Myriam war auf dem Weg. Ihr letzter Trip zu dieser abgeschiedenen Kolonie brachte mehr als genug für eine lange, ruhige Zeit ein, aber sie hatte keine Lust auf Herumsitzen. Also packte sie in ihr Schiff voll mit allem, was sie immer gerne haben wollte, aber nie zu kaufen wagte, und flog los.
Ihr Ziel lag nahe einem Wolf-Rayet-Stern, noch in dessen umgebenden Nebel. Alleine das machte sie schon neugierig – warum zur Hölle hatte sich da jemand häuslich eingerichtet? Andererseits – vielleicht waren das ja auch nur Freunde eines bunten und bewegten Nachthimmels. Die Anfrage war jedenfalls so schräg, dass sie zusagte.
„In der Erfüllung unseres religiösen Daseins suchen wir einen Shipper, der unsere Gruppe zu einem Beobachtungspunkt begleitet, damit wir unser Glaubensritual erfüllen können.
Das Schiff muss zwingend folgende technische Voraussetzungen erfüllen:“ Hier folgte Nerd-Blah, das genausogut aus einem Schwanzvergleich einer Raumfahrerkneipe stammen könnte. Da Myriam der Meinung war, besser hätte das Schiff als sie einen fetten Hintern, passte das. Auch dass ihre Gäste zwingend auf einer kleinen Modifikation ihrer Schildkonfiguration bestanden, schreckte sie nicht ab, eher im Gegenteil. Sie war neugierig.
Über die Dauer hieß es: „subjektive und objektive Wahrnehmung können sich hier unterscheiden. Es sollten keine kurzfristigen anderen Verbindlichkeiten bestehen!“ Interessante Formulierung.
Sie musste das einfach machen. Die ausgerufene Summe war ihr schon fast egal.
Lächelnd schaute sie auf den Raum rund um ihr Schiff. Der Wolf-Rayet Stern hatte nicht nur einen erheblichen Teil von sich selbst abgeworfen, sondern auch das umgebende Gas mit seiner Strahlung ionisiert und zum Leuchten gebracht. Da die Schilde praktisch keine Last hatten, suchte Myriam sich ein paar dichte Felder, beschleunigte, warf das gigantische Sonnensegel aus und und zog sozusagen mit angezogener Handbremse Donuts und Wirbel in der Größe Astronomischer Einheiten darin, die sich noch eine ganze Weile ausdehnen würden. Ihre Spuren würden irgendwann den Astronomen einer im Aufstieg befindlichen Zivilisation wundersame Rätsel aufgeben und für allerlei falsche, aber bestimmt lustige Theorien sorgen.
An der angegebenen Position war ein Planetoid mit einer großen Station. Das Landefeld war erleuchtet.
„Willkommen auf Berz-4, unserem Tempel inmitten unserer spirituellen Heimat, der Leuchtwolke.“ wurde Myriam empfangen. Der vor ihr stehende Priester war ein Mensch. Seine Kopfbedeckung sah etwas aus wie ein gut gefüllter grüner Pelz-BH, der im Nacken - augenscheinlich nahtlos - in eine dunkelgraue Kutte aus einem völlig anderen Material überging. ‚Interessanter Effekt‘ dachte Myriam.
„Wir sind hier Vertreter des Ordens der Priester des großartigen Klupp. Bitte komm herein.“
Zwei Tage später waren sie unterwegs. An ihrem Schildgenerator war ein blauer Kasten angeschlossen worden, alle machten sich mit dem Schiff und untereinander bekannt, und dann ging’s los.
Ein paar Tage später. Myriam hatte ihren Kommandosessel als Liege konfiguriert. Ihre Augen waren geschlossen, sie nutzte nur ihre virtuelle Sicht. Mit 85% Antriebsleistung driftete das Schiff langsam auf seine Endposition zu, knapp oberhalb des Ereignishorizonts eines schwarzen Lochs. Auf der gegenüberliegenden Seite der Singularität näherte sich ein weißer Zwerg.
Sie hatten ihre Endposition erreicht, der Antrieb lief auf lockeren 92%. Sie öffnete die Ladeluke mittschiffs.
Die Priester des großartigen Klupps saßen im ansonsten leeren Laderaum. Die menschlichen Vertreter trugen Sonnenhüte, Hawaiihemden und bunte Sonnenbrillen und tranken Cocktails. Der K’rakh hatte eine Schachtel mit Snacks, irgendwelchen Dingern mit kleinen Tentakeln, und die beiden Methanatmer drückten sich eine Dosis Wasserstoff nach der anderen in die Kugelhelme und waren schon ziemlich high. Die Orungs wirkten kühl und unbeteiligt, wie man es von ihnen kannte. Und alle saßen auf Sonnenstühlen, bzw. dem jeweiligen Äquivalent.
Vor der Partygruppe stand eine Nixie-Uhr, auf der ein Countdown ablief.
120 - Die Menschen zogen synchron jeder einen fetten Joint durch.
85 – der K’rakh steckte sich einen seiner Arme in den Hintern
30 – die Orungs aßen irgendwas und setzten ihr Äquivalent eines Feldstechers vor ihre Augen
20 – Der K’rakh grinste bescheuert
15 – die Orungs zeigten ihr Äquivalent eines Lächelns und fuhren ihre Stielaugen aus
5 – die Methanatmer machten gar nichts, die waren schon lange jenseits von Gut und Böse
4
3
2
1
Rumms!
Das schwarze Loch inhalierte im Moment des Vorbeiflugs einen großen Schwall Materie, die sich vorher schon von dem weißen Zwerg gelöst hatte, und die nun heftigst aufglühte.
Die Gruppe Bekiffter jubelte.
Myriam fluchte.
Das beschleunigte Plasma tat, was es tun musste: strahlen, strahlen und nochmals strahlen, mit Energien, die äußerst ungesund waren. Und die modifizierten Schilde hielten und blieben durchsichtig. Die Raumzeit warf Wellen durch den Gravitationsschock.
Zwei Tage später. Die illustre Reisegruppe erholte sich von ihrer religiös begründeten, multispezies-Orgie. Myriam wunderte sich immer noch, was da wer mit wem so angestellt hatte, als sie allesamt in Ehrerbietung und Verzückung (und völlig high und unzurechnungsfähig) in einem Durcheinander aus Tentakeln und Gliedmaßen versanken. Immerhin konnte sie nun die Geschlechter der Orungs unterscheiden. Auch wenn sie nicht wusste, was was ist, konnte sie es zumindest auseinander halten.
Als sie sich der Station näherten, merkte sie das erste Mal, das irgendwas faul war. Die Wirbel, die sie in die Leuchtwolken eingebracht hatte, waren viel zu weit auseinander. Der Uhrenvergleich beim Andocken ergab, dass sie 3 Monate verloren hatten, als der Ereignishorizont sich kurz ausdehnte, bevor sie das Schiff wieder weg bekam. Sie hatte den Geburtstag ihrer Nichte verpasst!
Nach einer kurzen Diskussion erhielt sie die Summe für die Charter nach Stationszeit, vergaß zufällig, den Schildgenerator wieder zurück zu bauen, und flog zu ihrer Nichte. Unterwegs machte sie an einem interstellaren Schnellimbiss halt und engagierte den Sänger. Ein etwas älterer Mensch, der in weißer, glitzernder Kleidung mit breitem Kragen und Hosen mit Schlag auftrat, Gitarre spielte und mit guter Stimme ein paar Klassiker trällerte. Ihre Nichte würde sich bestimmt freuen.
Vorheriger TitelNächster TitelDie Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Thomas Klassen).
Der Beitrag wurde von Thomas Klassen auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.03.2023.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Thomas Klassen als Lieblingsautor markieren
Neue und erotische Gedichte
von Huberti Jentsch
Vom zärtlichen Betrachten einer Blume am Straßenrand.. , hin bis zur wörtlichen Gestaltung intimster erotischen Gefühle, finden wir in diesem Gedichtband Gedanken, die den Leser nicht unberührt lassen..
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: