Francois Loeb

AMBASSADE DES ILES DE REPRODUCTION

Die Botschaft der Botschaft e in der neuesten Wochengeschichte und den Dreisatzroman, beides aus meiner Feder Er-kündigen:

AMBASSADE DES ÎLES REPRODUCTION

An regnerischen Tagen liebe ich es in der kleinen Stadt, in der ich wohne herumzuschlendern. Neue Strassen zu entdecken. An Haustüren Namen und Gewerbe zu erforschen. Was habe ich innerlich geschmunzelt, meinen Schatten sogar zum sonnigen Lachen gebracht, als ich vom Zahnarzt Dr. dent. Pein las. Ich wundere mich immer wieder, dass ich in meiner Heimatstadt mit knapp 45.000 Einwohnern Erstaunliches und Neues entdecke. Bistros, die erst kürzlich ihre Pforten öffneten. Herzhaften Bratenduft, der aus einem Küchenfenster in die Strassenebene wallt. Dann die Kaffeerösterei, die meinen Gaumen zur Weissglut reizt, denn ohne das kleine heisse Ristretto Tässchen wird er mit der Expresspost der roten und nicht der blauen Blutbahn, bald Krokodils-Tränen über das Verpasste in meine Augenhöhlen senden.

Heute habe ich reiche Beute bei meinem Stadtbummel erlegen können: Eine vegane Metzgerei mit biologischen Produkten nur aus unserer Region. Sie verspricht im Schaufenster biologische, ungeschlachtete, auf heimischem Boden gewachsene Lämmchen als Tagesspezialität zu geschlagenem Preis. Und nicht weit von der veganen Schlachterei in einer Seitenstrasse ein grosses Gebäude. Aus Holz. Mit ausgesägten Verzierungsbalkongeländern. Passt hervorragend zum polierten, grossflächigen klingellosen Schild in reiner Bronze die wie Gold im Nachregenabendsonnenlicht leuchtet. Auf ihm in kunstvollen dreidimensionalen Buchstaben, die den Blick der Betrachter, auch den meinigen magisch anziehen: AMBASSADE DES ILES REPRODUCTION. Auffallend ist, dass das Dächlein auf dem I des Wortes ÎLES fehlt. Hat ein Wirbelsturm, ein Hurrikan der Stärke 6 gewütet, als es erstellt wurde? Denn es muss sich, das nach meinen im Schulfranzösisch stecken gebliebenen Sprachkenntnissen nach, mein Lehrer würde sich darob im Grab umdrehen, auf ebendiesem Wort befinden. Entschliesse mich keinen Fake News Raum zu lassen, direkt in der Botschaft nachzufragen.

Ambassade? In unserer Kleinstadt? Seltsam. Doch nachvollziehbar. Hier ist der oder die Botschafterin eines wohl winzigen Staates eine Persönlichkeit erster Güte. In der Hauptstadt bestimmt unter ferner liefen im 162.ten Rang. Suche die Klingel. Oder den mit Palmöl geschniegelten, zur Holzkonstruktion passenden Klopfer. Nicht auszumachen. Greife nach meinem Handy. Siri nach der Nationalhymne der ÎLES Reproduction, selbstverständlich inklusive davon gewehtem Dach, das stolz auf dem I zu thronen hat, fragen. Denn nicht umsonst hatte ich bei den Sängerknaben unserer Stadt bis zum Stimmbruch erfolgreichen Unterricht. Ersang mir damals damit die Promotion in die nächsthöhere Klasse. Wäre sonst sitzen geblieben. Sogleich erscheint ein Notenblatt auf dem Display meines Smartphones, das mir mehr als heilig ist. Räuspere mich. Hole tief Luft, auf dass mein Klangkörper, wenn auch falsch, doch überlaut klingen möge.

Und tatsächlich erscheinen auf dem Holzbalkon livrierte Menschen, die samt kleinem Hündchen alle in Habachtstellung und Hand oder Pfote auf dem Herz, meinem Gesang aufmerksam folgen. Mir darauf das Haupttor sperrangelweit öffnen, mit Handzeichen den Eintritt weisen. Werde in einen ausser einem langen Tisch leeren Raum geführt. Auf diesem das fehlende ^ bereits von allen Seiten angeknabbert, als sei dieses dasjenige des Hexenknusperhäuschens. Wie ein Staatsgast schreite ich auf rotem Teppich voran in das nächste Zimmer. Dort stelle ich meine mich umtreibende Frage nach dem Fehlen des ^ auf dem Schild. Da erscheint eine als Mensch verkleidete Maus. Stellt sich auf zwei Pfoten und weist auf den Landesnamen hin. Bemerkt dazu, dass die Übersetzung in die hier geläufige Sprache Wiederholung bedeute. Und zwar mit IE geschrieben. Die Geschichte der Menschen beruhe auf steter Reproduktion wie das der Mäuse. Kriege, Lügen, Kämpfen, Vertreibungen, bei jenen die sich Humane nennen. Ein auf Verzweiflung deutendes Lachen erscheint jetzt auf dem Mäuse-Schnäuzchen. Bei uns Mäusen lebenslange Flucht vor Katzen bevor das kurze Leben in den tigerscharfen Zähnen der Miezen endgültig zu Ende geht.

Die Ambassade, in der ich hochwillkommen sei, habe die Aufgabe als Abhilfe das ^ zu verspeisen. Seit Jahrhunderten arbeite diese Botschaft daran. Doch den kurzen Mäusezähnen gelinge jeder Generation nur ein Millimeter kleines Stück. Und so wiederhole sich Geschichte auf dieser Welt immer weiter, bis das Dach vollkommen verspeist und verdaut sei.
Er oder sie, ich kann das Geschlecht des oder der Botschafterin nicht bestimmen, bittet mich als Dächleinfresser als Beamter 3.Ranges zu bleiben, um mit meinen grossen Zähnen beim Verspeisen mitzuhelfen. Ehrlich gesagt schmeckt das Gericht nach dem ersten Bissen wie Einheitsbrei, sodass ich meine neue Stelle auf der Stelle in der Probezeit kündige, fluchtartig die Ambassade ohne ein Stück ^ im Dogy-Bag einzupacken verlasse …


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

D I E I N S E L

Glückselig
Oder mehr mehlig
Die Insel auf der wir leben.

Leben oder mehr
Wie auf einer
Fliegenfalle
Kleben.

Wer will das
Schlussendlich
Genau bestimmt Wissen
Liegend auf der Erde Ruhekissen.

Herzlichst
François Loeb
Weitersagen falls die Wochengeschichte und der Dreisatzroman gefallen haben und das kostenlose Abonnieren, Ihren Kontakten mit meiner Homepage francois-loeb com empfehlen!
>

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Francois Loeb).
Der Beitrag wurde von Francois Loeb auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.11.2024. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Francois Loeb als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Emerichs Nachlass von Axel Kuhn



„Emerichs Nachlass“ ist ein Krimi, der im Jahre 1985 in Stuttgart spielt, vor dem Hintergrund des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak, und in einer Zeit, in der sich auch noch die Stasi von der fernen DDR aus einmischen kann.

Emerich war ein Freund Hölderlins, und in seinem Nachlass könnten Briefe liegen, die den Dichter in einem neuen politischen Licht erscheinen lassen. Doch kaum sind Stücke aus diesem Nachlass aufgetaucht, liegt ihr Besitzer in seinem Schlafzimmer tot auf dem Boden. ...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Rollenspiele / Adventures" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Francois Loeb

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

GEDANKENGÄNGE von Francois Loeb (Sonstige)
Er war BEIRUT von Dieter Christian Ochs (Skurriles)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen