ein echt toller Typ. Wir kennen uns schon ewig.“, spanne ich ihn weiter auf die Folter. „Woher denn?“ „Sag mal Nico, bist du eifersüchtig?“, grinse ich ihn überheblich an. „Ach was. Ich bin nur neugierig.“ Da muss ich lachen und klopfe ihm auf die Schulter: „Oh ja. Das bist du.“ „Also los. Raus damit. Woher kennst du ihn denn?“

Im gleichen Moment trabt Stella in die Küche, um die Bowle, beziehungsweise meine Braukünste zu kontrollieren: „Um wen gehts?“ „Um niemanden.“, zische ich, um Nicos Neugierde noch etwas auszukosten, doch der wiederum wittert Aufklärung und weiht Stella nur zu gerne ein: „Lars.“ Da beginnt sie, ohne Punkt und Komma zu reden und dabei wild zu gestikulieren: „Oookay, da bin ich raus. Ich persönlich halte ja nichts von Freundschaft nach einer Trennung. Für mich ist der Ex der Ex und das bedeutet, dass der Kontakt minimiert - oder noch besser - komplett gestrichen wird. Aber vielleicht bin ich auch einfach nicht so lieb und nett wie meine Schwester. Oh, die Bowle ist super geworden. Die hats richtig in sich.“ Und so schnell wie sie aufgetaucht ist, verschwindet sie samt Bowle wieder zu den anderen.

Nachdem mir nun in Sekundenschnelle der Wind aus den Segeln genommen wurde, starre ich auf den Boden und muss nicht lange auf Nicos nächste Verhörfragen warten. „Lars, der Exfreund also. Iiinteressant.“ „Äh... jap.“ „Du triffst dich mit deinem Ex?“, hakt er etwas skeptisch nach. Ich mache mich ein bisschen über seinen Enthusiasmus, mehr über das ganze Thema zu erfahren, lustig: „Du wirst doch nicht etwa doch eifersüchtig sein?!“ Da lehnt er sich auf die Arbeitsfläche, lächelt mich schelmisch an und meint: „Ich hoffe, ich muss es nicht sein.“ Ehe er wieder zu den anderen verschwindet, zwinkert er mir noch zu, was mich innerlich mehr in Aufruhr versetzt, als mir lieb ist.

Der Abend verläuft zunehmend zu Nicos Gunsten. Mein Papa trällert einen Lobgesang nach dem anderen und lässt Nico fast hochleben. Schließlich klopft Dana ihm irgendwann auf die Schulter und gibt ihm damit das Zeichen, dass sie langsam aufbrechen wollen. „Was denn?! Schon 2 Uhr?? Das kann ja gar nicht sein.“ „Tja Papa, die Zeit rennt, wenn man sich amüsiert.“ An der Tür verabschiede ich mich mit einem Küsschen von ihm und Papa lallt mir mit einem wiiinzigen Glas Wein zu viel intus, wie toll Nico doch ist. Und dass er sich schon so freut, wenn er in die Kanzlei wechselt. „Ja Papa. Das hab ich schon mitbekommen. Jetzt kommt gut nach Hause. Tschüüüs!“, buxiere ich ihn aus der Wohnung, ehe Dana noch Gewalt anwendet, ihn endlich ins Auto zu bekommen.

Als ich die Wohnungstüre schließe, läuft der sagenumwobene Nico - Ritter von und zu Paragrafenburg - an mir vorbei, um sich im Kühlschrank ein Bier zu holen. „Mensch Nico, den hast du ja scheinbar beeindruckt.“ Da ruft auch Stella zu uns rüber: „Allerdings. Darauf kannst du dir echt was einbilden. Paul hat er bestimmt das erste halbe Jahr lang gehasst. Den hast du sauber um den Finger gewickelt!“ „Was soll denn das heißen?! Um den Finger gewickelt? Ich hab doch überhaupt nichts gemacht. Ich war lediglich anwesend.“ „Naja, dann bist du entweder ein ziemlicher Streber, oder du hast im Bewerbungsgespräch ordentlich reingeschleimt!“, drücke ich ihm mit meinem fiesesten Hexengrinsen auf dem Gesicht meinen Zeigefinger auf die Brust. „Ach ihr ollen Hühner. Hört doch auf zu gackern. Ich bin einfach unheimlich sympathisch.“, feiert er sich scherzhaft und hält meinen Finger fest. Von Stella und Paul unbemerkt flüstert er mir zu: „Außerdem ist es wohl nie verkehrt, wenn der Schwiegervater einen mag.“ Erneut bringt er mich mit einem frechen Zwinkern aus der Fassung und kehrt zu den anderen zurück.

Weiterhin verschwinden die Stunden nur so ineinander. Wir unterhalten uns so gut und haben so viel Spaß, dass wir noch eine gefühlte Ewigkeit zusammen am Tisch sitzen. Selbst als Stella sich gähnend in Richtung Bett verabschiedet, tut das der Stimmung keinen Abbruch. Irgendwann beginnen wir sogar, einen Turm aus Bierkapseln zu bauen. Dazu zieht Nico seine Jacke aus und ich bewundere seinen tätowierten Unterarm. Ich muss schon sagen, das gefällt mir unheimlich gut. So auf der Pirsch bekomme ich leider nicht so richtig mit, dass Nico auf mein Gegaffe aufmerksam wird: „Was guckst du denn so?“ „Iiich??“, japse ich ertappt. „Ähm... äh... ich hab nur... deine Tattoos angeschaut. Sehr untypisch für einen Anwalt oder?! Also ehrlich: Ich hätte dich im Leben nicht für einen Anwalt gehalten.“ „Och weißt du, es gibt Mandanten, da kleide ich mich wie ich will. Und es gibt Mandanten, da trage ich die Ärmel immer lang.“, erklärt er und streicht sich dabei beiläufig über den Arm. Da lehnt er sich spitzbübisch grinsend zu mir rüber: „Hey heeey, die gefallen dir wohl, was?“ Ach du Schreck, ich hab gar nicht gemerkt, dass ich mir auf der Lippe herumknabbere. Wie billig und dämlich wirkt das denn jetzt nur?!?!? „Waaas?!? Hey heeey, ich würde sagen, du überschätzt dich!“, bremse ich ihn. Mein Rüffel scheint zu wirken. Nico lehnt sich im nächsten Moment zurück, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und meint: „Na, wenn du das sagst. Ich muss aber sagen, dass ich dich auch nicht für eine Autorin gehalten hätte.“ „Pff, wieso denn? Dachtest du, ich würde bei der Müllabfuhr arbeiten? Moment mal... woher weißt du denn, dass ich schreibe?“ „Vorhin als du die Bowle gemacht hast, da hab ich mich mit deiner Stiefmutter unterhalten.“ Nach einigen dämlichen Fragen, ob es in den Jugendromanen denn auch um das erste Mal und sowas gehen würde, gelingt es uns sogar, wie erwachsene Menschen über meine Arbeit zu sprechen. Es schmeichelt mir, dass Nico so viel darüber wissen will. Wo ich meine Inspiration her bekomme. Wie viele Bücher von mir denn veröffentlicht wurden. Ob ich spezielle Vorgaben kriege und ob ich schon mal unverhältnismäßig fies kritisiert wurde. Falls ich nämlich einen Anwalt bräuchte, dann würde er - ich zitiere - „für mich mit ZPO, Kugelschreiber und Robe bewaffnet in die Schlacht ziehen.“

Während unserem Gespräch haben wir gar nicht so richtig mitbekommen, dass Paul sich auf die Dachterrasse verzogen hat. „Was treibst du denn hier draußen?“ „Ja, du hättest uns ruhig unterbrechen können, wenn du dich gelangweilt hast, Paulchen.“, wedele ich mit dem Zeigefinger. „Ach, es ist so mild heute Nacht. Da wollte ich mal kurz frische Luft schnappen.“ „Mein lieber Schwager, ab und an bist du ein bisschen sonderbar. Naja, wie auch immer. Ich werd uns mal 3 Kurze organisieren.“ Im nächsten Moment klingelt mein Handy kurz. >Ich komm morgen zu dir. Ich muss dich sehen. Hier erinnert mich alles an Tessa. Ich dreh noch durch!< „Ach Lars...“, murmele ich vor mich hin und verzieh mich nach drinnen um mich auf die Suche nach unseren Schnapsgläsern zu machen. Ich amüsiere mich gerade zu gut um mich von Lars‘ Liebeskummer runterziehen zu lassen und beschließe, ihm erst morgen zu antworten.

Mit 3 randvollen Schnapsgläsern und einer angebrochenen Packung Chips in der Hand gestaltet es sich etwas schwierig, die Terrassentüre zu öffnen. Doch so kann ich ein Gespräch von den Jungs mithören, das mir so gar nicht in den Kram passt. „...Stella und ich mochten ihn nie so wirklich. Der war so ein richtiger Lappen. Weinerlich und schlimmer als ein Klammeraffe. Aber das muss sie ja selber wissen.“ „Ich wundere mich nur, dass so einer überhaupt bei ihr landen konnte. Annie wirkt so taff.“ „Tja, wo die Liebe hinfällt.“ „Hat sie denn noch viel Kontakt zu ihrem Ex?“ „Pff... soweit ich weiß, schreiben sie sich öfter mal. Ich denke nicht, dass sie sich sehen. Der wohnt ja gar nicht hier.“ „Aaah, dann ist der es gewesen, für den sie ins Ausland gegangen ist? Und er ist noch dort geblieben?“ „Hm... nein nein. Das war nicht Lars. Das war Max. Ein totales Arschloch. Echt schizophren. Zuerst ein Engelchen mit besten Absichten und im nächsten Moment der Teufel höchstpersönlich.“ „Was meinst du denn damit?“ „Das war echt übel. Richtig übel. Die ist da wirklich vom totalen Softie zum absoluten Prollmacho gewandert. Wenn du mich fragst, dann wird es höchste Eisenbahn, dass sie mal an nen ganz normalen netten Typen gerät.“ „Kekschen, Kekschen...“, schüttelt Nico den Kopf.

Da platzt mir der Kragen und ich stoße die blöde Tür mit dem Fuß auf: „Was bildet ihr zwei euch eigentlich ein? Das geht euch überhaupt nichts an! Mein Liebesleben hat euch einen Scheiß zu interessieren!“, schimpfe ich wutentbrannt und knalle die Gläser auf den kleinen Beistelltisch. Und ihre dummdreist erschrockenen Gesichter, machen mich nur noch wütender: „Wie ihr zwei hier rumsteht und über mein Privatleben sinniert. Ihr seid echt... Ach, ich geh ins Bett! Ich kann eure Fratzen nicht mehr sehen!“ Bevor ich den beiden noch die Grillzange überziehe, verdrücke ich mich.

Mein Herz rast noch im Bett liegend vor Wut. Gleichzeitig fühle ich mich gedemütigt. Ich bin wirklich nicht stolz auf meine bisherige Männerwahl. Lars ist toll, er ist lieb und nett, immer um mich besorgt und zuvorkommend. Aber wirklich ein Lappen. Bei der kleinsten Diskussion hat er mir halbwegs die Füße geküsst, nur um weiteren Streit zu vermeiden. Und Max... Max war schlicht und ergreifend ein Fehler. So grüble ich noch eine ganze Zeit lang vor mich hin, ehe der Wodka mir die Augen schließlich zufallen lässt.

Am nächsten Morgen macht sich besagter Wodka bereits ab der ersten Sekunde, in der ich meine Augen aufschlage bemerkbar. Mein Kopf dröhnt wie zehn Presslufthämmer. Nach 20 Minuten vergeblichen Versuchen, meinen Hintern aus dem Bett zu kriegen, erreiche ich schließlich die Küche. Zunächst wundere ich mich, wo der kleine Danny mit seinem eingebauten Lautsprecher steckt. Immerhin ist es schon nach 11 Uhr. Doch dann finde ich eine Notiz am Kühlschrank heften: >Sind ja heute auf dem Geburtstag von Pauls Mutter. Wird spät werden, bis wir wieder da sind. Im Kühlschrank sind noch Reste vom gestrigen Mittagessen. Bussi< Igitt! Mittagessen! Schon bei dem Gedanken an Essen dreht sich mir der Magen um. Auch die Gassi Runde mit Bailey fällt heute auffallend klein aus. Ich schaffe es gerade einmal vor die Haustüre. Glücklicherweise steht dort direkt ein Baum, den Bailey anpinkeln kann. So sind wir 2 Minuten später wieder oben und ich gammle mich auf die Couch und schalte die Glotze an. Der Kater hat mich voll im Griff und ich fühle mich wie vom 40-Tonner überfahren.

So verbringen Bailey und ich ganze 3 Stunden - gut Bailey futtert ab und zu mal was. Ganz im Gegensatz zu mir. Jedoch habe ich den Eindruck, ein bisschen Kraft getankt zu haben und bereite mich mental auf eine kleine - tatsächliche - Gassi Runde vor.

Wenig später finde ich mich wahrhaftig im Park wieder. Die ersten Minuten an der frischen Luft fühlen sich toll an. Ich hab den Eindruck, dass jetzt nur noch 3 Presslufthämmer in meinem Kopf werkeln. Doch in einem unkonzentrierten Augenblick reißt Bailey an der Leine, die mir mangels Kraft direkt aus der Hand gleitet. Binnen Sekunden läuft er wie ein geölter Blitz weg. Ich hechte so schnell ich kann hinterher: „Bailey!!! Baileeey, komm sofort wieder her!“ Wenige Meter weiter bleibt der kleine Weltenbummler stehen und ich kann Nico in der Ferne erkennen.

„Hey Annie.“, begrüßt er mich freundlich und gutaussehend wie üblich und noch dazu ekelhaft fit. Während dessen komme ich dem Tode nah bei ihm und Bailey an und schnaufe wie ein Büffel. „Nico, hey... du... du wirkst so... fit.“ Ich stemme mich auf meine Knie, und schnappe nur so nach Luft. „Ja, ich hatte heute Morgen echt nen wahnsinnigen Schädel auf. Aber nach zwei Schmerztabletten und ner kalten Dusche gehts mir jetzt wieder gut.“, klopft dieser Angeber sich wohl gedanklich auf die Schulter.

Langsam merke ich, dass die Rennerei wohl zu viel des Guten war. Ich bekomme schlottrige Knie und beginne zu schwitzen und zu zittern. „Hör mal Annie wegen heute Nacht. Ich wollte dich nicht verärgern oder neugierig se...“ Auch Nico entgeht mein kleiner Kreislaufkollaps nicht. In Null-Komma-Nichts wirkt seine Stimme besorgt und ernst: „Gehts dir nicht gut? Annie?“ Eine Antwort hierauf bleibe ich ihm vorerst schuldig. Ich konzentriere mich vollends darauf, nicht umzukippen. Im nächsten Moment schließe ich angestrengt die Augen und spüre Nicos Hand auf meinem Rücken. „Annie? Was ist...“ „Mir gehts... gut. Gut... Alles... gut.“, versuche ich wild schnaufend, ihn zu beruhigen. Doch vergebens. „Das seh ich anders. Du zitterst wie Espenlaub und bist leichenblass. Los, ich bring dich in meine Wohnung.“ „Nein, das... das musst... du nicht.“ „Und riskiere, dass du in drei Minuten ohnmächtig im Stadtpark rumliegst?! Nichts da, Kekschen.“ Nico legt meinen Arm um seinen Hals, hält mich an der Hüfte und stützt mich. „Meine Wohnung ist gleich hier über die Straße. Wir stehen quasi direkt davor. Los Bailey, komm! Wir päppeln dein Frauchen auf.“

In seiner Wohnung angekommen manövriert er mich behutsam aufs Sofa und legt mir zwei dicke Kissen unter die Waden. Er bringt mir was zu trinken, stellt Bailey eine Schale mit Leitungswasser bereit und setzt sich schließlich neben mich: „Trink was.“, fordert er besorgt, reicht mir das Glas und streichelt dabei unentwegt meinen Oberschenkel. Er zwinkert mir zu und meint: „Und ich werd jetzt direkt ne Tiefkühlpizza in den Ofen schieben und ehe du nicht mindestens vier Stücke verputzt hast, kommst du hier nicht raus.“ Dass Nico sich so um mich sorgt, finde ich zugegebenermaßen ziemlich süß.

Als er die Pizza aus dem Eisfach holt, kann ich ein Telefonat mithören - auch wenn er sich Mühe gibt, leise und etwas undeutlich zu sprechen. „Wer ist denn Alex?“, frage ich frech nach während Nico sich wieder zu mir auf die Couch setzt und Bailey liebkost. „Was meinst du?“, stellt er sein schauspielerisches Unvermögen unter Beweis. „Du hast gerade ein Treffen mit jemandem namens Alex für 15 Uhr abgesagt. Meinetwegen. Etwa dein Bruder Alex?“ Er fühlt sich zwar sichtlich ertappt, winkt jedoch ab: „Ach, das war nichts Wichtiges.“ „Doch Nico. Und du musst wirklich nicht auf mich aufpassen. Deine Sorge ist unheimlich lieb und sie ehrt dich.“, starte ich meinen Vortrag und will vom Sofa aufstehen - kreislaufbedingt nur etwas langsamer als üblich: „Aber ich bin nicht deine Patientin. Nimm deinen Termin wahr. Bailey und ich können doch auch zuhause auf der Couch rumgammeln.“ Doch meine grenzenlose Selbstlosigkeit wird von Nicos noch grenzenloserer Selbstlosigkeit übertroffen. Er schnappt sich kurzerhand meine Oberarme und befördert mich wieder auf meine vier Buchstaben: „Keine Widerrede Annie. Du bleibst hier und lässt dich gefälligst von mir bemuttern. Alex kann ich auch nächstes Wochenende treffen. Ist echt nix Eiliges.“ Bereits im nächsten Moment bin ich froh, hier bleiben zu können, da mein Kreislauf nicht weniger rebelliert als noch vor 15 Minuten.

„Ich werd uns jetzt nen tollen Film aussuchen und wenn die Pizza fertig ist, machen wirs uns gemütlich und du wirst sehen, dass es dir im Handumdrehen besser geht.“ „Du bist lieb!“, hauche ich etwas verträumt bei einem tiefen Blick in seine grünen Augen. „Kannst dir ziemlich was drauf einbilden. Ich würde das nicht für jeden machen.“, witzelt er mit erhobenem Kinn. „Aber für dich... ist das Rundum-Wohlfühl-Paket locker drin.“ Noch immer ziemlich geschwächt, aber dennoch zufrieden lehne ich mich zurück und sehe Nico beim Filme durchscrollen zu. Bereits in den folgenden Sekunden schaltet mein Körper in den Ruhemodus und ich merke, wie ich mich entspanne.

Nico will nicht so wirklich fündig werden, was die Filmauswahl angeht. Er zeppt einen Trailer nach dem anderen durch. Plötzlich hört er auf mit seiner Suche und legt die Fernbedienung auf den Couchtisch. „Hmm... eigentlich ist mir gar nicht wirklich nach einem Film.“, sinniert er und starrt mich dabei merkwürdig durchdringend an. „Ach so? Dann... dann... eben kein... Film.“, stottere ich aufgeregt und merke, wie ich durch Nicos Blicke zunehmend nervöser werde. „Nein. Kein Film.“, säuselt er entschlossen. Da lehnt er sich immer weiter zu mir rüber und mein Herz schlägt höher und höher. „Nico, was soll denn das... werden?“ „Ich denke, ich werde jetzt was tun, was wir beide schon bei unserer ersten Begegnung tun wollten.“ Seine Hand wandert an der Außenseite meines Oberschenkels auf und ab während er mir bereits so nahe ist, dass ich den Duft seines Aftershaves in der Nase hab. Er hat ja Recht. Im Prinzip hat er mich direkt im ersten Moment umgehauen. Ich schließe meine Augen und erwarte mit gespitzten Lippen einen unbeschreiblich gefühlvollen Kuss.

Doch urplötzlich spüre ich einen Schlag mit voller Wucht in die Magengrube. „Uff!!!“, pruste ich erschreckt und reiße verstört die Augen auf. „Wow, das war fies! Alles okay, Kekschen?“ Im nächsten Augenblick nehme ich wahr, wie Nico mich schmatzend anstarrt. Ich richte mich auf und bemerke wie Bailey winselt und unter meinen Arm kriechen will. Das tut er eigentlich nur wenn er etwas angestellt hat. Nico scheint mir meine Verwirrung anzusehen und klärt mich auf: „Ich wollte uns nen Film aussuchen, aber du bist schon beim zweiten Trailer eingeschlafen. Da hab ich mir gedacht, dass ich dich besser schlafen lasse. Ich hab dir also die Decke übergeworfen und dir die Füße darin eingewickelt. In der Zwischenzeit wurde die Pizza fertig. Und jetzt war ich in den Film vertieft und hab kurz nicht aufgepasst - will Bailey mir die Pizza aus der Hand klauen und springt dir dabei volle Möhre auf den Bauch. Tut mir leid, das sah brutal aus. Du hast dich ziemlich erschrocken oder?“

Langsam komme ich etwas zu mir und mein Hirn springt wieder an. Ich hab das also nur geträumt?! Es war alles so echt. In meinem Hirn rattert es unaufhörlich. „Wie... wie lange war ich denn weg?“, will ich wissen und reibe mir dabei den Schlaf aus den Augen. „Hmm, so... 30 oder 40 Minuten?!“ „Okay, das hatte ich so nicht geplant.“ Hoffentlich hab ich nicht im Schlaf gesprochen oder… Schlimmeres! Etwas peinlich berührt gebe ich Bailey einen Klaps auf den Hintern, dass er sich woanders hinsetzen soll und will mir die Decke von den Füßen zupfen. „Ich werd jetzt gehen. Wir fallen dir schon viel zu lange auf den Wecker.“ Doch da kommt erneut Nicos Beschützerinstinkt zum Vorschein und er bäumt sich auf: „Das vergiss mal schnell wieder. Du gehst nirgendwo hin.“ Auf meinen etwas überrumpelten Gesichtsausdruck ergänzt er: „Oh sorry. Ich wollte nicht klingen wie ein geisteskranker Vergewaltiger. Du solltest erst gehen, wenn du endlich was im Magen hast. So! Das hört sich doch besser an!“ Ich freue mich über Nicos Sorge und muss lächeln: „Das hört sich sehr gut an!“ Ehe er sich versieht, schnappe ich mir das Pizzastück aus seiner Hand und schmatze genüsslich.

Wir verdrücken also gemeinsam die leckere Pizza und stellen fest, dass der Film, für den Nico sich entschieden hat, nicht unbedingt die beste Wahl war. Immer wieder rollen wir mit den Augen und schnaufen belustigt über die wirklich schlechten Stellen. „Was hat der Produzent sich denn dabei gedacht?!“, lästere ich schließlich beim Abspann los. Doch als ich keine Reaktion von Nico bekomme, drehe ich mich zu ihm um und bin vollends verzückt von dem Anblick, der sich mir bietet: Nico ist eingeschlafen. Er liegt nach hinten gelehnt auf dem Sofa, hat seine Beine auf dem Couchtisch gekreuzt und in seinem Arm liegt Bailey und sieht mich müde an. Mein Gott, wie süß das ist. Ich kann einfach nicht anders und lege mich neben Nico. Bereits im nächsten Moment legt er seinen Arm um mich und lehnt sein Kinn gegen meinen Kopf. Auch Bailey kuschelt sich an Nico und schließt zufrieden die Augen. Wenige Minuten schaffe ich es, die Situation für mich zu genießen. Doch die noch übrige Müdigkeit siegt schließlich und ich nicke ebenfalls ein.

Doch nach kurzer Zeit reißt mich Nicos Türklingel aus dem Schlaf und ich merke sofort, dass ich wohl weiter weggetreten war, als erwartet - so gerädert wie ich mich fühle. Nico versucht möglichst leise zur Wohnungstüre zu tapsen. Gespannt spitze ich die Ohren. „Alex, was machst du denn hier?!“, fragt er hörbar überrascht. „Was für ne tolle Begrüßung, liebster Bruder!“ „Na ich hab doch gesagt, dass es mir heute nicht so wirklich passt.“ „Ja, aber wir müssen unbedingt mit dir reden. Dauert auch nicht lange. Deinen Kater kannst du später wieder aussitzen.“ „Wir? Ist Chris auch dabei?“ „Ja, der ist noch auf Parkplatzsuche. Was ist denn nun? Darf ich reinkommen?“ Ich kann Nico sein Unbehagen gedanklich ansehen: „Ähm, also... das ist wirklich schlecht. Jetzt. Gerade.“ Da quetscht sich Alex vorbei: „Ach komm schon. Du tust ja, als hättest du...“ und sieht mich verwuschelt und mit Kissenabdrücken im Gesicht auf dem Sofa sitzen: „... Damenbesuch!“ Für gefühlt endlose zwei Sekunden herrscht Stille und wir starren uns wortlos an. Nico steht zwei Schritte hinter seinem Bruder und fährt sich nervös mit der Hand durchs Haar. „Du hast tatsächlich Damenbesuch.“, stellt Alex wild blinzelnd fest. Plötzlich springt Bailey hechelnd von der Couch und stürmt auf Alex zu. Im nächsten Moment betritt noch ein Mann Nicos Wohnung - ich gehe davon aus, dass das der erwähnte Chris ist.

Die Ereignisse überschlagen sich im Sekundentakt. „Hey Nico. Ich hoffe es ist in Ordnung, dass wir... Stimmt was nicht?“ „Naja…“, will Nico die Chance ergreifen, zu Wort zu kommen. Doch vergebens: „Oh, du hast Damenbesuch.“ Endlich löst sich meine Starre und ich krieche alles andere als elegant vom Sofa, streiche mir die Haare aus dem Gesicht und gehe auf die Herren zu. „Hi, ich bin Alex. Nicos großer Bruder. Tut mir leid, dass wir hier so... unvermittelt reinplatzen.“, reicht Alex mir freundlich die Hand. „Ha... hallo. Ich bin Annie.“ Da drängelt Chris sich an Alex vorbei und stellt sich ebenfalls vor. „Ich bin Chris. Alex‘ Freund. Hi Annie. Du bist süß. Nico, Kompliment. Annie ist echt süß.“ Die beiden überfordern mich nach meinem überlangen Powernap, sodass ich fast nicht dazu komme, mich über Nicos vor Scham entgleisende Gesichtszüge zu amüsieren. „Leute! Ihr stresst mich gerade! Was gibts denn so Dringendes?“, fragt er vollkommen entnervt. Doch Alex reagiert nicht auf ihn und mustert mich zu meinem Entsetzen. „Sag mal, sind wir uns schon mal begegnet?! Du kommst mir so bekannt vor.“ „Äh, nicht dass ich wüsste.“ Doch Alex grübelt unentwegt weiter: „Aber du erinnerst mich an jemanden. Ich... ich komm nur nicht drauf.“ „Okay zum letzten Mal: Was wollt ihr denn so wichtiges loswerden?“, fleht Nico.

Schließlich setzen wir uns auf die Couch und die beiden spannen Nico nicht länger auf die Folter. „Naja, wie du dir denken kannst, sind wir wegen Papa hier. Er hat doch bald Geburtstag.“, gestikuliert Chris in etwas übertriebener Weise. Umso emotionsloser reagiert Nico: „Ja, das… weiß ich. Und?“ „Und er würde gerne eine große Feier machen.“ „Das ist ja schön und gut, Jungs. Aber was hab ich denn damit zu tun?“ „Jetzt komm schon, Nico.“, boxt Alex ihm auf die Schulter: „Die ganze Familie weiß, dass euer Verhältnis… naja… nennen wir es angespannt ist. Aber er würde sich wünschen, dass wir alle dabei sind wenn er seinen 60. feiert.“ „Oh maaann…“, prustet Nico sichtlich genervt. Es würde mich echt interessieren, was vorgefallen ist, dass er und sein Vater sich nicht mehr verstehen. „Jetzt gib dir einen Ruck. Du musst ja nicht neben ihm sitzen. Du musst auch nicht großartig viel mit ihm reden. Wenn du drauf bestehst, übernehmen wir das Geschenk zu zweit. Aber du solltest dich dort blicken lassen. Zumindest zum Essen.“, redet Alex auf ihn ein. Nico kratzt sich den Nacken und runzelt die Stirn. Er scheint hin und her gerissen zu sein. „Also gut. Ich werd mich da ein paar Stündchen sehen lassen. Zwei oder so.“, lenkt er ein und ergänzt: „Ich darf Annie mitbringen!“ „Was???“, japse ich ungläubig, während Alex freudig nickt und Chris abwinkt: „Selbstverständlich! Das ist für alle Beteiligten das Beste. Ohne Begleitung hätte sich meine Cousine Cindy auf dich gestürzt wie Tante Betty auf die Schokoladentafeln vom Feinkostladen in der Fichtenstraße nachdem sie das Rauchen aufgehört hat.“ Aufgrund meines doch sehr verdutzten Gesichtsausdruckes klärt Alex mich auf: „Keine Blutsverwandschaft. Betty ist die Frau von unserem Onkel mütterlicherseits.“ „Ah…“, hauche ich mit aufgerissenen Augen. Schon beim Gedanken an Tante Betty läuft Nico zusehends ein Schauer über den Rücken, was mich schon fast wieder amüsiert. „Also ihr Lieben, bis bald. Annie, es hat mich gefreut. Bruderherz, ich zähl auf dich.“

Kaum haben die Herren die Türe hinter sich geschlossen, starren Nico und ich uns etwas überrumpelt an. „Das war also dein Bruder.“, haspele ich. „Jap.“ „Und sein… Lebenspartner..., Freund… Lebensabschnittsgef…“ „Jap.“ „Die wirken sehr nett. Ein bisschen… schrill. Aber sehr sehr nett.“ „Jap.“ Nico fährt sich mit der Hand durchs Haar. Er wirkt ebenfalls ein bisschen überfahren, beginnt jedoch im nächsten Moment zu schmunzeln. Aus dem Schmunzeln wird ein etwas zögerliches Lächeln und verändert sich schließlich zu einem ausgewachsenen breiten und minimal spitzbübischen Grinsen. „Und wir beide… haben ein Date!“ Den Triumph will ich ihm mal gönnen - selbst, wenn es sich für mich um unlautere Methoden gehandelt hat. Mit verschränkten Armen meckere ich: „Das war schon ein bisschen hinterlistig, Nico. Das ist dir doch hoffentlich bewusst.“ „Was? Wieso das denn?“, stellt er sich dumm und tänzelt triumphierend an mir vorbei. Da piekse ich ihm meinen Zeigefinger auf die Brust und foppe ihn ein wenig: „Findest du denn keine Frau, die freiwillig und ohne fiese Tricks mit dir ausgeht??“ Er nimmt meine Hand, legt sie flach auf seine Brust und entgegnet mir ganz trocken: „Vielleicht will ich keine andere fragen!“ Mir stockt der Atem. Mit seiner Reaktion hab ich nicht gerechnet. Total verdutzt, stottere ich los: „Ähm… ich… ich werd jetzt… ich werd jetzt mal langsam… Bailey komm. Wir werden jetzt langsam… gehen. Bailey los.“ „Was denn? So leicht lässt du dich aus der Ruhe bringen, Annie?“, neckt er mich. Doch ich tue so, als wüsste ich gar nicht, was er meint: „Ach… Quatsch. Nur… wir haben dich schon viel zu lange angestarrt. Äh… ich meine aufgehalten. Aufgehalten, nicht angestarrt.“ „Bleibt doch noch. Wir können ja einen anderen Film anschauen, wenn du willst.“ „Das ist wirklich lieb, Nico. Aber… wir müssen jetzt echt los.“ „Dann werd ich dich wenigstens begleiten. Nicht, dass du nochmal umfällst.“ „Das brauchst du nicht.“ Nach einer weiteren Diskussion von fünf Minuten, gebe ich mich schließlich geschlagen und lasse mich von Nico nachhause bringen.

Nachdem der Heimweg etwas wortkarg verlaufen ist, finde ich auch bei der Verabschiedung vor meiner Haustüre nicht unbedingt viele Worte, die ich zu Nico sagen kann oder möchte. „Vielen Dank nochmal, Nico. Es war sehr lieb, wie du dich heute um mich gekümmert hast.“ „Gar kein Problem, Kekschen. Das hab ich gern gemacht.“ „Also dann… wir sehen uns ja sicher bald.“, winke ich ihm etwas verlegen und verträumt bedingt durch seine traumhaft schönen Augen zu. Gerade will ich mich umdrehen und meinen Schlüssel ins Türschloss stecken, ruft er nochmal meinen Namen: „Annie?“ „Hm?“ Sein Blick wirkt selbstbewusst und strotzt vor Durchsetzungskraft: „Ich finde, wir sollten jetzt endlich Nummern tauschen. Nicht nur, weil wir auf meiner Couch gekuschelt haben…“, zwinkert er mir zu und ringt mir damit ein klitzekleines Grinsen und eimerweise rote Gesichtsfarbe ab: „Sondern auch, falls du an einem verkaterten Tag mal wieder einen Hobby-Sanitäter brauchst.“ Mit seinem süffisanten Lächeln bringt er mich tatsächlich dazu, meine Nummer rauszurücken. Ich nehme mir also sein Handy, das er mir bereits entgegenstreckt und tippe meine Handynummer ein. Mein Herzschlag steigert sich Zahl für Zahl. „Für verkaterte Notfälle!“, grinse ich. „Na dann, schlaf gut, Kekschen!“ Ich sehe ihm noch ein paar Sekündchen hinterher, wie er fast schon jubelnd davon flaniert.

Noch im Treppenhaus erhalte ich einen Anruf von einer unbekannten Nummer. Ich muss ein bisschen schmunzeln und gehe ran: „Hallo?“ Wie erwartet ist es Nico: „Hey, ich bins. Ich wollte nur sichergehen, dass du mir auch die richtige Nummer gegeben hast. Und vielleicht ist es sinnvoll, dass du jetzt auch gleich meine Nummer hast. Du weißt schon Kater und so.“ „Natürlich, ich versteh schon.“ „Aaalso dann…“ „Also dann…“ „Machs gut.“ „Du auch Nico. Du auch.“ Ich fühle mich von Nicos Interesse geschmeichelt und sinniere gerade über seine Fürsorge, als mich plötzlich eine Stimme aus meinen schönen Gedanken reißt: „Hi Annie!“ Vor Schreck erstarre ich halbwegs und traue meinen Augen nicht: „Lars??? Was… was machst du denn hier??“

Mit Lars hab ich nun wirklich absolut nicht gerechnet. Und Bailey scheinbar auch nicht, so wie er vor Schreck los bellt. Lars lehnt etwas missmutig dreinblickend gegen den Türrahmen von Paul und Stellas Wohnung. „Ich hoffe, ich stör dich nicht?“ „Was? Nein nein. Absolut nicht. Ich hab nur nicht… mit dir gerechnet. Heute. Hier.“, versichere ich ihm. „Naja weißt du, die Sache mit Tessa nimmt mich doch etwas mehr mit als erwartet. Weißt du, ich hab einfach nicht gedacht, dass sie sich gleich von mir trennt.“ „Ähm…“, packe ich ihn etwas peinlich berührt am Arm und schiebe ihn in Richtung meiner Wohnung: „Jetzt gehn wir erstmal in meine Wohnung. Da kannst du mir alles in Ruhe erzählen.“ Nachdem ich uns Hangover-bedingt zwei stille Wasser auf die Anrichte stelle, verliert Lars keine Zeit und rückt mit der ganzen endlos erscheinenden Geschichte raus. Tessa hat sich nach Monaten der Streitereien von ihm getrennt. „Sie sagt, sie hätte das Gefühl, dass wir uns einfach zu sehr auseinander gelebt hätten. Das ist… das ist Bullshit. Wie kann man sich in eineinhalb Jahren auseinanderleben? Alleine 5 Monate davon haben wir eine Fernbeziehung geführt. Bis ich eben zu ihr gezogen bin. Meine Zelte hier restlos abgebrochen hab. Meine Familie verlassen hab. Meinen Job. Meine Freunde. Dich.“, beschwert er sich ziemlich niedergeschlagen. Dieses kleine Häufchen Elend weckt mein Mitleid und ich umarme ihn tröstend: „Lars, es tut mir unheimlich leid. Ich wünschte, ich könnte dir irgendwas Gutes tun.“ „Danke, Annie. Es hilft mir schon, dass du mir zuhörst. Weißt du, ich will gar nicht so weinerlich wirken. Es kam einfach nur… so überraschend. Ich bin einfach überrumpelt.“ „Denkst du denn, es könnte eventuell noch eine Chance für einen Neuanfang geben?“ Da schaut er mich vollkommen verblüfft an: „Was???“ Da erklären sich mir seine weit aufgerissenen Augen und ich beginne wild zu gestikulieren: „Oooh! Für euch beide meine ich. Nicht für uns. Für euch. Einen Neuanfang für… euch!!“ Lars muss über meine Verrenkungen lachen: „Jetzt hab ich schon für einen Moment gedacht, du würdest…“

Ehe Lars seinen Satz beenden kann, bekomme ich eine Nachricht von Nico: >Schlaf gut, Kekschen! : )< Scheinbar habe ich ein derart stumpfsinniges Grinsen auf den Lippen, dass Lars nachhakt: „Wer schreibt denn?“ „Ähm…“, gatze ich herum, während ich die drei Worte und den Grinse-Smiley nochmal und nochmal durchlese: „Ähm… was?“ „Ohooo… Anniiieee!!! Gibt es da wohl jemanden??“ Ein bisschen neugierig war Lars ja schon immer. „Nein. Da gibt es… niemanden.“, winke ich mehr schlecht als recht ab. Doch meine immer wieder aufs Neue gen Norden wandernden Mundwinkel verraten mich. „Dafür wirkst du aber ziemlich hibbelig.“ „Nein Lars, wirklich. Ich hab da nur jemanden kennengelernt. Aber… da ist im Prinzip nichts.“ „Sicher?“ „Ja… also vielleicht nicht nichts! Aber auch nicht so richtig was. Also so… ein bisschen was. Eventuell. Also… mal sehen. Aber…“, kurz bevor ich mir während des nichtssagenden Geplappers gepaart mit heftigem Hantieren mit den Händen fast die Finger breche, erlöst Lars mich: „Schon gut, schon gut. Du musst es mir nicht erzählen. Vielleicht ist es besser, wenn ich dich in ein paar Tagen oder Wochen nochmal frage.“

Wir reden noch eine Zeit lang. Doch als wir beide im Wechsel fast nur noch gähnen, will ich den unfreiwilligen Kaffeeklatsch beenden. Da eröffnet Lars mir, dass seine Eltern für zwei Monate im Urlaub sind und er keinen Schlüssel hat. Lediglich die Haushälterin kommt ohne Polizei oder Schlüsseldienst auf das Gelände. „Aber Lars, wo willst du denn heute Nacht schlafen? Willst du jetzt noch in ein Hotel? Es ist schon fast Mitternacht!“ „Najaaa…“, druckst er herum: „Eigentlich hatte ich gehofft, ich könnte für eine Nacht bei dir unterkommen.“ „Bei mir??? Lars ich… ich bin doch selber nur Gast bei Stella und Paul.“ „Und wenn ich hier übernachte? Auf dem Sofa?“ „Nein, das geht erst recht nicht. Riechst du denn nicht die Farbe? Das muss erst richtig trocknen. Ich hab erst Dienstag oder Mittwoch geplant, hier zu schlafen.“

Doch nach fünfminütigem Hin und Her siegt schließlich die Müdigkeit und ich beziehe Lars die Luftmatratze, sodass er vor meiner Schlafcouch in Stellas Wohnung die Nacht verbringen kann. „Danke, Annie. Gleich morgen kümmere ich mich um den Schlüssel und werd bei meinen Eltern wohnen bis ich ne Bleibe gefunden hab.“ „Kein Problem. Wir kriegen das alles hin, Lars. Gute Nacht.“, hauche ich ihm zu, während sich bereits unweigerlich meine Augen schließen.

Am nächsten Morgen werde ich von einem lauten Knall geweckt. Direkt im Anschluss höre ich Stella zischen: „Nicht so laut, Danny! Annie schläft bestimmt noch.“ „Jetzt nicht mehr!“, murmele ich ein wenig boshaft in mein Kissen und drehe mich zur Wand. Plötzlich fährt mir der nächste Schreck durch Mark und Knochen: Lars! Lars ist noch hier! Obwohl Stella, Paul und Danny schon wieder zurück sind! „Oh Mist!“, schnelle ich aus dem Bett. „Guten Morgen. Was… was hast du denn?“ Lars reibt sich etwas überfahren von meinem Gezeter den Schlaf aus den Augen. „Ich wollte dich eigentlich hier rausschaffen bevor meine Schwester samt Anhang wieder hier ist.“ Mir ist bewusst, was sie von Lars halten und deshalb wollte ich diese Diskussion elegant umgehen, indem ich ihn vorher noch aus der Wohnung bugsiere. Es ist ihnen sicherlich ganz und gar nicht recht, dass ich ihn hier übernachten hab lassen.

„Allerdings! Das ist uns absolut nicht recht, Annie!“, stellt Stella sich mit verschränkten Armen und ziemlich angesäuerter Miene vor mich, nachdem ich den - gelinde gesagt - ungebetenen Gast eine halbe Stunde später verabschiedet hab. Ihr und Paul sind fast die Kinnladen auf den Boden geknallt, als ich plötzlich mit Lars im Türrahmen stand. „Es tut mir echt leid. Das war so auch nicht geplant. Aber er war so traurig wegen der Trennung. Und es war schon so spät. Und ich war so müde. Und Bailey auch. Und…“ „Schon gut.“, unterbricht Paul mich. „Ich kann schon nachvollziehen, dass das für dich der einfachere Weg war. Ihr seid inzwischen Freunde und da hilft man sich, wenn der andere Kummer hat. Wir waren nur überrumpelt.“ „Da sagst du was, Paul. Überrumpelt trifft es sehr gut.“, pflichtet Stella ihm bei. „Und jetzt setz dich endlich und frühstücke mit uns.“

Ein paar Stunden später helfe ich Stella gerade mit der Wäsche, als ich eine Nachricht bekomme. „Oh bestimmt von Lars. Er wollte mir noch die Adresse für die Wohnungsbesichtigung geben.“ „Du gehst mit ihm Wohnungen besichtigen?“, fragt Stella nach, was ich jedoch nur so beiläufig mitbekomme, da die Nachricht wider Erwarten nicht von Lars, sondern von Nico stammt: >Halli hallo Kekschen. : ) Was treibst du denn so? Ich wälze hier gerade ne widerlich dicke Akte durch. Könnte ne Pause gebrauchen. Lust auf nen Kaffee?< „Sag mal Schwesterherz, was guckst du denn so verträumt? Bringt dich Lars so zum Schmachten?“ Stella interpretiert mein Grinsen nicht so ganz richtig. „Äh… äh nein. Das ist von… ach egal.“, werfe ich ihr mehr schlecht als recht hin und antworte Nico, dass ich leider schon was vorhabe.

Während ich brav Shirt für Shirt zusammenlege, unterhalten wir uns angeregt über Lars‘ Trennung. Viel anfangen kann Stella zwar nicht mit ihm, aber für den neuesten Gossip springt man schon mal über seinen Schatten. Da kommt Danny mit hängenden Schultern und etwas von Langeweile geplagtem Gesicht zu uns und fragt, ob er wieder das Alienspiel auf meinem Handy zocken darf. „Klar. Aber bleib bitte in der Nähe. Ich warte noch auf einen Anruf.“ So setzt er sich aufs Sofa und daddelt los. „Und diese Tessa hat sich echt mir nix dir nix von Lars getrennt? Aus heiterem Himmel? Einfach so?“, löchert Stella mich mit gedeckter Stimme. „Naja, er hat erzählt, dass es wohl immer wieder kleinere Reibereien gab. Aber dass das solche Ausmaße annimmt, hätte er nie erwartet.“ „Ich hoffe, dass es bei eurer Freundschaft bleibt, wenn er jetzt echt wieder hierherzieht.“, schnupft Stella ein wenig skeptisch und lässt das Bügeleisen dampfen. „Wie meinst du denn das?“ „Naja… nicht, dass er wieder mit dir zusammen sein will.“ „Ach Quatsch. Das kannst du vergessen.“ Da beginnt Stella erst richtig ihre Fragestunde. Sehr zum Leidwesen meiner Nackenmuskulatur, die vom überschwänglichen Nicken, Kopfschütteln und Schulterzucken in den nächsten Minuten heiß läuft.

„Was ist denn eigentlich mit Nico? Ich dachte ja im ersten Moment, dass er dein Übernachtungsgast war.“ „Ähm… was soll denn mit ihm sein?“, stelle ich mich dumm - leider erfolglos. „Du weißt genau, was ich meine. Geht denn da nichts? Ich dachte, du findest ihn so heiß.“ „Also… heiß… Hab… hab ich das so gesagt, ja?“ „Ich glaube, du hattest den Ausdruck >Sahneschnittchen< benutzt als ihr euch im Park begegnet seid.“ „Ach Stella, das hatten wir doch alles schon.“ Da hebt sie halbwegs resigniert die Hände über den Kopf und prustet: „Also ich kann nur sagen: Ich bin absolut Team Nico!“ „Stellaaa!“ „Jetzt komm schon, Schwesterherz! Gib dir nen Ruck!“ „Du bist schrecklich.“, schnaube ich schmunzelnd: „Aber Nicos Hintern kommt schon echt gut…“ Wie ein kleines Kind klatscht Stella in die Hände und gluckst vor Freude über mein „Geständnis“.

Auch Danny wundert sich über das merkwürdige Verhalten seiner Mutter, als er mit meinem Handy angelaufen kommt: „Annie, jemand ruft dich an. Dein Handy klingelt. Was macht Mama denn da Komisches?“ „Oh das ist Lars. Da muss ich ran.“

Lars gibt mir Bescheid, dass die Besichtigung in 30 Minuten stattfinden soll. „Alles klar. Dann komme ich am besten bei deinen Eltern vorbei und hole dich ab. Wir können dann ja zusammen zur Wohnung laufen. Ich mach mich gleich auf die Socken.“ „Alles klar, Annie. Ich freu mich.“, säuselt Lars. Dass Stella sein >Ich freu mich< nachäfft, lasse ich an dieser Stelle unkommentiert.

Da ich den Nachmittagsverkehr falsch eingeschätzt habe und viel zu früh dran bin, stelle ich mein Auto ab und besorge uns noch zwei Kaffee für den Weg. Bailey wirkt ein bisschen aufgeregt und schnuppert jedes Blümchen, jedes Steinchen und gefühlt jede Ameise an. Der kleine Racker freut sich immer, neue Gegenden zu erkunden.

Freudestrahlend öffnet Lars uns die Türe. „Hey ihr zwei.“ Er begrüßt mich mit einer Umarmung und einem Küsschen auf die Wange. „Bereit für eine neue Wohnung, junger Mann?“ „Ja klar.“ Mir fällt direkt auf, wie gut Lars aussieht. In den letzten Jahren ist ein waschechter Kerl aus dem schmächtigen Bübchen von damals geworden. Auch sein Kleidungsstil kann sich inzwischen absolut sehen lassen.

Gerade als wir los wollen, ereignet sich ein Wolkenbruch vom Feinsten. Nachdem es sich jedoch nur um ein winziges tiefschwarzes Wölkchen am Himmel handelt, harren wir einige Minuten unter dem Vordach aus bis der Regen nachlässt. „So, ich denke, das Gröbste haben wir hinter uns. Ich werd kurz einen Schirm besorgen und dann können wir los.“ Bereits im nächsten Moment kommt er wieder nach draußen gehechtet und öffnet den Schirm. „Auf die Schnelle hab ich leider nur den einen gefunden. Los komm her, Engelchen!“, posaunt er in einem untypisch bestimmten Ton und drückt mich schwuppdiwupp fest an sich. Es ist ganz ungewohnt, Lars wieder so nahe zu sein. Nach all den Jahren. Und es ist auch komisch, wieder dieses >Engelchen< zu hören. Das war wegen meiner Locken früher sein Kosename für mich. Ein ganz merkwürdiges Gefühl, nach so langer Zeit wieder direkt diese Vertrautheit zu spüren. Zudem imponiert mir sein neues taffes Auftreten. Ganz abgesehen von seiner optischen Veränderung. Und das so kurz nach einer sicherlich schmerzhaften Trennung.

Ich bin so vertieft in meine Grübeleien, dass ich die 10 Minuten Fußmarsch kaum mitbekomme. „So, da sind wir. Die Wohnung ist direkt im Erdgeschoss. Die Maklerin ist sicher schon drin.“ „Oh, das ist… ja wirklich nur einen Steinwurf von deinen Eltern entfernt.“, stammle ich etwas verdutzt. Lars legt die Stirn in Falten und klappt den Schirm zusammen: „Ja, allerdings ist die Bude gefühlt ne halbe Weltreise von deiner Wohnung entfernt.“ „Ach Quatsch. Das sind doch nur 10, höchstens 15 Minuten mit dem Auto. Da vorne an der letzten Kreuzung war der Stadtpark doch sogar schon angeschrieben.“, versuche ich, Lars seinen Unmut zu nehmen. Da öffnet sich plötzlich die Haustüre und eine junge, sehr attraktive Dame kommt zum Vorschein: „Allerdings. Sowohl der Stadtpark in östlicher Richtung, als auch die Autobahnauffahrt im Süden und das Industriegebiet nördlich sind von hier aus schnell zu erreichen. Ob mit dem eigenen Auto oder mit den Öffentlichen.“ „Na das ist ja gut zu wissen. Lars Eckert. Wir haben sicherlich telefoniert.“, streckt Lars charmant grinsend seine Hand aus. Nur zu gerne reicht die Dame ihm auch ihre: „Genau. Nicole Beckmann, ich bin die zuständige Maklerin. Schönen guten Tag, Herr Eckert. Oder darf ich Lars sagen?“ „Klar. Ich bin Lars, das ist Annie.“ Schön, dass sich die beiden so schnell aufs Du verständigt haben.

„Kommt rein, kommt rein.“, fordert uns Makler-Nicky auf. Ich gebe zu, dass ich es ein wenig skeptisch beäuge, wie sie mit Lars umgeht. Sie ist unheimlich flirty und Lars scheint das zu genießen. Ich bin irgendwie von ihrer Art und Weise genervt. Immerhin könnte ich ja Lars‘ Freundin sein. Da finde ich den übereifrigen Blickkontakt und die ständigen Tätscheleien ein bisschen zu viel des Guten. Auch Bailey merkt mir meinen Groll an und watschelt mir etwas missmutig dreinblickend hinterher.

Auch wenn es mir schwerfällt, konzentriere ich mich auf die Daten, die Schlüsselbund-Prinzessin Nicole uns zur Wohnung gibt. Und die ist wirklich ein Träumchen. Ein großer geräumiger Wohn-/Essbereich mit moderner offener Küche und kleinem Wintergarten. Ein schnuckeliges Zimmer, das man als Büro nutzen könnte und ein helles, ziemlich neu erscheinendes Wannenbad mit Regendusche. „Als letztes sehen wir uns das Schlafzimmer an. Das liegt ganz am Ende des Flurs. Wenn ihr mir bitte folgen würdet.“ Gut, der Einbauschrank reißt mich jetzt nicht vom Hocker, aber der Raum ist superschön geschnitten. „Dann wären wir auch schon am Ende der Besichtigung. Die Wohnung hat also 97 Quadratmeter und wäre zum nächsten Ersten bezugsfertig. Die Miete beträgt, wie bereits besprochen, lieber Lars, monatl…“ Da unterbricht ein etwas nervig klingender Klingelton ihren Monolog: „Oh, tut mir leid, Leute. Da muss ich kurz ran.“ Sie stöckelt also in ihren superteuren und superhohen knallroten Plateau-High-Heels und Handy am Ohr aus dem Zimmer.

„Was hältst du von ihr?“, will Lars wissen. Ich verschränke augenrollend die Arme: „Von der Wohnung oder der Trulla?“ Mein Seitenhieb bringt Lars doch tatsächlich zum Schmunzeln: „Von der Wohnung. Was du von Nicole hältst, ist mir durchaus bewusst. Und ihr wahrscheinlich auch.“ Den Rüffel für mein Verhalten gegenüber dieser Nicole lasse ich ohne weiteren Kommentar so stehen und tue meine Meinung über die Räumlichkeiten kund: „Ich finde die Wohnung klasse. Schön geräumig, modern, Wintergarten, … Und die Miete ist für die Größe echt schon fast günstig. Ich an deiner Stelle würde zugreifen.“ Doch so ganz scheint mein Lobgesang samt erhobenem Zeigefinger Lars nicht zu überzeugen: „Ehrlich? Ich weiß nicht. Die Lage gefällt mir nicht so.“ Lars‘ Zweifel kann ich keineswegs nachvollziehen. „Wieso die Lage? Du hast ne tolle Verkehrsanbindung, die Gegend ist gepflegt und noch dazu ist dein Elternhaus fußläufig erreichbar.“, runzle ich die Stirn. Da verändert sich Lars‘ Gesichtsausdruck augenblicklich und er meint in einem ernsten Ton: „Ja, aber du bist es nicht.“, während er zwei Schritte auf mich zugeht. Etwas überfordert von Lars’ Offensive bin ich glatt froh, als just im selben Moment mein Handy klingelt.

„Hallo?“ „Hey Kekschen.“ „Du bist es. Heeey.“ Mit Nico hab ich nicht gerechnet und gehe ein paar Schritte von Lars weg. „Was gibts denn?“ Nico wollte lediglich fragen, ob er morgen helfen soll, die letzten Möbel zusammen zu bauen und meine unanständig schweren Umzugskisten zu schleppen. Ich freue mich über seine Aufmerksamkeit und sage dankend zu.

So vertieft wie ich in das Telefonat mit Nico war, habe ich gar nicht mitbekommen, wie Lars Nicole eine Zusage für die Wohnung erteilt hat. Ich freue mich unheimlich für ihn und fasele auf dem Weg zurück zu seinen Eltern nahezu ununterbrochen von der tollen Bude. Doch Lars wirkt eher ein bisschen desinteressiert. Zumindest an der Wohnung. Sein Augenmerk liegt wohl mehr auf dem mysteriösen Anrufer, bzw. meinem Verhalten am Telefon. „Sag mal, das war der Typ den du kennengelernt hast, mit dem nicht Nichts aber auch nichts Richtiges ist, oder?“, greift er mein Gestammel von gestern Abend auf. „Äääh… kann sein.“ „Jetzt erzähl doch mal von ihm. Wie heißt er? Wie alt? Woher kennt ihr euch? Ist schon was mit ihm gelaufen?“ Ich fühle mich durch Lars‘ Verhör ein bisschen unter Druck gesetzt und gestalte meine Antworten etwas vage. „Er heißt Nico. Er wollte nur fragen, ob er mir noch beim Umzug helfen kann. Paul hat ihn darauf angesprochen. Die beiden sind befreundet. Daher… kenne ich ihn auch.“ „Und?“ „Was und?“, stelle ich mich dumm, um seiner Frage nach unserem Verhältnis auszuweichen. Doch weit gefehlt. „Naja, hattet ihr denn schon… was?“ „Lars, das ist…“

Glücklicherweise erreichen wir gerade das Haus seiner Eltern und Lars‘ Mutter topft einige ihrer Blumen um. „Biggi, hallooo!“, rufe ich stürmisch schon aus einiger Entfernung. Nach einem kurzen Plausch bittet Lars mich schließlich auf einen Kaffee ins Haus. In Erinnerungen schwelgend sehe ich mich seufzend um. Es ist schön, nach so langer Zeit wieder hier zu sein. „Hier hat sich so gut wie nichts verändert.“ Vor lauter Starren bekomme ich gar nicht mit, wie Lars mit einer Tasse Kaffee auf mich zukommt. Und tollpatschig wie ich eben bin, schlage ich ihm ebendiese mit meinem Ellbogen aus der Hand und ruiniere obendrein sein weißes Poloshirt. „Oh mein Gott! Lars, das tut mir leid. Ich hab nur… Oh Mann. Hast du dich verbrüht? Oh Gott, das tut mir so…“ Selbst Bailey ist mein Gezeter zu viel und er verschwindet gähnend in den Flur. „Ist schon gut, Annie. Mir ist nichts passiert.“, beruhigt er mich. „Aber mein Shirt ist wohl hinüber.“, schmunzelt er und zieht es kurzerhand aus. „Ich werds mal direkt in die Waschküche legen. Vielleicht kann meine Mutter es ja retten.“ Er bringt das Shirt nach nebenan und wundert sich anschließend über meine Schockstarre: „Engelchen, es ist alles gut. Wirklich, ich hab mich nicht verbrüht.“ Er kommt näher und näher und legt schließlich seine Hände auf meine Schultern. Allerdings liegt meine vorübergehende Handlungsunfähigkeit nicht an einem etwaigen schlechten Gewissen meinerseits. Nein, vielmehr bringt mich Lars‘ unerwartet drahtiger und glattrasierter Oberkörper zum Stagnieren.

„Absolut kein Vergleich zu früher.“, berichte ich Stella beim abendlichen Abwasch von meiner - zugegeben etwas peinlichen - Beobachtung. „Ehrlich, ja?“, zieht Stella ungläubig ihre Augenbrauchen hoch. „Es war mir so unangenehm. Wie ich gegafft hab. Einfach fürchterlich prollig. Ich hab dann losgestottert, dass er echt gut aussieht. Und ihn gefragt, wie er so in Form gekommen ist. Ich hab keine Ahnung, was er geantwortet hat. Ich war einfach so verblüfft, dass ich unfähig war, mich zu konzentrieren! Danach hab ich schnellstmöglich das Weite gesucht.“ Schon beim Gedanken an meinen Auftritt, muss ich unaufhörlich mit dem Kopf schütteln. Stella hingegen muss kichern und meint: „Vielleicht hab ich ja falsch gelegen und er macht sich gar nicht an dich ran, wenn er wieder hier wohnt. Vielleicht ist es ja…“ „Sags nicht!“, warne ich meine Schwester mit hoch erhobenem Zeigefinger.„… genau umgekehrt!“ Kurzerhand feuere ich ihr schmunzelnd mein Geschirrtuch entgegen.

Selbst abends im Bett muss ich noch an diesen unsäglichen Vorfall denken und klicke mich auf meinem Handy durch alte Bilder von Lars und mir. Im nächsten Moment ploppt eine Nachricht von Nico auf meinem Handy auf. >Hey Kekschen. : ) Wollte dir nur Bescheid geben, dass ich mich morgen etwas verspäte. Hab noch einen Gerichtstermin reingedrückt bekommen. Sollte aber nicht so lange dauern. So gegen 16 Uhr müsste ich samt Hammer und Akkuschrauber bei dir sein. Ich freu mich auf dich. Schlaf gut.< Ich finde seine Art und Weise mir zu schreiben unheimlich süß. Gerade als ich ihm eine ebenbürtige Antwort schreiben will, geht eine neue Nachricht ein. >Hi Engelchen. Der Nachmittag mit dir war schön. Wir müssen unbedingt noch auf mein neues Zuhause anstoßen. Freitag Italiener und Kneipe?< Ich sage zu. Natürlich hat Lars recht und wir müssen seine Rückkehr feiern. Allem voran natürlich die Tatsache, dass alles so reibungslos und schnell funktioniert hat. Es freut mich, dass er nach der Trennung nach vorne schaut. Und als gute Freundin, die ihn in- und auswendig kennt, werde ich nach Kräften helfen, dass das so bleibt.

Am darauffolgenden Tag stellt Paul mir die Garderobe auf, Stella bringt die Küche vor dem Einräumen auf Hochglanz und ich suche gerade in unzähligen Kartons mit der Aufschrift >Krimskrams< die hübsche Lampion-Lichterkette, um sie am Sonnensegel auf dem Balkon zu befestigen als Danny aufgeregt zur Tür flitzt, nachdem Nico geklingelt hat. „Hey kleiner Mann. Alles klar?“ „Hallo Nico. Klar doch. Stell dir vor, ich hab bei Alien-Shootix den Highscore geknackt.“ Schön, dass Danny sich immer so freut, Nico zu sehen. „Hey Paulchen. Schon fleißig am Schrauben?“, kann ich neben Rückengeklopfe im Flur hören. „Klar, Herr Anwalt. Bin ja schon seit zwei Stunden zugange.“ Pauls gespielt vorwurfsvollem Ton folgt ein etwas erschöpft klingendes Klagen: „Uff, frag nicht. Ich hab nach dem kurzfristig eingeschobenen Gerichtstermin noch ne Beratung in der Kanzlei reingedrückt bekommen.“ „Oh Mann, wohl wieder von dieser Wagner?“ „Dreimal darfst du raten. Ich sag dir, seit ich der Ollen nen Korb gegeben hab, hackt die nur noch auf mir rum.“ Nachdem sich das Gespräch der Männer in eine unerwartete Richtung entwickelt, krame ich etwas leiser in meinem Krimskrams und spitze gespannt die Ohren. „Naja, die gehört eben zu der Sorte, die mit ner Abfuhr nicht umgehen kann.“ „Ich bin echt froh, dass ich nur noch diese Woche hab und dann erstmal schööön zwei Wochen Urlaub bevor es bei deinem Schwiegervater losgeht.“ „Dann hau diese Woche noch rein und dann heißt es: Nach dir die Sintflut!“ „So ist der Plan, Paulchen! Sag mal, wo ist denn die Chefin?“ „Die ist im Wohnzimmer oder auf dem Balkon.“

Binnen Sekunden werde ich ein wenig nervös und streiche mir die fleckige Arbeits-Latzhose glatt, was Stella amüsiert belächelt. „Hi Mädels.“ „Nico, hi. Da bist du ja, ich hab schon vor ner knappen Stunde mit dir gerechnet.“ „Ja ich weiß. Tut mir leid. Ne Kollegin hat mir noch nen Besprechungstermin hingeklatscht und ich hatte zwischendrin nicht mal 2 Minuten Zeit, dir zu schreiben. Sorry.“ „Ach… halb so wild. Jetzt bist du ja da. Und das ist echt schön. Tut mir leid, dass du so nen Stress im Job hast. Und jetzt komm dann noch ich daher. Also das ist ja noch stressiger für dich. Aber schön, echt schön… dass du da bist.“, fasele ich unaufhörlich weiter und weiter. „Womit kann ich dir denn als erstes helfen?“ „Also es wären noch ein paar ziemlich schwere Kisten im Gästezimmer drüben. Die könntest du dann noch rüberbringen. Aber zuerst… wäre es nett, wenn du mir auf dem Balkon kurz die Leiter halten könntest. Ich möchte gerne die Lichterkette hier aufhängen und… naja… einen Sturz aus dem 4. Stock stelle ich mir doch sehr schmerzhaft vor.“ Nico erwidert mein zögerliches und etwas peinlich berührtes Lächeln und folgt mir auf den Balkon.

Leider brauche ich doch etwas länger als erwartet und so kommen wir ins Gespräch. „Dann musst du also die letzten Tage in deiner alten Kanzlei noch ziemlich leiden?“ „Ja schon. Aber das hat ja bald ein Ende.“, freut er sich und atmet entspannt aus: „Dann hab ich zwei Wochen dringend notwendigen Urlaub.“ „Oh gut. Hast du denn was Schönes vor?“ „Bis jetzt hab ich noch keine festen Pläne.“, meint er und obwohl ich gerade damit beschäftigt bin, diesen dämlichen Haken in die Holzleiste am Balkon zu drehen und Nico nicht ansehe, höre ich deutlich sein spitzbübisches Grinsen: „Aber vielleicht planen wir ja zusammen die ein oder andere… Unternehmung.“ Ich kann förmlich spüren, wie mir die Röte in die Wangen schießt.

Noch bevor ich mir eine halbwegs cool wirkende Antwort überlegen kann, geht Nico in die nächste Runde: „Wo wir schon dabei sind, Kekschen: Ich find deinen Hintern übrigens auch gut. Ich kann das von hier unten grade ziemlich gut beurteilen, weißt du?!“ Ich kralle mich am Sonnenschirm fest, um nicht auch noch von der Leiter zu stürzen, nachdem Nicos Ausspruch mich schon aus allen Wolken fallen lässt. „Wie bitte?!“, schrille ich vollkommen überfordert los. „Na so ein Kompliment bekommt man nicht alle Tage. Da wollte ich nett sein und deinen Hintern ebenfalls angemessen loben. Das hat er sich verdient.“ Sein Grinsen wird von Wort zu Wort breiter. „Kompliment? Nico du… du sprichst in Rätseln!“, stammle ich und muss zugeben, dass mir nichts Gutes schwant! „Du hast keinen Schimmer, wovon ich spreche?“ Langsam und reichlich verunsichert steige ich von der Leiter und bitte ungeduldig um Aufklärung: „Ich höre immer nur Hintern. Wovon sprichst du denn?“ „Na von deiner Sprachnachricht gestern.“ „Sprachnachricht?“ Langsam werde ich ein bisschen stinkig und frage nochmal nach: „Nico, könntest du bitte mit der Sprache rausrücken?! Was meinst du? Ich hab dir keine Sprachnachricht geschickt.“ Mit seinem schelmischen Dauergrinsen zückt er sein Handy und spielt zu meinem absoluten Entsetzen eine Nachricht ab, auf der neben Stella ganz eindeutig meine Stimme erkennbar ist.

>> … dachte, du findest ihn so heiß.“ „Also… heiß… Hab… hab ich das so gesagt, ja?“ „Ich glaube, du hattest den Ausdruck >Granate< benutzt als ihr euch im Park begegnet seid.“ „Ach Stella, das hatten wir doch alles schon.“ „Also ich kann nur sagen: Ich bin Team Nico!“ „Stellaaa!“ „Jetzt komm schon, Schwesterherz! Gib dir nen Ruck!“ „Du bist schrecklich. Aber Nicos Hintern kommt schon echt gut…“ <<

„Oh Gott!“, schnaufe ich und halte mir vor Schock die Hand vor den Mund. Für Nico ist meine Blamage augenscheinlich ein Grund zum Feiern, wenn ich mir sein breites Grinsen so anschaue: „Jaaa, ich dachte mir schon, dass das nicht für meine Ohren bestimmt war.“ Ich stammle mit glühendem Kopf vor mich hin: „Also das muss passiert sein als… Danny hatte mein… das war bestimmt…“, flüstere ich ungläubig vor mich hin während es in meinem Kopf wie wild rattert. „Weißt du, ich finds echt süß. Und ich finds fast noch süßer, wie unangenehm dir die Sache ist. Reg dich ab, Annie. Ist doch nichts dabei.“ „Schön, wenn du meine Schmach so amüsant findest, Nico!“, schimpfe ich. „Schmach! Wie gesagt: Dein Hintern ist auch ein Hingucker. Siehst du, ich hab wenigstens den Mumm, es einfach graderaus zu sagen.“ „Ich… ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“, brabble ich mit einem gehörigen Schweißausbruch. „Ich geh jetzt… meine Alben einräumen.“

Mit größter Mühe versuche ich, meine Panik nicht nach außen zu zeigen und verkrieche mich hinter sieben Kartons mit Fotoalben, Büchern und Unterlagen aller Art. Bereits nach wenigen Sekunden höre ich langsam auf mich zukommende Schritte auf den von Stella nur so gewienerten Parkettboden. „Ähm… ich wollte dich nicht…“, setzt Nico wohl zu einer Erklärung und/oder Entschuldigung an. Doch ich will den peinlichen Vorfall erstmal sacken lassen und mir für mich im Stillen meine Gedanken dazu machen. „Alles gut, Nico. Wenn du magst, kannst du dich jetzt um die Kisten im Gästezimmer kümmern. Am besten schaffst du die alle hier ins Wohnzimmer.“ Ich gebe mich gelassen, bin aber nicht ansatzweise fähig, mich umzudrehen und ihn anzusehen. „Klar.“, bejaht Nico hörbar bedrückt und macht sich auf den Weg in Stellas und Pauls Wohnung.

Dass ich mir mit dem Tetrisspiel, den Inhalt der sieben Kartons in mein Sideboard und meinen Schreibtisch einzusortieren selbst eine Mammutaufgabe gestellt hab, merke ich erst, als Stella uns zum Abendessen ruft und ich noch vier volle Kisten hab. Paul, Danny und Nico - allen voran natürlich Bailey folgen dem Duft von Stellas leckerem Essen, als ich ohne groß nachzudenken nach Nicos Arm greife und ihm am Ärmel zupfe. „Wir kommen gleich naaahaaach.“, rufe ich und murmele im Weiteren: „Kannst du mir kurz… helfen?“ Etwas verwundert dreht Nico sich um: „Ähm… ja. Worum gehts denn?“ „Äääh… äääh… hier in dem Karton…“, fasele ich und vergewissere mich, dass die anderen keinen Verdacht schöpfen.

Nachdem die Luft rein ist, beginne ich meinen kurzen Monolog, während ich etwas peinlich berührt an besagtem Karton hantiere. „Hör zu Nico. Ich wollte dich nicht anblaffen. Es tut mir leid. Mir war die Sache nur… reichlich unangenehm und da… wollte ich aus der Situation raus. Wenn mir was peinlich ist, dann hau ich ab. So bin ich eben. Das heißt aber nicht, dass ich dich einfach anmotzen kann. Also ehrlich… es tut mir leid.“ Nicos in Falten gelegte Stirn glättet sich im Handumdrehen und seine Mundwinkel wandern nach oben und zaubern ihm ein Lächeln ins Gesicht, wie ich es nur zu gerne sehe. „Schon okay, Kekschen!“, winkt er ab und steckt sich seine Hände in die Hosentaschen. Weiterhin grinsend deutet er mit einem kurzen Nicken an, dass die anderen auf uns warten. Ich bin so erleichtert, dass ich mein nächstes Fettnäpfchen schon fast übersehe.

Nico legt den Arm um mich und säuselt belustigt: „Aber Annie?“ „Hm??“ „Den schwarzen Spitzenschlüpfer kenn ich doch schon. Zeig mir doch bei Gelegenheit mal nen anderen!“ Jetzt bin ich diejenige, deren Stirn einem Spargelacker gleicht: „Hä?“ Da linst Nico auf meine Hände und grinst breiter und breiter. Beim Blick nach unten erklärt sich sein süffisantes Grunzen: Ich hab ausgerechnet den Karton mit meiner Unterwäsche als Alibi-Kiste erwischt und vor Aufregung nicht mitbekommen, dass ich einen Schlüppi da rausgezogen habe. „Oh Maaann!“, lasse ich entmutigt die Schultern fallen. Doch im nächsten Moment erkenne ich die Komik in der Situation und beginne ebenfalls zu lachen. Heute scheint einfach nicht mein Tag zu sein.

Beim gemeinsamen Abendessen ist die Stimmung - nicht zuletzt wegen unserer kleinen Aussprache - gewohnt gelassen. Auch wenn ich ziemlich kaputt bin und am liebsten in der Runde sitzen bleiben würde, heißt es „Genug ausgeruht! Ich werd mal weiterackern!“ „Ach Annie, lass doch für heute gut sein. Ich muss mit Danny sowieso zum Fußballtraining.“, versucht Paul meine Pläne zu durchkreuzen. „Nix da. Du hast auch wirklich schon lange genug in meiner Wohnung gewerkelt, möchte ich behaupten, Paul. Außerdem will ich endlich in meinem neuen Bett schlafen.“ Da erhebt Nico sich voller Tatendrang vom Esstisch, klopft auf die Tischplatte und meint: „Das möchte ich auch!“ Wortlos und fragend starren wir Nico an. Doch es dauert einen Moment, bis bei ihm der Groschen fällt. „Was schaut ihr de… Ooooh! Ich meinte, dass du schon genug drüben gewerkelt hast, Paulchen. Nicht, dass ich… mit dem Bett und so!“, belustigt kratzt er sich mit der Rückseite des Zeigefingers am Hals und ergänzt: „Ihr alten Ferkel!“ Lachend machen Nico und ich uns auf den Weg in die Wohnung.

„Nico, du musst hier auch nicht bis tief in die Nacht schuften. Du musst doch morgen wieder in deine Kanzlei.“ „Ach Quatsch. Ich war eh erst so spät hier. Und die paar Lampen hier krieg ich locker noch an die Decke.“ Ich bedanke mich und sehe ihm - sicherlich ein bisschen verträumt - hinterher. „Aber wenn du Hilfe brauchst, dann meld dich.“, säusele ich.

Entgegen meiner Ankündigung arbeiten wir doch bis kurz vor Mitternacht. Ich räume gerade gähnend die letzten Bücher und Filme in das TV-Board als Nico sich an die Wohnzimmerlampe macht: „So, die hier noch und dann bin ich durch.“ Er sieht erschöpft aus. Also beschließe ich, ihn mit einem gekühlten Bier zu belohnen. „Das ist wirklich unheimlich lieb von dir. Da hast du dir ein kaltes Bierchen verdient.“ Doch während das Klammeräffchen an der Wohnzimmerdecke hängt, muss ich feststellen, dass ich nur noch ein Bier im Kühlschrank habe. „Bedien dich, ich werd drüben kurz Nachschub organisieren.“ „Alles klar, Chefin.“, salutiert Nico zwinkernd.

Der Blick in den Kühlschrank ist leider etwas ernüchternd. Kein einziges Bier mehr übrig. Dabei hab ich vorhin noch zwei Sixpack gesehen. „Komisch. Das hab ich mir doch nicht eingebildet.“, grübele ich und schlurfe wieder zurück zu Nico. Dann stoße ich eben mit einem Glas Leitungswasser mit Nico auf die vollbrachte Arbeit an. „Ich werd dann mal gehen. Morgen sieht mein Terminplan nicht weniger angsteinflößend aus als heute.“, lamentiert Nico. Etwas unbehaglich stecke ich die Hände in meine Hosentaschen: „Und jetzt verbringst du deine Freizeit auch noch damit, Möbel zusammenzubauen, Lampen an Decken zu schrauben und Kisten zu schleppen. Ich hab echt ein schlechtes Gewissen.“ „Ach, das mach ich doch freiwillig. Und gerne.“ Während er mir so charmant zulächelt, verliere ich mich schon wieder fast in seinen Augen: „Trotzdem Nico. Ich hoffe du weißt, wie dankbar ich dir bin.“ Er legt seine Hand auf meine Schulter: „Das weiß ich doch.“

Mitten während dieses innigen Moments fällt mir auf, dass ich meine Schlüssel drüben in der Wohnung vergessen hab. „OH NEIN!!“, pruste ich und halte mir mit weit aufgerissenen Augen die Hand vor den Mund. „Was ist denn jetzt los?“, will Nico etwas überfordert wissen. „Meine Schlüssel. Ich hab sie drüben neben dem Kühlschrank liegen lassen!“ Sofort rattert mein Kopf los. Natürlich kann ich die drei um diese Zeit nicht aus dem Bett klingeln. „Oh nein, was mache ich denn jetzt?!“ Nico versteht die Aufregung nicht. „Naja, dann bleib doch über Nacht hier. Ich kann dir noch helfen, die restlichen Kisten vom Bett zu räumen. Oder du schläfst auf der Couch.“ Mit klagender Stimme entgegne ich: „Aber ich wollte doch erst morgen oder übermorgen hier schlafen. In meinem neuen Flanell-Pyjama. In der neuen kuscheligen Bettwäsche.“ „Also wenn du nicht alleine hier schlafen willst, dann kann ich gerne hier bleiben. Natürlich vollkommen uneigennützig und nur zu deiner Sicherheit. Ich mag kuschelige Bettwäsche.“, hebt er schmunzelnd seine Augenbrauen. „Ich weiß dein vollkommen uneigennütziges Angebot zu schätzen.“, winke ich ab: „Aber mein supertapferer und supergefährlicher Wachhund passt bestimmt bestens auf mich auf.“ Ein Blick zu Bailey, der rücklings und schnarchender Weise auf dem Sofa liegt, bringt uns beide zum Lachen. Im nächsten Moment streicht Nico mir gähnend über den Arm und verabschiedet sich: „Okay, also dann schlaf gut, Kekschen.“ „Du auch Nico. Und vielen Dank nochmal für deine Hilfe.“ Etwas gedankenverloren lehne mich meinen Kopf gegen die Wohnungstüre, bis ich Nicos Schatten nicht mehr im Treppenhaus sehe.

Den folgenden Tag beginne ich vollkommen ausgeschlafen und entspannt - und das obwohl ich die Nacht auf dem Sofa statt im Bett verbracht hab. Ich liebe meine neue Wohnung einfach. Nach einem ausgiebigen Frühstück samt groooßem Kaffee springe ich erstmal unter die Dusche. Ich erschrecke mich zu Tode als es plötzlich laut an meiner Wohnungstüre klopft. Sicherlich ist es Stella. Sie hat wohl meine Schlüssel auf der Anrichte liegen sehen und wollte sie kurz vorbeibringen. „Momeeent!“, rufe ich und steige triefnass aus der Duschkabine. Schnell ein kuscheliges Handtuch umgelegt, tapse ich zur Türe.

Im nächsten Moment zucke ich vor Schreck zusammen. Es ist Nico. Mit ihm hab ich nun gar nicht gerechnet. „Nico, was machst du denn hier?“ „Hey Annie. Ich bin gerade auf dem Weg zu Gericht und wollte mein Handy einsammeln. Ich muss es gestern hier vergessen haben.“ Nico wirkt ein bisschen abgehetzt und gestresst, da mache ich ihm schnell Platz und lasse ihn herein. „Ähm… klar, komm rein. Ich hab es ehrlich gesagt nirgendwo liegen sehen.“ Kaum hat er zwei Schritte Richtung Couch gemacht, spurtet Bailey bereits auf ihn zu und begrüßt Nico feuchtfröhlich schlabbernd. „Heeey Kumpel. Na, alles klar?“ Ich muss sagen, der Anblick reizt mich. Nicht nur die Tatsache, Nico wieder in einem unheimlich gutsitzenden Anzug geschniegelt und gestriegelt zu sehen - von seinem Parfum mal ganz abgesehen. Nein, auch wie lieb er mit Bailey umgeht lässt mein Herz höherschlagen. Zum Glück muss Nico nicht lange suchen und entdeckt sein Handy rasch auf meinem Bücherregal. „Ah, da ist es ja. Ich habs gestern hierhin gelegt, damit es beim Hantieren mit den Lampen an der Decke keinen Abflug macht.“ Er hechtet in Windeseile an mir vorbei. „Ich muss dann auch wieder. In 20 Minuten muss ich im Sitzungssaal sein. Sorry für die Störung, Kekschen.“ „Kein Problem, du hast mich nicht gestört.“, beschwichtige ich.

Fast hab ich die Türe schon wieder geschlossen, ruft Nico nochmal nach mir und stellt sich in den Türrahmen. „Sag mal, hast du nicht Lust, am Freitag was zu unternehmen?“ „Was… unternehmen?“, stottere ich überrascht und starre verlegen diesen riesengroß wirkenden Kerl mit seinen starken Armen und dem vermutlich maßgeschneiderten Anzug an. „Ja. Ein Film im Kino. Ein paar Drinks. Oder nur was essen?“ Ich freue mich unheimlich über Nicos Einladung und versuche mit aller Kraft, nicht wie ein frühpubertärer Teenie loszukichern. „Nico ich…“ „Oh nein! Bitte gib mir nicht wieder nen Korb!“, unterbricht er mich und schlägt sich die Hand auf die Stirn. „Weißt du Kekschen, irgendwann werd ich aufhören zu fragen. Wenn auch erst in ein paar Jahren…“ Doch ich kann ihn beruhigen - zumindest etwas: „Nein nein, Nico. Das ist kein Korb. Aber ich hab am Freitag schon was vor. Vielleicht Samstag? Oder Sonntag?“ Binnen weniger Sekunden erhellt sich sein Gesichtsausdruck und er grübelt los: „Na, das ist ja schon mal ein Anfang. Hmm… Samstag feiert meine Tante Geburtstag. Sie wird 60. Wer weiß, wie spät es da wird. Und Sonntag hat Dannys Fußballmannschaft ihr erstes Fußballturnier. Und ich hab dem Zwerg versprochen, dass ich zusehe.“ Ich spiele bereits mit dem Gedanken, mein Essen mit Lars zu verschieben. Aber ich will nicht verzweifelt wirken. Aber ich will unbedingt mit Nico ausgehen. Was mache ich denn jetzt nur? Da reißt Nicos ungeduldiges „Hallo???“ mich aus meinen Gedanken. „Ähm was?“ „Ich hab dich gefragt, ob wir am Sonntag in die Spätvorstellung ins Kino gehen wollen, sodass ich vorher noch meine zwei Repliken durcharbeiten kann.“ „Achso… ja klar. Gerne.“, willige ich ein. Glücklich schmunzelnd verabschiedet Nico sich: „Also dann… haben wir ein Date. Ich freu mich.“ Er gibt mir ein kleines unschuldiges Küsschen auf die Wange und flaniert sichtlich zufrieden zur Treppe. Plötzlich höre ich mich sagen: „Der Anzug kommt übrigens gut. Ziemlich sexy.“ während ich auf Nicos Hintern gaffe. Da dreht er sich ganz lockerflockig um, zwinkert mir zu und meint: „Das Gleiche kann ich über dein Outfit sagen.“ Während ich mich ein kleines bisschen für meinen Frisch-aus-der-Dusche-Look schäme, dribbelt Nico hörbar kichernd die Treppe nach unten.

Im nächsten Moment klingelt mein Handy. „Papa, hi. Was gibts denn?“ „Hallo Kleines. Ich wollte dich nur fragen, ob du heute eventuell in die Kanzlei kommen könntest. Marianne kommt alleine nicht so recht hinterher. Jutta ist nämlich heute Morgen vom Rad gestürzt und die restliche Woche krankgeschrieben. Vielleicht könntest du ihr zumindest die Diktate und ein paar Telefonate abnehmen.“ „Klar Papa. Ich wollte noch mein Buch überarbeiten, weil ich nächste Woche Abgabefrist hab. Aber das schaffe ich locker. Ich komm direkt vorbei.“ „Danke Kleines. Das ist lieb.“

Rasch Haare geföhnt, angezogen und ein bisschen Tages-Make-Up aufgelegt, sitze ich bereits 30 Minuten später im Bürostuhl: „So Mary, dann erzähl mal, welche Diktate sind denn die Fristsachen? Ach und stell mir ruhig ein paar Anrufe rüber. Wir kriegen das Chaos hier schon gewuppt.“, gebe ich mich kampflustig. „Annielein, du bist ein absoluter Schatz. Die Fristen sind diese drei Diktate hier. Alle circa eine bis anderthalb Stunden. Am Nachmittag stehen noch zwei Besprechungen an, eine etwas längere bei Herrn Blum und eine relativ kurze bei deinem Vater. Wenn du irgendwelche Fragen hast, dann komm einfach auf mich zu.“

Da die Besprechung von Herrn Blum ziemlich lang dauert und von ihm daher nichts mehr an neuen Diktaten nachkommt und mein Papa aktuell bei Gericht ist, sind wir mit dem Großteil an Arbeit viel schneller durch als gedacht. Und so klatschen wir uns gegen 16 Uhr freudig ab: „Wow, das läuft ja wie am Schnürchen, Annie. Da hätten wir die Mittagspause gar nicht durcharbeiten müssen.“ „Allerdings nicht. Das Diktatfach ist bis auf zwei neu anzulegende Akten komplett leer. Die werd ich jetzt noch in Angriff nehmen und ansonsten haben wir nur noch das Telefon oder?“ „Ja. Ich hab hier noch einen ZV-Auftrag von letzter Woche und gleich ist noch die Besprechung von deinem Vater. Hoffentlich kommt er gleich. Ich hätte nicht erwartet, dass sein Gerichtstermin so lange dauert.“ Wie aufs Stichwort kommt mein Papa durch die Tür getrabt und erkundigt sich kurz nach dem Stand der Dinge. Die Schreiben mit Unterschriften zum Versand versehen und uns zwei Heldinnen für die gute Arbeit gelobt, verschwindet er schließlich mit einer Tasse Kaffee in seinem Büro.

Jetzt, wo die Arbeit sich lichtet und der Druck spürbar nachlässt, kommt Mary ein bisschen ins Plaudern. „Jutta wird sich ärgern, dass sie gerade heute nicht da ist.“ „Warum das denn?“, will ich wissen und kann Marys etwas frivolen Gesichtsausdruck nicht recht deuten. „Da wirst du gleich Augen machen, Annilein.“ Bei Marys regelrecht hibbeligem Anblick werde ich zunehmend neugieriger: „Du sprichst in Rätseln.“ „Der Termin, der gleich kommt. Es geht da noch um ein, zwei Vertragsanpassungen…“ Da klingelt besagter Termin schon an der Türe. Marianne drückt den Türöffner und flüstert mir aufgeregt zu: „Der Termin. Unser neuer Anwalt. Ein unheimlich gutaussehender Typ. Er wollte nochmal seinen Vertrag verhandeln. Jutta und ich sind ganz hin und weg. So ein charismatischer, fescher junger Mann. Und gaaanz freundlich.“ Da dämmert es mir: „Moment mal, Mary. Du meinst, der Termin von meinem Vater… die Besprechung… das ist…“

Und schon im darauffolgenden Moment streckt Nico seinen Kopf über den Anmeldetresen: „Hallo, Winter. Ich hab einen Termin bei…“, da erspäht er mich und scheint auch ein wenig überrascht. Jedoch bei Weitem nicht so überrascht wie ich - sitze ich doch mit weit aufgerissenen Augen, offenem Mund und wie erstarrt auf meinem Stuhl. „…deinem Vater. Annie, was machst du denn hier?“ „Sie kennen sich????“, ploppt es verblüfft aus Mary heraus. „Ähm… ja. Wir… wir kennen uns.“, stammle ich Nico zuwinkend. „Entschuldigung. Das geht mich ja nichts an. Ähm… Herr Winter, nehmen Sie doch schon mal im Besprechungszimmer Platz. Ich werde Herrn Dr. Berger gleich Bescheid geben. Darf es ein Käffchen für Sie sein?“ Ich muss schon ein bisschen in mich hineinschmunzeln, wie Marianne - meiner Meinung nach extrafreundlich - um Nico herumtänzelt. Und dass Bailey wieder mal völlig außer Rand und Band ist, seinen geliebten Nico zu sehen, trägt ebenfalls zu meiner Belustigung bei.

Kaum ist die Türe des Besprechungszimmers ins Schloss gefallen, löchert Mary mich förmlich: „Annie, ich wusste ja nicht, dass ihr euch kennt. Seid ihr befreundet? Oder… oder geht ihr aus? Das wird Jutta ärgern. Sie wollte doch so gerne ihre Tochter Miri mit ihm verkuppeln. Und dann ist da ja noch Clara. Kennst du Clara überhaupt? Sie ist doch Referentin. Nicht so mein Fall, aber dein Vater mag sie. Und jedenfalls…“ Bevor mein Kopf platzt, versuche ich, Mariannes Wust an Informationen einzudämmen: „Haaalt, Mary!! Halt halt halt halt! Nochmal langsam und zum Mitschreiben.“ Da muss sie direkt loslachen: „Hahahaha, tut mir leid, Annie. Da rede ich ohne Punkt und Komma. Hahahahaha…“

Sie erzählt mir also, dass sie und Jutta quasi direkt schockverliebt waren, als Nico ihnen als neuer Anwalt im Team vorgestellt wurde. Jutta sieht in ihm den perfekten Schwiegersohn. Ein bisschen leid tut mir Nico diesbezüglich ja schon - Miri ist ein ziemlicher Freak und meines Erachtens nach überhaupt nicht an Männern interessiert. Oder an Menschen generell… So interessant - oder auch nicht - die Infos auch sind, bin jetzt wohl oder übel ich am Zug und Mary quetscht mich über Nicos und meine Bekanntschaft aus. Natürlich beschwichtige ich die ganze Sache. Ich erkläre ihr, dass wir uns lediglich bekannt sind und das auch nur über meinen Schwager. Dass die Luft förmlich bitzelt und knistert, wenn wir beide in einem Raum sind, erwähne ich logischerweise mit keinem Wort. Das wäre hier in der Kanzlei mehr als fehl am Platz.

Marianne beendet gerade das gefühlte Kreuzverhör und nimmt ein Telefonat entgegen, als Nico und mein Papa aus dem Besprechungszimmer kommen. Vor dem Tresen verabschieden sie sich mit einem kräftig-männlichen Handschlag. Als Nico uns freundlich zuwinkt und lächelt, schmilzt Marianne sichtlich dahin. Ich hingegen piepse mit etwas unkontrollierter Stimme: „Ciao. Schönen Abend noch.“

Am Abend bin ich von dem Spurt, den Mary und ich hingelegt haben, erschöpfter als erwartet. Und so kuschele ich mich in meine Schmusedecke, trinke einen heißen Kakao und mache es mir in meinem Flanell-Schlafanzug mit Bailey vor dem Fernseher bequem. Ich bin schon fast weggenickt, als mein Handy aufleuchtet. Eine Nachricht von Nico. >Hey Kekschen. Ich war heut ziemlich überrascht, dich im Büro zu sehen. War aber ne schöne Überraschung. : ) Schlaf gut.< Nicos Worte erfreuen mich. „Oh, da sind ja noch zwei Nachrichten von Lars drauf. Schon von… oh… von vor dreieinhalb Stunden.“, murmele ich in meinen nicht vorhandenen Bart. 18:26 Uhr: >Hi Engel. Spontan Lust auf nen abendlichen Spaziergang? ;*< 18:49 Uhr: >Schade, bist nicht zuhause. Dann vielleicht wann anders? Wir sehen und spätestens Freitag. ;*< „Oh… das tut mir leid.“, murmele ich etwas teilnahmslos weiter. Um den beiden zu antworten bin ich zu müde. Und so verkrümele ich mich in mein brandneues Bett während Bailey in sein Körbchen vor der Couch schlüpft. Meine letzten Gedanken für den Tag kreisen - wie so oft in der letzten Zeit - um Nico. Ich könnte mir schlimmere Gedanken zum Einschlafen vorstellen.

Die darauffolgenden Tage vergehen schnell. Ich arbeite sowohl am restlichen Umzugschaos in meiner Wohnung, als auch am Feinschliff meines Romans. Und am Nachmittag gehe ich Marianne für ein paar Stündchen zur Hand. Danny wuselt relativ häufig in meiner Wohnung umher, da er laut eigener Aussage Bailey vermisst. Aber ganz bestimmt fehlt ihm auch ein bisschen seine Patentante. Nicht umsonst sitzt er nahezu  jeden Abend auf meiner Couch und futtert Schokokekse.

Nachdem ich vergessen hatte, Lars auf seine Nachrichten zu antworten, überrascht es mich nicht allzu sehr, dass er Donnerstagabend plötzlich bei mir auf der Matte steht. „Lars, was machst du denn hier? Ich wollte gerade ne Runde mit Bailey und dann kurz einkaufen gehen.“ „Hallöchen Engel. Ich hab mir Sorgen gemacht. Du hast mir Dienstag nicht geantwortet und ich wollte einfach nach dir sehen.“ „Oh das ist ja echt lieb. Aber ich hatte einfach viel um die Ohren. Meine Arbeit, dann helfe ich diese Woche in Papas Kanzlei aus und wie du siehst, hat sich hier auch Einiges getan.“ Er tritt in meine fast fertig eingerichtete, hübsch dekorierte und von Kartons befreite Wohnung und staunt nicht schlecht: „Wow, das sieht ja wirklich unheimlich toll aus. Ich hätte meine Wohnung besser gar nicht anmieten sollen. Am liebsten würde ich direkt hier einziehen.“ Er lacht dabei und tätschelt meine Hand. „Oh Lars. So weit würde ich nicht gehen, haha. Aber ich kann dir gern beim Einrichten helfen. Die Hauptstraße runter rechts gibts nen kleinen Möbelhandel. Nicht so teuer und echt tolle Einzelstücke dabei.“ „Ja gerne. Das Angebot schlag ich nicht aus. Wie sieht es am Samstag bei dir aus? Hast du Zeit?“ Lars‘ Tatendrang überfordert mich ein bisschen und so sage ich ab - immerhin sehen wir uns Freitag. „Am Wochenende ist es schlecht, Lars. Ich hab noch ne Menge an meinem Buch zu werkeln. Da wollte ich mir gerne am Samstag Zeit für nehmen. Sonntag sind wir nämlich bei Papa zum Brunchen und erfahrungsgemäß sitzen wir dort bis zum Abendessen. Da komme ich also auch zu nichts.“ „Verstehe.“, lässt Lars niedergeschlagen die Schultern hängen. Mein schlechtes Gewissen ist so eine Pussy. Im nächsten Moment höre ich mich sagen: „Aber vielleicht können wir uns morgen ja früher treffen und einen Abstecher zum Möbelladen machen.“ „Oh das wäre super. Ich hab schon die meisten Möbel organisiert, aber mir fehlen noch ein Schlafzimmer und ein paar Möbelstücke für den Wintergarten.“ Typisch Lars. Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt. Manche Dinge ändern sich einfach nie. Lars beschließt kurzerhand, Bailey und mich auf unserer Runde zu begleiten.

Ich hatte mich eigentlich nur auf einen kurzen und ziemlich ungesunden Einkauf und eine kleine ruhige Parkrunde gefreut. Die Einladung zum Abendessen bei Stella und ihren Männern hab ich dankend abgelehnt, weil ich mal ein bisschen für mich sein wollte. Den Kopf frei kriegen. Durchatmen. Stattdessen höre ich mir seit einer geschlagenen Stunde an, was Lars alles mit mir vorhat: Schwimmen gehen, den Zoo besuchen, Museumsbesuche, Konzerte, … Als er schließlich beim Weihnachtsmarkt angekommen ist, habe ich das Gefühl, ihn mal ein bisschen bremsen zu müssen und lege ihm meine Hand auf die Brust: „Lars, Lars, Lars, stopp! Du überschlägst dich ja noch.“ „Was meinst du denn?“, fragt er sichtlich besorgt. „Na deine ganzen Pläne und Vorhaben. Immer mit der Ruhe.“ „Aber… ich freue mich doch nur, dass wir uns nach so langer Zeit wiederhaben. Wir wohnen nicht sehr weit voneinander entfernt, das ist doch das Beste, was hätte passieren können.“ „Deine Euphorie in allen Ehren, Lars. Aber du solltest mal einen Gang runterschalten. Schön, dass du dich so freust, wieder hier zu sein. Aber trotzdem… Immer mit der Ruhe.“

Der restliche Spaziergang geht eher wortkarg vonstatten. Lars wirkt richtig geknickt. Doch ich fand es unausweichlich, seinen Freudentaumel etwas einzudämmen. Es hat sich fast wieder so angefühlt, als wäre ich seine Freundin. Und an dem Punkt waren wir bereits. Ich verabschiede mich freundlich und sage, dass ich mich auf unser Treffen morgen freue. Eigentlich hatte ich gehofft, so ein bisschen von dem Missmut aus seinem Gesicht zu bekommen, doch weit gefehlt. Mit hängenden Schultern trabt er zu seinem Auto und fährt weg.

Die verbleibenden Abendstunden will mir Lars‘ trübselige Miene nicht so recht aus dem Kopf. Vielleicht war ich tatsächlich zu forsch. Immerhin hat er gerade eine Trennung hinter sich. Da hätte ich wohl etwas feinfühliger sein können. Ein schlechtes Gewissen macht sich breit und so schmecken mir meine Bratkartoffeln plötzlich nicht mehr so wie noch vor zwei Minuten. Mein blinkendes Handydisplay wirft mich aus meinen grauschwarzen Gedanken: Ein Anruf von Nico.

„Nico, hey.“, begrüße ich ihn freudig. „Hey Kekschen. Na, was treibst du so?“ „Och ich hab mir gerade was zu essen gemacht und gucke jetzt mit Bailey auf dem Schoß meine Serie. Und du?“ „Frag nicht.“ „Sag bloß, du sitzt noch im Büro? Nico es ist… 20:38 Uhr. Ab nach Hause mit dir.“ „Was siehst du denn für eine Serie?“, weicht er mir gekonnt aus. „Du sollst nicht ablenken.“ „Erzähl schon, worum gehts da?“, gähnt er. „Nico, du klingst total abgekämpft. Du solltest wirklich gehen.“ „Nur noch ein Grund mehr, mal eine nette Stimme zu hören, Kekschen.“ „Du machst mir Sorgen.“, hauche ich. „Dafür gibt es keinen Grund, Annie. Nur noch sechs Werktage und dann bin ich aus dieser Kanzlei raus. Morgen ist die letzte große Verhandlung. Die will nun mal gut vorbereitet sein. Nächste Woche kommt nur noch Kleinkram.“ Ich kann praktisch hören, wie Nico sich mit der Hand übers Gesicht fährt und erschöpft in seinen Bildschirm blickt. „Was ist das denn für ein Fall?“, frage ich. „Was ziemlich Ekliges. Eine Scheidungssache. Läuft seit 4 Jahren und alles wird gefühlt auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Der Gegenanwalt ist ein gieriger Penner und macht es mir und meiner Mandantin unnötig schwer. Es heißt jetzt, sie hätte ihn geschlagen. Häusliche Gewalt. Von einer Frau ausgehend, die mir gefühlt bis zum Bauchnabel reicht und nicht viel mehr auf die Waage bringt als Bailey. Der Typ dagegen… ein Schrank. Ehemaliger Profi-Wrestler. Das ist so lächerlich.“, klagt er. „Oh Mann. Anwalt ist nicht gerade ein Traumberuf.“ Doch Nico gibt sich siegessicher: „Warten wir den Ausgang der Verhandlung ab.“ „Na dann arbeite noch fleißig weiter und hilf dieser armen Frau. Ich will dich nicht länger aufhalten, Nico. Aber… mach nicht mehr so lange.“ „Alles klar, Chefin. Und nur fürs Protokoll: Es war nicht so geplant, dass du jetzt über meinen Fall Bescheid weißt, ich aber nach wie vor keinen Schimmer habe, wovon deine Serie handelt.“ Da ergreife ich die Chance und necke ihn ein wenig: „Och das erzähl ich dir besser ein anderes Mal. Viel zu viel Erotik für deinen Schreibtisch. Gute Nacht Nico.“ „Du… bist echt fies.“ „Schlaf gut.“, säusele ich weiter. „Gute Nacht, Kekschen.“

Am nächsten Tag hab ich meine erste Tageshälfte so getaktet, dass ich pünktlichst für Lars bereitstehe. Sein langes Gesicht spukt mir noch immer im Kopf herum. Demnach werde ich mich heute zurückhalten und den Schmusekurs fahren. So ist mein geplantes Zeitpensum in die Überarbeitung meines Romans geflossen, die Wäsche ist gewaschen und aufgehängt, der Geschirrspüler läuft und meine neue dunkelgraue Jeans sitzt wie angegossen. Kombiniert mit einem weißen Shirt und meinem geliebten schwarzen Blazer mit Nadelstreifen fühle ich mich pudelwohl und freue mich auf den Abend.

Punkt 17:30 Uhr holt Lars mich ab. Bevor wir überhaupt vom Fleck kommen, winselt er schon fast ein bisschen: „Annie, ich wollte mich noch für gestern entschuldigen. Ich war so froh und hatte den Eindruck, jetzt wird alles gut. Und dann hast du mich so ausgebremst. Damit konnte ich nicht umgehen.“ „Kein Problem, Lars. Ich war auch etwas energisch mit meiner Wortwahl. Ich will nur verhindern, dass du aus lauter Vorfreude… gewisse Sachen verdrängst. Nicht selten holen einen solche verdrängten Dinge und Ereignisse… wieder ein. Immerhin hast du gerade eine Trennung hinter dir. Eine Trennung, die quasi dein ganzes Leben umgekrempelt hat. Ich mach mir einfach Sorgen.“ Er lächelt mich ganz vertraut an und gibt mir ein sanftes Küsschen auf die Stirn: „Dafür liebe ich dich einfach.“

Nach dem etwas schwer verdaulichen Start des Abends haben wir dafür umso mehr Spaß in dem kleinen Möbelladen, den ich Lars empfohlen hatte - naja, zumindest ich hab Spaß. Und unser Besuch lohnt sich in doppelter Hinsicht. Zum einen für Jacques, den übereifrigen Verkäufer, der Lars zu meiner Belustigung nicht von der Seite weicht und ein wenig touchy ist. Für Lars wohl ein bisschen zu touchy. Es gelingt Jacques sogar, Lars zu überreden in allen 4 Betten, die ausgestellt sind, Probe zu liegen. Und weil Jacques nun mal ein sehr engagierter Mitarbeiter ist, legt er sich jedes einzelne Mal direkt neben Lars, was mich unermüdlich zum Lachen bringt. Ganz ausführlich erzählt er Lars jede Einzelheit über diese und jene Matratze, stellt ihm dabei unauffällig Fragen über seine (Bei-)Schlafgewohnheiten und lässt keine Gelegenheit aus, Lars wie wild anzuflirten. Auch sein subtiles Zwinkern als wir den Laden verlassen, stößt bei Lars offensichtlich mehr auf Unbehagen als auf Zuspruch.

Zum anderen profitiert neben dem liebestollen Verkäufer auch das Geschäft, dessen Kassen nur so klingeln, von Lars‘ Kaufrausch. Er kauft eine komplette Schlafzimmergarnitur, eine riesige Sitzgruppe für den Wintergarten und zwei unverschämt teure Sessel mit petrolfarbenem Cordüberzug. Insgesamt lässt Lars sage und schreibe 11.000 € in dem Laden. Auf dem Weg zum Restaurant biete ich unter Schnappatmung an, wenigstens das Essen zu bezahlen. „Ach Quatsch, Engel. Warum denn? Du bist mein Gast.“ „Naja, weil du jetzt 11.000€ ärmer bist, nachdem ich dir von dem Laden erzählt hab.“ „Ach, das sind alles schöne Sachen, die sind ihr Geld wert und damit basta.“ „Naja und außerdem hast du einen neuen Freund dazugewonnen, Lars. Du kannst nicht leugnen, dass du ziemlich Eindruck auf Jacques gemacht hast.“, spotte ich und wedele mit dem Bestellschein vor Lars‘ Nase herum, auf dem dick und fett Jacques‘ Nummer steht. Doch Lars scheint nicht so viel Spaß bei diesem Thema zu haben wie ich. „Hör bloß auf damit. Das war mir so unangenehm.“ Schließlich nimmt Lars mich in den Arm, piekst mir in die Rippen und grinst: „Aber schön, wenn du dich gut amüsiert hast. Das Essen geht dann also auf dich. Strafe muss sein!“

Der weitere Abend verläuft scheinbar ganz nach Lars’ Geschmack. Er wirkt richtig losgelöst und glücklich. Zuerst verspeist er bei seinem alten Lieblingsitaliener zu drei überaus vollen Gläsern Rotwein grinsend und glucksend seine übliche Pizza Tonno und auch in der Bar bestellt er jeden Drink mit einem vermeintlich witzigen Spruch. So viel wie hier los ist, bin ich erstaunt, dass die Bedienung sich die Zeit nimmt, auf jeden dieser Sprüche amüsiert zu reagieren - gespielt oder nicht. Wir hatten Glück, dass gerade ein Pärchen aufgestanden ist und somit ein kleiner Tisch am Fenster frei geworden ist. Ansonsten hätten wir wohl weiterziehen müssen. Dabei bin ich so gerne in der PANORAMA-Bar.

Ich zücke mein Handy und wundere mich, dass ich eine Nachricht von Nico habe. „Komisch, ich hab gar nichts mitbekommen.“, murmele ich vor mich hin und lese Nicos Worte. >Na klar doch. Alles gut gelaufen. : )< Ich hatte gefragt, wie Nicos Verhandlung so war und bin froh über die guten Nachrichten. „Was grinst du denn so, Engel? Wer schreibt denn?“, fragt Lars mit hochgezogener Augenbraue und zu mir rüber gelehnt, weil er in mein Handy linsen will. „Ähm…“, beginne ich gatzend meinen Satz während ich eine kurze Antwort in mein Handy tippen will. Da bringt mich Lars‘ Fragerei aus dem Konzept: „Nico? Er heißt doch Nico, oder? Geht denn da jetzt was bei euch?“ Es ist mir unangenehm, mit Lars über Nico zu sprechen. „Also weißt du…“ Als würde mir von den zwei Weinschorlen und zwei Margaritas nicht ohnehin schon die Birne leuchten, treibt mir Lars’ Verhör noch mehr Schweißperlen auf die Stirn.

Doch einen richtigen Schock erleide ich erst im nächsten Moment, als ich ausgerechnet Nico an der Bar sitzen sehe. „OH GOTT!!“, presche ich ungewollt heraus. „Was denn?“, fragt sich Lars verständlicher Weise. Natürlich kann er nicht wissen, was der Grund für meine kurzen aber umso schrilleren Aufschrei und meine auf dem Boden liegende Kinnlade ist. „Da vorne… das ist…“ Ich rutsche auf der Bank hin und her und strecke meinen Kopf in alle Himmelsrichtungen um sicherzustellen, ob es wirklich Nico ist. „Das ist er.“, murmele ich erschrocken und halte mir die Hand vor den Mund. Der arme Lars versteht weiterhin nur Bahnhof. „Wer? Wo?“ Da erkenne ich Nicos Armbanduhr, als er sein Handy aus der Hosentasche zieht. „Nico.“ „NICO??“, dröhnt nun auch Lars durch den übervollen Gastraum. „DEIN NICO? Der Kerl mit dem nicht Nichts und nichts Richtiges läuft??“

 

Mir scheint, als hätte Lars zwei bis vier Drinks zu viel gehabt. Ein Kennenlernen der beiden Jungs könnte sich mit seinem Pegel etwas verkomplizieren und so wird mir die Situation im Sekundentakt unangenehmer. Ich überlege, ob wir nicht besser die Flucht ergreifen sollten, doch genau in diesem Moment dreht Nico sich um und unsere Blicke treffen sich. Während Nico mich für eine kurze Weile ungläubig anstarrt und sich langsam ein erfreutes Lächeln in seinem Gesicht breit macht, bekomme ich schwitzige Hände, Herzrasen und von dem Kloß in meinem Hals will ich gar nicht erst anfangen. Es fühlt sich für mich wie in Zeitlupe an, dass er von seinem Hocker aufsteht, sein schwarzes Hemd glättet und mit einem unfassbar charmanten Grinsen rüberkommt. Lars‘ „Oh nein! Der?!“ bekomme ich dank meiner Träumereien nur am Rande mit.

„Na so ein Zufall! Hey Annie.“ Er begrüßt mich mit einer Umarmung und dem üblichen flüchtigen Küsschen auf die Wange. Sein Duft lässt meinen Puls nur noch weiter in den roten Bereich schnellen. Doch ich gebe mir die größte Mühe lockerflockig zu wirken: „Nico, hi. Was machst du denn hier?“ Nico kann sich nicht so recht auf meine Frage konzentrieren nachdem er damit beschäftigt ist, Lars zu mustern. 

 

Etwas zögerlich stelle ich ihn vor: „Ähm… Nico, das ist Lars.“ „Aaah… der Ex. Hey, ich bin…“ „Nico! Ich weiß!“, tönt Lars etwas rotzig und schüttelt Nico halbherzig die Hand. Die Luft füllt sich spürbar mehr und mehr mit Testosteron. „Hat Annie dir wohl von mir erzählt?“, fragt Nico etwas verwundert, dafür aber umso stolzer. Zum Glück ist das Licht hier ziemlich dämmrig, sodass man meine roten Wangen nicht so deutlich erkennen kann. „Sag mal… erkennst du mich nicht?“, nörgelt Lars Nico wild gestikulierend an. Nicos Gesicht versteinert sich. Er starrt Lars an und man kann es richtig rattern sehen. Und auch ich verstehe nur Bahnhof. „Ihr kennt euch?“ „Allerdings, Engelchen.“ Nicos Kopf läuft weiterhin auf Hochtouren: „Warte… wir kennen uns tatsächlich. Lars… Lars… Laaars…“, tippt er sich auf sein Kinn: „Ha! Eckert oder?! Eckert?!“ Er freut sich über seine Erkenntnis, doch ich glaube kaum, was da gerade abläuft: „Ihr… ihr kennt euch wirklich?! Echt jetzt?!“, falle ich aus allen Wolken. Die beiden schlagen nochmal ein und klopfen sich zaghaft grinsend auf den Rücken, während ich noch immer am Verdauen bin: „Ihr kennt euch!“

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.08.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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