Die Erde hatte schon lange nach Regen gedürstet. Die aufgesprungenen Bodenrisse wurden wieder geschmeidig. Die Menschen konnten wieder freier atmeten. Sie war gerade allein auf dem Weg zum Fluss, um, für neues frisches Wasser zu sorgen, als durch krampfartiges ziehen im Kreuz, die ersten Zeichen von Wehen einsetzten. Als ein erneuter Schmerz sie durchzuckte stöhnte Ashley auf, kniete sich hin und kroch ins Dickicht. Ihr war unermesslich bang zumute. Sie lehnte sich an einen Baumstamm, versuchte gleichmäßig zu atmen. An einer Heimkehr war im Moment nicht zu denken. Sie fragte sich, ob es ein Junge oder ein Mädchen sein würde. Heika wünschte sich sicher einen Sohn, einen starken Stammhalter. Die nächsten Wehen kamen schneller, schmerzhafter hintereinander, dann klammerte sie sich schreiend an einen Ast fest. Salida mit einem Bündel Holz auf den Rücken, kam gerade des Weges, lies es augenblicklich fallen und kroch zu Ashley ins Dickicht um zu helfen. „ Ich wusste es! Ich habe mich nicht getäuscht! Nach meiner Berechnung sollte es eigentlich etwas früher sein. Komm lass dir helfen.“ Sie sammelte Steine auf, um zu zählen, wie lang der Zeitraum zwischen den Wehen war und wann die Geburtswehen einsetzen könnten. „ Komm, wir müssen es bis zum Gemeinschaftszelt schaffen, du musst dich ausruhen und brauchst Schutz und Wärme. Der Medizinmann und die alten und weißen Frauen verfügen über eine große Anzahl natürlicher Arzneien und wissen alles über Schwangerschaft und Geburtsrituale sowie was zu tun ist.“ Ashley nickte, stöhnte, biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Doch dann ging es vorsichtig voran. Kurz darauf erklangen Stimmen. Man umringte die beide Frauen. Die Kinder waren leise vor Scheu und die Frauen unterhielten sich leise. Man beeilte sich und holte Hilfe herbei. Jeder hier war begierig auf besondere Ereignisse. Dann ging alles sehr schnell. Als erstes trat der Medizinmann ins Geburtszelt, den er war ein guter Kenner der Kräuter, Steine und Wurzeln und verstand, verletzte Knochen zu heilen. Er untersuchte vorsichtig aber gründlich Ashley. Wusch sich seine Hände und machte ein kleines Feuer, warf die dafür mitgebrachten, verschiedenen Kräuter hinein, nahm eine kleine Handtrommel in die Hand und umkreiste Ashley wobei er die Götter anrief und Gebete sprach. Dabei breitete sich langsam ein angenehmer, zarter Kräuterduft aus. Da Esther fehlte, kamen einige erfahrene alte Frauen hinzu. Etwas später trat noch eine andere Frau ein und blieb unwillkürlich stehen. So wurde sie aufmerksam gemustert ohne sie anzureden oder zu fragen, wie und mit welchen Recht sie hier mit anwesend sei. Ihre langen schwarzen wirre Haare hingen nachlässig über ihre Schultern. Sie trug ein einfaches langes Kleid bis zu den Knien. Ihre Mitassen ( Beinkleider ) waren an den Fußknöcheln befestigt und an den Knien mit Bisonriemen festgebunden. Ein bunter verzierter Gürtel war locker um die schmalen Hüfte geschlungen, die Schuhe waren ohne Verzierungen. An den Handgelenken befanden sich einige Armreife und um den Hals mehrere Ketten aus Glasperlen und überdies lange Ohrgehänge. An ihrem Gürtel hingen eine Axt und ein Bowiemessen, dazu ein Beutel mit Kugeln und ein anderer mit verschiedenen Inhalt gefüllt sowie eine indianische Pfeife herunter. In der Hand hielt sie ein gepflegtes schönes Gewehr. Ein sanftes, trübes Lächeln erschien in ihrem Gesicht. Sie lies sich durch die Anwesenheit der anderen nicht stören, es schien als würde sie deren Gegenwart nicht bemerken. Bevor der Schamane hinaus eilen wollte, berührte er sie leicht an der Schulter. „ Seit willkommen Frau.“ Sie drehte langsam den Kopf zu ihm. „ In der Prärie haben die Bäume Ohren und ihre Blätter Augen, um alles zu sehen und zu hören was vor sich geht. Ich, Itanyi habe gehört und gesehen, was zu tun ist. Wenn ihr wollt kann ich versuchen zu helfen.“ Der Schamane nickte, tauschte sich mit ihr aus und ging hinaus. Itanyi drehte sich zu den anwesenden Frauen. Ihre schönen dunklen Augen funkelten. „ Hört mir aufmerksam zu. Ich werde nicht viel Worte machen.Wenn ihr meine Hinweise vernommen habt, bemüht euch diese zu vollbringen.“ Alle nickten. „ Gut. Dann schürt das Feuer, holt frische Kräuter und Wasser, legt weiche saubere Felle bereit und schlagt die Handtrommel zu Ehre der Erdgötter.“ Itanyi legte Gewehr und alles andere ab. Ein etwas banger Seufzer erklang. „ Du musst deine Kleidung bis zum Hemd ausziehen, sie ist im Weg. Komm lass dir helfen. Du wirst sehen, ihr werdet liebevolle und geduldige Eltern sein, egal ob es um ein Mädchen oder Junge handelt. Ein Kind macht das Haus glücklicher und die Liebe stärker,“ redete Salida auf ihre Freundin ein. Dessen Herz pochte in stürmischen Schlägen. „Würde es dir unlieb sein hier zu bleiben?“ bat Ashey. Salida drückte ihre Hand und nickte. Itanyi eine sehr erfahrene Frau trat hinzu, strich ihr übers Haar und sprach ihr Mut zu, da jede Geburt mit Schmerzen verbunden ist und unterstützte Ashley, da die Wehen nun heftiger und schneller einander folgten. Sie empfahl in einer aufrechten Position zu gebären, da auf dieser Weise besser geatmet und das Baby es leichter hat durch das Becken zu rutschen. Ashey musste eine besondere Kräutermedizin für die Geburt trinken, welche Itanyi zusammen mischte und dazu ständig in Bewegung bleiben, mal stehen, sitzen, hocken, liegen oder herumgehen, Die nächsten Wehen kamen nun schneller, schmerzhafter hintereinander, dann klammerte sie sich schreiend an einen im Boden verankerten Stab fest. Bald spürte sie unerträgliche Schmerzen und biss sich die Lippen blutig. Itanyi wischte ihr die feuchte Stirn ab und redete beruhigend auf sie ein. „ Nun die Beine weit spreizen, dann feste pressen. Ja weiter so, nicht nachlassen, noch ein bisschen.“ Nochmals wölbte Ashley ihren Rücken und presste heftig und das Baby glitt blutverschmiert auf den Boden. Auch diesmal ist es Itanyi die das Kind aufhob, die Nabelschnur durchbiss und es mit Gras abwischte. Ein leiser Schreier folgte. Ashley hatte die Augen geschlossen, sie fühlte sich erschöpft. Sanft wurde sie von den anderen Helferinnen auf ein bereitetes Lager gelegt. Das Feuer wurde erneut geschürt, Kräuter und Holz aufgelegt. Das Baby wird zeremoniell mit Wasser gesalbt und in ein weiches Fell gewickelt. „ Es ist ein Junge!“ rief erfreut Itanyi. Sie kniete sich neben Ashley nieder und reichte es ihr. „ Du bist noch jung und diese Welt liegt vor dir. Das Leben schließt alles ein, ob man resigniert, kämpft, hofft, ein neues Vertrauen fasst. Das Leben in der Natur ist frei, unverdorben und selbstbestimmt, lebe danach. Er ist ein kleiner Stern der auf die Erde kam und bis jetzt noch keinen Namen hat.“ Als Geschenk überreichte sie eine kleine schlichte Wildledertasche in Form einer Schildkröte. Darin wurde später, wenn die Nabelschnur abfiel, diese, von Ashley eingenäht. „ Aber jetzt musst du dich ausruhen. Und ich glaube, draußen wartet jemand ungeduldig.“ Ashley lächelte sacht und schwor sich ihr Kind niemals allein zu lassen. Sie wusste das sich ihr Leben von einen Tag auf den anderen verändert, alles war anders. Aber Salida würde sie, wenn es notwendig sei, sicher unterstützen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.08.2024.
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