Beate Loraine Bauer

Die lila Eisblume

 

Endlosscheinende Tage, unzählige Wochen zogen beharrlich übers Land.
Voller Schmerzen, nach meiner Operation. Deshalb feierte ich meinen 18. Geburtstag nicht,
sondern tat alles um zu genesen. Angefangen mein Gewicht von 35 kg nach oben zu bewegen.
Mein vier Jahre älterer Bruder spielte tageweise Monopoly – mit seinen Freunden und mir.
Jedes Spiel verlor ich. Dafür spulte die Zeit nach vorne.
Diese grauen mit Blautönen durchtränkten Tage wichen vorbei –
wie durch einen großen klarwässrigen Malpinsel berührt.
Endlich gesundet, führte ich meine kaufmännische Lehre weiter.
Froh die Anfangstage kräftemäßig zu überstehen. Glücklich - wieder im normalen Leben gelandet zu sein.
Fußgefasst.

 

Zwei Wochen später besuchte ich meine Clique im Downtown.
Dort trafen sie sich jeden Freitag und Samstag zum Tanzen.
Nach dieser langen Zeit begrüßte mich ein besonders erfreutes HALLO.
Gab einiges zum Quatschen und Lachen. Mein Spitzname hieß „Eisblock“.
Da ich mich gerne unterhielt und tanzte – mehr nicht! Kein Anfassen, küssen oder mehr!
Alle wussten das, dass ich aus einem strengen Elternhaus kam. Prinzipien und Grundwerte
begleiteten meinen Weg. Spontan unterbreitete Werner den Vorschlag in die neueröffnete Disco
im Nachbarort zu fahren! Selbstverständlich würde ich pünktlich nach Hause gebracht werden.
Ehrensache!
Lustig aufgekratzt liefen wir zu den Autos. Einige besaßen schon Führerschein und
das heißersehnte Auto. Neugierig strömten wir in die tropischausgestattete Disco.
Fanden vergnügt einen guten Platz. Tanzte zwei drei Tänze, danach setzte ich mich entkräftet.
Ein Blick auf die Uhr zeigte –time to go home! Großes Abschiednehmen und
versprechend bald wieder mit dabei zu sein. Peter, einundzwanzig Jahr alt,
erklärt sich bereit mich heimzu­fahren. Viel Kontakt pflegte ich nicht mit ihm –
eher distanziert freundlich. Er gehörte zur Clique. Trank nicht, wenn er Auto fuhr.
Sein ganzer Stolz gehörte seinem kleinen Fiat – mit frisch bezogenen Fellsitzen!

 

Wir sprachen spärlich höflich ,während der Fahrt. Die frühjahrskalte Nacht flog mit
kurzen Laternenflattern an uns vorüber. Müde spürte ich meine körperliche Schwäche.
Ließ meine Gedanken Revue passieren, das Erlebte der vergangenen prägenden Wochen.

Dankbar – einen so schönen Abend erlebt zu haben.

Als ich bemerkte – das etwas nicht stimmte. Meine Augen blickten hoch, stellten erschrocken fest – das wir auf einem abgelegenen Feldweg fuhren. „Peter, was soll das?

Das ist nicht der Weg nach Hause!“ Keine Reaktion!



In meiner aufsteigenden Angst sagte ich: „Du weißt doch, das meine Familie schon auf mich wartet!“

Er stoppte den Fiat und grinste mich hämisch an.

Was war mit ihm?

Das Auto verriegelt. Weit und breit kein Haus – keine Menschenseele zu sehen!
Einge­sperrt!
Entgeistert vervielfältigte sich meine Angst – zu einem großen schwarzen Dämon.

 

Ein wilder gnadenloser Strudel erfasste mich und wirbelte mich in ein dunkles bodenloses Nichts!
Gewalt preschte über mich herein wie ein orkanartiger Tornado.
Mädchenhafte romantische Träume zerrannen blutig im entsetzen­erregenden Vakuum.
Ich wehrte mich – doch seine 80 Kilo zerschunden diese Aktion –
als wäre eine kleine Feder gegen eine Betonwand geflogen.
Chancenlos!
Dieser Menschen glich einer schaurig-maskenhafte Fratze –
der absolut menschliche fehlten! Meine abwehrenden Worte niedergeknüppelt mit Faust­schlägen!
Mit unvorstellbaren grausamen Nötigungen nahm er meinen Körper in
seinen Besitz. Raubte mir mehr als meine Unschuld.
Dieses Martyrium dauerte endlosschwarze Ewigkeiten.
Innerlich schrie meine Seele nach Gott, denn meine Stimme versiegte
unter dieser willkürlichen Brachialkraft. Flehte!

Zuerst spürte ich nur unsagbare Schmerzen – zeitgleich fuhren meine Gefühle und Gedanken eine überdimensionale Achterbahn.


Würde mein mir bestimmter Achterbahnwagen aus der Spur kommen?
Ins unbekannte NICHTS stürzen?

In den Schlund der ewigen Verdammnis.......

Gott – ich will leben!

Wo bist Du?


HILFE!!!

Peter schien in einer geheimnisvollen eigenen Welt gefangen!

In ihm lief etwas entsetzliches ab.

Von einem zum anderen Moment würgte er mich!

Versuchte mich umzubringen, seine Energie darauf z konzentrieren!

 

Plötzliche Stille im tiefsten meines Seelenkernes.

Keine Träne verabschiedete äußerlich diese Untat.

Vollkommen ruhig begann rational ich zu handeln.

Leise, mit klarer fester Stimme redete ich direkt zu Peter.
Ich kann heute gar nicht mehr genau sagen – was ich gesagt habe, aber es wirkte.

Es schien als erwache er und nach einer weiteren Stunde des Sprechens ließ er mich
aus dem Auto aussteigen. Jedoch mit der Drohung mich jederzeit töten zu können –
wenn ich nur einer Menschenseele davon erzähle.


Er wüsste schließlich, wo ich wohne! Ihm - sei alles möglich.

 

Einsam. Entwurzelt. Versteinert. Als menschliche Abfalltüte aus dem Auto geworfen.
Stadtwüste mit Laternen erleuchtet diese Finsternis.
Langsam gehe ich mit schweren Schritten tastend - ein Schmerzpaket in Menschengestalt –ängstlich nach Hause. Das Schamgefühl türmt wie das Empire State Buildings dem Himmel entgegen, untertrieben ausgedrückt.

Kleine Kleidungsfetzen blutig am Körper. Füße– suchen kraftlos den Weg.
Die Sorge, dass er vielleicht wieder zurückkommen würde, gewährte mir alle Energie, um nach Hause zu laufen.

 

Dieser Weg schien endlos zu sein – Schritt für Schritt – näher an das schutz­suchende Elternhaus.
Schloss die Türe auf, wollte mich baden, die Fetzen weg­räumen und VERGESSEN!!
Mutti und Paps besuchten an diesem Abend. auswärts Freunde – Gott sei Dank!
Ausatmen. Das Licht ging an und mein Bruder sah mir ins Gesicht!
Nie werde ich sein blankes Entsetzen vergessen – welches sein Gesicht zeichnete.
Blut lief mir überall am Körper entlang.
Ich fühlte mich so grauenhaft – das es keine Worte wirklich beschreiben können.

 

Ein Ausruf tiefster Verzweiflung kam über seine Lippen.
Vorsichtig gab er mir seine Hand und fragte – „Was ist passiert?“

Gewitterorkane an Wut fingen an, in ihm hochzusteigen.

Joe beschützte mich immer. Die kleine Prinzessin.


Hilf­losig­keit und Zorn hielten sich kurzzeitig die Waage. Zorn erhielt Oberhand.

„Ich bring ihn um! Wer hat dir das angetan?“ Wild erregt lief er hin und her.

 

„Wie kann ein Mensch nur so etwas tun!“ Alle Kraft zusammennehmend, sprach ich nun auf Joe ein.


Besorgt, dass er eine Kurzschlusshandlung begeht an Peter.

Joe – es ist bereits passiert. Wenn ich Dir sagen würde, wer es war, würdest Du Dich sofort aufmachen.

Deine Wut wäre kein guter Ratgeber. Verstehst Du – ich will unter keinen Umständen.
dass Du dafür einsitzt. Ich lieb dich. Es ist geschehen! Ausradieren – unmöglich!

Der Typ ist wertlos!

Ich bitte Dich – gib mir sofort Dein Ehrenwort!

Unruhig ging er den erhellten Gang entlang, dachte nach – blickte mich an.
Wie ein Fels in der Brandung stand ich da und meine Augen blickten sehr ernst
und erwartungsvoll in sein Gesicht!! „Wie wichtig ist es Dir?“ fragte er. „SEHR wichtig!
Du bedeutest mir viel. Mein Ritter in der blauen Rüstung.
Vor allem können wir den anderen nicht beschützen!
Aber ich bitte dich innigst – gib mir Dein Ehrenwort!“
Lange gedehnte Stille breitete sich aus – wie ein Meer in der Wüste!
Ein tiefer atmender Seufzer. „Okay“.

 

Sollte ich es selbst herausbekommen, werde ich mit ihm ein Wörtchen reden!! –
Stand erleuchtet in seinem Gedankenbuch.

 

Jetzt fühlten sich meine Beine wie Blei an. Ich schämte mich so sehr! Joe nickte kurz.
„Bade – ich werde inzwischen die Fetzen wegräumen. Leg sie einfach vor die Badezimmertüre.“
Wie eine uralte Frau ging, ich zittrig die Treppen hoch ins Bad.
Die wenigen Kleidungsfetzen lösten sich selbst ab. Deponierte sie vor der Türe –
auf nimmer wiedersehen! Glitt ins Badewasser und rubbelte - schrubbte mich endloslange – ohne diesen Makel wirklich fortwischen zu können.
Alle Farben schattierten meinen Körper– manche davon wie beulenhafte Berge.

Bitterer Nachgeschmack – der entrissenen Träume und Würde!

Grenzenlose L E E R E!!

 

Unbewusst in diesem Lebensmoment– wie lange ich mit diesem schwerbe­ladenen Seelengepäck reisen würde.

Die Klarheit – dass mein Schlüssel des Herzens und der Seele unauffindbar war – empfand ich.

 

So wurde aus einer anmutigen Rose eine lila Eisblume, die ihre Gefühle hinter einer Blütenmaske verbarg.


Schutzpanzer mit Harnisch um sich legte – und keine Sonnenstrahlen fielen mehr hinein ins verborgene kühle Seelenblütenkelchland! Berühren nicht erlaubt!
Innerlich immer zwei Schritte zurück und ausge­schnitten von der bunten vielfältigen Welt.
Zurückgeblieben in einer Oase des kleinst Überlebens! Atmend – aber wenig
 l e b e n d i g!!


Schamhafte Einsamkeit – wie eine zweite Haut des Menschseins. Körper spürt Angst – wie ein Sensor.


Peter steht vor mir. erkennt mich. Lamentiert zornig wegen seiner blutigen Lammfellsitze,
sein Auto, dass er so putzen musste. Die Bandbreite verschie­denster Wertigkeiten –
so hautnah zu erleben, birgt neue Horizonte!!


Zeit zog universale Rillenkreise – manche oberflächlich, andere tief. Bis ich begann –
mir meiner Eisblumenfarbe lila bewusst zu werden. Jahreszeiten streiften an mir vor
oder direkt ins Blütengesicht. Zarte bis stürmische Winde bestimmten meinen Lebensrhythmus.
Lehrten mich – was es heißt, wirklich zu leben! Eine heilsame Lehrspiralenzeit bewegte
mich auf mein Menschsein zu. Lebensphasen zeichnen, prägen, freuen oder erfüllen uns.
Die Spannbreite von übergreifenden Grenzen und Möglichkeiten –
erfüllten mich mit weisen Lektionen, Freundschaften von großer Tiefe und Vertrauen,
verschüttete Gaben und Fähigkeiten - die jetzt ans Tageslicht finden und
das allerschönste Ge­schenk – das es Gott gibt. Gott mich akzeptiert und liebt – so wie ich bin!


Er zeigt mir tagtäglich – dass es überhaupt keinen Grund gibt – mich zu schämen!
Vertrauend atme ich leichter – freier!!

 

Die lila Eisblume entfaltet sich vertrauensvoll in eine neue lebendige Blume.
Schenkt der Gegenwart und ihrer Zukunft dem göttlichen Sinn des wahren DASEINS!
Dasein trägt vielfältige kreative Farben – Freude ist ein Regen­bogenausschnitt..
Das opferhafte Überleben abgestreift – wende ich lebendig aufrecht mein Gesicht der Sonne zu.


Aus dem Buch "Farbpalette des Lebens" von 2004

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