Salida lag schlaflos auf ihrem Lager, dabei hatte sie ihre Decke bis zum Hals hochgezogen. Sie liebte den Geruch des Waldes und die Kühle am Abend. Bis jetzt hatte noch niemand bemerkt wie betroffen und das ihr Herz mit Traurigkeit angefüllt war. Leise atmend lauschte sie in die Nacht hinein. Der Wind raschelte leise in den Blättern und dann überfluteten sie ihre Erinnerungen an alles, dabei liefen immer wieder Tränen über ihr Gesicht, denn sie wachte und träumte durcheinander. Bis jetzt führte sie noch ein sorgloses Leben. Man hatte alles was man brauchte. Trotzdem, was früher als selbstverständlich geschehen war, wurde jetzt mit größerem Aufwand betrieben. Wenn sie Zeit hatte setzte sie sich mit zu den anderen ans Lagerfeuer, legte ab und zu eine Wurzel oder Holzscheit ins Feuer und lauschte den Gesprächen der Krieger. Hörte von den großen Wanderungen der Stämme und die mit viel Lob vollbrachten Heldentaten ihrer Vorfahren und spornten die furchtlosen und tapferen Krieger an, die zahlreiche Feinde zu bekämpfen, denn der Tod eines Tapferen verlieh dem Volke unüberwindliche Kraft und Tapferkeit. Wobei so manches Mädchen lockend mit den Augen zwinkerte und kleine Späße mit den jungen Männern trieben und freuten sich dann diebisch, wenn es ihretwegen zu Streitereien kam. Derweil drehten und wendeten sich Tänzer in immer schnelleren Takt von Trommel, Flöte und Rassel, stampften mit den Füßen den Boden, zuckten mit den Schultern, hockten sich hin oder sprangen hoch in die Luft. Sie lächelte darüber und beobachtete dabei die Belustigung der jungen Männer, die mit ihren Bögen schossen, Speere schleuderten, tanzen oder im Ringkampf ihre Kräfte erprobten. Schon seit Generationen wurden sie, auch Mädchen, dazu erzogen und kannten keine Angst und Feigheit. Sie war an diesen Ort aufgewachsen und konnte es sich damals nicht vorstellen, das dies schon sehr bald nicht mehr existieren würde. Bis zu den Tag, wo jene fremde Menschen zahlreich, wie hungrige Heuschrecken, über das große Wasser kamen und ihnen alles wegnahmen. Damit begann das große Leiden und Sterben. Es hatte sich ihr ganzes Leben verändert. Man verhielt sich abwartend, hoffte, dass ihre Familien nichts Böses zustieße. Man war misstrauisch und hart geworden, man hielt sich bei Handlungen außerordentlich zurück. Dennoch gab es immer noch die Hoffnung, die Siedler und Abenteurer aus der Heimat zu vertreiben. Aber, man musste mit noch mehr Feinden und Verluste rechnen, den die Übermacht hatte bessere Waffen. Man verbarg gekonnt den Zorn über das anmaßende Verhalten der Eindringlinge, die sich in dem fremden Land wie die Herren aufführten. Nein, man liebte diese seltsamen Fremdlinge nicht und es wäre wohl besser gewesen, ihr Volk hätte sich nicht mit diesen grausamen Menschen eingelassen. Im Augenblick stand die Sicherheit und das Fortbestehen ihres kleines Dorfes im Vordergrund und es musste alles dafür getan werden, noch diese Grenze des Landes vor den Bleichgesichtern zu schützen. Überall fällten diese schon rücksichtslos die guten kräftigen, alten und hohen Bäume und rissen den heiligen Boden auf. Wieder andere wühlten in der Erde herum wie Schweine, um das gelbe Metall / Gold und den grauen Stein / Silber, zu finden. Das Goldfieber schüttelte sie. Dabei funkelten ihre Augen und erbebten voller Gier und Verlangen. Das Gold verfolgte sie bis in ihre Träume hinein. Sie stahlen Edelsteine und Gold und verbargen es voreinander. Alles was sie taten, war wohlüberlegt und das Morden ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Überall zerschnitten Zäune die Heimat und ein freies durchwandern der Gebiete war nicht mehr möglich. War es doch ihre Natur mit den Jahreszeiten zu wandern, dorthin wo es Wild und Wasser gab. Aber am schlimmsten von allem, man verlor das wertvollste was man hatten, die Freiheit und mussten sich der verhassten Übermacht beugen. Sie selbst hatte das Unheil am eigenem Leib erfahren. Ihr geliebtes Volk gemeuchelt, der kleine Rest von Überlebenden wie Kinder und junge Frauen verschleppt oder als Sklaven verkauft. Wobei jeder Besitzer mit ihnen verfahren konnte wie er es wollte. Sie waren nicht nur ein Feind, sondern auch nur Farbige. Das Leben eines Indianers galt weniger als das eines Truthuhns. Fluchtversuche wurde mit einer grausamen Strafe bestraft wenn man sie einfing und keine Gnade war zu erwarten. Mit Fangstöcken wurden die Opfer eingefangen wobei eine Lederlasche um den Hals gelegt und festgeschnallt wird, was einen mörderischen Druck am Hals erzeugte. Wer an den Fangstock gekettet war, erlebte furchtbare Qualen, sobald er nicht auf jeden Schritt, jede Bewegung achtete. Dazu hatte jeder Jäger am Handgelenk eine Lederschnur, damit wurden nicht nur Pferde sondern auch Menschen gezüchtigt. Ihre Peiniger warenmisstrauisch und reizbar. Noch am gleichen Tag wurde ein hartes Urteil gesprochen. Mit Stricken an den Händen und Füßen an einen Pfahl gebunden wusste der Gefangene nicht wie viel Peitschenhiebe ihn erwarteten. Mancher Zuschauer stellten sich um den Pfahl auf um dabei zuzuschauen. Die Henker schlugen und zählten. Der Schmerz wogte auf und ab und verbrannte die Haut auf deren Rücken. Von der Anzahl und Kraft der Schläge hing es ab, ob sie tödliche Folgen hatten. Selbst als sie ohnmächtig in den Stricken hingen, empfanden sie noch immer diesen glühenden Hass in ihrem Herzen auf ihre weißen Peiniger. War das Urteil vollstreckt wurden die Fesseln zerschnitten und das reglose blutende Bündel sank herab. Mit zupackenden Händen schleifte man den reglosen Körper zu einer Art Holzkäfig und legte ihn auf den schmutzigen Boden nieder. Eine alte Frau mit schlohweißen Haaren, gestützt auf einen Krummstab, schlurfte mit einem Kräuterkorb heran. Sie hatte schon sehr viele der Verwundeten im hoffnungslosen Zustand untersuchte und geheilt. Sie bestrich den zerschundenen Rücken mit einem heilenden Balsam, deckte große kühlende Blätter darauf und legte einen Verband an, dabei sprach sie murmelnde Beschwörungen. Jetzt lag es am Willen der Ohnmächtigen am Leben zu bleiben und zog sich anschließend in eine Ecke mit Stroh zurück. Sie pflegte und wachte am Lager, blieb an der Seite des Verwundeten bis zur Heilung. Man hatte größten Respekt vor ihr und ihren Händen. Ja, all dies hatte sie gesehen und auch am eigenen Leib gespürt. Selber noch fast ein Kind, litt Salida ebenso unter Hunger und Durst, Schlägen, Beschimpfungen und falscher Freundlichkeit. Machte sie dafür aber wachsam und misstrauisch, denn überall lauerten Gefahren. Sie mied die Menschen, aber beobachtete diese mit forschenden Augen, wobei der einst arglose Schimmer der Jugend sehr schnell darin verloren gegangen war. Sie ertrug all die wechselhafte Stimmung ihres Besitzers, doch die vielen Kränkungen gruben sich tief in ihr Herz ein und wenn sie allein war, weinte sie bitter. Sie fühlte sich wie eine Maus die in einer Falle saß. Wie sehnte und wünschte sie sich ihr vergangenes Leben zurück. Alle Fröhlichkeit war von ihr gewichen. Etwas Trost und Hoffnung gab ihr Akamos. Akamos, kannte und spürte doch von klein auf die Härte und Gnadenlosigkeit der Welt. Hatte man es doch bei dem Vernichtungsfeldzug vor allem auf die Kinder abgesehen. Sie hörte wieder die Schreie, die furchterregend waren, wie das Schreien eines Tieres. Man betete inbrünstig leise hinter vorgehaltener Hand damit kein Laut nach draußen drang zu ihrem Gott und dennoch kam das große Entsetzen. Sein Mutter wurde im Kugelhagel getötet, als die Bleichgesichter ihr Dorf überfielen, er war noch kein Jahr alt, als sie ihm aus deren Armen einfach mitgenommen hatte. Sie blieb unbehelligt. Die Männer, die sich zur Wehr setzten, wurden getötet oder wenn sie mit dem Leben davon gekommen waren, was selten war, weggeschleppt worden. Viele der Ihren wurden in Reservate gesperrt, ohne Berge und Wälder, kein Jagdrevier oder fischreiche Flüsse oder Seen und gezwungen auf abgelegene, einsame, unfruchtbare Flecken verdorrter Erde zu leben. Man widmete sich der Aufgabe dieses primitive Volk, die Wilden zu erziehen. Die versprochenen Lieferungen von Lebensmitteln kamen bald selten oder gar nicht mehr und Sorge, wie sich das kleine Häuflein von Menschen in diesem Landstrich behaupten soll, lastete drückend auf deren Schultern. Aus großer Verzweiflung, aß man bittere Unkräuter oder mischte unter den gerösteten Resten von Mehl auch Lehm zum kauen. Kein Leid kann größer sein, als was sie erduldeten. Doch nicht genug, der weiße Mensch ist besonders voller Grausamkeit, denn, sie haben nicht nur allen indianischen Völkern sondern auch dessen Kindern unsere geliebte Heimat genommen, nein, den Müttern die Kinder aus ihren Armen entrissen und ihnen unsere Sprache verboten. Dazu kamen sehr viele eingeschleppte heimtückische Krankheiten, wie die Bläschenkrankheit, viele sehr viele starben daran. All die Verträge und Versprechungen die gesagt wurden, alles nur Lügen. Keiner sagt die Wahrheit darüber was sie mit dem indianischen Volk gemacht haben und bekamen noch Orden an die Brust befestigt für ihre hinterhältige Art zu kämpfen, was beinah zur kompletten Auslöschung eines einzigartiges Volkes geführt hätte. Dabei waren ihnen alle Mittel recht. Man stürzte sich auf alles, ermordeten hinterhältig die Häuptlinge und Krieger, Frauen, Kinder, Greise und schonten nicht einmal Säuglinge. Hochnäsig, sah man auf das rote Volk der Indianer herab und versahen ihr blutiges Handwerk gründlich und grausam. Plünderten und raubten Schmucksachen und alles was wertvoll erschien. Ja, der weiße Mann ist eine skrupellose und grausame Natur die kein Erbarmen kennt.Spät in der Nacht setzte sie sich unter eine alte Eiche, hier war sie allein und beobachtete die Sterne und versuchte hinter ihr Schicksal zu kommen. Je länger sie nachdachte, um so dankbarer war sie ihrem Schutzgeist. Mit Schaudern gedachte sie des Tages, als plötzlich ein verwundeter, hochgewachsener Dakota mit einem weißen Soldaten auf ihren Pferden, hier, auf der kleinen verkommenen Farm auftauchten. Hatte sie sich schon damit abgefunden, ihr Leben lang gequält und unglücklich zu bleiben. Alles was sie erlebt hatte, war ohne ihr Zutun über sie herein gebrochen. Trotz des widrigen Geschicks, richtete sie sich wie ein geknickter Grashalm wieder federnd auf und war nicht mutlos geblieben. Immer wieder hatte sie es gewagt sich gegen ihren Peiniger zu stellen und dafür brutale Gewalt empfangen. Akamos selbst noch im Kindesalter versuchte jedes mal mit all seinen Kräften, sie zu beschützen und bekam besonders dessen Grausamkeit zu spüren. Aber egal wie schlecht es ihr ging, in ihren Augen war ein seltsames Funkeln geblieben, das der Kampf trotz jeder Widrigkeit weiter gehen wird und hatte trotzdem immer ein Lächeln für Akamos in ihr Gesicht gezauberte. Oh, wie oft war sie blindlings mit Akamos, hinter sich herziehend, in den Wald geflohen, Zweige verletzten ihr Gesicht, schrammten Arme und Beine auf, verfing oder stolperte über Wurzeln, die Wunden schmerzten doch sie merkte es kaum und hastete voller Unruhe weiter, tastete sich dabei an Stämmen und Büschen vorbei. Doch jedes mal umsonst. Die Sonne neigte sich dem Abend zu, als die auf sie angesetzten Bluthunde beide aufspürten. Die Strafe folgte sofort. Trotzdem verlor sie nie die Hoffnung, sogar als man sie auspeitschte.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.09.2024.
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Tanz der Zauberfee
von Hartmut Pollack
Hier ist ein Buch geschrieben worden, welches versucht, Romantik in Worten zu malen. Gefühle in Worte zu fassen, die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fantasie zu überschreiten, ist immer wieder für den Poeten eine große Herausforderung. Zur Romantik gehört auch die Liebe, welche im zweiten Teil des Buches Platz findet. Liebe und Romantik sind und werden stets die treibenden Kräfte im menschlichen Leben sein. Hartmut Pollack legt ein neues poetisches Büchlein vor, das die große Bandbreite seiner lyrischen Schaffenskraft aufzeigt. Der Poet wohnt in der Nähe von Northeim in Südniedersachsen in der Ortschaft Echte am Harz. Die Ruhe der Landschaft hilft ihm beim Schreiben. Nach seinem beruflichen Leben genießt er die Zeit als lyrischer Poet. In kurzer Zeit hat er im Engelsdorfer Verlag schon vier Bände mit Gedichten veröffentlicht.
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