Wo war diese verdammte Flasche? Wo hatte ich meinen Alkohol versteckt? Mein Pegel senkte sich bedroh-
lich und ich musste unbedingt dieses Zeug nachfüllen. In meinem Kopf drehte sich das kleine Zimmer
und meine Hände begannen zu zittern. Auf meiner Arbeitsstelle, im Flur vor meinem Büro, standen noch zwei angebrochene Flaschen versteckt im Lüftungsschacht. Aber da kam ich jetzt nicht daran. Immer hat-
te ich dieses Depot vor meinen Augen. Er begann traurig zu werden. Er- wieso er? Ich war doch das Opfer. Wo war nur diese Flasche? Ich hockte mich in die dunkelste Ecke des Raumes und es fröstelte
mich. Wie konnte es nur so weit kommen? Erst dieser Unfall mit dem Auto. Die Schuld wies man mir zu,
weil ich eine Alkoholfahne hatte. Dann verließ mich auch noch meine Frau. Sie konnte einen ständig betrunkenen Mann nicht mehr ertragen. Das gemeiname Haus wurde versteigert, weil die Scheidungskosten
so hoch waren und meine Frau erhielt auch noch eine Abfindung. Den ersten Kontakt mit Alkohol erhielt
ich schon mit vierzehn Jahren. Sonntags trank ich immer die Reste aus den Flaschen von den nächtlichen
Partyfeiern meiner Eltern. Bei meinen Eltern wurde schon immer viel getrunken. Meine Mutter zelibrierte schon am Morgen ihr Nippelchen. Wo war nur meine Flasche? Im Badezimmerschrank stand doch die Flasche Rasierwasser! Wankend erreichte ich das Schränkchen.Fand die Flasche, öffnete den Verschluss und setzte an. Salzsäure kann nicht schlimmer brennen. Mir wurde es übel. Mit Magenbrennen, flau im Kopf, wurde ich am anderen Morgen wach. Mir konnte es nicht schlechter gehen und ich beschloss mich therapieren zu lassen.Mit dem Bus gelangte ich in die örtliche Uni-Klinik. Nach einem halben Jahr
hatte man mich trocken gelegt.Meinen Job war ich los. Das Zentrum suchte aber noch Streetworker. Man
bot mir diesen Job an.Auf meine verblüffte Frage, wie man so etwas macht, erhielt ich ich die Ant-
wort.“Erzählen sie den armen Teufeln ihre Geschichte, alles Andere wird sich dann ergeben.Als Betrof-
fener sprechen sie die richtige Sprache, kennen die Wege, wie man aus diesem Teufelskreis wieder her-
aus kommen kann. Allen werden sie nicht helfen können, aber jeden Kranken den sie aus dem Sumpf ziehen
können, ist ein Erfolg.“
Werner Kistler
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.11.2003.
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von Werner Kistler
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