Lässig, wie er nun einmal war, saß Josef im Clubsessel und hörte zu, was Claire
ihm zu sagen hatte. Seine Beine lagen übereinander, so dass die verbeulte Jeans
noch mehr Falten warf, als sie sowieso schon hatte. Die erwartungsvolle Haltung,
was wohl noch alles auf ihn zukommen würde, drückte gespielte Überlegenheit aus.
Sie lockerte sich erst im Laufe des Gesprächs, als er merkte, dass Claire sich
beherrschen musste, um ihm all die Dinge zu sagen, die sie da aussprach. Sie
redete von tiefer Liebe, die sie ihm offenbarte. Obwohl, was Liebe so richtig
bedeutet, konnte er auch jetzt nicht begreifen. Josef wusste mit dem Wort nicht
viel anzufangen. Das Wort Seelenschmerz tauchte auf und von bedingungsloser
Hingabe war die Rede.
Claire merkte nicht, dass Josef sie beobachtete, während sie beim Sprechen erst
so richtig in Schwung gelangte. Er studierte ihre Gestik und ihr Gesicht. Es
drückte klare Offenheit aus. Claire redete alles, was sich in ihr seit Wochen
gestaut hatte, aus sich heraus. Ständig erwartete Josef, einen Vorwurf oder
etwas von Bitterkeit zu hören. Aber nichts dergleichen kam. Claire versuchte,
ihm zu erklären, dass es sie traurig macht, das Gefühl zu haben, dass ihre Liebe
nicht erwidert wird. Josef verstand es nicht. Er ist doch gerne mit ihr zusammen
und in ihrer Gegenwart empfindet er Harmonie und Glück. Ist es das, was sie mit
Liebe bezeichnet.....? „ Du hast es mir noch nie gesagt, seit wir zusammen
sind,“ sagte Claire gerade.
Wieso sollte er auch. Das hatte er noch nie einer Frau gesagt. Seiner Exfrau
nicht und keiner Frau danach. „Meine Liebe zu dir, die du nicht auszudrücken
vermagst, beginnt Stück für Stück in der Kälte zu sterben. Manche Träne habe ich
schon aus unerfüllter Liebe zu dir geweint. Es tut verdammt weh“, hauchte
Claire. Sie hatte ihn getroffen, sein Herz tief innen berührt. Doch Claire
redete weiter. „Ich weiß, dass du ein Realist bist und dass du Gefühle so
nimmst, wie sie kommen. Egal, ob sie gut sind oder weh tun. Und ich weiß auch,
dass du lieben kannst. Nur hast du das bis jetzt vor lauter selbstauferlegter
Sachlichkeit nicht gemerkt. Josef, du bist nicht der eiskalte Macho, den du dir
selbst immer wieder vorspielst. Es ist ein Schutzmantel deiner in Wirklichkeit
verletzbaren Seele, den du irgendwann einmal in deinem Leben ablegen wirst. Und
erst dann wirst du fühlen, was Liebe für zwei Menschen bedeuten kann.“
Schweigen erfüllte den kleinen, gemütlichen Raum. Josef und Claire sahen
einander an; die schmalen Lippen vor Aufregung aufeinandergepresst. Der Mann,
von dem inzwischen die raue Schale der Nüchternheit abgefallen war, sackte
zusammen. Er hatte begriffen, was Claire ihm mitgeteilt hatte. Josef wollte
anheben zu sprechen. Ein dicker Klos im Hals verhinderte es. Nach einer Weile
holte er tief Luft, streichelte sanft Claires Wange und sagte zu
ihr: “Gib unserer Liebe bitte noch eine Chance!“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.08.2023.
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