Wie immer dauerte es eine Weile, bis alles seine Ordnung gefunden, und Gemeindekämmerer, der Spießl Roman, das Platzgeld einkassiert hatte.
Und weil damals im erzkatholischen Niederbayern ohne kirchlichen Segen kaum etwas möglich war, musste auch noch auf das Erscheinen der örtlichen Geistlichkeit Schreiner gewartet werden, der dann, in Begleitung zweier Ministranten, die Reihen durchschritt, und Mensch wie Vieh, eimerweise mit Weihwasser bespritzte.
Erst dann war es Bürgermeister Fuchsbrunner gestattet, seines Amtes zu walten, und vom geraniengeschmückten Rathaus-Balkon aus, mit „seim saubledn Gschwofe“, wie die meisten der Saumarktler schimpften, - dem Geschehen freien Lauf zu lassen.
Ab jetzt wurde in Masslkofen so ziemlich alles angeboten, was in niederbayrischen Landen vier Haxen, oder zwei Flügel hatte.
Wie gemeinhin zu hören war, handelte es sich dabei überwiegend um „hifollade Rindviecha“, „doarade Heitan“, „hoijb vohungate Naschn“, und „uroide Suppnhenner“.
Eigenartigerweise, um lauter Viechzeigs das, laut der kaufinteressierten Händler, „koan Schuss Pulver ned wert war“!
Der Scheiferl aber, der aufmerksame Beobachter, der weder beabsichtigte, etwas zu verschachern noch zu erwerben, sah das Saumarktangebot aus neutraler Perspektive.
Von wegen „Viechzeigs“!
Was dort vorne am Postberg brüllte, war nichts anderes als eine nahezu unüberschaubare Mischung von prächtig herausgeputzten Milchkühen, Kälbern, Zugochsen und Jungstieren, die durchaus ihr Geld wert waren.
Obwohl es sich dabei um eine eher harmlose Nutztierart handelte, war es ratsam, diesen „Viechern“ nicht allzu nahe zu treten.
Vor allem, wenn man sich von hinten an sie heranmachte, was
sich beim letzten Saumarkt auf höchst anschauliche Art und Weise gezeigt hatte.
Nicht dass es damals einen der ehrenwerten Lobachkomantschen getroffen hätte, nein, es war zum Glück nur ein Weiberts, welches den Fehler machte, sich zu dicht an so ein Paarhuferhinterteil heranzuwagen.
Kaum stand sie in dessen Schatten, klatschte ihr auch schon ein angeschissener Kuhschwanz ins Gesicht.
Jawohl, allen Respekt vor diesem Rindviech.
Obwohl es hinten keine Augen hatte, landete es einen geradezu sensationellen Volltreffer!
Das Geigenberger Finerl saß augenblicklich auf dem Arsch. Das arme Finerl, -vor lauter Schreck vergaß die sogar das weinen, was sie aber kurze Zeit später umso herzzerreißender nachholte.
„De beijse, beijse Kuah!“
Und dabei konnte man der „Kuah“ gar keinen Vorwurf machen.
Nein, das Finerl, das musste ja im Grunde genommen noch froh sein, dass dieses Rindviech in seiner Aufregung keinen Kuhfladern von sich gab, sonst hätte sie bestimmt noch um einiges schöner ausgschaut, - „de neijgierige Puppnwaglschiabarin!“
Selbstverständlich hielt der Scheiferl gebührenden Abstand zu diesen unberechenbaren Kreaturen.
Nicht aber zu den Bauern und Viechhändlern, die, wenn sie auch nicht mit angeschissenen Kuhschwänzen um sich schlugen, oft nicht weniger launisch waren als ihre Rindviecher.
Vor allem, wenn sie schacherten wie orientalische Kameltreiber.
Quasi auf nahostbayrisch! - „Ausgfuchst, und gschroafotzat“.
Natürlich verfolgte der Scheiferl derartige Handelsgeplänkel immer wieder mit Begeisterung. Zum einen, weil sich dabei das Register seines Schimpfwörtervokabulars enorm erweiterte, und zum anderen, weil er immer wieder auf eine anständige Rauferei hoffte, was in früheren Zeiten auf dem Saumarkt angeblich keine Seltenheit war, ihm aber, ums Verrecken nicht vergönnt sein sollte.
Jawohl, diese Urviecher, die schienen selbst gegen infamste Beleidigungen immun geworden zu sein.
Obwohl sie sich gegenseitig als „hoglbuachane Schlawiner“, „dreckate Hodanlumpn“, „odrahte Saubazen“ „hundshäutene Gschwoischedln“, und weiß Gott was beschimpften, die alle nur drauf aus waren, einen grundehrlichen, niederbayrischen Mitmenschen schamlos übers Ohr zu hauen, passierte nix.
- Praktisch überhaupt nix –
Nein, die schlugen sich allerhöchstens ein paar Mal auf ihre grindign Pratzn, aber leider nicht, wie es sich gehört hätte, über den Haufen.
„De Misthammeln, de gschertn!“
Von denen war auch nicht mehr zu erwarten als vom alten Heigl-Müller, der ja glei noch gscherter war wie diese nixnutzige Viechhandlerbagasch.
Jawohl, dieser aufblahte Mehlwurm, der hatte nach Scheiferls Dafürhalten, noch nicht mal um ein Fünferl einen Anstand im Leib.
Fortsetzung folgt...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.03.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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