Timon Kromer

Pandora

Diese "Kurzgeschichte" ist noch nicht beendet, da ich sie allerdings bereits als unterhaltsam einschätze werde ich sie dennoch bereits veröffentlichen.
 

Szene 1

Ein Schreibtisch mit zwei Stühlen auf denen zwei professionell angezogene Personen sitzen. Der hinter dem Schreibtisch beginnt zu reden:

 

„Es ist ganz simpel: Da ist ein Raum, davor ist eine Tür, und durch diese Tür darf niemand durch. …Zumindest nicht ohne das richtige Passwort. Sie bewachen, wir bezahlen. Okay?“

„Darf ich fragen, wie viel?“

„Sagen Sie’s uns. Was wollen Sie haben?“

„Hunderttausend pro Jahr?“

„Abgemacht. Wenn Sie wollen geht’s für Sie in einer Woche los.“

„Das wäre perfekt. …Darf ich eigentlich noch wissen, was genau ich letztendlich bewache?“

„Ehrlich gesagt… Besser wäre es, wenn Sie es nicht wissen. Je weniger Leute etwas wissen, desto besser für uns alle.“

„Ok… Ich denke für den Preis kann ich meine Neugier unter Kontrolle halten…“

 

Beide stehen auf, schütteln sich die Hände und die Person vor dem Schreibtisch verlässt den Raum.

 

Szenenende

 

 

Szene 2

Fokus auf einen kleinen Korridor. Am Ende stehen zwei Personen vor zwei Stühlen rechts und links neben einer Stahltür. Ein Zahlencodeschloss hängt daneben an der Wand.

Die Szene beginnt im Schweigen.

 

Die linke Person versucht vorsichtig ein Gespräch zu beginnen.

 

„Und, wie lange bist du schon hier?“

„Heute ist mein erster Arbeitstag tatsächlich.“

„Oh. Meiner auch.“

„Oh, cool. Ist allerdings nicht mein erster Security-Job. Ich hab mal auf nem großen Rockkonzert gearbeitet.“

„Und ich habe mal nen paranoiden Milliardär gebabysittet.“

„Also langweilig?“

„Der Job ja, er… nicht…“

„Viel verlangt für nichts?“

„Wer weiß, vielleicht wurde er ja nur nicht gekidnappt, weil 24 Stunden zehn Männer ums Grundstück gelaufen sind. Oder vielleicht hatte er nur zu viel Geld und wollte es dafür ausgeben hochtrainierte Leute im Kampfanzug bei prahlender Sonne 8 Stunde spazieren gehen zu sehen… Ganz im Ernst, ich glaube der hatte irgendeinen Fetisch für uns. Wir sollten unsere Oberarme nicht bedecken, dann gabs Trinkgelder…“

„Die Vor- und Nachteile von Armen die Wal- und vielleicht sogar Kokosnüsse knacken können. Zumindest das Erste habe ich mal ausprobiert.“

„Jap… Schon irgendwie ein seltsames Konstrukt: Man stellt uns ein, weil unser anatomischer Aufbau hervorragend dafür geeignet ist Leute nur durchs bloße Rumstehen vom Näherkommen abzuschrecken.“

„Einerseits ja, irgendwie seltsam. Andererseits… Wir sind zwei Personen. Der Korridor ist voll. Hier würden auch acht Personen nebeneinanderstehen können. Das Wirkprinzip, dass hier niemand durchkommt hat durchaus auch rein physikalische Gründe.“

„Bist du größer als ich? Komm mal her.“

„Also ganz offiziell darf ich diesen Posten hier nicht verlassen…“

„Nur wenn du alleine bist. Solange ich mich nicht bewege ist alles in Ordnung. Und nein, du bist tatsächlich kleiner.“

„Die zwei Riesen diskutieren darüber wer größer ist.“

„Ach was, ich bin ja gar nicht so viel größer als 2 Meter.“

„Ah ja. Nur 40cm oder so, was?“

„Vielleicht 10. Aber egal. Es zählt doch sowieso nur die innere Größe, oder?“

„Wie groß bist du innerlich?“

„2,40 Meter, wieso?“

„Ist das jetzt groß für innerlich, oder…“

„Innerlich stoßen sich alle Menschen die Köpfe an, nicht nur wir. Aber wir halt am meisten.“

„Ich habe enorm gute Reflexe entwickelt. Alles was auch nur Ansatzweise in die Nähe meines Kopfes kommt lässt mich direkt nach unten zucken. Teilweise hilfreich, allerdings heißt ‚nach unten zucken‘ bei mir trotzdem noch eine ziemliche Bewegung. Ich hab damit schon mal eine Katze eines Freundes erschreckt.“

„Und sie ist so hochgesprungen, dass sie mit dir Augenkontakt machen konnte, oder?“

„Absolut. Konnte sie grade noch fangen, sonst wäre sie aus einer Höhe gefallen, die nicht mal Katzen überleben würden.“

„Man kann Kindern als immer die größten Freuden bereiten, wenn man sie als großer Mensch auf die Schultern nimmt. Wenn sie dann halt auf einmal viermal so hoch sind.“

„Und dann rumlaufen und dabei den Riesen spielen unter dem die Erde bebt, oder?“

„Das macht Spaß für beide.“

 

Gesprächspause.

 

„Was ist deine Theorie, was wir hier bewachen?“

 

Szenenende

 

 

Szene 3

Szenerie bleibt gleich; Zwei großgebaute Personen stehen rechts und links von einer Stahltür in einem kleinen Gang. Dabei diskutieren sie. Nach und wird ihr Gespräch lauter. Als erstes kann man die rechte Person verstehen.

 

„Das würde aber schon voraussetzen, dass diese Tür auch einmal benutzt wird und die Erfahrung zeigt das ja wohl anders, oder?“

„Dann sag mir etwas, dass man verstecken und bewachen möchte, gleichzeitig aber keinen Kontakt haben möchte und trotzdem eine Tür zu haben möchte?“

„Vielleicht wurde hier irgendein Ökosystemversuch aufgebaut, das sich ohne äußere Einflüsse entwickeln sollte, oder so.“

„Was wiederum die Frage aufwirft, warum man dafür zwei sogar bewaffnete Wachen und nicht einfach nur eine verschlossene Tür haben sollte?“

„Wenn wir Pech haben verteidigen wir hier einfach nur irgendeinen radioaktiven Abfall und riskieren unsere Gesundheit dadurch zweifach.“

„Aber auch das wäre eher etwas, was man einfach versiegeln würde, anstatt es möglichst zugänglich zu halten.“

„Ich gehe einfach mal von den gewagtesten Thesen aus: Da hinter uns ist ein Zeitreisen-Aliens-Klon-Labor in dem die Weltherschafft geplant wird und diese Tür ist hier nur da, um von der richtigen, geheimen Türe abzulenken. Wenn jemand diese Tür öffnen würde, fällt dieser Gang wahrscheinlich in sich zusammen.“

„Klingt plausibel. Zumindest passt es zu den in ausreichender Zahl vorhandenen Fakten, die wir über diese Türe besitzen.“

 

Auf einmal hört man ein elektronisches Summen und in regelmäßigen Abständen beginnen gelbe Warnleuchten an der Wand zu leuchten. Die beiden Wachen gehen auf ihre Position.

Vorne um die Ecke läuft eine kleine Person im Laboranzug.

 

„HALT! Bitte weisen sie sich aus!“

„Code ‚Herzen im Winter‘.“, antwortet die Person.

„Okay, sie dürfen durch.“

 

Die kleine Person geht zur Zahlenkombination, gibt einen langen Code ein, laute mechanische Geräusche sind zu hören und die Stahltür öffnet sich mit einem hydraulischen Zischen.

Dahinter erkennt man einen kleinen Schleusenraum.

Kaum ist die Person drinnen, schließt sich die Tür wieder und ein weiteres Mal hört man mechanische und hydraulische Geräusche.

Die beiden Wachen kommen beide zusammen mit den Warnlichtern aus ihrer angespannten Position.

 

„Das… hat weniger beantwortet als ich erhofft habe.“

„Wer hätte gedacht, dass einmal hinter die Tür schauen immer noch nichts über den Raum zu sagen hat.“

„Aber, immer hin ein Laborkittel.“

„Jetzt ist nur noch die Frage: Klonen, Zeitreisen, Aliens, Weltherschafft oder doch Radioaktivität?“

„Wir sollten fragen, ob wir einen Geigerzähler bekommen können, um die Leute, vorausgesetzt es kommen noch mehr, die durch diese Tür wollen zumindest auf das Letzte zu prüfen.

„Und wie testet man Leute auf Aliens?“

„Wahrscheinlich am Geruch.“

„Aha.“

„Und Zeitreisen dann daran, ob sie schon halb transparent sind.“

„Vorausgesetzt sie haben irgendetwas gemacht, was sie nicht hätten machen sollen.“

„Und klonen…“

 

Wieder kommt das Summen und die Warnlichter leuchten auf. Eine kleine Person in einem Laborkittel betritt den Gang. Sie sieht so aus wie die Vorige.

 

„Scheiße. Ähm, HALT! Passierschein bitte!“

„Codewort ‚Herzen im Winter‘.“

„Passt, Sie können durch.“

„Vielen Dank.“

„Übrigens, sind Sie eigentlich gerade eben bereits durchgelaufen? Gibt es irgendwo noch eine andere Tür?“

„Es wäre besser für alle, wenn ich auf keine Fragen antworte. Guten Tag.“

 

Die Person verschwindet in der Schleusenkammer und die Leuchten gehen aus.

 

„O.k. … Auf welchen Annahmen wollen wir jetzt unsere Vermutungen basieren?“

„Wenn kein dritter Laborkittel kommt, waren es Zwillinge, ok?“

„Das Problem mit dieser Lösung liegt darin, dass es nichts über die Tür aussagt.“

„Und welche Lösung würde uns sagen, dass es auch eine zweite Tür gibt?“

„Zum Beispiel die Annahme, dass diese Antwort ein verheimlichtes ja war.“

„Aber es könnte ja auch sein, dass wir nur eine der beiden Fragen richtig erraten haben und uns trotzdem beide verheimlicht wurden. Schön, wir wissen, dass eine davon ein verheimlichtes ja war. Das hilft uns nichts.“

„Nichts hilft uns nichts. Wir können ja so oder so nur spekulieren. Hat uns doch nicht zu interessieren ob Spekulationen, deren Wahrheiten wir in absehbarer Zeit nicht erfahren werden, falsch waren oder nicht.“

„Das ist zwar wahr, aber auch extrem unzufriedenstellend.“

„Stimmt, aber was soll man machen?“

„Wir können mal schauen, ob wir die Kombination erraten können. Vielleicht sieht man noch irgendwelche Hautfettabdrücke auf den Tasten.“

„Viel Spaß. Handschuhe.“

„Ach Mist!“

„Plus natürlich die wahrscheinlich direkt auf dich wartenden Konsequenzen hinter dieser Tür. Mal abgesehen vom Job-Verlust.“

„Was wollen die machen? Mich rausschmeißen? Die kriegen mich ja nicht mal hoch.“

„Die Schicken die in die Vergangenheit.“

„Oder auf einen anderen Planeten.“

„Oder machen dich zu einer übermächtigen Elite-Armee aus Klonsoldaten.“

„Oh ja. Das würde sicher sämtliche Regierungen stürzen können.“

„Außer wenn sie mich auch klonen. Dann haben du und deine ichs eine wörtlich große Herausforderung vor euch stehen.“

„Armdrücken?“

„Armdrücken!“

 

Ein elektronisches Summen erklingt, Warnleuchten leuchten, beide Wachen springen wieder in Position zurück. Eine Person in hoher militärischer Uniform kommt um die Ecke auf die Tür zu.

 

„Code ‚Herzen im Winter‘.“, sagt die Person deutlich.

„Sehr wohl. Sie dürfen durch.“

 

Die Person tippt einen langen Code, die Tür öffnet sich und die Uniform verschwindet mit einem hydraulischen Zischen in der Schleusenkammer. Mit ihr verschwindet auch die Spannung aus dem Gang.

Die linke Wache beginnt wieder zu reden.

 

„Okay, das schränkt es immer hin schon wieder etwas weiter ein.“

„Und, auf was wir bis jetzt noch gar nicht eingegangen sind: Das Codewort.“

„Stimmt. Vielleicht werden hier Leute eingefroren oder so.“

„Oder, um es noch spezifischer am Code zu halten, vielleicht tatsächlich nur einzelne Organe.“

„Und wenn diese Person jetzt auch einen Zwilling hat dann… Ist es zwar noch nicht ganz bewiesen, aber Klonen wäre dann zumindest eine plausible Erklärung.“

„War die eigentlich bewaffnet?“

„Habe ich nicht gesehen. Wenn schon dann versteckt.“

„Welche Annahmen machen wir zu diesem Besuch?“

„Wissenschaftler und Militär. Klingt nach einer guten Kombination.“

„Stimmt, was soll da schon schiefgehen?“

„Vielleicht wäre es doch besser, wenn wir es nicht wüssten. Gerade dann später während den Prozessen.“

„Wir müssen uns ein Schild aufstellen: ‚Lieber James Bond, wir wissen nicht was hier gemacht wird, wir sind nicht schuldig, wir bewachen nur diese Tür.‘“

„Uff, stell dir mal vor: Wenn wir als normale Wachen schon so aussehen, wie sieht dann dieser Handlanger vom Endschurken aus? Der muss ja massig sein.“

„Der würde sogar gegen mich im Armdrücken gewinnen.“

 

Summen. Lichter. Nach und nach betritt eine Gruppe Menschen in Anzügen und mit Aktenkoffern den Gang. Obwohl sie sich alle ähnlich sehen, sind sie nicht gleich.

 

„STOPP! Wir haben den Befehl immer nur eine Person nach der anderen durchzulassen. Alle anderen stellen sich bitte einmal um die Ecke auf. Wir rufen Sie dann her, woraufhin Sie uns den Code zuflüstern, kapiert?“

 

Nach und nach werden auf dieser Weise fast 20 Personen in die Schleusenkammer gelassen.

 

Szenenende

 

 

Szene 4

Die beiden Wachen treffen sitzen gegenüber von einander an einem kleinen Tisch in einer Mensa. Vor ihnen liegt jeweils ein Tablet mit Essen. Im Hintergrund sieht man andere Tische mit ebenfalls jeweils zwei Personen. Während der gesamten Szene bewegen diese sich beinahe roboterartig zwischen 5 Personen. Es ist eine undifferenzierbare aber leise Gesprächsmasse zu hören.

Die rechte Wache beginnt zu sprechen.

 

„Schmeckts?“

„Kantinenessen. Sind halt nicht mehr bei Milliardären.“

„Wahrscheinlich…“

 

Schweigen.

 

„Kennst du das manchmal, wenn du denkst, dass du die einzige Person in einem Raum bist, die irgendwas weiß? Denkst du das ist hier genau andersrum?“

„Ich bin mir nicht sicher, ob wir darüber hier reden sollten.“

„Stimmt, die könnten uns für gefährlich halten, wenn wir zu gesprächsfreudig unterwegs sind.“

„Oder noch schlimmer, für dumm, da wir ja wohl nichts wissen.“

„Wahrscheinlich tun die das schon.“

„‘Oh, die haben viele Muskeln, die müssen wohl dumm sein.‘“

„Allerdings sind wir hier natürlich ‚nur‘ als Leibwächter schrägstrich Bouncer angestellt worden, und nicht als Nerd oder, wie man heutzutage sagt, Wissenschaftler.“

„Wobei man sagen muss, dass ich ein Master in Englischer Literaturwissenschaft habe.“

„Du hast Shakespeare studiert?“

„Im Prinzip.“

„Es hat wohl so viel Spaß gemacht, dass du jetzt ganz was anderes beruflich machst.“

„Sagen wir mal so: Es ist einfacher betrunkene Raufbolde aus einem Technoclub zu werfen, als als Sprachwissenschaftler eine Anstellung zu finden. Irgendwie hat dieser Berufszweig für mich mehr gebracht, also bin ich dabeigeblieben.“

„Joa. Ich bin etwas weniger Quereinsteiger als du. Ich wollte ins Militär, bin aber einmal durch einen Drogentest gefallen... Und so ein privates Militär ist ja auch ganz gut.“

„Privates Militär aus zwei Personen?“

„Und der Nachtschicht.“

„Mal schauen, ob sich dieser Job tatsächlich so lohnt wie wir hoffen. Nicht das dieses schreckliche Geheimnis, für das ich sogar extra meine Lautstärke etwas beschränke, irgendwann sogar uns betrifft.“

„Ganz im Ernst, wir sind nur hier, bis unsere Klone einsatzbereit sind. Dann werden wir fallengelassen, da Klone kein Gehalt verlangen.“

„Wir können ja verlangen, dass wir jeweils auch einen mitbekommen.“

„Ich einen von dir? Oder richtig zugeordnet?“

„Da wir aus zeugenschutzprogrammtechnischen Gründen sowieso zu viert abhauen sollten, können wir ja auch einfach zusammenziehen.“

„Oh, wie romantisch! Nur du, ich, die Geheimagenten die unserer Haus bewachen, unsere beiden Klone die den gesamten Haushalt machen und unser kleines Haus auf einer abgelegenen Insel!“

„Können wir ein Haustier haben?“

„Nur wenn wir das auch klonen dürfen.“

„Wir können es ja so halb klonen. Also vielleicht ein zweiköpfiger Hund oder so.“

„Größe?“

„Ein Schoßhündchen. Also für uns halt ein Bernhardiner.“

„Aber mal ganz im Ernst. Wie würdest du mit der Information, dass da irgendwo eine Kopie von die existiert umgehen?“

„Ich würde sicherlich verlangen diese Kopie einmal zu sehen… Eben um sicherzugehen, wie weit es eine tatsächliche Kopie ist. Und notfalls dann eben beweisen, dass ich das Original, oder das ich besser bin.“

„Unhöflich, dass ist eine Person, die du gerade erst kennengelernt hast.“

„Ich würde ja gerne sagen, dass sie es verkraften wird, allerdings bin ich mir da selbst nicht so sicher, wie gut ich mit dieser recht besonderen Art der Kritik umgehen kann.“

„Ich geh‘ mir mal Dessert holen, möchtest du auch eins?“

„Aber natürlich nehme ich die Einladung an. Mach mal.“

„Alles andere ignorierend warte ich zumindest noch auf ein ‚bitte‘“

„Bitte, als einer meiner Lieblingskollegen, flehe ich dich an, mir doch bitte, bitte, ein ach so bescheidenes, aber mir doch so vielbedeutendes Dessert zu bestellen, welches mir mein wehleidiges Herze erfreuen wird. Bitte.“

„Immer noch nicht ganz überzeugt.“

„Ich bezahl nachher den Kaffee.“

„Ja, mach mal.“

 

Szenenende

 

 

Szene 5

Man sieht wieder den altbekannten Gang mit der Stahltür und den zwei Wachen. Die Wache links hat nun einen weißen Fleck auf ihrem Ärmel. Unter ihren Stühlen, vor denen sie stehen, stehen zwei Kaffeetassen.

 

Schweigen.

 

Schweigen.

 

Schweigen.

 

Die Wache rechts schaut zu anderen und beginnt dann zu reden:

 

„Du hast da ‘nen Fleck.“

„Ja, ich wird‘s nachher rauswaschen.“

„Aber stell dir mal folgendes Szenario vor: ‚Du, als Terrorist, der es geschafft hat bis in die innersten Kreise der Regierung vorzudringen wurdest ertappt. Ein riesiger Mensch steht vor dir mit verschränkten Armen und schaut dich grimmig an. An seinen Armen kannst du genau erkennen, dass er heute bereits Quark gegessen hat.‘ Herzlichen Glückwunsch, du hast den gesamten Ernst aus dieser Situation genommen. Deinetwegen wird die Erde von einem stark grinsenden Terroristen in die Luft gesprengt. Und das wollen wir ja wohl nicht.“

„Auch wenn ich dir recht gebe, dass das mit dem Quark eine durchaus lustige Szene wäre, bin ich mir nicht sicher was den Rest deiner Ausführungen angeht. Ich glaube nicht das Quark an meinem Ärmel mich von meinem Job abhält. Eher hält es den Terroristen von seiner Arbeit ab.“

„Ja, aber selbst, wenn er versagt: Das mit dem Grinsen ist in jedem Fall enthalten.“

„Und wenn ein Terrorist nur hier einbrechen muss um die Erde zu sprengen, dann ist das ja offensichtlich auch der Plan der Regierung, oder?“

„Ich weiß nicht. So eine Zeitmaschine ist für gewöhnlich recht flexibel benutzbar.“

„Stimmt, mit so einer Atombombe lässt sich viel machen.“

„Genau. Es gibt wenig, was eine hohe Anzahl Klone nicht schaffen würde.“

„Absolut. Ich meine, man kann sich diese Alien Technologie ja kaum vorstellen.“

Gelbe Warnlichter beleuchten den Raum. Ein elektronisches Summen ist zu hören.

Um die Ecke rennt eine Person im Blaumann, die in der einen Hand eine Gasmaske und in der anderen einen Werkzeugkasten hält.

 

„Halt! … HALT!“

 

Die Person hält erst an, als sie von der rechten Wache gepackt wird.

 

„Warum so eilig?“

„Es ist tatsächlich dringend!“, antwortet die fremde Person

„Wir dürfen nur Leute mit dem richtigen Code vorbeilassen.“

„Stimmt. 8T… 4T… 3X… … Ne, das war der andere… ‚Herzen im Winter‘ oder so irgendetwas, war glaube ich der für hier.“

„Korrekt. Sie dürfen durch.“

 

Die Person läuft zum Türöffner, vertippt sich einmal und, sobald die Tür sich öffnet, verschwindet dann im Schleusenraum.

 

Schweigen.

 

„Führst du eine Liste? Also was für Personen hier hindurch wollen?“

„Jeder einzeln, oder zählt die Bürokratengruppe zusammen?“

„Die waren schon ziemlich homogen. Ich glaube die kann man schon zusammenfassen.“

 

Dann gehen die Lichter und das Summen wieder an. Die Schreibtischperson vom Anfang betritt den Gang und sagt dann:

 

„Aufgepasst. Es gab einen Zwischenfall. Es gibt ein neues Codewort. Es steht hier auf diesen Zetteln. Sobald ich sie euch gegeben habe, möchte ich, dass ihr sie liest und danach runterschluckt. Es wird bitte dieselbe Geheimhaltungsstufe behalten. Alle die mit dem alten Passwort hier ankommen schickt ihr bitte zu mir. Büro 401.“

„Dürfen wir erfahren, um welchen Zwischenfall es sich handelte?“

„Nein.“

„Irgendwie habe ich diese Antwort erwartet.

„Bitte zeigt etwas Verständnis. Wenn ihr es wüsstet, wärt ihr wahrscheinlich froh über eure jetzige, unwissende Position. Glaubt mir, ich bin ziemlich im Stress.“

„Ich wusste es, ihr habt alle für mich eine Überraschungsparty geplant!“

„Hast du Geburtstag?“

„Ne, erst in zwei Monaten.“

„Wie wäre es, ich finde irgendwie die Zeit euch in zwei Monaten einen Kuchen zu backen, aber dafür haltet ihr für zwei Monate und hoffentlich darüber hinaus eure Neugier im Zaum, abgemacht?“

„Sicher. Für Kuchen würde ich alles machen… Außer vielleicht Leute an die Tür zu lassen.“

„Besser so. Und jetzt bitte lesen und schlucken, denn ich muss die Vernichtung bestätigen können.“

 

Die Wachen lesen ihre jeweiligen Zettel und schlucken selbige dann hinunter.

 

„Und das mir ja keiner von euch kotzt, kapiert?“

 

Dann lässt verlässt die Schreibtischperson den Gang wieder.

 

Schweigen

 

„Ich hoffe sehr, dass wir denselben Code bekommen haben.“

„Ja, wäre wahrscheinlich besser so.“

„Nur um sicherzugehen, dein Code hat ebenfalls beeindruckend wenig mit dem Letzten zu tun, oder?“

„Ja, klingt richtig.“

„Okay, dann ist zwar verwirrend aber gut.“

 

Dann wieder das Summen und die Lichter.

Ein Clown läuft um die Ecke.

Die Wachen schauen sich aus den Ecken ihrer Augen an. Dann schreit die linke Wache:

 

„HALT! Tut mir leid, aber…“

„Herzen im Winter.“

„Aber wir dürfen niemanden, bei dem man das Gesicht nicht komplett erkennen hereinlassen.“

„Ich habe eine Sondergenehmigung. Es dauert ziemlich lange die Schminke ab und nachher wieder auf zu machen.“

„Wir wissen aber nichts von dieser Sondergenehmigung. Was meinen Sie damit?“

„Oh, ihr dürft mich duzen. Aber nein, außer dass ich eine Sondergenehmigung habe, darf ich euch leider nichts verraten.“

 

Schweigen

 

„Und was machen wir jetzt?“, fragt der Clown.

„Entweder Sie schminken sich ab und kommen mit dem richtigen Code, oder Sie laufen einfach wieder zurück.“

„Oh, du darfst mich übrigens duzen. Meinst du den Code mit den vielen T, X, D und so?“

„Immer noch der falsche Code.“

„Und ‚Herzen im Winter‘, war es nicht?“

„Ich würde Ihnen raten sich im Büro 401 zu melden.“

„Da war ich eigentlich gerade eben erst. Aber gut. Dann wohl bis gleich, denn offen gesagt glaube ich nicht, dass ich mich einfach mal wieder hier vorbeischleichen kann. Wohl ihr ein Ballontier?“

„Wir dürfen nichts annehmen. Bitte gehen Sie einfach.“

„Okay, bis gleich ihr beide.“

 

Der Clown verlässt mit quietschenden Geräuschen den Raum.

 

„Frage…“

„Nein, ich weiß auch nicht was ich aufschreiben sollte.“

„Hier werden sicher stark halluzinogene Dämpfe produziert.“

„Aber wir haben schön professionell gehandelt.“

„Das stimmt.“

„Joa, das war schön.“

„Stimmt.“

 

Schweigen

 

„Und jetzt?“

„Jetzt tun wir so, als sei das nie passiert, in der Hoffnung, dass es auch nicht nochmal passieren wird.“

„Ich würde ja gerne darüber reden, bin mir aber noch nicht sicher wie.“

„Ich glaube es schadet unserem Ansehen, wenn wir darüber mit jemand anderem sprechen.“

„Das stimmt.“

 

Schweigen

 

„Also?“

„Schweigen.“

 

Schweigen

 

„Joa.“

 

Szenenende

 

 

Szene 6

Wieder sieht man die beiden Wachen im Gang. Die Lichter leuchten, das Summen ertönt. Sie diskutieren mit einer Person im Basketballtrikot, die trotzdem beachtlich kleiner als die beiden Wachen ist.

Diese Person hört man als erstes.

 

„Mögt ihr beide euren Job eigentlich?“

„Er hat so seine Seiten…“

„Ihr werdet beide auf der Straße landen, wenn ihr mich nicht durchlässt!“

„Joa… Ne. Das wird nicht passieren.“

„Ihr habt wirklich keine Idee, wer ich bin, oder?“

„Ne… Eigentlich nicht.“

„Ich würde euch raten, mich nicht sinnloserweise aufzuhalten.“

„Wenn es so wichtig wäre, könnte man ja auch den Code benutzen, oder?“

„Es geht hier ums Prinzip. Bei den alten Wachen, in Momenten wie diesen vermisse ich sie wirklich sehr, war das ganz einfach: Ich betrete den Gang, sie salutieren, sie öffnen mir die Tür und dann war finished. Und wo liegt hier das Problem?“

„Wir werden trotzdem niemanden ohne den geeigneten Code hereinlassen.“

„Habt ihr überhaupt eine Ahnung wie lang der Neue ist? Es wurde nach einem Code gefragt, und es ist ein Gedicht draus gemacht worden.“

„Joa, wir mussten den auch erst verdauen. Aber wir können ihn dafür auch.“

„Ihr habt wirklich nicht vor mich reinzulassen?“

„Nein haben wir nicht.“

„Ganz sicher?“

„Joa… Eigentlich schon.“

„Trotz aller Konsequenzen die euch drohen könnten?“

„Absolut.“

„Dann werde ich wohl nachgeben müssen. Moment, ich habe den Code in einer meiner Taschen.“

 

Die „VIP“ kramt in ihre Hosentaschen und holt ein Bonbonpapier heraus. Sie liest vor:

 

„‘Menschen mahnten: Habe Acht! Doch Gott, er sprach: Ich hab‘ die Macht!‘“

„Joa… Klingt einigermaßen korrekt. Allerdings müssen wir diesen Zettel konfiszieren.“

„Egal, ich habe mehrere.“

„Na dann, ab mit dir.“

 

Die nicht-so-große Person verschwindet in der Schleuse. Trotzdem gehen die Lichter und das Summen nicht aus.

Um die Ecke fährt ein Dreirad mit einem im Gesicht abgeschminkten Clown als Fahrer.

 

„Honk! Honk!“

„Wir werden keinen Platz machen.“

„Schade. Aber egal.“

„Code?“

„Hab mich informiert. Sie haben ihn nach dem Vorfall, von dem ihr natürlich nichts wissen dürft geändert. Beide. Der eine war ‚Menschen mahnten: Habe Acht! Doch Gott, er sprach: Ich hab‘ die Macht!‘, der andere war 578502593985.“

„Was ist der Zweite für ein Code?“

„Ich muss mein Dreirad ja irgendwo anschließen.“

 

Der Clown zieht ein sehr dickes Fahrradschloss aus der Tasche, die in dem Anhänger seines Dreirads liegt heraus.

 

„Aber das Dreirad trotzdem bitte nicht hier stehen lassen. Und wie können Sie sich den Code überhaupt merken?“

„Geburtsdatum?“

„Von wem oder was?“

„Manchmal ist es für alle besser, wenn ihr es nicht erfährt, ok?“

„Wir haben keine Wahl.“

„Ihr habt keine Wahl.“

 

Nachdem das Dreirad abgeschlossen und die Tür geöffnet ist, verschwindet der Clown mit einem grinsenden Zwinkern in der Schleuse.

 

Schweigen

 

„Also?“

„Ne…“

„Noch nicht bereit darüber zu reden?“

„Absolut nicht.“

„Es wird aber wahrscheinlich auch nicht besser.“

„Davon gehe ich aus.“

„Verdrängen also.“

„So lange ist es auch nicht bis zur Rente.“

„Dein ganzes Leben noch einmal?“

„Aber es wird weniger.“

„Ja, so funktioniert Zeit.“

„Ich weiß, ich bin schlau.“

„Es gäbe sicher Gründe dir dabei zuzustimmen.“

„Vielen Dank.“

 

Die Lichter gehen an. Um die Ecke stürzt ein Mensch. Seine Perücke schlittert zur anderen Seite des Raumes. Die Person ist im Gesicht geschminkt. Noch auf dem Boden liegend wendet sie sich den Wachen zu und spricht:

 

„Oh, hi.“

„Eigentlich hatte ich heute schon mit genug Clowns zu tun.“

„Verzeiht meine Tollpatschigkeit, aber ich lerne gerade Einradfahren.“

„Welcher Geburtstag ist das Schloss dafür?“

„Es ist der Geburtstag meines Lieblingsbasketballers… Und seine PIN.“

„Aber bitte um die Ecke abstellen. … Und du darfst auch aufstehen.“

„Das Stimmt.“

 

Schweigen

 

„Der Code hat sich übrigens geändert. Danke für die Info. Er lautet jetzt: ‚Menschen mahnten: Habe Acht! Doch Gott, er sprach: Ich hab‘ die Macht!‘“

„Und wie lautet die PIN des Basketballers?“

„7749.“

„Oh.“

„Sie wird euch allerdings nichts nützen. Die Karte habe nämlich immer noch ich.“

„Bekomme ich Sie?“

„Vielleicht… Darf ich mit der Schminke rein?“

„Wie viel ist drauf?“

„Es reicht sicher für einen von euch um in die frühzeitige Rente zu gehen. Und für viel Katzenfutter.“

 

Der Clown steht auf und nähert sich den Wachen.

 

„Also?“

„Ne. Es ist wahrscheinlich in meinem eigenen Interesse Sie trotzdem abschminken zu lassen.“

„Arschloch.“

„Um gerade jetzt das Thema zu ändern. Haben Sie einen Zwilling, gibt es einen zweiten Ausgang, oder gibt es hier in dieser Anlage nur zufälligerweise zwei gleichaussehende Clown?“

„Entschuldigung? Habe ich etwa den Leberfleck auf der rechten Wange? Also bitte. … Und wir sind wirklich Zwillinge.“

„Vielen Dank, dass Sie nicht noch mehr Fragen aufwerfen.“

„Ich wurde adoptiert.“

„Bitte hör auf zu reden.“

„Und hinter der Tür befindet sich… Na ja. Weiß ich nicht. War noch nie da. Ich gehe von flauschigen Ponys aus.“

„Okay, das schreiben wir auf. Und jetzt bitte gehen.“

„Ihr seid immer hin ein bisschen Spaß...“

„Aber erst abschminken!“

 

Der Clown tut was ihm geheißen ohne große Gegenwehr und verschwindet dann mit einem unheimlich familiären grinsenden Winken hinter der Stahltür.

 

„Sagen wir mal so: Es fällt ins Muster. Es hätte schlimmer kommen können. Oder zumindest noch verwunderlicher.“

„Ja. Der Schock war diesmal einigermaßen gering. Sehr nett.“

„Wenn ich darf, werde ich mich nachher trotzdem an deiner Schulter ausheulen, aber das hebe ich mir bis zur Kaffeepause auf.“

„In drei Stunden?“

„Sagen wir mal so: Wenn man weiß, in den nächsten drei Stunden ist ein Sandsturm zu erwarten, würde ich jetzt noch nicht draußen fegen.“

„Prophezei es nicht…“

„Kannst du mich trotzdem ablenken?“

„Angenommen Kosten wären aus dem Spiel, wie viele Katzen hättest du gerne auf einmal?“

„Knifflig. Ich möchte eigentlich nicht voreilig auf zu viel setzen, weil ich weiß, dass ich dann keine ruhige Minute mehr haben möchte. Andererseits… Cuuuuuuuteeeeee!“

„Katzen sind wie Kleinkinder, die nie aufhören Idioten zu sein.“

„Das ist zwar unhöflich, stimmt aber komplett.“

„Frage: Wenn wir dann irgendwann aus zeugenschutzrechtlichen Gründen irgendwann zusammenziehen, addiert sich die Zahl der Katzen die ich haben möchte mit deiner?“

„Sie multiplizieren sich.“

„Für jede deiner Katzen gibt es also nochmal 10 Katzen?“

„Sie exponenzieren sich vielleicht sogar.“

„Und wer von uns steht dann in der Hochzahl?“

„Erst addiert, dann multipliziert, dann exponiert.“

„Du wirst nirgendwo mehr hinlaufen können, ohne dass du auf irgendwas auf dem Boden trittst.“

„Na und? So weit kann man auf unserer Insel eh nicht laufen.“

„50 Quadratmeter… Alles gefüllt mit Katzen.“

„Und die Agenten sollen auf den Boten bleiben… Für die Privatsphäre.“

„Wahre Utopie ist es vor allerlei Regierungen ins Paradies zu flüchten.“

„Nur ich, du, unsere mathematisch bestimmte Anzahl Katzen und der Sonnenuntergang.“

„Und immer mal wieder schicken wir die Agenten nach Hawaii um uns einen Cocktail zu bestellen.“

 

Dann gehen das Licht und das Summen wieder an. Ein Mann stolpert in den Gang. Beim Aufstehen flucht er:

 

„Was zum Teufel macht hier ein verdammtes Einrad auf dem Boden?“

 

Aufgerichtet ist die Person im maßgeschneiderten Anzug so groß wie die größere unserer beiden Wachen. Sie spricht in einem starken aber schwer zuordnen baren Akzent.

 

„Entschuldigen Sie. Das hat der… Clown… hier vergessen?“

„Welcher?“

„Der ohne Leberfleck.“

„Häh?“

„Der, der eben Einrad fährt.“

„Ich habe sie noch nie einzeln gesehen. Normalerweise fahren sie Tandem.“

„Wir sind hier einigermaßen neu. Ein Tandem haben wir hier zum Glück noch nicht gesehen.“

„Oh. Hier liegt eine Kreditkarte auf dem Boden.“

„Von wem?“

„Vom Clown wahrscheinlich. Es sind Nagellackspuren drauf zu sehen.“

„Könnte sie vom Basketballer sein?“

„Wenn ich das wüsste, würde ich euch davon nichts erzählen. Ich kenne nämlich die PIN.“

„Vom Clown?“

„Nein, vom Basketballer.“

„Ja, aber woher kennen Sie sie?“

„Von seinem Drilling.“

„Moment kurz!“

 

Schweigen

 

„Jetzt dürfen Sie wieder reden. Ich musste kurz meinen Würgereiz über die Zukunft unterdrücken.“

„Aha. Ich behalte si…“

 

Ein lauter Knall ertönt von hinter den Wänden. Die beiden Wachen ziehen sofort ihre Pistolen. Der neue Riese beginnt hastig zu reden.

 

„Okay, das Kennwort lautet: ‚Menschen mahnten: Habe Acht! Doch Gott, er sprach: Ich hab‘ die Macht!‘. Lasst mich schnell rein, ich kanns alles wieder gut machen. Bewacht in der Zwischenzeit die Tür!“

„Aber… Brauchen Sie keine Hilfe darin?“

„Danke für das Angebot, aber es würde wahrscheinlich nur alles verkomplizieren. Lasst niemanden rein, bis ich wieder da bin, okay?“

„Wir haben sowieso keine Wahl.“

„Ich bin kein Vorgesetzter. Ich sage nur was am besten ist.“

„Sagen Sie uns wenigstens im Nachhinein was da drinnen passiert ist?“

„Natürlich.“

Szenenende

 

 

Szene 7

Wir sehen wieder den Gang mit den zwei Wachen. Es ertönt ein ferne Explosion. Der Gang wackelt ein wenig. Von der Decke rieselt Staub.

Die linke Wache möchte etwas sagen.

 

„Ja…“

„Psst…“

„Ahem…“

„Einfach ignorieren.“

 

Schweigen

 

„Aber…“

„Nein.“

„Aber“

„Nein.“

„Und was, wenn…“

„Ne.“

„Vielleicht…“

„Psst.“

„Aber…“

„Psst.“

 

Schweigen

 

„Ich glaube wirklich das wir darüber reden sollten.“

„Zu unserer eigenen Sicherheit wäre es besser, wenn wir das nicht täten.“

„Aber…“

„Nein.“

 

Schweigen

 

„Das ist aber auch keine zufriedenstellende Lösung.“

„Stimmt, um etwas effektiv zu verdrängen bräuchte man eine Ablenkung.“

„Ehrlich gesagt…“

„Ich habe mir ein Tier ausgedacht.“

„Hats vier Beine und bist du sicher, dass wir diese Explosion einfach verdrängen sollten?“

„Ja.“

„Lebt es in den Tropen und denkst du nicht, dass die Konsequenzen des Verdängens dieser sowohl verdächtigen als auch gefährlichen Situation weitaus schlimmer als alle meine Überlegungen wären?“

„Nein.“

„… Ist es eine Kuh?“

„Nein.“

„Denkst du nicht, es könnten Menschen in Gefahr sein?“

„Vermutlich schon. Es ist übrigens braun.“

„Ist es ein Haustier und sollten wir es dann nicht wenigstens jemanden melden?“

„Kommt drauf an wie man’s nimmt… Irgendwann war es mal ein Haustier und sinnvoll es anderen Leuten zu melden. Aber ganz sicher, dass die es noch nicht mitbekommen haben?“

„Die Tatsache, dass es so bemerkbar war, macht das nicht besser. Ist das Tier größer als eine Katze?“

 

„Im Gegensatz muss man sagen, dass es wohl noch nicht so schlimm war, wenn wir noch hier stehen.

Und ja.“

„Vielleicht denken die alle, dass wir schon unterwegs sind und ist es ein Pferd?“

„Nein, nein, nein. Die wissen ja anscheinend sehr gut, was unsere Aufgabe hier ist. Die werden sich schon bewusst sein, dass wir unsere Posten nicht verlassen werden.“

„Kein Pferd? Aber deshalb sind wir doch zu zweit. Damit eben einer immer hierbleiben kann.“

„Willst du mich etwa verlassen!? Nach alldem, was wir zusammen durchgemacht haben und jetzt du? Und übrigens kein Pferd.“

„Ich will dich nicht verlassen, ich würde am liebsten mit dir gehen, allerdings andererseits würde ich gerne Leben retten, lebts im Wald?“

„Du würdest mich also für ein anderes Leben verlassen? Das klingt sehr… Ehrlich gesagt verständlich. Und ja, es lebt im Wald.“

„Ich werde dich Mitschleifen, hat’s einen Ringelschwanz?“

„Das wäre eine Möglichkeit. Dann hat mich äußerer Zwang dazu gebracht meinen Posten zu verlassen. Und ja.“

„Darf ich dich dann jetzt höflich mitschleifen, du Wildschwein?“

„Wieso?“

„Um Leuten zu helfen. Irgendwie…“

„Dafür ist es jetzt eh zu spät. Du hast zu lange gezögert bis du dich entschieden hast loszugehen. Such dir ein Tier aus.“

„Aber…“

„Psst.“

 

Szenenende

 

 

Szene 8

Die Cafeteria. Die beiden Wachen sitzen an ihrem Tisch. Bis auf die Küchenhilfe, die im Hintergrund einen immer größeren Stapel Besteck und Teller auf ihren Arm nimmt, ist die Cafeteria leer.

 

Schweigen

 

Die beiden Wachen essen jeweils einen Salat.

 

Schweigen

 

Man hört das Klingen von Besteck an Porzellan.

 

Schweigen

 

Im Hintergrund schafft es die Küchenhilfe gerade so ihren Tellerturm nicht umzuwerfen.

 

Schweigen

 

Neben den Salaten stehen eine Limo und ein Orangensaft

 

Schweigen

 

Bedrohliches Knacken von grünem Salat mit Tomaten und Radieschen.

 

Schweigen

 

Mit heftigen Schritten läuft die Küchenhilfe schwer beladen zurück zur Theke

Schweigen.

 

Eine ferne Explosion erschüttert die Cafeteria. Staub rieselt von der Decke. Die Küchenhilfe schafft es ihren Stapel stabil zu halten.

 

Schweigen

 

Knacken

 

Schweigen

 

Schlürfen

 

Schweigen

 

Das Geräusch von einlaufendem Spülwasser.

 

Schweigen

 

Eine Kaffeemaschine mahlt Kaffee.

 

Schweigen

 

Eine Tasse zerbricht am Boden.

 

„psst.“

„psst.“

 

Szenenende

 

 

Szene 9

Alles ist dunkel. Nach und nach kann man die Silhouetten der Wachen im Gang erkennen, welche hastig aber stumm miteinander zu diskusstieren scheinen. Dann setzt nach und nach auch die Farbe ein. Sobald man sie klar erkennen kann, hört ihre Choreographie auf. Die rechte Wache beginnt.

 

„Aber ich habe trotzdem recht.“

„Ich erlaube dir, das zu denken, allerdings musst du feststellen, dass für ‚Rechthaben‘ für gewöhnlich Beweise gefordert sind.“

„Forderst du Beweise?“

„Nicht mehr.“

„Also habe ich Recht.“

„Ja, aber du müsstest zugeben, dass auch ich, da du keine Beweise hast, einfach sagen könnte, dass ich Recht habe, oder?“

„Denkst du, du hast recht?“

„Nicht mehr.“

„Also habe ich Recht!“

„… Aber… Das ist die wertloseste Form von rechthaben.“

„Trotzdem habe ich Recht.“

„Ich habe in den letzten paar Minuten im Namen des sozialen Friedens so oft nachgegeben, könntest du mir nicht wenigstens erlauben, dass ich deinen Sieg nur unter seiner Bedeutungslosigkeit anerkenne?“

„…Nein?“

„Okay, dann lassen wir das so.“

„Aber ich hatte recht.“

„Das ist bedeutungslos.“

„Du musst lernen aufzugeben. Um des sozialen Friedens Willens.“

„Ich werde einen Bürgerkrieg anstiften.“

„Ich würde dich gerne zum Boxkampf herausfordern, leider bin ich mir dann doch noch nicht so siegessicher.“

„Und die würden es hier wahrscheinlich auch nicht gerne sehen, wenn die beiden Wachen sich gegenseitig K.O. schlagen.“

„Und ich könnte dir so oder so niemals weh tun. Nur emotional.“

„Stimmt, für alles andere bist du zu schwach.“

„Ich werde dich emotional K.O. schlagen.“

„Okay, aber ich hatte recht.“

„Das darfst du nicht einfach so aufstellen! Wo sind deine Beweise?“

„Ich komme mit dieser Situation nicht mehr lange klar.“

„Das allgemeine Chaos breitet sich aus.“

„Irgendwann werden wir den Punkt erreichen, wo es nicht mehr schlimmer werden kann.“

„Wärst du etwas motivierender, hättest du gesagt, dass wir schon längst drüber sind.“

„Ich bin sogar Optimist. Ich sehe auch kein besseres Szenario.“

 

Auf einmal klopft es von innen gegen die Tür.

 

„So viel dazu.“

„Wie lautet das Reaktionsprotokoll?“

„Klopf mal zurück.“

 

Es wird geklopft. Daraufhin kommt auch wieder ein Klopfen zurück.

 

„Vielleicht sollten wir morsen.“

„Oder so tun als wäre nichts passiert.“

„Oder die Tür öffnen.“

„Oder Pandoras Box einfach keine Beachtung schenken.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.05.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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