Leonhard Ried

Ein morgendlicher Spaziergang Anfang Oktober!



Im hohen Bogen gleitet ein Turmfalke über den Himmel, der noch dominiert wird von dunkgrauen Wolken. Ich verfolge ihn mit den Blicken, bis er bodenwärts segelnd hinter einigen Laubbäumen verschwindet.
Ein kleiner empfindsamer Hund trägt schon ein dünnes Mäntelchen. Die Blätter eines Kugelbaums sind unten noch grün und oben schon gelb.

Auf dem Weg über die Ampel höre ich das Gedröhn der Autos, die hier zum Stehen kommen. Der Friedhof wird von allen Seiten beschallt durch kleine Chöre von Krähen. Den Einsatz gibt ein unsichtbarer Dirigent.

Am Wegesrand stehen schöne große Kränze, die von einer Beerdigung herrühren, die kürzlich hier stattfand. Auf den Bändern stehen sehr persönlich gehaltene Sätze, die viel Zuneigung ausdrücken. “Du warst ein wunderbarer Mensch! Wir werden dich nie vergessen!”

Vor dem Supermarkt begegnet mir ein ehemaliger Kollege, den ich schon für tot gehalten habe. Jetzt steht er lebendig vor mir. Er reicht mir die Hand und will meinen Namen wissen, der ihm in der Zwischenzeit entfallen ist.

Bald kommt mir eine etwa 30-jährige Frau entgegen. Ihre Haare sind schwarz und grün zugleich. Auch ihre Lederjacke macht auf mich einen merkwürdigen Eindruck. Sie sieht nicht glücklich aus. Ich blicke ihr nach.
Kann es sein, dass sie noch nicht weiß, wer sie eigentlich sein möchte?

Mittags reißt die Wolkendecke immer wieder für einige Minuten auf. Die bunten Blätter leuchten dann in der Sonne. Die Bäume scheinen sich über die unerwarteten Sonnenstrahlen zu freuen.

Der Kreislauf der Natur biegt schon bald in die letzte Kurve ein. Auch ich weiß, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Manchmal spüre ich es. Wir müssen immer mehr tun, um einem langsamen Verfallsprozess entgegenzuwirken. Gäbe es keine Medikamente, wären viele schon tot.
Noch sind wir da. Und ich hoffe, wir können gelegentlich auch mal was Gutes bewirken und den anderen ein wenig Freude bereiten.

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