Michael Speier

Kurhotel Sonnenschein

Genau 12 Gäste waren gekommen um einen gemütlichen Wintersporturlaub zu genießen, und dazu bat sich das Kurhotel Sonnenschein an wie kein anderes. Für einen Geschäftsmann war es der absolute Alptraum, für die Gäste hingegen eine Erlösung. Es lag mitten in den Schweizer Alpen, abgeschlossen von der modernen Welt, keine Computer, kein Telefon und keinen Streß. Selbst Fernsehen gab es hier nicht, und die abgelegene Lage des Hotels machte das betreiben von Mobiltelefonen unmöglich, es gab einfach keine Netzverbindung. Das einzige Eingeständnis an die moderne Welt waren warmes Wasser und Strom, obgleich man den Strom eigentlich nicht benötigte, denn in der großen Halle, die ebenfalls als Aufenthaltsort diente, gab es einen riesigen Kamin. Möglichkeiten seine Zeit zu verbringen gab es reichlich. An der Südseite des Hotels gab es eine hervorragende Skipiste, die man allerdings Zufuß erklimmen mußte, denn eine Seilbahn oder gar einen Sessellift gab es nicht. Nördlich erstreckte sich ein Fichtenwald, dicht und dunkel, geradezu ideal um auszuspannen. Man konnte wunderbare lange Spaziergänge darin machen und die wundervolle Winterlandschaft genießen. (Junge Leute nutzten den dichten Wald für andere Dinge, doch darauf wollen wir an dieser Stelle nicht näher eingehen...) Das Kurhotel Sonnenschein war im Sommer wie im Winter also ideal zum erholen. Doch gerade für diese Personengruppe, welche sich für die nächsten Zwei Wochen hier eingefunden hatte, sollte es alles andere als erholsam werden.

„Ich bitte um Ruhe. Ruhe bitte.“ Der Mann war nervös. Schweiß perlte von seiner Stirn. Er war der Manager des Kurhotels, und somit für alles verantwortlich. Er war dafür verantwortlich das es den Gästen gefiel, das alles reibungslos funktionierte, und das es den Gästen gut ging. Allerdings gab es ein klitzekleines Problem. Das Problem war Peter Schmitz, Admiral a.D., 78 Jahre alt, verwitwet, Nichtraucher, Hobbyangler, Skifahrer und ... tot. Nun, selbstverständlich konnte man in diesem Alter durchaus damit rechnen zu sterben, aber Peter Schmitz war durchaus gesund. Man konnte sogar sagen, er war topfit, zumindest war es gewesen. Am Vorabend. Bei gegrilltem Fleisch und rotem Wein. Doch jetzt war er tot. Einfach so gestorben. Oder etwa nicht? Nein. Er war nicht einfach so gestorben. Er wurde ermordet. Mehr noch. Er wurde förmlich abgeschlachtet. Man hatte ihn am Waldrand gefunden. Zwei Geschäftsmänner, Christian und Bernd Zurheide, Brüder und Gründer einer Onlinefirma, dachten an nichts böses, als sie an diesem Morgen um halb sechs zum Joggen loszogen. (Halb sechs Uhr MORGENS!!! Im URLAUB!!! Man erkennt die Auswirkungen des Internets auf die geistige Psyche der Menschen.) Es war noch dunkel, ein absolut klarer Himmel, Vollmond, hell leuchtende Sterne, Tannenduft, Sauerstoff pur, 3 Grad Celsius, und eine Leiche. Bernd, der vorne gelaufen war, wäre fast über den ehemaligen (oh, welch Wortspiel!) Admiral gestolpert. Jedenfalls konnte er sich gerade noch fangen, um kurz danach in den weißen, unschuldigen Schnee zu kotzen wie ein kranker Kojote. Es war aber auch wirklich kein schöner Anblick. Der alte Mann lag auf der Seite, der Schnee war um ihn herum nicht mehr weiß sondern rot, und zwar in einem einigermaßen großen Umkreis. Ferner befanden sich noch diverse Innereien der Person in der Unmittelbaren Nähe der Leiche. Irgendjemand (oder irgendetwas) hatte ihm mit einem besonders scharfen Gegenstand die Bauchhöhle geöffnet, ihm die Pulsader vom linken bis zum rechten Ohr durchtrennt, und ihn dann verbluten lassen. So jedenfalls sah es aus. Die beiden Männer würden, wenn man sie fragte, sicherlich gerne bestätigen daß das gesamte Blut des Opas ausgelaufen und im Schnee versickert sei. Ferner könnte man ihrer medizinischen Fachkenntnis vertrauen wenn sie behaupteten daß sämtliche Eingeweide in Bauchhöhe vor dem alten Herren im Schnee gelegen hätten. Doch sie irrten sich, sie irrten sich gewaltig. Und zwar in beiderlei Hinsicht.

„Bitte, bewahren sie die Ruhe meine Damen und Herren. Es ist alles unter Kontrolle.“
Die Worte des Hotelmanagers kamen wenig überzeugend aus seinem Mund, zumal er nicht einmal in der Lage war die Menge aufgebrachter Urlauber unter Kontrolle zu bringen.
„Bitte, lassen sie mich doch mal ausreden...“
„Was gibt es denn da zu reden, Mann“, schrie ein Herr in den besten Jahren, dessen Name, soweit ich mich erinnern kann Gregor Schwarz war. Es war mittlerweile 13 Uhr, und das Mittagessen, zu dem sich die 12 (Verzeihung, 11!) Gäste versammelt hatten endete in einem Fiasko. Die beiden Zurheide-Brüder, die bisher unter Schock gestanden hatten verdarben den übrigen Hotelgästen den Appetit an der gegrillten Schweinehaxe mit Sauerkraut durch die genaue Schilderung ihres Fundes. Daraufhin verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer unter den Gästen, und das Vorhaben des Managers die Sache solange wie möglich geheimzuhalten wurde zunichte gemacht. Sie zogen geschlossen zum Büro des Managers um ihn zur Rede zu stellen. Hätten sie Heugabeln und Fackeln gehabt hätte es ähnlich ausgesehen wie ein Bürgeraufstand im Mittelalter.
„Ja, sie haben Recht meine Damen und Herren, es gab einen Todesfall hier in diesem Hotel, aber bitte, bewahren sie doch die Ruhe.“
„Todesfall. Es war ein Mord, du Arsch, Mord!“
„Nun, wir wollen doch mal keine Voreiligen Schlüsse ziehen, nicht wahr?“
Diese Worte waren nicht nur falsch gewählt, sie hatten auch noch verheerende Folgen, denn der Manager fing sich in diesem Augenblick einen Fausthieb von eben jenem Gregor ein, den ich eben schon erwähnte. Es gab ein sehr unangenehmes, knackendes Geräusch als die Faust auf der Nase des Managers landete, und dieser zu Boden ging. Im gleichen Augenblick begann Blut aus der gebrochenen Nase zu laufen, als hätte jemand einen Wasserhahn aufgedreht. Und es wäre sicherlich noch mehr passiert wenn nicht just in diesem Moment eine weitere Person aus der Menge getreten wäre und Gregors Arm packte. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Schwarzes Hemd, schwarze Lederhose und schwarze Lackschuhe, die, wie ich finde, in einem Hotel in den Alpen, mitten im Winter, nicht gerade das geeignete Schuhwerk darstellen. Der Mann packte den Arm des Schlägers, und hielt ihn mit einer unwahrscheinlichen Kraft fest. Als Gregor das registrierte beruhigte er sich ein wenig und ließ den Arm wieder sinken.
„Was soll das, junger Mann. Glauben sie er hat den armen Herren getötet?“ Die Stimme des Mannes war ruhig und sanft, und es war nahezu unmöglich sie zu überhören. Sie war wohlklingend. Sehr wohlklingend. Sie klang sofort sympathisch, irgendwie vertraut. Und sofort wich jedwede Aggression aus den Menschen die sie hörten.
„Nein, das nicht, aber...“
„...Aber, was?“
„Er... Er sollte nicht so respektlos reden.“
Der Mann in schwarz blickte Gregor einen Moment lang an. Er hatte tiefe, grüne Augen, die ebenfalls beruhigend wirkten.
„Ja, da haben sie absolut recht.“
Damit wandte sich der Mann um und reichte dem Manager, der noch immer auf dem Boden lag seine Hand. Dieser ergriff sie und kam etwas zittrig wieder auf die Beine.
„Kommen sie, ich bringe sie in ihr Zimmer.“
Die Gäste sahen dem Schwarzgekleideten Mann hinterher wie er den Manager stützte und ihn in sein Zimmer brachte. Sicher, er war auch am Vorabend dagewesen, doch man hatte ihm keine weitere Beachtung geschenkt. Er hatte in einer Ecke des großen Raumes gesessen, gespeist und verstohlen lächelnd in die Runde geschaut. Unscheinbar und ruhig. Am Vorabend hatte er seine Pechschwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, doch jetzt trug er sie offen, was ihm eine Art Verwegenheit verlieh, die zu seinem Dreitagebart passte. Er hatte sich am ersten Abend vorgestellt, doch an den Namen konnte sich keiner der Gäste mehr so recht erinnern. Sie wußten nur noch das er vertraut klang, obwohl sie ihn mit Sicherheit noch nie vorher gehört hatten.

Mittlerweile war es später Nachmittag geworden. Die 10 Gäste hatten sich in der Halle versammelt und schwiegen. Was hätten sie auch sagen sollen? Gegen Halb Sieben kam dann der Manager, der einen notdürftigen Verband um die Nase trug, mit einem Hotelpagen als Rückendeckung wieder aus seinem Zimmern und gesellte sich zu den übrigen Gästen.
„Ich verstehe ihre Besorgnis, meine Damen und Herren. Aber seien sie versichert, es wird alles wieder gut.“
„Ach, dann sind die Verletzungen also gar nicht so schlimm wie sie aussahen?“ Purer Spott klang in Christian Zurheides Stimme wieder. Der Manager verlor sein vorübergehendes Selbstbewusstsein sofort wieder.
„Nein, bitte. Meine Damen und Herren. Es ist so. Die Person... also, ... das ...Opfer...“
„Der Ermordete!“
„Nein, also Herr Schmitz, er wurde das Opfer eines, nun...“
„...Wolfes.“ Da war wieder die wohlklingende Stimme. Sie kam von hinten aus dem Raum. Die Gäste drehten sich um, und da stand er wieder. Wieder ganz in Schwarz, und die Haare wieder zu einem Zopf zusammengebunden. Er hatte wohl die ganze Zeit über in dem Raum gesessen (wie wäre er sonst so schnell hereingekommen, denn seiner Richtung gab es weder eine Tür noch ein Fenster), aber seltsamerweise war er wieder einmal keinem anderen aufgefallen. Katzengleich bewegte er sich durch die Tischformationen zu dem Manager hin. Er stellte sich für jeden sichtbar vor die Gäste und schien in alle Augenpaare gleichzeitig zu sehen.
„Ja, ich habe mir, mit Erlaubnis des Hotelmanagers, die Leiche angesehen, und kann mit absoluter Gewissheit sagen, das er Opfer eines wilden Tieres wurde. Und zwar, wie ich bereits erwähnte, eines Wolfes.“
„Wie können sie da so sicher sein, junger Mann?“
„Ich bin mir sicher.“
Zugegeben, eine dürftige, absolut ungenügende Antwort, aber der Klang der Stimme des Mannes war absolut überzeugend.
„Und was gedenken sie nun zu tun? Ich habe keine Lust auch das Opfer eines Wolfes zu werden.“ Diese Worte kamen von Janette, einer jungen Frau um die Dreißig, blond, schlank, sanfte Gesichtszüge. Sie war mit ihrem Freund hier, ein dunkelhäutiger Latino mit stechend blauen Augen, durchtrainiertem Körper und langen, öligen Haaren. Kurz, der Perfekte Macho. Sie machte Erholungsurlaub. Urlaub von ihrem Job, ihren Sorgen und ihrem Mann. Der Schwarzgekleidete blickte ihr genau in die Augen, und sie spürte wie eine wohlige Gänsehaut über ihren Körper floss als er sie anlächelte. Dem Latino hingegen schien dies nicht so zu gefallen wie ihr.
„Das werden sie auch nicht. Ich werde mich des Problems annehmen. Seien sie versichert. Es wird keinen weiteren Todesfall in diesem Hotel geben. Jedenfalls nicht durch einen Wolf.“

Es war kurz nach Mitternacht. Obwohl (oder gerade weil) die Gäste mehr als verängstigt waren hatten sie mehr Wein konsumiert als Gut für sie war. Dies hatte zur Folge das sie nun bereits in ihren Betten lagen und schliefen. Die Türen wurden verriegelt, ein Normalfall, nur das dieses Mal zusätzliche Ketten an der Haupteingangstür angebracht worden waren. Die Rolläden waren heruntergelassen worden, ebenfalls ein Normalzustand, doch diesmal waren sie ganz heruntergelassen worden und als das Feuer des Kamins langsam ausbrannte war es in der großen Halle stockdunkel. Eigentlich war es in dem ganzen Gebäude dunkel. Nur in einem einzigen Zimmer brannte noch Licht. Es war das Zimmer des Schwarzgekleideten Mannes. Er öffnete die Türe einen winzigen Spalt um auf den Gang hinaus zu spicken. Nachdem er sich davon überzeugt hatte ungestört zu sein schloß er die Türe wieder und ging zum Kleiderschrank. Er hatte Zwei Türen die in entgegengesetzte Richtungen aufgingen. Da er kein Schloß besaß hatte der Schwarzgekleidete Mann ein Vorhängeschloß angebracht welches er nun entfernte. Auf dem Boden des Schrankes stand ein schwarzer Pilotenkoffer. Abermals blickte der Mann sich um, als wolle er sichergehen das ihn niemand sah. Dann nahm er den Koffer aus dem Schrank, stellte ihn auf das Bett und drehte an dem Zahlenschloß. Der Koffer machte klack klack als sich die Schnappschlösser öffneten. Vorsichtig öffnete der Mann den Koffer und nahm etwas heraus. Es war lang und blitzte, als das Licht der Kerzen die auf der Kommode standen auf die rasiermesserscharfe Klinge fiel.

Es war kalt in dieser Nacht, und das Licht des Vollmondes strahlte über den weißen Neuschnee der am Abend gefallen war. Es war nacht, doch der Mond und die besonders guten Augen des Mannes der da mit seinen schwarzen Lackschuhen durch den Schnee stapfte ermöglichten es ihm alles ganz genau zu beobachten. Er ging auf den Waldrand zu. Zu seiner Garderobe die er schon beim Abendmahl getragen hatte trug er jetzt auch noch einen schwarzen Filzhut auf dem Kopf und hatte einen weiten, langen schwarzen Mantel angezogen. Außerdem steckten seine großen Hände in schwarzen Lederhandschuhen. Er ging geradewegs auf den Fichtenwald zu an dessen Rand man am Vortag die Leiche des armen Mannes gefunden hatte. Obwohl Schnee auf die Unfallstelle gefallen war roch es noch immer nach Blut und Eingeweiden. Dieser Brechreizerregende Geruch hätte jeden normalen Menschen in die Flucht geschlagen, doch der Mann in Schwarz hob andächtig sein Haupt, schloß die Augen und sog den Duft mit vollen Zügen durch seine Nase ein. Dann plötzlich fiel er auf die Knie und steckte seine Arme gen Himmel. Er horchte in die Nacht hinein. Und tatsächlich, obwohl es absolut still war, schien er etwas zu hören. Urplötzlich sprang er wieder auf die Beine und öffnete die Augen. Das Geräusch schien aus dem Wald zu kommen. Er ging etwas schneller als bisher auf den Waldrand zu, unfähig sein Lächeln zu unterdrücken, doch hier draußen, in dieser Nacht, hat es ohnehin niemand gesehen.

Leise stapfte er durch den Wald. Das Geräusch wurde mal deutlicher, mal undeutlicher. Er versuchte die Quelle zu lokalisieren, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. Der Wald wurde immer dichter, und der Mond war kaum in der Lage mit seinem Licht den Boden zu erreichen. In diesem Stück des Waldes war es mittlerweile genauso dunkel wie in der großen Halle des Hotels. Der Mann blieb stehen. Das Geräusch wurde klarer, er schien ganz in der Nähe des Urhebers zu sein. Langsam glitt seine linke Hand unter seinen Mantel, den er nicht zugeknöpft hatte. Er strengte seine Ohren an, und somit konnte er feststellen daß das Geräusch keineswegs von einer bestimmten Stelle kam. Vielmehr war es ständig in Bewegung. Es schien sich um ihn herum zu bewegen. Es umkreiste ihn. Dann, auf einmal, blieb es stehen. Nun konnte er deutlich ein hungriges Knurren wahrnehmen, das direkt hinter ihm zu sein schien. Mit der rechten Hand umklammerte er fest den Griff des Gegenstandes welchen er unter seinem Mantel verborgen hielt. Es war ein langer, dünner Degen, dessen Klinge aus purem Silber bestand. Der Griff war aus Elfenbein gefertigt, und diese Waffe war einzigartig auf der ganzen Welt. Sie war 1877 in London eigens für einen Edelmann hergestellt worden, der es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht hatte jene Wesen zu jagen und zu töten, die man nur mit diesem Material vernichten konnte. Werwölfe. Und der Mann in Schwarz wußte genau, das sich genau so eine Kreatur in diesem Moment hinter ihm befand. Nun ging es um Sekundenbruchteile. Wer zuerst handelte der überlebte. Blitzschnell riß der Mann seinen Degen aus dem Mantel und drehte sich in der gleichen Sekunde um. Im gleichen Moment setzte die Kreatur zum Sprung an. Sie sprang, und landete genau in der Klinge des Degens. Es gab einen Markerschütternden Schrei, als der Leblose Körper der Kreatur in den weißen Schnee klatschte. Der Mann, der einen Schritt zurückgewichen war, blieb kurz stehen und sah zu wie das schwarze Blut sich im Schnee verteilte. Er atmete kurz durch, drehte dann den Leichnam mit dem Fuß auf den Rücken und zog die Klinge wieder aus dem Leblosen Körper. Im gleichen Augenblick begann sich der Körper zu verwandeln. Wenige Sekunden später lag nicht mehr der graufellige Werwolf vor ihm im Schnee, sondern der Latino, der dem Mann bereits bei der Anreise aufgefallen war. Die junge Blondine tat ihm leid, denn sie hatte nicht nur ihren Mann betrogen und ihre Ehe aufs Spiel gesetzt, sondern mußte die restlichen Fünf Tage (und vor allem die Nächte) ganz alleine verbringen. Der Schwarzgekleidete machte innerlich eine Notiz der Dame behilflich zu sein wo er nur konnte.

Janette, die Blondine, lag in ihrem Bett. Sie schlief. Wäre sie wach gewesen hätte sie sich sicherlich gewundert, denn sie war (für den Leser nicht allzu verwunderlich) alleine. Das Bett neben ihr war leer, und der der eigentlich dort hätte liegen sollen lag nackt im Wald in seinem eigenen Blut. Wahrscheinlich war es besser so, denn letztendlich hat eine Beziehung zu einem Werwolf nur Nachteile.

Die Sonne ging auf. Es schien ein schöner Tag zu werden. Das Hotel erwachte langsam aus seinem alkoholgetränkten Schlaf, und die Damen und Herren begaben sich langsam aber sicher in die große Halle zum Frühstück. Es war wieder einmal ein perfektes Frühstücksbufett aufgebaut. Es gab verschiedene Brotsorten, Brötchen, Croissants, Marmelade, Wurst und Käse. Ferner gab es Orangensaft, Wasser, Tee, Kakao, Kaffe und Milch. Kurz, es stand in keinsterweise in Konkurrenz zu einem Frühstück bei McDonalds oder irgendeinem anderen Fastfood Restaurant. Der Kaffe duftete wundervoll, und die Brötchen schienen frisch gebacken worden zu sein (Nun gut, sie waren tiefgefroren, aber was macht das schon?). Acht Gäste saßen mittlerweile an den Tischen in der Halle und frühstückten, und auch der Manager und das Hauspersonal hatten sich eingefunden. Zwar war ihnen allen aufgefallen das am heutigen Morgen drei weitere Personen fehlten, doch führten sie dies auf den Alkohol zurück. In ihrem Rausch war ihnen nicht aufgefallen, das Zwei der Drei Personen überhaupt keinen Alkohol zu sich genommen hatten. Alle schienen einen recht schweren Kopf zu haben, und die Lautstärke war recht gedämpft, daher konnten sie auch das Geräusch der Ledersohlen so gut wahrnehmen das die schwarzen Lederschuhe von sich gaben als der Schwarzgekleidete durch den Korridor zur großen Halle schritt. Als er den Raum betrat war es mucksmäuschenstill, denn im Gesichtsausdruck des Mannes spiegelte sich etwas wieder, das allen Betroffenen Angst machte. Er lächelte. Doch dieses Lächeln verhieß nichts gutes. Er ging wieder graziös durch den Raum und steuerte auf einen Tisch in der hintersten Ecke zu. Beim Vorbeigehen nahm er sich noch einen Kaffe mit. Janette, die Blondine, war tot. Sie lag in ihrem Zimmer. Im Bett. Blutleer. Ausgesaugt. Der Schwarzgekleidete lächelte. Er hatte Sie von allen Sorgen und allem Streß befreit. Er hatte ihr Blut getrunken. Der Edelmann, für den der Degen aus purem Silber im Jahre 1877 angefertigt worden war, war er selbst. Und er würde auch weiterhin jeden Werwolf töten der ihm über den Weg lief. Vampire können Werwölfe nämlich nicht ausstehen. Sie hassen Konkurrenz. Von den anderen Gästen des Kurhotels Sonnenschein fehlt bis heute jede Spur. Aber der Schwarzgekleidete hatte sein Wort gehalten. Es gab keine weiteren Todesfälle, jedenfalls nicht durch einen Wolf...

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Michael Speier).
Der Beitrag wurde von Michael Speier auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.01.2004. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Michael Speier als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Westwinde (Gedichte) von Stefanie Haertel



Wir folgen den Düften des Westwindes und seinen Spuren. Tipp, tapp läßt eine Autorin ihre Katze über die Seiten schlendern. In diesem Gedichtband finden Sie viele Gedichte über die Liebe und ihr wandelbares Wesen. Den geheimen Botschaften von Graffitimalereien wird auf den Grund gegangen. Herbstliche Stimmungen im Oktober sind aufgezeichnet. Auch Europas geschichtlichen Wurzeln geht jemand auf den Grund. Gefragt wird wie wir von unseren gesellschaftlichen Verhältnissen umstellt sind und uns selbst zu ihnen stellen. Folgen Sie uns auch nach Las Vegas!

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Satire" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Michael Speier

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Die Genesis - Wie sie WIRKLICH stattgefunden hat... von Michael Speier (Satire)
Pissblätter von Norbert Wittke (Satire)
Geh ins Licht......Geh von Engelbert Blabsreiter (Lebensgeschichten & Schicksale)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen