Fabien Ruppert

Wenige Stunden bis Bali

Sie verließ die Auffahrt in ihrem roten VW Polo, die Handtasche lag auf dem Beifahrersitz. Mit 
Blick auf die Straße drückte sie die Tasche etwas tiefer in den Sitz, während die Uhr ihres Wagens 

19.03 Uhr anzeigte – ein ungeschriebenes Gesetzt besagt, dass es sich nicht mehr lohnt eine Uhr 

umzustellen, sollte so die nächste Umstellung in weniger als zwei Monaten nötig sein.

Orientierungslosigkeit und ein sich auf- und abwickelndes Wollknäuel in den Mägen bescherten 

ihnen einen unruhigen Tag, weshalb sie kurzum beschlossen, auf die sedierende Wirkung von 

Tiefkühlpizza und Streamingdienst zu bauen. 

Erschöpft von den Anstrengungen der vergangenen Woche machte sie sich auf den Weg zum 

Einkaufsladen außerhalb der kleinen Stadt, in der sie letztes Jahr überraschend das Haus seiner 

Eltern geerbt hatten. Die Fahrtzeit betrug ungefähr fünfzehn Minuten. Gerade kurz genug, um sich 

zu überwinden, sie doch noch auf sich zu nehmen.

Sonnenstrahlen blitzten durch die Blätter der Allee, durch die sie fuhr, um mit strahlender Schönheit

das Ende des Tages einzuleiten. Autofahren entspannte sie. Das Geräusch, wie die Reifen über den 

Asphalt rollten, wirkte irgendwie beruhigend. Jedoch riss sie die Vibration ihres Handys unsanft aus

ihrem meditativen Zustand. Sie blickte mit einem Auge auf den Screen, der zur Hälfte aus ihrer 

Tasche ragte und nahm den Anruf an. Durch die Lautsprecher klang seine Stimme vertraut fremd.

„Ja?“

„Hey, wie geht es dir?“

„Ich bin doch gerade erst zehn Minuten weg.“

„Ich weiß... Aber du hattest diesen Monat so viele Überstunden und warst kaum Zuhause. Da dachte

ich mir, du könntest ein bisschen Geschwätz vertragen?“

„Dein Geschwätz ist der Grund, wieso ich schon wieder auf dem Weg in die Klinik bin, Süßer.“

„Heißt das, es gibt keine Pizza oder dass du nicht mitfliegen wirst?“

„Beides.“, sagte sie leise mit hochgezogener Stimme.

„Also könnte ich einfach mit meiner Affäre nach Bali? Ich meine, wenn du dein Ticket nicht 

brauchst...?“

„Ha, ha.“, sagte sie spöttisch.

„Siehst du, spätestens jetzt lächelst du.“

Das tat sie.

„Ich freue mich auf morgen, Das haben wir uns verdient – vor allem du!“

„Ich freue mich auch riesig. Aber wenn ich zurück bin, möchte ich nur noch etwas essen, einen Film

mit dir schauen und in deinen Armen liegen, bis ich einschlafe.“

„Also habe ich später nur noch fünf Minuten mit dir?!“

Das Lachen stieg langsam aber sicher in ihr hervor wie der Mond am Firmament und sie hielt sich 

die Hand vor den Mund, um ihm nicht zu gestehen, dass sein Geschwätz sehr wohl besser war als 

ein Film und Tiefkühlpizza.

Zu ihrem Pech kannte er sie so gut, dass er sie selbst bei absoluter Stille genau vor sich sah und 

wusste, dass sie nun nicht mehr lächelte, sondern lachte.

„Das ist unfair!“, sagte er. „Wir beide wissen, dass ich recht habe und der Kommentar obendrein 

auch noch gut war. Dafür hätte ich es verdient, dich lachen zu hören. Du weißt, wie sehr ich´s mag.“

„Vielleicht später.“, sagte sie kompromissbereit, das Grinsen noch auf den Lippen.

„Na gut, Verhandlungspause. Dann bereite ich in der Zwischenzeit schon mal alles vor. Ich liebe 

dich.“

Sie erwiderte nichts. Alles, was er hörte, waren quietschende Reifen und der Aufprall.

Stille - - und er wusste, dass sie nun nie mehr lächelte.

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