Helmut Hartl

Traummalers Reise zur Regenbogenwiese

 

 

Mein Freund leg ab die Bürde

Verirrst dich in der Sucht

Es raubt dir Sinn und Würde

Der Schwache sei verflucht

 

Wahnbilder, Hoffnung, Wirklichkeit? 

 

Wer könnte es gewesen sein, der in jener stürmischen Osterglockennacht Traummalers Rufnummer wählte.

Woher kam er, der Anruf? Kam er von Rosenherz?

Egal, -wer immer es auch gewesen sein mag, es wäre zu spät gewesen.

Er sei nicht mehr zu erreichen, schnarrte es vom Band seines Anrufbeantworters.

Aufgegeben, der Verirrte, er hatte aufgegeben.

Er hatte er sie nicht mehr geschafft, die letzten paar Pinselstriche ins erlösende Geborgensein, das er in seiner ungestillten Sehnsucht ins Herbstlaubbuch malen wollte.

…das letzte Grün… sein Hoffnungsgrün… von zerstörerischen Zwängen getrieben, hatte er es aufs Spiel gesetzt, und verloren… endgültig verloren…?

 

Er hätte es ahnen… - nein, wissen... er hätte es wissen können.  

…diese hinterhältigen Eisschollenfratzen…   

Du untertäniger Traumspinner, was erwartest du dir?

Geborgensein für dich, - dass ich nicht lache!  

…lächerliche Traummalerei das ist alles, was dich erwartet, …immer wieder erwarten wird…

…vergessen du Träumer, du musst sie vergessen…

Lass los, wenn es nicht wallen will,  schließ dieses abgeblühte Herbstlaubbuch du verschwendest dein Grün, drängten sie ihn, du beraubst dich deiner Lüste.

Komm zu uns! Schlüpf in unser Gelege! Bemale Trüffeleier, - betörend prickelnde  Champagnertrüffeleier, … nur ein paar grüne Tupfer… dann werden deine Träume zügelloser… hatten sie geschnurrt…

Ja, Rosenherz, damit köderten sie ihn.

…, grüngepunktete,  betörend prickelnde Champagnertrüffeleier…

Und der Haltlose schloss das Herbstlaubbuch… verramschte sein Grün.  

…seine verdammte Schwäche, sie hatte ihn in die Knie gezwungen, in den Lügenpfuhl gelockt…  

 

Aufgewühlt taumelte Traummaler durch den sintflutartigen Regen, warf sich in seine zerdellte Rostlaube und fuhr los.

Was hatte er vor, der Verirrte?

Entfloh er einem hässlichen Wahn? Entfloh er der heuchlerischen Wirklichkeit?  Oder träumte er? Spann er nur seinen unerfüllten Traum  einer gefühlvolleren Welt, - den Traum von Geborgensein?   

 

Wie winzige Geschoße peitschten die schweren Regentropfen gegen die Windschutzscheibe seines ramponierten Vehikels.  

…aus den Lautsprecherboxen des Autoradios hämmert AC/DC.

“I’m on the highway to hell, - highway to hell…”

…ja, zur Hölle, zum Teufel mit euch…

Schluss damit … jetzt ist Schluss mit dem widerlichen Gepinsel …   

Aufgewacht, das entgleiste Traumspinnerchen ist  aufgewacht … endlich aufgewacht!

Langohr hat ihn wachgerüttelt!

…das wachsame Langohr… er konnte es nicht mehr ertragen, dieses jämmerliche Nesthockergeborgensein. Alles Blendwerk, Lüge, - prickelndes verliert… macht blind…

Adieu, - adieu ihr niederträchtige Champagnertrüffeleierbrut!

Ins Treibeis…ihr habt ihn ins Treibeis gelockt,  hinein in ein Chaos von Ausflüchten, hinein in den Wahnsinn, einen alles zerfressenden Nesthockerwahnsinn.

Gestern, Langohr…  gestern Nacht… da solltest du dabei gewesen sein. Da war es wieder so weit.  Da ließ er sich wieder umgarnen. Da solltest du gesehen haben, wie siedend heiß sie sich füllte, die Brutstätte seiner abgründigen Champagnertrüffeleierwelt.  

…wie wollüstig er darin grölte, dieser doppelzüngige Schmarotzer…  …wie fieberhaft er paddelte in den gärenden Tümpeln seiner alptraumbesudelten Verdorbenheit…  

Prosit, auf dass er kentern möge, dieser Rasende, und sein morbides Ruder in haltloser Illusion zerbreche!

Verflucht sei der Schwache… nie mehr soll es sein… nie, - nie mehr wieder!

Traummaler dankt ab, im Osterglockengeläut zertritt er eure Gelege.

Aus und vorbei, ihr Nesthockerbrut - jetzt bestimmt Langohr wo es langgeht.  

Majestätischer Abgang im Auferstehungsgeläut!

…er findet den Weg ins Geborgensein.

…versprochen Langohr, … der Verlorene, er hat es ihm versprochen…

auf der Regenbogenwiese, hauchte er … der Augenblick wird kommen, wird vergehen wie honigsüße Träume…

…der Fahrplan, Langohr - du hast ihn doch den Fahrplan zur Regenbogenwiese …

 

Autobahnkreuz Lustheim Nord…

Der Weg Langohr, …wohin … links, …rechts?  

…links Traummaler … nach links! 

… ins Glockengeläut… ins Osterglockengeläut…

…und die Eisschollenbrut geiferte…

Du sollst anhalten, du kümmerlicher Traumspinner! Langohr, …sag ihm er muss anhalten, er muss leiden … er hat sein Grün verspielt…hat sich verirrt…die Grüngepunkteten, sie lassen ihn nicht los…

 

Von wegen ihr heimtückischen Albtraumfratzen! … verpisst euch!

Traummaler will es nicht mehr, er hasst dieses niederträchtige Muss. Zerfallende Fassade flicken…welkende Illusion  bepinseln…

er hasst dieses schäbige Prickeln…diese endlosen Treibeisnächte, die verzweifelten Schreie nach Geborgensein…verhallend im Eisschollenchaos, eurem elend verlogenem  Gelegemorast.

Nein, nein ihr Trüffeleierbrut… nicht leiden, jauchzen wird er, - eurem elenden Sumpf entkommen!

Langohr lässt ihn nicht im Stich …

Schluss damit, endgültig Schluss mit diesem grüngepunkteten   Albtraum!

Regenbogenwiese… ins Herbstlaubbuch malen…

 

Achtung Autofahrer, wir unterbrechen unsere Sendung für eine dringende Verkehrsmeldung… auf der Ostumfahrung A99 kommt ihnen ein Falschfahrer entgegen.

Fahren sie in beiden Richtungen äußerst vorsichtig, und überholen sie nicht.

Still, ihr Nichtswisser! … schließt eure Schranken, … Traummaler ist auf den richtigen Schienen…

…zum Teufel mit diesen Kopflosen …

…Langohr siehst du sie auch … siehst du die vielen Irrlichter… schau, wie sie rasen, wie knapp sie an uns vorbei huschen…

Hey, passt auf… -passt doch verdammt noch mal auf, auf eurem Gleisgewirr…

…aus dem Weg…fort mit euch ihr aufdringlichen Blautröten…

…Traummalers Rostlaube schrammte die Leitplanke...

 

…der Anruf, Langohr… vorhin, … der Anruf, … war es Rosenherz?

…der Verirrte, er hob nicht ab, …warum hob er nicht mehr ab … Langohr, warum…

Warum…warum… zum Teufel noch mal, wieso fragst du mich jetzt so was!

Weil es leer war dein lasterhaftes Traumspinnerhirn!

Wieder einmal leer und ausgebrannt wie die gewissenlosen Worte, die du ihr in veilchenblauer Schalheit ins Herbstlaubbuch schmiertest…  

… ranziges Stroh, …wortbrüchige Tintenkleckse…

Langohr, dieser Narr! Wie konnte er so was nur zulassen?

Froh sei er, - ja glücklich, dass sein Hoffnungsgrün nie wiederkehren wird, schrieb er, dieser haltlose Gaukler! 

…nein, Langohr, das wollte er nie, - … wollte sie nicht unglücklich  sehen…

…gelöscht Langohr, …er hat diese Worte gelöscht…für immer gelöscht.

Ins Chaos…ins farblose Chaos hatten sie ihn gestoßen…

…büßen sollte er, nur noch büßen, - sich winden in blutleerer Einöde aus  zähem Morast und brackigen Tümpeln… oh, wie niederträchtig!  …ewig büßen in trostlos grauer Sehnsucht…

…büßen… verloren …vergehen …

 

Oh mein Gott, vergehen… wie einst der Verlorene.

Gegangen, Langohr, er ist einfach gegangen…eilig hatte er es, - viel zu eilig… dem Ruf der  Sternenfee, er musste ihm folgen.

…zurück… Langohr, der Verlorene er kam noch einmal zurück …

Er suchte nach Rosenherz, fand mich … ja mich fand er in jener ausschweifenden Champagnertrüffeleiernacht mich…

… bleiben? … nein Langohr, er wollte nicht bleiben …sein Schwert…nur sein Schwert es blieb.

Geborgensein, er nannte es Geborgensein …  

„Hier du untertäniger Träumer“, flüsterte er, „mit diesem Schwert  kämpfte ich für Rosenherz!“ „Jetzt soll es dir gehören!“

„Dort wo ich hingehe“, sagte er, „brauche ich es nicht!“

„Nimm du es, - kämpfe um sie!“

„Rosenherz soll weiterleben!… lass sie nicht straucheln auf den rohen, gefühlskalten Pflastersteinen!“

Das traust du mir zu? - mir diesem gescheiterten Traumspinner.

…ich bin schwach, ich bin kein Kämpfer… dein Schwert, wie könnte ich es jemals ziehen …

…es steckt fest, … hoffnungslos fest im sehnsuchtszerfressenen Trugbild.

„Doch du schaffst es,“ hauchte er, der Verlorene.

…suche die Regenbogenwiese, dort soll es geschehen… der Augenblick wird kommen, wird vergehen wie honigsüße Träume…

 

…hatte er dies alles nur geträumt, oder war es wirklich geschehen …?

Langohr, er weiß es nicht, …er weiß es verdammt noch mal nicht mehr.

…verirrte Seele … er findet doch zu ihr…?

 

Achtung Autofahrer auf der A99 in Richtung Lustheim. Wir wiederholen unsere Verkehrsdurchsage.

Zwischen Neuherberg und Lustheim Ost kommt ihnen ein Falschfahrer entgegen.

Fahren sie in beiden Richtungen äußerst vorsichtig, fahren sie rechts und überholen sie nicht.

 

Traummaler fieberte…

Geborgensein… wo sagte er der Verlorene?  …wo soll es geschehen? …auf der Regenbogenwiese sagte er…  

 

Ausfahrt Regenbogenwiesenimm sie Traummaler … verdammt nochmal, jetzt nimm sie doch die Osterglockenausfahrt…das Geläut der Auferstehungsglocken, es ist schon zu hören…hörst du es nicht?

…ding-dong… ding-dong…ding- dong…

… Langohr - soll er es tun? … soll er es tatsächlich tun?…

Und die Grüngepunkteten tobten…nein, zurück, Langohr halt ihn zurück  das darf er nicht, das schafft er nie der nichtsnutzige Bastard, er redet wirr… er entkommt uns nicht … leiden soll er… leiden…  

… still ihr Nesthockerbrut, das wird er nicht … verflucht sei der Schwache!

Dort - dort vorne, seht ihr sie, seht ihr die Brücke, die mächtigen Pfeiler ins Geborgensein.  

Vergessen, …Traummaler  wird  gehen…vergessen…

Langohr, … wie wird es enden …?

In Trümmern Traummaler, in scharlachroten Scherben wird es enden…   

Habt ihr das gehört ihr verlogenen Trüffeleierscheisser… in Scherben, in scharlachroten Scherben… 

Brennen, lodern, -in Flammen stehen soll sie, eure gottverdammte Nesthockerwelt!    

Langohr, das Osterglockengeläut, - laut… ich hör es ganz laut …ding, dong…ding, dong…

 …ach Gott wie entzückend, die Welt jubiliert!

… enden in Trümmern, in scharlachroten  Scherben…

…  jetzt kommt … kommt alle raus aus eurem verlogenen Eisschollenmorast…seht es euch an, wie traumhaft es zerschellt, euer widerliches, grüngepunktetes Champagnertrüffeleiergelege…     

…oh, wie herrlich, diese lodernden Nester…

Zum Teufel noch mal, eilt, eilt herbei ihr Hirngespinste,  …breitet euch  aus… spannt euch  über das schwelende Traumzelt… der haltlose Gaukler tanzt auf glühenden Eisschollen…

…auf Trümmern …auf scharlachroten Scherben…

Langohr, getan…er hat es getan, …endlich getan…  

Traummaler ist angekommen, … die Regenbogenwiese sie blüht…

 …der gehasste, innig geliebte Nestverweigerer, er ist ihr ganz  nah…

…die Sehnsucht Langohr, … die Sehnsucht sie lebt, …sie ist nicht mehr grau, regenbogenbunt ist sie!

…und das Schwert des Verlorenen löste sich…

 

…einen Augenblick, - nur einen einzigen Atemzug lang sollte der  Verirrte erfahren, was Geborgensein bedeutet…

Durch hüfthoch wogendes Verlangen stolperte Traummaler ins grell erleuchtete Nichts…  

…und die Hoffnungsblüte, sie öffnete sich, … lodernde Regenbogenlust!    

Honigsüße Flammen, die er spüren kann, - überall spüren kann!       

Oh, mein einsamer Traummaler… komm… komm zu mir …lass uns vergehen im Regenbogenlicht … nie, -nie mehr wiederkehren …

…und der Becher der Sehnsucht, er füllte sich…

Der Göttertrunk schwoll an zur Springflut… -lass es strömen, fließen, …lass uns schweben,- in die Unendlichkeit schweben!  

…vergessen… vergehen… geborgen sein…

…und der Augenblick versank schweigend, zerfiel wie das Herz aller  Begierden… 

 

Achtung Autofahrer auf der Ostumfahrung A99, … Stau nach einem  schweren Verkehrsunfall, - der Verkehr wird umgeleitet.  

 

Epilog  

Oh mein Gott, - wo bin ich hier?...

… es schneit so bezaubernde Gedanken, so viele schöne Worte… -oh dieses herrliche Blühen! …seht nur…die vielen Blumen… alle nur für mich?

Ja, du einsamer Träumer… alle nur für dich!

…wer…wer seid ihr…?

… ich bin die Sternenfee…

Die Sternenfee? …sag…bin ich hier auf der Regenbogenwiese, oder bin ich ein Verlorener, …für immer verloren?

Nein mein Kind noch bist du nicht verloren, du sollst leben…Komm mit mir, schöpf aus meinem Hoffnungsgrün… du sollt es dir aufbewahren… ins Herbstlaubbuch malen…

…und jetzt geh, …geh zurück, sie wartet auf dich …ich will, dass deine Seele wieder atmen kann…

…und wie sie atmen wird meine Fee, und wie…!

…hier… Rosenherz, … hier… hier bin ich …

 

Geborgensein, verzweifelt hatte er danach gesucht. Hatte es verloren in den bodenlosen Tiefen seiner Ausflüchte, soll es wiedergefunden haben im Osterglockengeläut…

… mach’s gut mein einsamer Traummaler, mach’s gut, … 

 

…manchmal ist Träumen nur schmerzlich, sagte sie…                      

helmut h. 2024

hatte diese Geschichte vor einiger Zeit  veröffentlicht,  den Text versehentlich gelöscht, - jetzt wieder eingegeben

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.04.2025. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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