Lena Kelm

Abgeschlossenes Kapitel 5

Von da an schockierte sie mich immer öfter. Anna lud sich bei mir ein. Ja, meine Tür stand immer offen. Und ja, ich verstand Anna, wenn sie meinte: „Du hattest Gäste, also leckere Reste, und die sind am besten. Ich komme abends vorbei.“
Ich konnte nicht Nein sagen, auch wenn es mir nicht passte. Einmal traute ich mich, an meinem freien Tag, an dem ich Besuch erwartete zu sagen: „Anna, ich habe Besuch!“ – „Na und?“ – „Der Mann ist gerade gekommen. Könntest du nicht morgen kommen?“, erwidere ich. „Dein Besuch kann doch morgen kommen oder gehen, wenn ich komme. Muss der so lange bleiben? Wann geht der?“– „Anna, er hat vor, länger zu bleiben, ich kann ihn nicht einfach wegschicken.“ – „Na dann sitze ich eben so lange, bis er eher geht.“
Und sie tat es. Sie kam, aß und saß bis in die späten Stunden. Der Mann verabschiedete sich, ohne, dass wir uns aussprechen konnten. Anna blieb ohne ein schlechtes Gewissen. Das hatte ich. Aber für sie setzte ich mein wie immer freundliches Gesicht auf. Sollte ich sie beleidigen und sagen, weil du nichts Besseres mit dir anzufangen weißt, ignorierst du meine Bedürfnisse? Im Stillen sagte ich mir: Das könnte ich nie! Welch grenzenloser Egoismus, welche Rücksichtslosigkeit!
Ich habe mir nach meiner Scheidung geschworen, weniger Rücksicht darauf zu nehmen, was andere wollen oder brauchen, sondern offen und direkt zu zeigen, was ich will. Und ich habe mir geschworen, mich nie wieder verletzen zu lassen. Ich war wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht soweit. Ich versuchte die Beziehung zu retten, selbst wenn ich feststellen musste, sie ist eigentlich wertlos geworden. Immer noch machte ich einen schwierigen Lernprozess durch, um zu erkennen, dass manche Menschen nicht fürs ganze Leben, sondern eben nur für eine bestimmte Zeit in dein Leben treten.

- Fortsetzung folgt -


 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Lena Kelm).
Der Beitrag wurde von Lena Kelm auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.01.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Lena Kelm als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Gespürtes Leben: Gereimt von A bis Z von Rainer Tiemann



Es ist zu hoffen, aber sehr wichtig, sich darüber klar zu sein, dass es auch eine Zeit nach der Corona-Krise geben wird. Wir müssen uns dann vermutlich darauf einstellen, dass es so schnell keine Zeit mehr geben wird, wie sie einmal war. Das kann bedeuten, dass wir vielleicht mit Menschen anders umgehen, als es noch vor der Pandemie war. Denn mit allen Menschen teilen wir nicht nur Luft, Keime und Viren, sondern auch die Sehnsucht nach Liebe. Die Reime von A-Z in Gespürtes Leben zeigen Situationen des Lebens auf, nach denen sich mancher Leser bestimmt gerne zurücksehnt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Autobiografisches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Lena Kelm

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der stille Zeuge von Lena Kelm (Humor)
Meine Bergmannsjahre (achter Teil) von Karl-Heinz Fricke (Autobiografisches)
DIE GANGSTERBRAUT von Christine Wolny (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen