In meiner Kindheit und Jugend gebrauchten wir für den Ausdruck des Mißbehagens viele Begriffe, die heute mehr und mehr der Vergessenheit anheimgefallen sind oder einen Bedeutungswandel erfahren haben. Wir weinten, heulten, flennten, fenzten, schluchzten, jammerten, wimmerten, winselten, plärrten, grollten, grummelten, maulten oder grämten uns und greinten. Das letztgenannte Wort hat seinen Ursprung im Mittel- oder Althochdeutschen und bedeutet weinen. Für weinen benutzten wir auch noch das Wort grinsen, das heute eher ein unverschämtes Lächeln ausdrückt. Es geht auf das Althochdeutsche Wort grinen zurück, das mit seufzen übersetzt wird und sich in abgewandelter Bedeutung in grienen wiederfindet, was als ein weniger unverschämtes Grinsen gedeutet wird. Im Englischen werden heute noch die Worte greinen und grinen in Form von to cry, to grin und groan für weinen, grinsen und Stöhnen gebraucht. Auch in den skandinavischen Sprachen findet man ähnliche Entsprechungen.
Die Bezeichnung „Gründonnerstag“ geht vermutlich auf das altdeutsche Wort “greinen“ zurück, bedeutet also einen Donnerstag zum Heulen, denn der Überlieferung nach ist es der Tag, an dem Jesus Christus verraten und damit seinen Häschern ausgeliefert wurde. Karfreitag ist dann der Tag der Besorgtheit und der Trauer um Christi Tod am Kreuz. Sein Name leitet sich vom althochdeutschen Wort cara ab, was wohl auf das lateinische Wort caritas, Fürsorge, zurückgeht. Im Englischen ist es noch heute als care gebräuchlich.
Angesichts der Vielfalt und der feinen Bedeutungsunterschiede der eingangs aufgeführten Wörter, mit deren Hilfe man sein Mißbehagen ausdrücken konnte, wird ersichtlich, wie reich unsere Sprache einmal war. Deshalb sollten wir nicht nur an einem Donnerstag im Jahr greinen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.04.2025.
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