Alan Royhs

Die fliegende Butterdose

Missmutig stand Thomas am Kopieren und starrte Löcher in die Luft.
„Moin, was ist denn mit dir los? Schlecht geschlafen?“
„Ne, eher schlecht gefrühstückt – und alles wegen der dämlichen Brille ---“
„???“


Es hatte am Vortag angefangen. Thomas kam nach Hause.
Seine Frau Ulrike empfing ihn mit einem strahlenden Lächeln. „Na, wie findest du sie?“
„Ähm --- ja ---“ Blitzschnell überlegte Thomas. Ulrikes Frisur schien wie immer zu sein. Die Klamotten? Die sahen auch ganz normal aus --- obwohl, das konnte man nicht so genau wissen. „Stark, sieht gut aus“, probierte er deshalb.
Vorwurfsvolle Blicke ---  „Neuer Versuch, WAS sieht stark aus!“
Wie ein Blitz durchzuckte es ihn. Ulrike hatte sich bei Optiker ihres Vertrauens eine neue Brille ausgesucht und am Vormittag abgeholt. „Die Brille natürlich!“, trötete er enthusiastisch. „Sieht echt gut aus.“ Er hatte in Laufe der Ehe gelernt, dass eine Brille nicht etwas nur eine Sehhilfe ist, sondern auch ein modisches Accessoire, das ziemlich wichtig ist.
„Findest du? Sie betont wunderbar meine Augenfarbe, nicht wahr!“
„Sag ich doch. Sie ist toll. Was gibt’s zu essen?“
Ein vernichtender Blick traf ihn. „Du magst die Brille nicht! Das hätte ich mir denken können.“
„Doch, doch, aber ich habe Hunger.“

Am nächsten Morgen deckte Thomas den Frühstückstisch. Ulrike brauchte ungewöhnlich lange im Bad. So goss er sich eine Tasse Kaffee ein und schlug die Tageszeitung auf.
„Nun???“
Zerstreut schaute er auf. Ulrike saß ihm gegenüber und schaute ihn erwartungsvoll an.
„Guten Morgen, mein Schatz“, murmelte Thomas und legte vorsichthalber die Zeitung beiseite.
Ulrike seufzte. „Schau doch mal. Geschminkt kommt die Brille besser zur Geltung. Findest du das nicht auch!“
„Du hast die Brille geschminkt? Steht ihr echt gut!“ Den musste Thomas einfach mitnehmen.
Mit einer einzigen, geschmeidig fließenden Bewegung ergriff Ulrike die Butterdose und schmetterte sie in seine Richtung.
Blitzschnell überlegte Thomas. Auffangen würde er das Wurfgeschoss nicht mehr. Dazu kam es mit zu viel Wucht quer über den Tisch gesegelt. Also tauchte er kurzfristig ab. Nach dem Einschlag lugte er über die Tischkante. Ulrike saß ihm immer noch gegenüber und hyperventilierte nur mäßig.
Also setzte er sich wieder auf und grinste. „Ich wollte dich bitten mir den Käse zu reichen und nicht die Butter ---"

„Was soll ich sagen: ich hatte Marmelade auf dem Brötchen, aber so ganz ohne Butter ---"
Ich hieb ihm tröstend auf die Schulter. „Lust heute Mittag in die Pommes Bude um die Ecke zu gehen? Die Currywurst ist dort ganz gut.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.09.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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