Liebe Leute, ich sage euch, Portland ist grausam, aber das ganze Leben kann grausam sein, wie Portland eben, und nur wer dort war, weiß, wovon ich rede. Portland hat mich ausgetrickst. Ich bin selbst schuld. Oder Peggy. Sie wollte hierher.
Sie nennen mich einen Cowboy, weil ich wie Peggy aus Arizona bin und ein Rind von einem Büffel unterscheiden kann und eine Felsenhöhle von einem Darkroom. Ihre Ahnungslosigkeit beleidigt mich. Das tut weh.
Außerdem lese ich. Den zähen Richard Ford, den langatmigen Franzen (ich lehne ihn ab, aber das ist ja nicht verboten), John Irving, John Updike, Toni Morrison (ich mag sie wirklich), Siri Hustvedt (es quietscht beim Lesen, kennt ihr das?), den ganzen Kanon rauf und runter. Das kommt nicht gut an in Portland. In der Werkstatt, wo ich schraube, weil es das ist, was ich kann, schon gar nicht. Und ich höre dauernd Sprüche wie Hey, Cowboy, lies deiner Oma was vor. Der Lincoln da vorn braucht deine zarten Hände. Irgendwas klappert.
Irgendwas klappert. Irgendwas klappert immer. Die Leute in Portland sind mies und ignorant und fahren Autos, die alle naselang den Geist aufgeben. So kann, so will ich nicht leben. Niemand hält das aus. Kein Wunder, dass ich abhaue, oder? Der Greyhound nach Houston fährt zweieinhalb Tage. Zeit zum Nachdenken. Ein Flugzeug macht mich nervös. Wie das Schrauben an alten, hoffnungslosen Fällen.
Eins noch: Peggy will in Portland bleiben.
-Du läufst vor dir selbst davon, sagt sie. Du musst deine Probleme lösen und zwar hier und jetzt. Portland bietet viele Möglichkeiten der Therapie. Selbsthilfegruppen. Solche Sachen.
-Literaturzirkel?
-Literaturzirkel? Du spinnst, Joey.
-In Houston läuft es, du wirst sehen.
-In Houston werden sie dir in den Hintern treten. Du machst dir falsche Vorstellungen von Houston. An jeder Ecke ein Lincoln. Du wirst eingehen.
Mit der Lincoln-Sache will sie mich einwickeln. Aber ich durchschaue sie. Wer kennt die drei Schinken von Hilary Mantel über das Leben von Thomas Cromwell? Mein nächstes großes Leseprojekt. Thomas, nicht Oliver. In Houston kennen sie den Unterschied. Texas gilt zu Unrecht als Land der Ahnungslosen. Egal, wenn es Ärger gibt, fahre ich weiter bis Fort Myers. Mit dem Greyhound oder per Anhalter. Wenn es sein muss in einem Lincoln. Diese Lincoln-Leute überraschen einen manchmal.
Peggy sagt Machs gut.
Ich sage: See you, Baby.
Auch euch einen schönen Tag, Leute. Ach was, ein schönes Leben.
Die Schinken drücken im Seesack. Hinter den Hügeln wartet ein großes Land.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.05.2023.
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