Es gibt drei Arten offizieller Irreführung: die Statistik, die diplomatische Note – und den Wetterbericht.
Zunächst halten wir fest: Dem Wetter ist physiologisch nicht zu entkommen. Es gehört zu den ältesten Weggefährten der Menschheit, älter noch als Neid und Steuer. Seitdem wir auf zwei Beinen über diesen Planeten stolpern, stolpert das Wetter mit – mal lachend, mal grimmig, meistens ohne jede Rücksicht auf uns.
Doch trotz dieser langen Kameradschaft sind wir dem Wetter bis heute in herzlicher Abneigung verbunden geblieben. Wer glaubt, die Geschichte der Menschheit sei eine Abfolge heroischer Errungenschaften, verkennt die eigentliche Triebkraft: Es ging stets darum, sich irgendwie gegen Nieselregen, Hitzewellen und Hagelstürme zu behaupten. Unsere klügsten Erfindungen – vom Regenschirm über Gummistiefel bis zur überdachten Shopping-Mall – sind letztlich nichts anderes als Hilfskonstruktionen im ewigen Ringen mit der meteorologischen Anarchie.
Und weil wir das Wetter weder bändigen noch bestechen können, wollen wir wenigstens wissen, was es als Nächstes vorhat. So haben wir uns auf ein kollektives Ritual der Selbsttäuschung eingelassen, genannt: Wettervorhersage. Heute anstelle von Bauernregeln benutzt man Hochleistungscomputer, interpretieren Wolkenbilder und werfen in heroischen Anläufen Prognosen aus, deren Treffsicherheit mitunter an die eines Blinden beim Bogenschießen erinnert.
Trotz aller technischen Fortschritte: Wir haben das Wetter nicht im Griff. So sehr uns die Sonne erfreut – gegen Regen, Wind und Hitze bleibt uns nichts anderes übrig, als sie tapfer zu ertragen. Das Wetter bleibt ein anarchischer Mitspieler. Und wir – seine geprügelten Statisten, die wahlweise frieren, schwitzen oder fluchen dürfen, gelegentlich alles gleichzeitig.
Nach alter deutscher Volksmeinung ist kein Geringerer als der heilige Petrus persönlich für das Wetter zuständig. Inzwischen jedoch drängt sich der Verdacht auf, dass Petrus entweder einen sehr eigenen Humor pflegt – oder speziell gegen Deutschland gewisse Ressentiments hegt. Denn egal ob Regen, Sturm oder Sahara-Hitze: Die Mehrheit des an Demokratie gewöhnten Volkes bleibt zuverlässig unzufrieden. Und die Medien, stets hilfsbereit, haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese nationale Unmutsdiät täglich neu anzurühren – als Ersatzrevolution für das Wohnzimmer. Doch allen Aufständen zum Trotz: Das Wetter lässt sich nicht demokratisieren. Es bleibt ein Diktator.
In dieser tristen Wetterrealität hat die Wettervorhersage erstaunliche Popularität erlangt. Fernsehsender schmücken ihre Wetter-Updates inzwischen aus wie Hollywood-Blockbuster: Blitzende Animationen, strahlende Moderatoren, donnernde Musik – und am Ende bleibt es trotzdem beim alten Lotteriespiel. Früher wurde das Wetter immerhin ehrlich ausgewürfelt; heute wird es wissenschaftlich begründet – jedoch mit denselben Fehlerquoten.
Somit lässt sich beruhigt feststellen: Das Gespräch über das Wetter gehört zu den langlebigsten Kulturtechniken der Menschheit – zusammen mit dem Meckern über Politiker und dem verzweifelten Versuch, beim Bäcker das Kleingeld passend zu haben.
Am Ende bleibt nur eine unumstößliche Realität:
Das Wetter selbst kennt sich und weiß, wie es sich zu verhalten hat! Es hält uns auf Trab.
Und wenn wir ehrlich sind: Es ist gut, dass die Natur nicht nach unserer Pfeife tanzt.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.04.2025.
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