Sein Fluss endet in einem kleinen romantischen Weiher, umgeben von einem verträumten Wald. Die Vögel zwitschern und die sommerliche Sonne fällt sanft durch das grüne Blätterdach. Das Lachen schöner junger Frauen erfüllt die Luft. Sie haben sich an diesem warmen Tag spontan dafür entschieden, nackt ein Bad im Weiher einzunehmen, um ihre Körper abzukühlen. Sie bespritzen sich gegenseitig spielerisch mit dem angenehm kühlen Wasser.
Doch bevor der Fluss hier enden konnte, schlängelte er sich durch eine wilde bäuerliche Gegend, vorbei an einigen Feldern, auf denen gerade Kartoffeln geerntet wurden. Davor kam er durch einige unangenehm enge Felsspalten in den Bergen geschossen. Das ist eine wilde Fahrt. Davor fiel er einen Wasserfall hinab. Schwindelfrei muss man schon sein. Davor aber floss er ruhig durch einen Kanal, an dessen Ufern Menschen mit feiner Kleidung auf karierten Picknickdecken saßen und sich unterhielten. An dieser Stelle begann er aus der Stadt zu fließen. Davor floss er in der Stadt unter der bekannten Brücke, unweit des Marktplatzes, hindurch. Auf ihr stand Herr Schilling.
Herr Schilling war gerne hier und blickte auf das vorbeifließende Wasser. Er fragte sich dabei aber nie, wo der Fluss geflossen war, bevor er hier unter der Brücke der Stadt vorbeikam.
Ein Blick auf die Uhr und Herrn Schilling wurde bewusst, dass sich seine Mittagspause dem Ende neigte. Er strich die Papierkügelchen von seinem Mantel und machte sich auf den Rückweg zu der Schule.
Noch zwei Stunden Geschichte lagen vor ihm. Es war machbar. Er wusste es – trotzdem schwer. Die Klasse war die Klasse, so wie alle Klassen eben. Wieso unbedingt Lehrer?
Zurück in der Schule kamen ihm Eltern entgegen. Sie kamen von der Kollegin – wirkten traurig, die Mutter hatte geweint. Herr Schilling nickte ihnen aufmunternd zu – keine Reaktion, sie waren wohl in Gedanken.
Herr Schilling besuchte deshalb die Kollegin und fragte, was passiert sei. Die Kollegin erzählte ihm daraufhin – emotional – von dem Gespräch mit den Eltern der Schülerin. Die Schülerin war auch in der Klasse von Herrn Schilling und er mochte sie, weil sie brav war. Sie war wohl todkrank und bei Stress verkürzte sich ihre Lebenszeit dramatisch. Da sie oft von dem Schüler geärgert wurde, war er wohl mit schuld, falls sie eher früher als später unter die Erde kam.
Herr Schilling tätschelte die Kollegin beruhigend auf die Schulter und ging dann zu seiner nächsten Klasse, in der auch der Junge und das Mädchen waren.
Als Herr Schilling den Raum betrat, schrie er schnell, laut und wütend den Namen des Jungen – bevor auf Herrn Schilling geschossen werden konnte. Die Schüler:innen waren erschrocken und überrascht von diesem Auftreten. Der Schüler fragte kleinlaut, was los sei und ob er etwas falsch gemacht habe. Herr Schilling beschloss zu exemplifizieren und fragte den Schüler schreiend, ob ihm nicht bewusst sei, dass er sich mörderisch aufführte. Der Schüler gab sich verwirrt. Herr Schilling erklärte, dass Mörder – wenn auch in Mode in Film und Fernsehen – an der Schule nicht akzeptiert seien. Die Schüler:innen stimmten auf Rückfrage durch Herrn Schilling zu und der Schüler schwieg. Nach weiteren exzellenten argumentativen Ausschweifungen Herrn Schillings wuchs die Zustimmung der Klasse für die Sache. Der mörderisch veranlagte Schüler wurde also dann zur gerechten Strafe in die Ecke gestellt, beschimpft und mit Papierkügelchen beschossen. Eine große Freude für Jung und Alt.
Nach der Stunde brach die Klasse in tosenden Applaus für Herrn Schilling aus, der ihn durch die Gänge der Schule bis hinaus ans abendliche Sonnenlicht begleitete.
Vom Stolz und Tatentrang erfüllt ging Herr Schilling noch etwas durch die gepflasterten Wege der Stadt spazieren.
Vor sich fiel Herrn Schilling eine schöne Frau ins Auge, die ganz hilflos mit ihrer wertvollen Handtasche wirkte. Er entschied ihr zu ihrer eigenen Sicherheit eine Weile zu folgen. Vielleicht konnte er an diesem Tag zwei Leben retten.
Herr Schilling musste der schönen Frau nur ungefähr eine halbe Stunde lang folgen, bis aus ihr eine Jungfrau in Nöten wurde: Eine dunkle Gestalt näherte sich ihr, stahl ihre Handtasche und rannte davon. Der Dieb lief genau auf Herrn Schilling zu.
Herr Schilling stellte sich dem Dieb in den Weg, zog seine Pistole aus der Tasche und schoss dem Dieb eine Kugel durch sein kriminelles Gehirn.
Dann brach Jubel aus. Die halbe Stadt kam auf die Straßen und begann Herrn Schilling zu feiern. Leute trugen ihn, andere spielten Musik und alle beglückwünschten ihn.
Der Feierzug trug Herrn Schilling durch die halbe Stadt und setzte ihn dann auf der bekannten Brücke, nahe des Marktplatzes, über dem Fluss, ab. Die Menschen verstummten und waren wie eingefroren.
Herr Schilling bedankte sich für alles, stieg über das Geländer der Brücke und sprang in seinen Fluss.
Herr Schilling begann aus der Stadt zu schwimmen. Danach schwamm er ruhig durch einen Kanal, an dessen Ufern Menschen mit feiner Kleidung auf karierten Picknickdecken saßen und sich unterhielten. Danach fiel er einen Wasserfall hinab. Immerhin war er schwindelfrei. Danach kam er durch einige unangenehm enge Felsspalten in den Bergen geschossen. Das war eine wilde Fahrt. Danach schwamm er noch durch eine wilde bäuerliche Gegend, vorbei an einigen Feldern, auf denen gerade Kartoffeln geerntet wurden.
Herr Schilling findet sein Ende in einem kleinen romantischen Weiher, umgeben von einem verträumten Wald. Die Vögel zwitschern und die sommerliche Sonne fällt sanft durch das grüne Blätterdach. Das Lachen schöner junger Frauen erfüllt die Luft. Sie haben sich an diesem warmen Tag spontan dafür entschieden, nackt ein Bad im Weiher einzunehmen, um ihre Körper abzukühlen. Sie bespritzen sich gegenseitig spielerisch mit dem angenehm kühlen Wasser.
Herr Schilling verwandelt sich in einen Wassermann, springt in einem hohen Bogen, mit lautem Lachen, aus dem Wasser und taucht mit einem Platschen wieder ein.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.05.2024.
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