Werner Kistler

Irrwege

Er arbeitete als Angestellter in einer großen Klinik und hatte beschlossen, noch einen kleinen Umweg
durch das nahe Wäldchen zu nehmen, bevor er seinen Dienst begann.Da er sonst nicht viel Freizeit hatte, genoss er die frische Waldluft, war aber in Gedanken schon mit seinem Tagesablauf beschäftigt.
Nun hörte er einen spitzen Schrei. War das ein Mensch, der da schrie, oder kam das Geschrei von einem Waldvogel? Er ging mit gespitzen Ohren dem Geräusch nach und entdeckte ein Paar, dass sich auf dem feuchten Waldboden wälzte. Ein Liebespaar? Aber warum wehrte sich die Frau - und dann um diese Zeit? Bewaffnet mit einem dicken Knüppel stellte er sich hinter den Mann und hieb ihm den Stock auf den Kopf. Mit einem gurgenden Laut fiel der Strolch zur Seite und blieb regungslos liegen. Nun konnte er sich die Frau schnappen und trug sie wie ein Kind, auf seinen beiden Armen, in die nahe Frauenklinik. Später an seinem Arbeitsplatz angekommen, musste er oft an das Opfer denken. Daher beschloss er, die Frau nach Dienstschluss in der Klinik zu besuchen und sich nach ihrem Befinden zu erkundigen.
Als endlich Feierabend war, kaufte er im Klinikkiosk noch schnell einen Strauss Blumen und lief
zur Frauenklinik. Er brauchte die Zimmer-Nr. nicht lange zu suchen, denn telefonisch hatte er die
richtige Station und Nr. erfragt. Er klopfte an, öffnete die Tür und trat in das Krankenzimmer ein. Erschrocken rutsche ihm die Türklinke aus der Hand, denn ein schrilles Kreischen empfing ihn.“ Das ist er! Er war es!“ Die Tür wurde ihm aus der Hand gerissen und zwei kräftige Pfleger stürzten sich sofort auf ihn. Sie hielten ihn im Schwitzkasten fest, bis die Polizei ihn festnahm. Alle Unschuldsbeteuerungen halfen ihm nichts. Bei der anschließenden Gerichtsverhandlung hatte er keine Möglichkeit, seine Unschuld zu beweisen. Der Richter verurteilte ihn schließlich zu 5 Jahren Gefängnis.In der Haft stieg sein Groll auf die Frau immer mehr. Die ganze Strafe musste er absitzen. Nun war er wieder frei und wollte der Frau gegenüber stehen, die ihm diese Schande angetan hatte. Durch einen Detektiv gelangte er an die Anschrift der gesuchten Person. Er nahm ein Taxi, da die Suche für ihn so einfacher war und nun hielt das Fahrzeug vor einem großen Backsteinbau an. “NERVENKLINIK“ stand dort mit großen Letter an der Wand geschrieben. Er trat an die Pforte und fragte nach Frau Jakob. Den Namen kannte er noch aus den Prozesstagen. Man führte ihn in ein Wartezimmer. Nach kurzer Zeit öffnet sich die Tür und ein Arzt im weißen Kittel erschien.“ Sie möchten Frau Jacob sprechen? Das geht leider nicht. Sie würde die Situation verkennen. Aber schauen Sie nur durch das Fenster. Da unten sitzt die Patientin auf der Bank.“ Als er dieses Häufchen Elend da unten sitzen sah, schwand bei ihm jeglicher Groll und das Opfer tat ihm leid. Werner Kistler

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.01.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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