Steffen Herrmann

Die Kriege der Zukunft

Die Kriegsführung der Zukunft hat bereits begonnen: Drohnen, autonome Panzer, KI-gesteuerte automatische Waffen, die zwischen Freund und Feind unterscheiden.

Die Armeen der Zukunft entledigen sich ihres menschlichen Personals, an seine Stelle tritt eine hypertrophierende Technik. Bewegliche Landschaften aus stählerner Technik präsentieren Sinfonien der Zerstörung, spektakuläre Materialschlachten ohne Blut, ohne das Grauen des Todes.

Es braucht nun keine Helden mehr.  Der Mensch hört auf, ein Kampf- und Sterbematerial zu sein, er zieht sich von den Orten der forcierten Vernichtung zurück.

 

Im Folgenden werde ich skizzieren, was von diesen zukünftigen Kriegen zu erwarten ist. Was für Armeen werden für sie geschaffen? Wie laufen die militärischen Auseinandersetzungen ab? Was bedeutet dies für die Menschen?

 

  1. Die Waffen

Die Infanteristen. Das sind Roboter, von denen einige humanoid sind, andere nicht. Manche haben vier Beine, andere sogar sechs, die Zahl der Arme ist ebenfalls unterschiedlich. Infanteristen sind beweglich, sie kommen in jedem Gelände zurecht. Sie sind schnell, präzise in ihren Bewegungen und stark. Sie koppeln an unterschiedliche Waffensysteme, benutzen Handgranaten, Maschinenpistolen, auch Maschinengewehre. Darüber hinaus sind sie gefürchtete Nahkämpfer.

Die Artillerie. Sie besteht aus selbstfahrenden Panzern, Geschützen und anderen Waffen­systemen.

Die Flugzeuge. Den Himmel beherrschen Drohnen aller Art. Manche von ihnen transportieren Bomben oder fliegen Kamikazeeinsätze, andere werden für Kämpfe eingesetzt. Darüber hinaus gibt es eine grosse Zahl von Aufklärungsdrohnen, von denen viele bloss die Grösse eines Vogels besitzen.

Die Schiffe. Auch die Marine ist dehumanisiert. Zerstörer, U-Boote, selbst Flugzeugträger sind nun menschenleere Orte, an denen Maschinen das Kriegshandwerk betreiben.

 

  1. Das strategische Schachbrett

In traditionellen Kriegen waren die Soldaten oft die kritischste Ressource. Sie waren nicht unbegrenzt zu ersetzen, sie mussten ausgebildet werden, ihre Moral musste intakt bleiben. Zu viele Verluste konnten ausserdem die Stimmung an der Heimatfront beeinträchtigen.

Das ist nun anders. Man muss auf Infanteristen nicht mehr im selben Ausmass achtgeben, es können praktisch beliebig viele Robotersoldaten hergestellt werden. Deshalb nimmt nun auch die Bedeutung der Artillerie ab. Es gibt nun eine grosse Menge von Kämpfern, die sich nicht in befestigten Stellungen verschanzen, sondern schnell durch die Gegend bewegen. Jeder für sich und dennoch als ein koordiniertes Ganzes. Diese Soldaten ermüden nicht und wenn einer fällt, dann kommt ein anderer.

Ausserdem findet der Krieg in einem gesättigten Informationsraum statt. Alles ist allen bekannt. Die Luft ist geschwängert von unzähligen Aufklärungsdrohnen, die in Echtzeit die Position und die Bewegungsrichtung jedes militärischen Objektes feststellen und melden. Jeder Teilnehmer hat Zugriff auf alle diese Informationen, der Kampf vollzieht sich in einer völligen Transparenz.

 

  1. Die Generäle

Generäle und andere Strategen mag es noch geben. Allerdings sollte ihre Bedeutung nicht überschätzt werden. Sämtliche taktische Entscheidungen werden durch KI getroffen, nur sie ist in der Lage, die eingehenden Informationen schnell und präzise genug zu verarbeiten. Es ist auch zu sehen, dass der Krieg schnell ist. Truppenverlegungen dauern nicht mehr Tage, sondern können innerhalb von wenigen Stunden abgewickelt werden. Die Teilnehmer des Kampfes arbeiten vollkommen koordiniert zusammen, hunderttausende oder sogar Millionen von Akteuren können innerhalb von Sekunden auf eine neue Taktik umschalten und diese in einer konzertierten Aktion auch umsetzen.

In aller Regel sind die Menschen dazu verdammt, zu blossen Zuschauern zu werden. Sie sind von der Geschwindigkeit der Abläufe, der Komplexität der Situationen und der Menge der relevanten Informationen schlicht überfordert.

 

  1. Die Menschen

Nicht jedes Land besitzt eine solche High-Tech-Armee. Am Anfang sind nur die reichsten, die technologisch fortgeschrittensten Staaten in der Lage, eine solche Streitmacht aufzubauen. Am Ende kommt es also zum Kampf von Mensch gegen Roboter. Natürlich gewinnt in der Regel der Roboter. Soldaten ergeben sich den kybernetischen Kämpfern und werden von ihnen in die Kriegsgefangenschaft geführt. Spätestens jetzt werden Roboter als Personen wahrgenommen, als Wesen, die eine persönliche Macht besitzen, deren unmittelbare Überlegenheit unbestreitbar ist.

Die Neigung, Kriege zu führen, wächst natürlich auf der Seite derer, die bloss ihre Technik an die Front schicken müssen. Es kommt nun zu einer Epoche von bewaffneten Konflikten, die grundsätzlich unfair sind. Dafür sind Asymmetrische Reaktionen zu erwarten, vor allem Terroranschläge.

 

  1. Die Besatzer

Roboter sind die idealen Besatzer. Sie sind bei entsprechendem technologischen Fortschritt billig, sie können dauerhaft bleiben und sie sind fast beliebig ersetzbar. Grossmächte können nach einem gewonnen Krieg (oder auch unabhängig davon) ihre Kampfroboter in das beanspruchte Gebiet schicken und in ihrem Sinne für Ordnung sorgen lassen. Damit wird eine ganz neue Dimension der Unterjochung eröffnet. Solche Situationen können auch eskalieren, indem eine rivalisierende Grossmacht ihre eigene kybernetische Armee in das Konfliktgebiet schickt und so einen heissen Krieg beginnt (der im Idealfall eine reine Materialschlacht ohne Blutvergiessen bleibt).

 

  1. Die Mafia

Roboterarmeen sind kein Privileg von Staaten. Auch Oligarchen, Mafiaorganisationen oder Warlords können sich solche kybernetischen Streitkräfte zulegen.  Im einfachsten Fall werden sie zum Personenschutz eingesetzt, aber sie können auch zu Privatarmeen werden.

Die Situation wird also durchaus unübersichtlich. Das Machtverhältnis zwischen Menschen und Robotern ist nicht mehr klar geregelt, auch sind die bewaffneten Roboter keine Einzelkämpfer, sondern in ein umfangreiches System eingebettet, dessen Strukturen nicht immer komplett hierarchisch und oft genug unübersichtlich sind.