Klaus-Peter Behrens

Der Kater und der wilde Norden, 20

Liebe Fans des Katers,

mit Verspätung - sorry - kommt nun der nächste Teil. Ich werde die Geschichte garantiert zuende bringen und hier veröffentlichen. Bald kommt der Kater auch wieder ins Spiel

Viel Spa
ß

Ein paar Minuten später waren sie wieder auf dem Weg. Zu Hillys Erstaunen zeigte sich der Dunkelelb sehr kooperativ. Hilly hatte jedoch keinen Zweifel, dass nur auf die richtige Gelegenheit wartete, um sie beide zu töten. Allerdings wirkte er angeschlagen und in seinem linken Arm steckte noch immer ein Pfeil.

Gegen Abend erreichten sie ohne Zwischenfall den Waldrand. Im Schatten der hoch aufragenden Bäume blieb der Dunkelelb stehen und wandte sich Hilly zu.

Wir müssen warten, bis es dunkel ist.“

Warum?“

Ich vertrage kein direktes Sonnenlicht, auch nicht, wenn die Sonne so tief steht, wie jetzt.“

Wie weit ist es noch?“

Ein paar Meilen über die Hügel im Norden.“

Nachdenklich betrachtete Hilly das im Abendlicht liegende Land. Dann traf sie eine Entscheidung.

Verschwinde, bevor ich es mir anders überlege.“

Warum?“

Ich brauche dich nicht mehr, aber wenn du mir noch einmal über den Weg läufst...“

...werde ich dich töten“, ergänzte der Dunkelelb.

Ich sehe, wir verstehen uns.“

Statt einer Antwort, verneigte sich der Dunkelelb zum Zeichen des Respekts. Dann wandte er sich ab und tauchte in den Schatten des Waldes unter.

Er wird uns Ärger machen. Du hättest ihn töten sollen“, knurrte Tork.

Das ist nicht meine Art.“

Seltsam, man erzählt anderes über euch.“

Vielleicht solltest du dir deine eigene Meinung bilden.“

Mit einem Schnalzen ließ sie ihr Pferd ins Freie treten, gefolgt von Tork, der sich unruhig umsah.

Menschen hassen uns. Sie werden mich töten, wenn sie mich sehen.“

Das haben diese Kreaturen auch versucht und du lebst immer noch. Zieh dir die Kapuze über den Kopf und halte ihn gesenkt. In meiner Nähe wird dir nichts passieren.“

Warum lässt du mich nicht auch gehen?“

Hilly wiegte den Kopf, als würde sie über diese Frage ernsthaft nachdenken. Dann schüttelte sie entschieden den Kopf.

Ich mag deine nette, zuvorkommende Art.“

Tatsächlich.“

Und außerdem brauche ich jemanden, der die Gegner erschreckt und die Pfeile auf sich lenkt. Da bist du die ideale Wahl.“

Warum wundert mich das nicht?“

 

Die Sonne war nur noch eine blasse Erinnerung am Horizont, als sie das Dorf zum ersten Mal sahen. Beeindruckt von der Wehrhaftigkeit zügelte Hilly ihr Pferd und musterte ihr Ziel.

Sieht so aus, als würden die dich und deine Kollegen erwarten“, neckte sie den Goblin.

Trolle mögen sie wahrscheinlich auch nicht. Vermutlich findest du die Überreste deines Freundes im Graben dieses Dorfes.“

Das ernüchterte Hilly, auch wenn sie wusste, dass der Troll nicht so leicht umzubringen war. Beunruhigt hatte sie festgestellt, dass verdächtig viele Krähen die Fläche vor dem Dorf bevölkerten.

Das war in der Regel kein gutes Zeichen.

Hier war etwas vorgefallen.

Mit einem unguten Bauchgefühl setzte sie sich wieder in Bewegung. Es erschien ihr besser, das Dorf noch vor dem endgültigen Hereinbrechen der Nacht zu erreichen.

Sie waren noch gut hundert Schritt von ihrem Ziel entfernt, als ein Pfeil mit einem dumpfen Einschlag im Boden deutlich machte, dass jeder weitere Schritt ungesunde Folgen haben könnte.

Was ist euer Begehr?“, erklang eine kompromisslose Stimme von der Brustwehr. Der Schattenriss eines kräftigen Mannes mit einem Langbogen zeichnete sich gegen den dunkelviolett gefärbten Himmel ab. Weitere Schattenrisse machte Hilly links und rechts des Mannes ab. Dieses Dorf war gut bewacht. Hilly beschloss, mit offenen Karten zu spielen.

Wir sind auf der Suche nach drei Freunden, einem Menschen, einem Troll und einem Kater.“

Einen Augenblick herrschte Schweigen. Hilly befürchtete schon, dass ihre Freunde einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatten und gerade diverse Langbögen zur Begrüßung weiterer, vermeintlicher Unruhestifter liebevoll gespannt wurden, als die Stimme erneut erklang, begleitet von dem Rumpeln der Zugbrücke.

Ihr könnt eintreten, aber haltet die Hände sichtbar.“

Ich habe nur Klauen“, brummte Tork, tat es aber Hilly gleich.

Mit abgespreizten Armen machten sich die ungleichen Gefährten auf den Weg. Hillys Erstaunen war groß, als sie kurz vor der Zugbrücke ein tiefes Loch passierten, in dem sich ein offenbar reparaturbedürftiges Katapult befand.

Interessiert musterte Tork im Vorbeigehen die Konstruktion.

Der Auffangbalken muss besser gepolstert und das Spannseil verstärkt werden. Außerdem solltet ihr die Lager besser fetten“, teilte er der Wache das Ergebnis seiner Einschätzung mit, als sie das Dorftor passierten. Das Ganze war in einem so befehlsgewohnten Ton vorgetragen worden, dass die Wache beinahe den Bogen fallen gelassen hätte, um sich auf die Suche nach dem geeigneten Werkzeug zu machen. Hilly brachte sie wieder auf den Grund ihres Besuches zurück.

Da ihr mich hinein gelassen habt, wisst ihr etwas über meine Freunde“, spekulierte Hilly ins Blaue.

Darüber solltet ihr euch mit dem Bürgermeister unterhalten. Mitkommen.“

 

Der Mensch, dessen Anblick Hilly unwillkürlich an ein Schwein erinnerte, führte sie zur größten Hütte des Dorfes, gegen die die anderen wie Spielzeuge wirkten. Dass diese Hütte nicht deshalb so groß gebaut worden war, um Eindruck zu schinden, sondern tatsächlich in dieser Größe gebraucht wurde, musste Hilly erschrocken feststellen, als sich die riesige Statur eines Trolls ins Freie schob. Zwar war Hilly an den Anblick eines Trolls gewöhnt, allerdings sah Gorgus noch nicht einmal mit ultra schlechter Laune so Furcht einflößend aus wie dieses Exemplar.

Name?“, verlangte die Kreatur zu wissen.

Hilly“, krächzte selbige und schluckte. Doch der Troll nickte nur, als würde er ihren Namen kennen. Dann fiel sein Blick auf den schlotternden Tork, der den Kopf tief gesenkt hielt.

Kein Mensch“, stellte der Troll schnüffelnd fest. Wie von selbst sprang eine beidseitig geschliffene Streitaxt in seine Pranken. In einer kreisenden Bewegung durchschnitt sie die Luft und sang das Lied vom demnächst kopflosen Goblin. Der zitterte wie Espenlaub, streckte die Arme abwehrend aus und suchte Hilly's Nähe.

Er ist ein Freund, und er ist ein Goblin. Ich verbürge mich für ihn“, stellte Hilly mit fester Stimme klar. Das erstaunte Raunen auf diese Erklärung kam nicht nur von den Dorfbewohnern, die plötzlich alle tödlich aussehende Waffen in den Händen hielten. Auch Tork war verblüfft und beschämt zugleich, dass Hilly sich so für ihn einsetzte. Möglicherweise war er vorschnell in seinem Urteil gewesen.

Er ist ein Maschinenmeister und kann euch helfen, das Katapult in Ordnung zu bringen.“

Kannst du das?“

Emotionslos und bedeutungsschwer hing die Frage im Raum. Tork war bewusst, dass sich die Antwort je nach Auswahl proportional negativ auf seine Zukunftspläne auswirken könnte. Also nickte er so heftig, dass ihm die Kapuze vom hässlichen Schädel glitt.

Ich hoffe, du besser bist als du aussiehst“, grollte Grumbatz.

Die Reparatur kann ein Anfänger im Schlaf“, gab Tork selbstbewusst zurück. Zwar hatte er immer noch Todesangst aber auch seinen Stolz als Maschinenmeister, und den ließ er sich nicht nehmen. Eine buschige Augenbraue des Trolls wanderte angesichts dieser Erklärung in die Höhe. Wer sich mit Trollen auskannte, wusste, dass dies ein Zeichen von massiven Zweifel war. Aber Grumbatz erinnerte sich auch an die Erzählung seines Vetters und deren Begleitung hinsichtlich der Wunder dieses Staudamms, den das Volk der Goblins am Laufen hielt. Möglicherweise war mehr an diesen hässlichen Kerlen dran, als er bisher angenommen hatte.

Mach dich an Arbeit. Du aufpassen. Wenn verdächtig....“, wandte er sich an Porky, der geflissentlich nickte und das Schwert fester fasste.

Mitkommen“, befahl er dem unglücklichen Goblin.

Hilly nickte Tork aufmunternd zu, bevor sie sich erneut dem Troll zuwandte.

Ich bin auf der Suche nach ein paar Freunden. Einem Magierlehrling, einem Troll und einem Kater. Sie müssen hier vorbeigekommen sein.“

Grumbatz nickte.

Ich Grumbatz, Vetter von Troll, den du suchst“, fing Grumbatz an zu erzählen und lieferte eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse.

Um einen Tag verpasst!“

Hilly konnte es nicht fassen. Wenn sie nur ein wenig schneller gewesen wäre. Und jetzt waren sie auf dem Weg in das verfluchte Land. Sie hatte noch nie von diesem Land gehört, aber das, was Grumbatz ihr darüber erzählt hatte, genügte ihr vollauf, um eine Gänsehaut zu bekommen. So wie es aussah, konnten sie dringend eine gute Bogenschützin an ihrer Seite gebrauchen.

Ich werde ihnen sofort folgen und versuchen sie einzuholen. Wenn ich die Nacht durchreite, erwische ich sie im Laufe des kommenden Tages“, verkündete sie daher resolut.

Nicht jetzt. Nachts gefährlich. Finstere Kreaturen jagen. Du warten bis morgen.“

Hilly zauderte.

Die Erklärung kam einer Einladung gleich, die Nacht im Dorf zu verbringen. Auf der anderen Seite verlor sie dann noch mehr Zeit. Was aber nützte ihr Zeit, wenn sie des nachts von ein paar finsteren Kreaturen gemeuchelt würde. Also traf sie schweren Herzens eine Entscheidung und nahm die Einladung an. Ein tiefes, klatschendes Geräusch gefolgt von johlendem Applaus ließ sie zusammenfahren.

Goblin repariert hat Katapult“, vermutete Grumbatz erfreut. Tatsächlich kam Porky einen Augenblick später angerannt, ein freudiges Strahlen im Schweinchengesicht tragend.

Er hat's geschafft. Es ist jetzt stärker, zielgenauer und schneller zu laden“, verkündete er schnaufend die frohe Botschaft.

Dann dein Freund willkommen. Kann bleiben, wenn er will.“

 

Tork war gerührt, als Hilly ihm die frohe Botschaft verkündete. Gestern war er noch ein Ausgestoßener gewesen und heute bot man ihm eine neue Heimat an. Und das, obwohl er ein völlig Fremder, zudem noch von einer anderen Art war. Goblins hätten so nicht gehandelt, musste er sich beschämt eingestehen. Da wäre als Dank bestenfalls eine Verabredung mit dem Gott des tosenden Wassers in Frage gekommen.

Bleibst du auch?“, fragte er zaghaft. Auch wenn er es kaum glauben konnte, aber er mochte diese bissige, junge Frau. Würde sie im Körper einer Goblin stecken, wäre jetzt der richtige Moment, um ihr nach Goblinart im Rahmen der Brautwerbung einen Schlag auf den Kopf zu verpassen und sie in die Wohnhöhle zu schleppen. Der gesunde Überlebensinstinkt sagte Tork aber, dass er diese Gedanken besser für sich behalten sollte.

Ich muss meine Freunde suchen.“ Hilly erzählte Tork ausführlich, was sie von Grumbatz erfahren hatte. Je mehr sie erzählte, desto grüngelber wurde dessen Hautfarbe.

Das verfluchte Land heißt nicht umsonst so. Dort verbergen sich gefährliche technische Einrichtungen, mächtiger als unser Staudamm. Viele Geheimnisse und Gefahren, selbst für einen Goblin, der mit der Technik aufwächst“, warnte Tork bedrückt. „Das ist keine Gegend für Menschen.“

Ich habe keine Wahl.“

Tork sah sie unglücklich an. Hilly konnte deutlich sehen, wie es in ihm arbeitete. Offenbar beschäftigte ihre Ankündigung den Goblin stärker, als sie es für möglich gehalten hätte. Fast glaubte sie so etwas wie Zuneigung in den schwarzen Augen zu sehen. Aber nur fast. Goblins waren berüchtigt für ihre Hinterlist und Untreue. Auch wenn dieser ihr das Leben gerettet hatte. Einmal ein Goblin immer ein Goblin. Aber sie wollte nicht ungerecht sein. Vielleicht gab es ja auch Ausnahmen, und dieser Goblin war anders.

Ich habe eine Wahl...“, fing Tork an. Dabei sah er ihr unverwandt in die Augen. „..und ich entscheide mich dafür, dich zu begleiten.“

Aber...“ Hilly war sprachlos. Damit hatte sie nicht gerechnet.

Das verfluchte Land ist voller Technikartefakte. Wer weiß, auf was wir dort stoßen. Vielleicht komme ich als großer Entdecker zurück.“

Oder als Leiche“, warf Hilly ein.

Das muss ich riskieren. Außerdem schulde ich dir was.“

Tust du nicht. Wir sind quitt.“

Das sehe ich anders. Es sei denn, du willst mich nicht an deiner Seite haben. Aber wenn wir zusammen gehen, dann als gleichberechtigte Partner. Ich werde nicht mehr den Pfeilfang abgeben wie bisher.“

Hilly dachte nach. Noch immer wusste sie nicht, was sie von dem Goblin halten sollte. Mit seinen Klauen und den rasiermesserscharfen Zähnen war er ein gefährlicher Gegner, selbst wenn er kein Krieger war. So jemanden auf gefährlichem Terrain an seiner Seite zu wissen war von Vorteil. Ihn plötzlich gegen sich zu haben von Nachteil.

Konnte sie ihm trauen?

Du traust mir nicht“, stellte Tork betrübt fest. Hilly zuckte schuldbewusst zusammen. Konnte man ihre Überlegungen so deutlich von ihrem Gesicht ablesen.

Nein, ich kann deine Gedanken nicht lesen, aber ich kann dich verstehen. Ich würde mir auch nicht trauen“, räumte Tork großmütig ein, der Hilly ansah, was sie dachte. „Aber wenn du die Wahl hast, völlig fremdes, gefährliches Gebiet allein oder in Begleitung von jemanden, der sich möglicherweise mit solchen Gefahren auskennt, zu betreten, solltest du über deinen Schatten springen und es mit Vertrauen versuchen. Denke logisch. Warum sollte ich mich in solche Gefahr begeben, um dich zu töten, wenn ich dich doch auch ohne ein Zutun loswerden könnte? Allein wirst du dort keinen Tag überleben. Also könnte ich doch ganz bequem hier bleiben und die Stunden zählen, bis du Geschichte bist. Stattdessen biete ich dir meine Begleitung an. Rationell und logisch abgewogen solltest du zu der Erkenntnis gelangen, dass dir von mir keine Gefahr droht.“

Wenn man davon absieht, dass du ein Goblin bist“, erwiderte Hilly verunsichert, worauf Tork theatralisch die Augen verdrehte.

Großer Maschinengott, gib ihr Verstand“, fluchte er.

Schließlich nickte Hilly zum Zeichen ihres Einverständnisses.

Ich danke dir für dein Angebot und hoffe für dich, dass du das ernst meinst.“

Es ist schwer, dich zu mögen. Du bist misstrauischer als ein Goblin“, klagte Tork.

Wird fortgesetzt

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.08.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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