von Alfred Hermanni 29.11.2024
Sie waren schon da, bevor ich geboren wurde. Fünf Jahre vor meiner Geburt erschienen sie plötzlich und sowieso unerwartet.
Keiner wusste woher sie kamen oder wie sie zu uns fanden. Ein fremdes Raumschiff wurde von keiner Radarstation oder einem anderen Ortungssystem entdeckt. Sie erschienen wie aus dem Nichts, sagte mir mein Vater.
Es war völlig egal wie oder woher, das Einzige was zählte war das Warum.
Und das sollten wir schon bald erfahren.
Sie wollten spielen, einfach nur spielen.
So wie die Katze mit der Maus spielt, bevor sie verspeist wird.
Wie Katzen sahen sie auch aus, naja, nicht so richtig wie Katzen, aber doch ähnlich. Sie hatten humanoide Körper mit einer dünnen
Fellbehaarung und ein Gesicht, das sofort mit einer Katze assoziiert wurde. Irgendjemand nannte sie irgendwann Feliden, die Katzenartigen. Ja, und Eckzähne hatten sie auch, nadelspitz und furchteinflößend.
Die Augen einer Raubkatze, gelbe Iris und tiefrote Pupillen.
Angeblich sollten sie sogar im infraroten Bereich sehen können, definitiv wusste das aber keiner. Wir sollten nie die Gelegenheit bekommen, das herauszufinden.
Die Ohren abstehend und spitz zulaufend wie bei einem Luchs, aber ohne Haarbüschel.
Und sie hörten buchstäblich wie ein Luchs.
Die Nase flach und breit mit schlitzförmigen Nasenlöchern, die sie auch verschließen konnten. Ober- und Unterkiefer etwas nach vorn gestreckt, was den Eindruck eines Katzengesichtes verstärkte.
Ihre Fellfarbe und Fellzeichnung variierte wie bei unseren Hauskatzen auch.
Dreißig Jahre weilten sie nun auf unserer Welt. Warum sie ihre verlassen hatten, ob sie überhaupt aus irgendeiner Welt dieses Universums stammten oder aus einer Parallelwelt, aus dem Multiversum oder sonst woher, konnte niemand beantworten. Ist jetzt aber total egal, wen interessiert es schon. Warum? Es ist kaum noch jemand da, den es interessieren könnte.
Alle weg, fast restlos dezimiert bis auf wenige, die einsam herumstreiften und zu überleben versuchten.
So wie ich.
Sie spielten mit uns. Am liebsten spielten sie Fangen.
Wir wurden gejagt. Keine Hetzjagd mit anschließendem Fangschuss. Eine gut inszenierte Hatz durch Wälder, Sümpfe und den Resten unserer Städte.
Dann spielten sie mit mir.
Scheiß Spiel.
Ich rannte so schnell auf den Wald zu wie ich nur konnte. Den Rucksack mit meiner Ausrüstung und Proviant hatte ich fallengelassen. Jetzt kam es auf Geschwindigkeit an. Noch hatte ich einen Vorsprung, aber es kam schnell näher.
Nur meinen Bogen und den Köcher mit Pfeilen trug ich am Körper.
Ich erreichte den Wald und ging hinter dem ersten Baum in Deckung, als ein Blitzstrahl die Borke des Baumes verdampfen ließ.
Den Pfeil aus dem Köcher ziehen, die Nock auf die Sehne setzen und spannen war eine einzige fließende, schon oft ausgeführte Bewegung.
Mein Jagdbogen hatte eine Spannkraft von 60 Pfund, damit konnte man einen Hirsch erlegen. Das wusste ich aus Erfahrung und erinnerte mich an den letzten gebratenen Hirsch, den ich mit meinem Vater verzehrte. Lang ist's her.
Der nächste Blitzstrahl verfehlte mich knapp. Ich konnte die Hitze an meinem Hals spüren, als der Pfeil von mir abgeschossen wurde, dem Feliden in die Brust eindrang und er tot zu Boden fiel.
Ich ging zur Leiche des Jägers, zog mit einem Ruck den Pfeil aus seiner Brust und drückte die Pfeilspitze in den Boden, um sie zu reinigen.
Ich schaute mir die Leiche an und war erstaunt. Es war ein Weibchen, um es mal so zu sagen. Frau wollte ich die Bestie nicht nennen. Bei den Feliden hatten nur Weibchen Schnurrhaare.
Dann kam mir etwas merkwürdig vor.
Ihr Fell war gar kein Fell.
Es war nicht organisch.
Es war eindeutig künstlichen Ursprung.
Es bestand aus winzigen und dünnen, kurzen Fäden.
Aus welcher Art Material diese waren konnte ich mir nicht erklären.
Bis zur Halskrause war die Katzenartige damit bedeckt.
Ich berührte die Fäden vorsichtig mit der Pfeilspitze.
Kurz bevor die metallene Pfeilspitze die Fäden berührte, entstand ein kleiner Lichtbogen. Die Fäden waren also elektrisch geladen.
„Dann werde ich dich wohl Sparky nennen“, sagte ich zu mir selbst.
Zu wem auch sonst?
Dann erkannte eine kleine Spitze an ihrem Zeigefinger und folgerte, dass dort heraus der Blitzstrahl kam, denn eine Waffe trug sie nicht.
Interessante Technologie, musste ich zugeben.
Ich musste weiter, wer weiß wie nahe der nächste Felide war.
Meinen Rucksack holte ich mir zurück, schnallte ihn auf meinen Rücken und machte mich auf den Weg. Im Sichtschutz der Bäume ging ich weiter bis der Abend nahte.
Ich schaute nach einem Versteck für die Nacht und hatte Glück, ein verlassenes Haus nahe am Waldrand zu entdecken. Die nächsten Häuser waren über zweihundert Meter entfernt. Also wollte ich es wagen hier Schutz für die Nacht zu finden.
Hinter dem Haus erstreckte sich eine große Wiese mit Maulwurfshügeln und Kaninchenbauten.
Ich betrat leise das Haus und horchte. Kein Geräusch war zu vernehmen und so begann ich das Haus zu erkunden.
Die Zimmer im Erdgeschoss waren sogar zum Teil noch möbliert, Holzmöbel. Ein Tisch, vier Stühle und sogar ein Schlaflager. Eine zerschlissene Matratze lag auf einem etwa zwei Meter mal einen Meter messenden Bettkasten. Meine größte Überraschung war der offene Kamin im Wohnzimmer. Endlich konnte ich mir eine warme Mahlzeit gönnen.
Die musste ich aber noch fangen.
Die erste Etage war komplett ausgeräumt.
Der Dachboden enthielt ein leeres Holzregal.
Ich ging hinunter und kramte aus meinem Rucksack eine Drahtschlinge hervor.
Draußen befestigte ich die Schlinge an einen Ast, den ich fest in den Erdboden steckte.
Die Schlinge platzierte ich um das Loch und musste nur noch warten.
Es brauchte nicht lange und das erste Kaninchen zappelte um sein Leben.
Mit geübtem Griff brach ich ihm das Genick und ging hinein.
Das Karnickel legte ich auf den Tisch und ging wieder raus, um trockenes Holz zu sammeln.
Das Holzregal auf dem Dachboden zerlegte ich in seine Einzelteile
und brachte sie hinunter zum Kamin.
Bevor ich das Feuer entfachte, verdunkelte ich den Raum.
Ich wusste schon, dass es ein Risiko war ein Feuer zu machen. Denn wenn die Feliden tatsächlich im Infrarotbereich sehen konnten, wäre ein heißer Schornstein auch aus der Entfernung gut zu erkennen.
Dann fing ich mit der Zubereitung an. Mit meinem Messer, ein Bowiemesser mit dreißig Zentimeter langer Klinge, hieb ich den Kopf ab und holte das Karnickel aus der Jacke. Vorsichtig entfernte ich die Innereien, damit ich nicht versehentlich die Gallenblase aufschnitt.
Den Schürhaken steckte ich in das Kaninchen und drehte es über dem Feuer.
Ich hatte erst ein paar Bissen zu mir genommen, als ich ein Geräusch von draußen hörte.
Mit meinem Messer bewaffnet ging ich zur Tür und öffnete sie langsam einen Spalt breit.
Da stand er nun der arme Hund und blickte mich mit seinen treuen Augen an. Tja, dann wird das Karnickel eben geteilt. Ich öffnete die Tür nun ganz und ließ den Hund hinein. Sofort begann er zu schnüffeln und zu fiepen.
Ich warf ihm ein Stück Fleisch hin und er verschlang es gierig.
Dann witterte er die Innereien. Ich entfernte vorsichtig die Gallenblase und warf sie ins Feuer und bereute es sofort, der Gestank war fürchterlich.
Der Rest der Innereien war im Nu vom Hund verschlungen.
Er blickte mich an und sein Blick sagte: Mehr!
Aber erst wollte ich mehr von ihm wissen. Er trug nämlich ein Halsband. Also lockte ich ihn zu mir. Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich mir. Ich hielt ihm meinen Handrücken hin und er beschnüffelte ihn. Langsam bewegte ich meine Hand zu seinem Kopf und tatsächlich ließ er sich von mir streicheln.
Behutsam nahm ich ihm sein Halsband ab und schaute es mir an. Da stand eine Name auf der Innenseite. Er hieß Henri.
Ich rief seinen Namen und er schaute mich an und bellte.
Ich hockte mich vor ihm hin und streichelte ihn ausgiebig, was er genussvoll über sich ergehen ließ.
Und dann machte er etwas, das mein Herz tief berührte. Er legte mir seine Pfote auf die Schulter.
Jetzt hatte ich einen Hund.
Einen großen Hund. Ein Mischling. Ich schätzte ihn auf gut 70cm Schulterhöhe.
Lange Beine, großer Brustkorb und ein schlankes, windschnittiges Gesicht verrieten den Windhund in ihm. Sein hellbraunes, an der Brust und an den Beinen längeres Fell erinnerten mich an einen Afghanischen Windhund. Ich hatte mal Bilder in einem alten, zerfledderten Buch gesehen.
Er gefiel mir. Dann ging Henri zur Tür, bellte einmal kurz und ich ließ ihn hinaus.
Kurz darauf bellte es noch einmal kurz und Henri war zurück. Mit einem Kaninchen im Maul. Jetzt waren wir ein Team.
Die Morgendämmerung setzte ein und ich erwachte. Es juckte nirgendwo, ich musste mich nicht kratzen, also kein Ungeziefer in der Matratze.
Dann ging ich mit Henri hinaus, um Druck abzulassen.
Zum Frühstück gab es erst einmal die Reste vom gestrigen Abend und anschließend die Beute von Henri. Kaninchen war nun fester Bestandteil unsere Speiseplans.
Nach dem Frühstück spazierten wir hinaus und ich suchte in der Umgebung nach Bäumen und Sträuchern, die Obst oder Beeren trugen.
Mit Freude entdeckte ich einen Brombeerstrauch mit reichlich Beeren. Ich füllte sie in eine Tasche, die ich in meinem Rucksack bei mir hatte. Vitamine sind schließlich lebenswichtig.
Ich streifte weiter mit Henri durch die Umgebung, als ich völlig überrascht vor einem Kirschbaum stand, mit all seinen leckeren roten Früchten.
Sofort lief ich zum Haus, leerte die Tasche mit den Brombeeren und begab mich zurück zum Kirschbaum.
Prall gefüllt mit Kirschen ging ich langsam wieder zurück und naschte dabei von den köstlichen Früchten.
Ich leerte den Rucksack und die Tasche. Dann machte ich mich auf den Weg, um die weitere Umgebung zu erkunden.
Ich war etwa einen halben Kilometer vom Haus entfernt, als Henri zielstrebig auf etwas zulief.
Ich folgte ihm und da war sie: Eine Quelle. Frisches Wasser. Was wollte ich mehr? Ich trank ausgiebig, genau wie Henri.
Meine Feldflasche hatte ich bei mir und füllte sie mit Wasser.
Dann machte ich mich auf den Rückweg.
Unterwegs überkam mich der Gedanke, in dem Haus sesshaft zu werden. Keine gute Idee. Irgendwann würde man mich aufspüren, dann würden sie mit mir spielen wollen.
Ich erreichte das Haus am späten Vormittag. Der Himmel bewölkte sich mehr und mehr und versprach ein Gewitter am Nachmittag.
So kam es auch und es regnete den ganzen Abend.
Ich schürte das Feuer, die Chancen entdeckt zu werden minimierten sich im Angesicht des heftigen Regens.
Langsam wurde ich müde, also legte ich mich ins Bett und rief Henri, der sich zu mir ans Fußende legte.
Dem Prasseln des Regens lauschend, schlief ich ein.
Am Morgen regnete es noch immer.
Ich blieb mit Henri in unserem Unterschlupf und bereitete uns das Frühstück. Danach ging ich noch einmal durch das Erdgeschoss und fand eine schmale Tür, die ich gestern nicht bemerkt hatte. Im Glauben eine Abstellkammer zu finden, öffnete ich die Tür und sah eine Treppe die in einen Keller führte.
Der aber war zu dunkel, um dort etwas erkennen zu können.
Ich brauchte Licht, aber woher?
Die Kaninchenfelle enthielten Talg an den Innenseiten. Den rieb ich so gut es ging an einem der Holzscheite vom Regal und entzündete ihn am Kamin. Er brannte.
Vorsichtig ging ich die Kellertreppe hinunter.
Es befand sich hauptsächlich Gerümpel im Raum, aber einiges erregte meine Neugier.
Ein verschlossener Karton lag auf etwas, das irgendwann mal ein Kühlschrank war.
Darauf standen noch ein Topf aus Stahl, zwei Tassen und Teller aus Porzellan und ein paar leere Blechdosen. Im Topf lag Besteck aus Plastik, Löffel, Gabeln und Messer. Sogar eine Plastikverpackung mit sechs Kerzen. Glück muss man haben. Ich entzündete eine der Kerzen und löschte den brennenden Holzscheit. Dann brachte Ich alles nach oben und stellte es auf dem Tisch ab.
Ich war gespannt was sich im Karton befand.
Mein Glück war kaum fassbar, als ich den Inhalt sah.
Unglaublich.
In Folie eingeschweißte kleine Glasbehälter.
Darin, unfassbar, Salz, sogar schwarzer Pfeffer, Kräuter wie Basilikum, Petersilie, Oregano und einige andere.
Selbst wenn die Kräuter und der Pfeffer nicht mehr genießbar sein sollten, was ich aber nicht glaubte, das Salz war das wertvollste, was ich nun hatte.
Ich beschloss auch diese Nacht im Schutz des Haus zu verbringen.
Der nächste Morgen graute und ich erhob mich aus dem Bett.
Der Regen hatte aufgehört und ein fast wolkenloser Himmel kündigte einen warmen Sommertag an.
Nach dem Frühstück nahm ich mir vor, das nächste Haus zu erkunden, wer weiß was ich dort finden konnte.
Ich machte mich mit Henri auf den Weg und schon bald stand ich vor dem Haus. Die Fenster waren allesamt zerbrochen, aber von innen nach außen. Ich drückte die Tür auf und erblickte das Skelett eines Menschen, der Größe nach zu urteilen, vermutlich ein Mann. Die Wohnung war verwüstet, hier hatte ein Kampf stattgefunden und der Verlierer lag nun vor mir.
Zu finden gab es in diesem Raum nichts. Im nächsten Raum lag auch ein Skelett, aber etwas kleiner, wahrscheinlich die Frau des
Mannes.
Eine Tür führte zu einem kleinen Garten hinter dem Haus.
Der Garten Eden, dachte ich sofort.
Denn hier wuchs so einiges, das ich schon lange nicht mehr gesehen, geschweige denn, gegessen hatte.
Kartoffeln, Zwiebeln und sogar Möhren.
Ein kleiner Schuppen stand an den Resten eines Zaunes.
Ich öffnete die halb verfallene Tür und fand einen Sack aus Plastik.
Den nahm ich mir und füllte ihn mit dem Gemüse.
Dann ging zurück und verstaute alles im Haus.
Ich ging noch zweimal zu dem anderen Haus und brachte soviel
Kartoffeln mit, wie ich nur tragen konnte.
Ich wusste allerdings, dass ich mit soviel Ballast nicht weiterziehen konnte, aber das war mir egal.
Henri lief auf mich zu und hatte irgendetwas in seinem Fang.
Es war aber kein Kaninchen, sondern ein Huhn.
Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren und ein gegrilltes Huhn, mit Pfeffer, Salz und Kräutern, das wird ein leckerer Eintopf, dachte ich mir und das Wasser lief mir im Mund zusammen.
Den Vogel grillte ich im Kamin und zerlegte ihn in mundgerechte Happen. Natürlich bekam Henri seinen Anteil.
Die Suppe schmeckte mir ausgezeichnet und sollte auch noch für die nächsten Tage reichen. Das bedeutete allerdings weitere Nächte hier in diesem Haus. Das Risiko wollte ich aber eingehen, zu verlockend war die Aussicht auf kommende, leckere Mahlzeiten.
Da ich bisher auch keine Feliden bemerkt hatte, war ich recht zuversichtlich hier sicher zu sein.
Es wurden fast zwei Wochen, zwei Wochen, in denen ich mich satt gegessen hatte und nun, kurz vor dem Ende der Vorräte, mich wieder auf den Weg machen wollte.
Ich hatte meinen Rucksack gepackt und ging nach draußen, um Henri zu rufen.
Plötzlich stand er vor mir, der Felide. Keine Schnurrhaare, also kein Weibchen und deutlich größer. Ich schätzte ihn auf gute zwei Meter
Größe.
Er zeigte mir seine gefährlich aussehenden Zähne, sollte wohl ein fieses Grinsen sein. Dann hob er seine Hand, ich sah den Zeigefinger auf mich gerichtet, ich sah einen Schatten, der von hinten auf den Feliden zugeflogen kam, hörte das Knurren, das Geräusch von geborstenen Knochen und sah den Feliden vor mir zusammenbrechen, mit Henri im Genick.
Ich fing an zu zittern und beruhigte mich nur langsam.
Jetzt wusste ich definitiv, dass es Zeit wurde weiter zu marschieren.
Die Tage vergingen, Kilometer um Kilometer wanderte ich in Richtung Süden.
Henri war etwa fünfzig Meter vor mir, als drei Männer aus dem Sichtschutz von Sträuchern sich mir in den Weg stellten. Einer von ihnen trug ein Gewehr, der Zweite eine Pistole und der Dritte war wie ich, mit Pfeil und Bogen bewaffnet.
„Bleib ruhig, Junge. Wir sind keine Gefahr“, sagte der mit dem Gewehr.
„Wer seid ihr? Was wollt Ihr?“
„Keine Panik, komm einfach mit, dann verstehst du schon.“
Sie wirkten nicht gefährlich und ich beschloss ihrer Aufforderung nachzukommen.
Ich sollte es nicht bereuen, denn nach einem Kilometer tat sich vor mir ein Wunder auf.
Ein Dorf aus Tipis. Menschen tummelten sich und Kinder kamen auf uns zugelaufen.
Mir kamen plötzlich die Tränen und ich konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken.
„Wie lange ziehst du schon durch die Gegend?“ fragte mich der Anführer.
„Mein ganzes Leben, mein Vater starb vor, fünf, nein vor sechs Jahren.“
„Mann, das ist hart. Aber jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt.“
„Wie meinst du das?“ fragte ich ihn,
„Nun, wenn du willst kannst du hierbleiben, du bist jung und kräftig. Wir können jede Hilfe gebrauchen. Und wir haben Frauen.“
Frauen. Seit Mutter hatte ich keine Frau mehr gesehen, sie starb als ich zehn wurde. Lungenentzündung.
„Darf mein Hund auch bleiben?“
„Selbstverständlich. Er wird hier wohl das Alphatier werden, bei seiner Größe. Unsere Hunde sind deutlich kleiner.“
Ich sah mich um und erkannte vier Hochsitze um das Lager herum, auf jedem eine Person.
„Das sind unsere Sentinels, unsere Wächter. Sie sehen sehr gut und hören sehr gut, sogar Ferngläser haben sie. Wir haben dich schon eher gesehen als du glaubst“, wurde mir erklärt.
Außerhalb der Tipis bemerkte ich ein halbkugelförmiges Gebilde. Es bestand aus durchsichtigem Material von metallischen Fäden durchzogen.
Zwanzig Meter Durchmessend und fünf Meter hoch.
„Das war unser Schutzraum. Das Drahtgeflecht umspannt die gesamte Kuppel von innen und außen, auch der Boden ist verdrahtet. Ein Faradayscher Käfig, lässt die Blitzstrahlen der Biester nicht durch. Wir konnten etliche von den Feliden umlegen, wir sind gut bewaffnet. Vielleicht lag es auch daran, dass sie nie in der Nacht angegriffen haben. Ich vermute, das Gerücht über ihre Fähigkeit im Dunkeln zu sehen, stimmt nicht. Komm mit!“ forderte er mich auf. Wir gingen zur Kuppel und er öffnete sie.
Als ich eintrat befand ich mich in einem Waffenlager.
Sturmgewehre verschiedener Art, Panzerfäuste, Granatwerfer,
Pistolen und Revolver, Handgranaten und Maschinengewehre, sogar Schwerter, Bajonette und Kampfmesser wurden hier sorgfältig gelagert.
„Wo sind wir hier eigentlich?“ wollte ich wissen.
„Du bist in der Eifel. Früher war das hier ein Seminarzentrum. Das Gehöft was du dort siehst, war halb verfallen. Wir haben es wieder aufgebaut. Es hieß „Der Beuerhof“. Du kannst in einem der Tipis wohnen oder dir im Haus ein Zimmer einrichten, entscheide selbst.“
Zehn Jahre später habe ich meine Entscheidung nicht bereut, im Gegenteil. Ich blieb in der Eifel und hatte eine sehr liebe und auch hübsche Frau.
Das größte Geschenk aber waren zwei Kinder. Ein Junge und ein Mädchen.
Wir waren eine Familie.
Feliden wurden seit fünf Jahren nicht mehr gesehen.
Sie kamen aus dem Nichts, sie verschwanden im Nichts.
Ende
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Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Alfred Hermanni).
Der Beitrag wurde von Alfred Hermanni auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.11.2024.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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FREUDE - Das dichterische Werk 2002 - 2006. Freude beim Lesen
von Manfred H. Freude
Gedichte Edition. Manfred H. Freude, geboren in Aachen, lebt und arbeitet in Aachen. Erste Gedichte 1968. Er debütierte 2005 mit seinem Gedichtband: Alles Gedichte – Keine Genichte. Weitere Gedichte und Essays in verschiedenen Anthologien, Zeitschriften; Prosa und Lyrik im Rundfunk und in weiteren sechs Gedichtbänden. 2007 wurde eines seiner Dramen mit dem Titel: Im Spiegel der Ideale aufgeführt; 2008 sein Vorspiel zum Theaterstück: Faust-Arbeitswelten. Sein letzter Gedichtband heißt: Vom Hörensagen und Draufsätzen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen. Er studiert an der RWTH Aachen Literatur, Kunst und Philosophie.
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